Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 11.09.2008, Az.: 5 A 2224/07
Unterlassungsgebot für die Sammlung von Altglas aus privaten Haushalten durch einen gewerblichen Sammler; Funktionserhaltende Auslastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems; Rückgabepflicht des privaten Abfallerzeugers
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 11.09.2008
- Aktenzeichen
- 5 A 2224/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 34612
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0911.5A2224.07.0A
Rechtsgrundlagen
- § 13 KrW-/AbfG
- § 21 KrW-/AbfG
- § 13 Abs.1 KrW-/AbfG
- § 16 Abs. 3 KrW-/AbfG
- § 6 VerPackV
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Ein Unterlassungsgebot für die Sammlung von Altglas aus privaten Haushalten durch einen gewerblichen Sammler ist rechtmäßig.
- 2.
Das vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen im Sinn des § 13 S. 1 Nr. 3 KrW-/AbfG wird dann bejaht, wenn bei Zulassung der gewerblichen Sammlung eine "funktionserhaltende Auslastung des öffentlichrechtlichen Entsorgungssystems" nicht mehr sichergestellt ist.
- 3.
Eine Auftragserteilung an gewerbliche Sammler für eine eigene Verwertung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter HS KrW-/AbfG durch private Abfallbesitzer ist ausgeschlossen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Verbots- und Unterlassungsverfügung des Beklagten, mit der ihr die Sammlung von Altglas in Glasdepotcontainer im Bereich des Beklagten untersagt wird.
Die Klägerin ist ein Entsorgungsunternehmen mit Sitz in V.. Sie war bis zum 31.12.2006 für die Gesellschaft "Der grüne Punkt" Duales System Deutschland mbH (DSD) als Vertragspartner mit der Sammlung von Altglas im Bereich des Beklagten beauftragt. Im Zuge dieser Tätigkeit schloss sie privatrechtliche Verträge mit Kommunen und Privateigentümern über Standorte für Glasdepotcontainer, in denen das Altglas gesammelt wird. Nach erneuter Ausschreibung schloss die DSD Verträge über die Altglassammlung mit der Gesellschaft für Materialkreislauf und Abfallwirtschaft mbH und Co. KG (GMA). Die Klägerin setzte ihre Sammlungen mit ihren Glasdepotcontainern an den von ihr gemieteten Standorten fort. Darauf teilte die DSD der als Entsorgungsträger tätigen Abfallwirtschaftsgesellschaft des Beklagten mit, die GMA könne ihrer Verpflichtung der Aufstellung von ca. 120 Glasdepotcontainern nicht nachkommen, da die in Betracht kommenden Standorte noch von Glasdepotcontainern der Klägerin besetzt seien.
Nach Anhörung forderte der Beklagte die Klägerin mit Verfügung vom 21.05.2007 unter Fristsetzung auf, von ihr aufgestellte Glasdepotcontainer für Verkaufsverpackungen aus Glas zu entfernen und die gewerbliche Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Glas zu unterlassen. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2007 zurück.
