Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.2008, Az.: 7 A 5226/06
Alterversorgungswerk; berufsständische Alterversorgung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 26.09.2008
- Aktenzeichen
- 7 A 5226/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46029
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0926.7A5226.06.0A
Rechtsgrundlagen
- 3 I GG
- 12 I HKG
- 8 ASO
- 10 ABH
- VO (EWG) 1408/71
Fundstellen
- EuroAS 2008, 188
- MedR 2009, 43 (amtl. Leitsatz)
- ZESAR 2009, 296-301
Amtlicher Leitsatz
Die Satzung des Altersversorgungswerkes der Zahnärtzekammer Niedersachsen verstößt insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, als sie es ermöglicht, aus dem EU-Ausland zugezogene Zahnärzte von der Pflichtmitgliedschaft zu befreien, nicht aber aus anderen Bundesländern zugezogene Zahnärzte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger von der Mitgliedschaft im Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer Niedersachsen (AVW) zu befreien ist.
Der Kläger war vom 1. September 1998 bis zum 30. Juni 2006 in Hessen als Zahnarzt tätig und Mitglied im Versorgungswerk der dortigen Zahnärztekammer. Zum 3. Juli 2006 verlegte er seine Praxis nach Niedersachsen; seither ist er Mitglied der Niedersächsischen Zahnärztekammer.
Unter dem 13. September 2006 beantragte der Kläger beim hessischen Altersversorgungswerk die freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 teilte die Hessische-Zahnärzte-Versorgung dem Kläger mit, dass eine freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft erst möglich sei, wenn der Kläger in Niedersachsen von der Pflichtmitgliedschaft im Zahnärzteversorgungswerk befreit ist. Daraufhin beantragte der Kläger unter dem 31. Oktober 2006 bei der Beklagten die Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft im Altersversorgungswerk. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 9. November 2006 abgelehnt. Der Kläger erfülle die Befreiungsvoraussetzungen des § 8 der Alterssicherungsordnung der Beklagten vom 22./23. Juni 1963 in der Fassung vom 1. Januar 2005 (ASO) nicht. Er sei nicht Mitglied in einer gesetzlich angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums.
Der Kläger hat am 11. Dezember 2006 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, analog § 8 Abs. 1 ASO einen Anspruch auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft im Niedersächsischen Altersversorgungswerk zu haben. Er sei Mitglied in einer gesetzlich angeordneten Versorgungseinrichtung, denn im Falle des Erfolgs seines Befreiungsantrags könne er nahtlos die bisherige Pflichtmitgliedschaft im Hessischen Versorgungswerk auf freiwilliger Basis fortsetzen. Dies habe ihm die Hessische Zahnärzteversorgung mit Schreiben vom 6. Februar 2007 nochmals bestätigt. Dass es sich hierbei nicht um ein Versorgungswerk in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR handle, sondern um ein Versorgungswerk in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland, dürfe keinen Unterschied machen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), die Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) geböten es, § 8 ASO auf seinen Fall erst recht anzuwenden. Die Altersversorgung, die ihm das Hessische Versorgungswerk biete, sei für ihn wesentlich günstiger und attraktiver als die niedersächsische. Außerdem sei eine Überleitung der in Hessen bereits erworbenen Anwartschaften nach Niedersachsen gemäß § 25a Abs. 5 Nr. 2 ASO ausgeschlossen, da er in Hessen länger als 60 Monate Beiträge gezahlt haben. In seinem Fall stünden daher im Versorgungsfall hessische Ansprüche aufgrund der dort zurückgelegten Versicherungszeiten neben niedersächsischen Ansprüchen für die hier zurückgelegten Versicherungszeiten. Dieses Nebeneinander könnte durch eine Befreiung in Niedersachsen vermieden werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. November 2006 zu verpflichten, den Kläger von der Mitgliedschaft zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 8 ASO lägen nach dem Wortlaut der Vorschrift eindeutig nicht vor. Anders als nach der bis zum 31. Dezember 2004 gültigen Satzungslage solle nun bei einem innerdeutschen Umzug keine Befreiung mehr stattfinden. Dieses Prinzip, dem inzwischen alle zahnärztlichen Versorgungswerke in Deutschland einheitlich folgten, verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Es beruhe vielmehr auf dem Alterseinkünftegesetz und der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971. Diese Verordnung sehe nur in begrenztem Umfang Befreiungsmöglichkeiten vom "Lokalitätsprinzip" vor. Überleitungen von Ansprüchen von einem Versorgungswerk auf das andere oder sonstige Formen der Kooperation gebe es in Bezug auf das Ausland nicht. Mit sämtlichen deutschen Zahnärzteversorgungswerken seien dagegen Überleitungsabkommen geschlossen worden. Anders als in Deutschland, gebe es in Europa kein einheitliches Mitgliedschaftsrecht der berufsständischen Versorgungswerke. Um Mitgliedschaftstourismus zu verhindern, habe man daher die Befreiung so regeln müssen, wie in § 8 ASO geschehen. Dies entspreche auch den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV). Ferner sei die Kooperation mit ausländischen Versorgungswerken auch verwaltungspraktisch äußerst aufwendig. Hinzu komme, dass nach § 22 EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes die Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen nur im Falle einer Pflichtmitgliedschaft steuerlich absetzbar seien. Selbst wenn man § 8 ASO analog auf seinen Fall anwenden würde, würde dies dem Kläger jedoch nicht helfen. Der Kläger sei nicht mehr Mitglied des hessischen Altersversorgungswerkes. Seine Mitgliedschaft dort habe mit der Praxisverlegung nach Niedersachsen geendet und könne nicht freiwillig fortgesetzt werden, da der Kläger mit Aufnahme der zahnärztlichen Tätigkeit in Niedersachsen sofort Pflichtmitglied der Beklagten geworden sei. Zur wirtschaftlichen Vergleichbarkeit beider Versorgungssysteme wolle sich die Beklagte nicht äußern.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist insoweit begründet, als der Kläger die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 9. November 2006 und die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung seines Befreiungsantrags vom 31. Oktober 2006 begehrt. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Ablehnung der Befreiung war rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten. Da die Sache aber nicht spruchreif ist, konnte die Kammer die Beklagte nicht verpflichten, den Kläger von der Pflichtmitgliedschaft zu befreien. Es kam nur die Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts in Frage (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Welche Satzung der Beklagten hier anzuwenden ist, kann dahin stehen. Seit dem 1. Januar 2007 gilt anstelle der alten ASO der Beklagten die neue Satzung "Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung" (ABH). Die Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft ist dort in § 10 geregelt, dessen Absätze 1 und 2 aber § 8 ASO voll entsprechen. Die Überleitung ist in § 29 Abs. 5 Nr. 2 ABH ebenso geregelt wie früher in § 25a Abs. 5 Nr. 2 ASO.
Der Kläger hat weder aufgrund von § 8 ASO noch aufgrund von § 10 Abs. 1, 2 ABH einen Anspruch auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft. Nach beiden Vorschriften wird auf Antrag derjenige befreit, der Mitglied in einer gesetzlich angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums ist. Mit der Verwendung der Formulierung "anderer Mitgliedstaat" bringen die Satzungsbestimmungen unmissverständlich zum Ausdruck, dass es sich hierbei um eine Versorgungseinrichtung handeln muss, die in einem anderen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässig ist. Die Versorgungseinrichtung, der der Kläger bisher angehört und weiter angehören möchte, besteht dagegen in der Bundesrepublik Deutschland, nämlich im Land Hessen.