Die Klägerin hat am 09.08.2007 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, die angefochtene Verfügung greife in unzulässiger Weise in ihr Eigentum und ihre gewerbliche Handlungsfreiheit ein. Sie sei Eigentümerin der Glasdepotcontainer und habe für die einzelnen Standorte, die sich auf privaten Flächen befänden, privatrechtliche Nutzungsvereinbarungen getroffen. In ihre Glasdepotcontainer könnten sowohl Bürger ihre Glasabfälle aus privaten Haushalten als auch Gewerbetreibende ihren Glasabfall aus Gewerbebetrieben einwerfen und somit einer geordneten Verwertung zuführen. Sie sei daher als eine von diesen Abfallerzeugern oder Abfallbesitzern zur Verwertung von deren Altglas beauftragte Dritte anzusehen. Dabei könnten ihr nicht nur durch die Öffnungen der Glasdepotcontainer passende, sondern mittels direkter Anlieferung oder Abstellens an den Standorten der Container auch andere, größere Glasstücke zur Verwertung überlassen werden. Sie sei weder ein Systembetreiber, da sie nicht für Hersteller oder Vertreiber von Glasverpackungen tätig werde, noch sammle sie gezielt für einen solchen Systembetreiber lizenzierte Glasverkaufsverpackungen. Sie werde auch nicht flächendeckend, sondern nur an ausgewählten Standorten tätig. Deshalb finde die Verpackungsverordnung auf ihre Tätigkeit keine Anwendung. Wenn es bei ihrer Sammlung zu Fehleinwürfen komme, d.h. Personen lizenzierte Verkaufsverpackungen einwerfen würden, so sei dies unschädlich und letztlich auch nicht zu verhindern, zumal die GMA nur wenige Glasdepotcontainer im Landkreis V. aufgestellt habe. Sie betreibe daher eine gewerbliche Altglas-Sammlung im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Das Altglas werde von ihr ordnungsgemäß und schadlos verwertet, wie sich einerseits schon aus ihrer früheren Tätigkeit für DSD und andererseits aus der von ihr vorgelegten Abnahmebescheinigung der Glashütte N. ergebe. Dieser Sammlung stünden auch keine überwiegenden öffentlichen Interessen gegenüber. Insbesondere gefährde sie nicht die Funktionsfähigkeit des flächendeckenden Systems des DSD, denn sie sei eben kein konkurrierendes Erfassungssystem der Hersteller/Vertreiber von Glasverkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung, mit dem deren Rücknahmeverpflichtungen nachgekommen werden solle. Sie sammle vielmehr unabhängig von der Erfassung lizenzierter Glasverkaufsverpackungen und biete damit eine vom Gesetzgeber zugelassene Konkurrenz zu solchen Systemen. Eine Untersagung allein wegen unvermeidbarer Fehlwürfe sei unverhältnismäßig. Die angefochtene Verfügung stelle sich daher nur als Konkurrenzschutz für den Systembetreiber DSD dar. Ein öffentliches Interesse an der Untersagung sei nicht erkennbar. Soweit die GMA für den DSD im Jahr 2007 nur ein Zehntel der Jahresmenge aus 2006 an Altglas gesammelt habe, liege dies an den wenigen Aufstellungsorten für deren Glasdepotcontainer. Dass keine Standorte mehr für diese gefunden worden seien, sei ihr, der Klägerin, die ihrerseits über langfristige Nutzungsverträge verfüge, nicht anzulasten.
Im Übrigen sei die Verfügung zu unbestimmt und insoweit unverhältnismäßig, als der Beklagte eine nicht zu überschreitende Altglassammelmenge hätte festlegen können, bei der das Maß der behaupteten Gefährdung der Funktionsfähigkeit des flächendeckenden Systems noch nicht erreicht werde.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Klägerin sammle in ihrem Kreisgebiet Flaschen und Gläser, die zur Aufbewahrung von Waren dienten und damit Verkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung seien. Die Einwurföffnungen der Glasdepotcontainer der Klägerin seien derart beschaffen, dass nahezu ausschließlich solche Verpackungen aufgenommen werden könnten. Da die Altglasfraktion zum weit überwiegenden Teil aus solchen Glasverkaufsverpackungen bestehe und davon wiederum der weitaus größte Teil vom DSD lizenziert sei, handle die Klägerin wettbewerbswidrig. Sie betreibe kein nach der Verpackungsordnung zugelassenes System und sammle nicht flächendeckend. Damit verschaffe sie sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Systembetreiber, der flächendeckend sammle und auch unprofitable Standorte betreiben müsse, um dem öffentlichen Interesse an einer haushaltsnahen flächendeckenden Sammlung zu genügen. Dies sei auch ein Verstoß gegen den vom Gesetzgeber vorgesehenen Weg, wonach ein flächendeckendes, haushaltsnahes Sammelsystem für alle Abfallbereiche angeboten werden solle. Die Klägerin hingegen gebe an, lediglich an ausgewählten Standorten zu sammeln. Dem nun von der DSD bestimmten Sammler GMA sei es daher nur noch möglich gewesen, 20 neue Standorte für seine Glasdepotcontainer zu finden. Damit könne ein profitables Sammelsystem nicht betrieben werden. Die Funktionalität des Systems einer flächendeckenden Sammlung als öffentliches Interesse im Sinne des Abfallrechts werde so gefährdet. Dies belege seine Abfallbilanz, die gegenüber einer Altglassammelmenge von 2341 Mg (1 Mg = 1000 kg = 1 metrische Tonne) 2006 im Jahr 2007 nur 251 Mg gesammeltes Behälterglas/Hohlglas ausweise. Soweit sich die Klägerin auf die Möglichkeit von Fehleinwürfen beziehe, sei dies angesichts der vorliegenden Zahlen abzulehnen. Zudem habe die Klägerin an ihren Glasdepotcontainer keine Hinweise darauf angebracht, dass dort lizenzierte Verkaufsverpackungen aus Glas nicht eingeworfen werden dürften. Schließlich sei von besonderer Bedeutung, dass im Bereich der Altglassammlung im Gegensatz zur Altpapiersammlung der geschätzte Anteil der Verkaufsverpackungen nahezu 100% ausmache. In einem solchen Fall aber habe der Abfallerzeuger oder Besitzer nicht mehr die Möglichkeit sich zur Verwertung eines privaten Dritten zu bedienen, da so in ein bestehendes Rückgabe-/Rücknahmesystem unzulässig eingegriffen werde. Die Klägerin könne dem auch nicht entgegenhalten, bei dem Systembetreiber handle es sich um die bundesweit tätige DSD, weshalb für die Frage einer Funktionalitätsbeeinträchtigung auf das gesamte Bundesgebiet abzustellen sei. Denn hier gehe es nur um die Funktionalität der Abfallentsorgung im beklagten Landkreis, für den dieser als Träger der Abfallentsorgung zuständig sei und in dem die GMA als Vertragsnehmer der DSD und damit als Systembetreiber tätig sei.
Die angefochtene Verfügung sei auch hinreichend bestimmt, da sie sich auf alle Glasdepotcontainer der Klägerin erstrecke, mit denen diese Verkaufsverpackungen sammele. Dabei handele es sich um sämtliche in seinem Gebiet von der Klägerin aufgestellten Container, da diese von der Klägerin schon zur Zeit ihrer Tätigkeit für die DSD zur Sammlung der lizenzierten Glasverkaufsverpackungen aufgestellt worden seien und sie ihre Zweckbestimmung (Sammlung derartiger Verkaufsverpackungen) nicht verloren hätten.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtlicher Ausgangspunkt des Verfahrens ist § 21 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - vom 27.09.1994 (BGBl. I S. 2705) in der Fassung vom 19.07.2007 (BGBl. I S. 1462). Danach kann der Beklagte als zuständige Abfallbehörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes und der aufgrund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen.
Der Beklagte hat seine Anordnung zu Recht darauf gestützt, dass die von der Klägerin vorgenommene Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Glas aus privaten Haushalten den Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes widerspricht:
Zunächst kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW- /AbfG mit der Erfassung und Verwertung von Altglas aus privaten Haushalten jeweils durch Einwurf von Altglas durch die Abfallbesitzer in ihre Glasdepotcontainer beauftragt worden sei und die Abfallbesitzer so von ihrem Recht zur Verwertung nach § 13 Abs. 1 S. 1 letzter HS KrW-/AbfG Gebrauch machen. Zwar wird die Frage, ob § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz KrW-/AbfG die Einschaltung gewerblicher Dritter rechtfertigt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (vgl. dazu Kunig/Paetow/Versteyl, KrW- /AbfG, 2. Aufl., § 13 RdNr. 15 m.w.N.; Beckmann/Kersting in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. 3, § 13 KrW-/AbfG Rdnr.26), aber das Gericht schließt sich hier der in der Rechtsprechung (z.B.: Nds. OVG, Beschl. v. 10.06.2003 - 9 ME 1/03, NordÖR 2004 S. 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 08.07.2008 - 1 BS 91/08 - Mitt NWStGB 2008, S. 227; VGH Mannheim, Urt. v. 21.07.1998 - 10 S 2614/97 - NVwZ 1998, S.1200; OVG Bautzen, Beschl. v. 06.01.2005 - 4 BS 116/06 - UPR 2005, S. 440; anderer Ansicht, aber wenig überzeugend: OVG Schleswig Urt. v. 22.04.2008 - 4 LB 7/06, ZUR 2008, S. 422) vertretenen Ansicht an, dass eine Auftragserteilung für eine eigene Verwertung nach § 13 Abs.1 Satz 1 letzter HS KrW-/AbfG ausgeschlossen ist. Denn bereits der Wortsinn des letzten Halbsatzes des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG deutet darauf hin, dass die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen selbst gemeint sind und sie nur dann ausnahmsweise von der Überlassungspflicht befreit sind, wenn sie selbst zu einer eigenen Verwertung in der Lage sind und die Verwertung auch beabsichtigen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.6.2003, a.a.O., 36; OVG Hamburg Beschl. v. 08.07.2008 - 1 BS 91/08 - a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 27.7.1998, a.a.O.).
Nichts anderes folgt aus der Gesetzessystematik. Insoweit weist der VGH Mannheim in der oben genannten Entscheidung ebenfalls zu Recht darauf hin, dass auch § 13 Abs. 2 KrW-/AbfG eine abweichende Auslegung nicht gebietet, da diese Vorschrift von vornherein nicht den Fall erfasst, dass der Abfallerzeuger bzw. - besitzer bei fortbestehender Verantwortlichkeit Dritte in den Vorgang der Verwertung mit einschaltet, sondern dass diese Vorschrift nur an behördliche Übertragungen von Pflichten anknüpft.
Auch aus § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG, der unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. unten) eine Einschaltung Dritter vorsieht, folgt im Umkehrschluss, dass eine über den Wortlaut des § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG hinausgehende weitergehende Einbeziehung Dritter im Bereich der Verwertung von Haushaltsabfällen Privater bundesgesetzlich nicht möglich sein soll.
Das OVG Hamburg und der VGH Mannheim haben in ihren Entscheidungen nachvollziehbar auch auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes abgestellt und unter Berücksichtigung von entsprechenden Materialien darauf hingewiesen, dass nach der Intention des Gesetzgebers lediglich der Fall der Eigenverwertung, z.B. die Eigenkompostierung im häuslichen Garten, von der Überlassungspflicht ausgenommen werden sollte.
Die Klägerin vermag eine Berechtigung ihrer Altglasverpackungssammlung ebenso wenig erfolgreich auf die, aufgrund des § 6 Abs. 1 Satz 4, des § 23 Nr. 1, 2 und 6, des § 24 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 und Abs. 2 Nr. 1 und des § 57, jeweils in Verbindung mit § 59, sowie des § 7 Abs. 1 Nr. 3 und des § 12 Abs. 1 des KrW-/AbfG erlassene Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen 2006 - VerpackV - (BGBl. I S. 2) zu stützen. Denn die Klägerin ist - wie sie selbst einräumt - kein Systembetreiber im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV. Weder beteiligen sich Hersteller oder Vertreiber von Verkaufsverpackungen aus Glas an ihrem Sammelsystem noch ist sie flächendeckend im Einzugsgebiet der Hersteller oder Vertreiber von solchen Glasverpackungen tätig. Sie beschränkt vielmehr ihre Sammlung auf ausgewählte Standorte. Zudem ist ihr System weder beim Beklagten als dem örtlichen Entsorgungsträger angezeigt noch mit diesem abgestimmt (§ 6 Abs. 3 Satz 4 VerpackV).
Die Klägerin betreibt demnach eine gewerbliche Sammlung im Sinne von § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 KrW-/AbfG, die nur zulässig ist, wenn ihr nicht überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Solche entgegenstehenden öffentlichen Interessen hat der Beklagte zu Recht in seiner hier angefochtenen Verfügung angenommen:
Das Vorliegen derartiger überwiegender öffentlicher Interessen im Sinn des § 13 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 KrW-/AbfG wird dann bejaht, wenn bei Zulassung der gewerblichen Sammlung eine "funktionserhaltende Auslastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems" nicht mehr sichergestellt wäre (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 06.01.2005 - 4 DS 116/04 - UPR 2005, S. 440; BayVGH, Beschl. v. 12.01.2005 - 20 CS 04.2947- NUR 2006, S.114; OVG Hamburg, Beschl. v. 08.07.2008 - 1 BS 91/08 - Mitt NWStGB 2008, S. 227; Kunig/Paetow/ Versteyl, KrW-/AbfG, 2. Aufl., § 13 RdNr. 37, jeweils m.w.N.). Denn bei Gefährdung einer funktionserhaltenden Auslastung ist die gemeinwohlorientierte Erfüllung der öffentlichen Aufgabe des Landkreises zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen (vgl. § 15 KrW-/AbfG) in Frage gestellt, da diese Verpflichtung nur bei sichergestellten wirtschaftlich tragbaren Bedingungen erfüllbar ist.
Dabei ist hier zunächst zu betonen, dass der Beklagte die Sammlung der Klägerin nicht generell untersagt hat, sondern seine Untersagungsverfügung sich ausdrücklich nur auf die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Glas aus privaten Haushalten bezieht. Bei Zulassung dieser gewerblichen Sammlung wäre hier eine dauerhafte funktionserhaltende Auslastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems des Landkreises gefährdet.
Wie der Beklagte plausibel und von der Klägerin nicht in Abrede gestellt dargelegt hat, führt die Sammlung von Altglasverpackungen in den Glasdepotcontainern der Klägerin notwendiger Weise dazu, dass damit auch die vom DSD lizenzierten und damit dem Dualen System unterliegenden Verkaufsverpackungen aus Glas, die bei den Privatverbrauchern anfallen, zumindest zum überwiegenden Teil miterfasst werden. Es ist realitätsnah, wenn der Beklagte ausführt, dass von den privaten Abfallerzeugern und -besitzern schwerlich erwartet werden kann, bei der Sammlung von Altglas zu differenzieren zwischen solchen Abfällen, die nach dem Regelungsgefüge des § 6 Verpackungsverordnung der Rücknahme und Verwertungspflicht der Erzeuger unterliegen und solchen Abfällen, die hierunter nicht fallen. Dies gilt umso mehr, als den (privaten) Abfallerzeuger im Gegensatz zur Rücknahmepflicht des Systembetreibers keine Rückgabepflicht trifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007 - 7 C 42.07 - BVerwGE 130, 127). Hier zeigt sich der wesentliche Unterschied zu den von der Klägerin in Bezug genommenen gerichtlichen Entscheidungen zur Zulässigkeit gewerblicher Abfallsammlungen im Bereich der Altpapierfraktion. Denn im Gegensatz zum Altpapier, bei welchem der Anteil an Druckerzeugnissen den wesentlichen Umfang ausmacht, dürfte im Bereich der Altglasfraktion der Anteil an Verkaufsverpackungen nahezu 100% ausmachen, wobei hiervon nach aller Lebenserfahrung mindestens 90% auf dem Dualen System unterliegende und vom DSD lizenzierte Verkaufsverpackungen entfallen dürften. Dem entsprechen auch die Angaben des Beklagten, die dieser für 2006 von der DSD erhalten hat und die die Kammer zugrunde legt, da für 2005 keine Zahlen verfügbar waren und die Zahlen aus 2007 wegen des geringen Sammelumfangs der GMA an wenigen Standorten in dieser Hinsicht keine verlässlichen Rückschlüsse zulassen: Bei einer Erfassungsmenge von 2.656 t (100%) gesammelten Altglases wurden 2.341 t (88,14%) lizenzierte Verkaufsverpackungen an DSD abgegeben. Für deren Erfassung und Rücknahme verfügt die Klägerin weder selbst über eine Systemfeststellung gemäß § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung noch ist sie hiermit von einem im beklagten Landkreis festgestellten System beauftragt worden. Der Beklagte hat hierzu unwidersprochen festgestellt, dass die Firma GMA bis zum Ende des Jahres 2008 den Auftrag zur Erfassung und Verwertung der entsprechenden Verkaufsverpackungen vom Dualen System Deutschland (DSD) erhalten habe. Soweit die Klägerin dem entgegnet, sie sammle auch andere Glasabfälle, wie zerbrochene Glasscheiben, Trinkgläser u.Ä., verkennt sie bereits, dass der Beklagte ihr dies nicht untersagt hat. Die von der Klägerin betriebenen Glasdepotcontainer aber, die der Beklagte entfernt haben möchte, lassen ihrer Bauart und Öffnungsform nach für den privaten Abfallerzeugern und - besitzer nicht erkennen, dass Verkaufsverpackungen aus Glas, die dem Dualen System unterliegen nicht gesammelt werden dürfen. Auch die Behauptung der Klägerin, dass Fehleinwürfe hinzunehmen seien, vermag nicht zu überzeugen. dies kann jedenfalls nicht dann gelten, wenn solche "Fehleinwürfe" - wie hier - den Hauptanteil der Sammlung ausmachen.
Die von der Klägerin betriebene Sammlung der Verkaufsverpackungen aus Glas gefährdet das im beklagten Landkreis bestehende Rücknahmesystem für vom privaten Endverbraucher gebrauchte restentleerte Glasverkaufsverpackungen in existenzgefährdender Weise. Die Klägerin sammelt nämlich nicht flächendeckend, sondern nach eigenen Angaben lediglich an ausgewählten Standorten. Dass sie diese Auswahl nach ökonomischen Gesichtspunkten getroffen hat, liegt dabei auf der Hand. Dies aber widerspricht der und gefährdet die Intension des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die sich auch in § 6 VerpackV widerspiegelt: Ein Sammelsystem muss flächendeckend sein, d.h. es soll so etabliert werden, dass auch der private Endverbraucher in den weniger attraktiven, ländlichen Gebieten haushaltsnah erreicht wird (vgl. Fischer/Arndt, Kommentar zur Verpackungsverordnung, 2. Auflage, § 6 Rdnr. 87 ff m.w.N.). Durch die Besetzung der ausgewählten, ökonomisch attraktiven Standorte durch die Klägerin wird die Tätigkeit des zur flächendeckenden Versorgung verpflichteten Systembetreibers GMA wesentlich beeinträchtigt. Der Beklagte hat insofern unter Vorlage seiner Abfallbilanz dargelegt, dass die von GMA gesammelte Altglasmenge im Jahr 2007 251 Mg betrug gegenüber 2341 Mg im Jahr 2006. Der Beklagte muss daher zu Recht befürchten, dass der Systembetreiber seine flächendeckende Sammlung mangels Rentabilität einstellen wird. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin hauptsächlich solche Verkaufsverpackungen aus Glas sammelt, die - ausgewiesen durch einen Stempel oder Aufdruck - dem Regime des zugelassenen Systembetreibers unterliegen.
Soweit die Klägerin der Ansicht ist, die angefochtene Verfügung in der Gestalt des Widerspruchbescheides sei zu unbestimmt, folgt die Kammer dem nicht. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Sammlung von Altglas aus Gewerbebetrieben von der Überlassungspflicht des § 13 Abs.1 KrW-/AbfG für private Haushalte nicht betroffen werde, diese also von dem Beklagten wohl nicht untersagt werden dürfte. Die Unterlassungsverfügung des Beklagten umfasst aber die Sammlung von Altglas aus Gewerbebetrieben nicht. Dies ist der Begründung der angefochtenen Bescheide zu entnehmen. Denn der Beklagte hat insofern bereits im angefochtenen Bescheid auf die Überlassungspflicht aus § 13 Abs.1 KrW-/AbfG verwiesen, die nur private Haushalte betrifft. Dies hat er im Widerspruchsbescheid auf S. 6 unten nochmals klargestellt:
"Zumindest für Altglas aus privaten Haushalten besteht eine Überlassungspflicht gegenüber mir als öffentlich rechtlichem Entsorgungsträger. Privaten Haushalten ist es nicht gestattet, Dritte mit der Verwertung ihrer verwertbaren Abfälle zu beauftragen."
Somit ist der Anordnung insofern die Aufforderung des Beklagten zu entnehmen, dass die Klägerin sämtliche Glasdepotcontainer an allen Standorten im Landkreis V. zu entfernen hat, mit denen sie Verkaufsverpackungen aus Glas aus privaten Haushalten sammelt. Eine genaue Bezeichnung der einzelnen Standorte war angesichts dieser eindeutigen Bestimmung von dem Beklagten nicht zu treffen, da maßgeblich hier nicht die Standorte, sondern die Art der Sammlung (Altglas aus privaten Haushalten) den Regelungsinhalt der Verfügung bestimmt. Der weiteren Argumentation der Klägerin, sie halte keine speziell zur Aufnahme von Verkaufsverpackungen aus Glas dienenden Glasdepotcontainer bereit, vermag das Gericht ebenfalls nicht zu folgen. Aus den in der Gerichtsakte befindlichen Fotos des Beklagten ist unschwer ersichtlich, dass die Glasdepotcontainer der Klägerin schon aufgrund ihrer Einfüllöffnungen offensichtlich überwiegend, wenn nicht nur zur Aufnahme von Verkaufsverpackungen aus Glas bestimmt sind.
Nachvollziehbar ist insofern auch die Begründung des Beklagten, die Klägerin habe genau diese Glasdepotcontainer bereits im Rahmen ihrer Tätigkeit als lizenzierter Sammler des DSD aufgestellt und bis heute nicht wesentlich verändert. Schließlich hat auch der Geschäftsführer der Klägerin im Termin eingeräumt, solche Glasdepotcontainer seien nur in diesen Standardausführungen zu erwerben. Dann aber kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass die vorhandenen Glasdepotcontainer der Klägerin zur Aufnahme von Verkaufsverpackungen aus privaten Haushalten geeignet und auch bestimmt sind. Schließlich teilt das Gericht die Auffassung der Klägerin nicht, das Unterlassungsgebot sei ermessensfehlerhaft, da eine derart umfassende Unterlassungsverfügung unverhältnismäßig in die Rechte der Klägerin eingreife. Dem ist zwar zuzugeben, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 24.01.2008 - 7 ME 192/07 - für eine Altpapiersammlung die Auffassung geäußert hat, einer Untersagung bedürfe es nicht, wenn der öffentliche Entsorgungsträger durch ordnungsrechtliche Auflagen, etwa eine Kennzeichnungspflicht auf den Sammelbehältern und in den Haushaltsinformationen auf eine Minimierung von Fehleinwürfen hinwirken könne. Dies führt vorliegend aber nicht weiter, da bei der Altglasfraktion, wie oben ausgeführt, mit einem Anteil von lizenzierten Verkaufsverpackungen von nahezu 90% demgemäß mit einer entsprechenden Fehleinwurfquote zu rechnen ist, die über solche ordnungsrechtlichen Auflagen nach aller Lebenserfahrung nicht wesentlich verringert werden würde. Zudem käme angesichts dieser Zahlenverhältnisse eine angestrebte Verringerung um den Anteil an lizenzierten Verkaufsverpackungen einem Verbot gleich. Vor allem aber ist dabei zu beachten, dass der Beklagte der Klägerin eben nur die Sammlung von Verkaufsverpackungen aus Glas und die Entfernung der hierzu dienenden Glasdepotcontainer, nicht aber anderer Anteile der Altglasabfallfraktion untersagt hat. Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vermag das Gericht hierin nicht zu sehen.
Die Kammer vermag auch kein milderes Mittel als das von dem Beklagten getroffene umfassende Unterlassungsgebot zu erkennen. Soweit die Klägerin der Ansicht ist, ihr könne vom Beklagten die Sammlung jedenfalls in dem Umfang ermöglicht werden, in dem ihre Sammlung noch zu keiner Existenzgefährdung des zugelassenen Systems werde, spricht hiergegen bereits, dass der Beklagte sich dann möglicherweise pflichtwidrig verhalten würde, wenn er erlaubt oder billigt, dass die Klägerin Verkaufsverpackungen aus Glas sammelt, für deren Sammlung eine Lizenz an einen anderen Altglassammler vergeben wurde. Zudem ist nicht ersichtlich, wie eine Begrenzung des Sammelumfangs in der Praxis aussehen sollte. Schließlich wird die Klägerin auch schon deshalb nicht unverhältnismäßig in ihren Rechten eingeschränkt, weil ihr lediglich die Sammlung der ohnehin mit fremden Lizenzen versehenen Glasverkaufsverpackungen aus privaten Haushalten untersagt wird, die Sammlung der Glasabfälle Gewerbetreibender aber weiter möglich ist.
Nach allem ist der angefochtene Bescheid des Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides rechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Klage abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Das Gericht lässt die Berufung gemäß §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, da eine obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit von gewerblichen Sammlungen neben vorhandenen Systembetreibern im Bereich der Abfallfraktion Altglas bislang nicht vorliegt und die Rechtssache daher grundsätzliche Bedeutung hat.