Es ist auch nicht möglich, § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH im Wege der verfassungskonformen Auslegung analog auf den Fall anzuwenden, dass ein Zahnarzt, der bereits in einem anderen Bundesland Mitglied in der berufsständischen Altersversorgung ist, nach Niedersachsen zuzieht. Dem steht zum einen der klare Wortlaut der Vorschriften entgegen. Zum anderen ist es verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten, Zahnärzte, die aus anderen Bundesländern zuziehen und dort Mitglieder in berufsständischen Altersversorgungswerken sind, von der Mitgliedschaft im niedersächsischen Altersversorgungswerk zu befreien.
Die Anordnung einer Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Versorgungswerken durch Gesetz und Satzung (hier durch § 12 Abs. 1 S. 2 HKG i.V.m. § 6 Abs. 1 ASO bzw. § 8 Abs. 1 ABH) ist grundsätzlich verfassungsgemäß. Bei der Einführung einer solchen Pflichtversicherung liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Normgebers, den Mitgliederkreis so abzugrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich ist. Eine Pflichtmitgliedschaft, die alle Angehöriger einer bestimmten Berufsgruppe in einem bestimmten Bundesland umfasst, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 1977 - 1 BvL 11/74 -BVerfGE 44, 70, 90 f.; BVerfG, Beschluss vom 28. November 1997 - 1 BvR 324/93 -NJW-RR 1999, 134 [OVG Saarland 29.07.1998 - 1 R 387/96]). Dies gilt auch in Bezug auf Art. 11 GG, dessen Schutzbereich schon nicht berührt ist. Mittelbare Einwirkungen auf die Freizügigkeit können allenfalls dann gegen Art. 11 GG verstoßen, wenn sie objektiv geeignet sind, einen beherrschenden Einfluss auf die Willensbildung des Bürgers auszuüben (vgl. Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/ Hopfauf, GG, 11. Aufl., Art. 11 Rn. 10 f.m.w.N.). Die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Altersversorgung des Zuzugsortes hat solche Auswirkungen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990, 1 BvR 907/87, NJW 1991, 746 f. [BVerfG 25.09.1990 - 1 BvR 907/87]). Auch der Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht betroffen. Die vom Kläger bereits erworbenen Versorgungsanwartschaften im hessischen Versorgungswerk werden nicht geschmälert, sondern bleiben selbständig neben denjenigen Anwartschaften bestehen, die der Kläger in Zukunft in Niedersachsen erwerben wird. Die Auferlegung einer Beitragspflicht im niedersächsischen Versorgungswerk berührt Art. 14 GG nicht, da es sich nur um eine Geldleistungspflicht handelt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990, 1 BvR 907/87, NJW 1991, 746 f.).
Daher ist es auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Versorgungswerk in seiner Satzung die aus anderen Bundesländern zugezogenen Kammermitglieder zu Pflichtmitgliedern macht, ohne für sie eine Befreiungsmöglichkeit vorzusehen. Dies gilt sowohl für den Zuzug aus Bundesländern, die ebenfalls eine Pflichtversicherung in der berufsständischen Altervorsorge kennen und wo der Zugezogene deshalb bereits dort Mitglied in einem Altersversorgungswerk ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990 - 1 BvR 907/87 -NJW 1991, 746 f. [BVerfG 25.09.1990 - 1 BvR 907/87][BVerfG 25.09.1990 - 1 BvR 907/87]), als auch für den Zuzug aus Bundesländern ohne verpflichtende berufsständische Altersvorsorge ( BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1992 - 1 B 57/92 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 23; BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1993 - 1 B 95/92 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24). Das entscheidende Argument gegen eine Verpflichtung des Satzungsgebers, den Zugezogenen ein "Wahlrecht" dahingehend einzuräumen, ob sie im bisherigen Versorgungswerk bleiben oder sich dem neuen anschließen wollen, ist die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der schwächeren Versorgungswerke: Bestünde ein solches Wahlrecht, würde nämlich jeder Berufsangehörige für immer im günstigsten Versorgungswerk bleiben, in dem er im Laufe eines Berufslebens einmal Mitglied wurde. Der Mitgliederbestand der Werke mit einer ungünstigeren Mitgliederstruktur würde dadurch zwangsläufig mit der Zeit immer mehr zurückgehen. Dem darf ein Versorgungswerk vorbeugen, in dem es in seiner Satzung auch bereits andersweitig versorgte Zuzügler zu Pflichtmitgliedern macht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990 - 1 BvR 907/87 -NJW 1991, 746 f. [BVerfG 25.09.1990 - 1 BvR 907/87][BVerfG 25.09.1990 - 1 BvR 907/87])
Auch wenn der Kläger daher keinen Anspruch auf Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft im niedersächsischen Altersversorgungswerk hat, ist die Ablehnung seines Befreiungsantrags dennoch rechtswidrig gewesen. Denn die Befreiungsregelungen in § 8 ASO bzw. § 10 ABH, auf die der Ablehnungsbescheid der Beklagten gestützt ist, verstoßen gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG. Sie behandeln Zahnärzte, die aus dem EU- bzw. EWR-Ausland nach Niedersachsen ziehen und am Herkunftsort Mitglied in einer Versorgungseinrichtung sind, ohne hinreichenden sachlichen Grund anders, als Zahnärzte, die aus anderen Bundesländern nach Niedersachsen ziehen und am Herkunftsort Mitglied in der berufsständischen Versorgungseinrichtung sind.
Entgegen der Ansicht der Beklagten würde der Kläger unter eine mit § 8 ASO bzw. § 10 ABH vergleichbare Befreiungsregelung, die sich auch auf Umzüge innerhalb verschiedener Länder der Bundesrepublik erstreckt, fallen.
§ 8 Abs. 1 ASO bzw. § 10 ABH fordert für die Befreiung zuziehender Kammermitglieder, dass diese Mitglied in einer anderen gesetzlich angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Versorgungseinrichtung "sind". Damit kann bei verständiger, lebensnaher Auslegung nichts anders gemeint sein, als dass der Zuziehende bis zu seinem Wegzug Mitglied in einer anderen Versorgungseinrichtung gewesen sein muss und diese Mitgliedschaft freiwillig nahtlos fortsetzen kann. Ansonsten hätte die Vorschrift keinerlei Anwendungsbereich. Art. 13 Abs. 2a) und b) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unterwerfen eine Person grundsätzlich den sozialen Sicherungssystemen am Beschäftigungsort. Wenn sich ein Zahnarzt aus dem EU-Ausland in Niedersachsen niederlässt, endet also nach Art. 13 der Verordnung in diesem Moment grundsätzlich seine Mitgliedschaft in den Sozialsystemen des Herkunftsstaates und er wird Mitglied in den Sozialsystemen Niedersachsens. Eine Pflichtmitgliedschaft am Herkunftsort, die den Wegzug überdauert, obwohl am Zuzugsort ebenfalls eine Pflichtmitgliedschaft besteht, kann es daher europarechtlich nicht geben (vgl. auch Art. 15 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71). Vor diesem Hintergrund muss es für § 8 ASO bzw. § 10 ABH ausreichen, wenn der Zuziehende bis zum Wegzug am Herkunftsort versichert war und die Möglichkeit sowie den Willen hat, nach Erfolg seines Befreiungsantrags in Niedersachsen die frühere Mitgliedschaft nahtlos fortzusetzen. Dies ist beim Kläger der Fall.
Nach § 13 Abs. 1 der Satzung der Hessischen Zahnärzte-Versorgung kann eine eigentlich beendete Pflichtmitgliedschaft auf Antrag freiwillig fortgeführt werden, sofern nicht eine Pflichtmitgliedschaft in einer anderen Versorgungseinrichtung besteht. Diese Voraussetzungen wären erfüllt, wenn der Befreiungsantrag des Klägers Erfolg hätte: Er war bislang in Hessen Mitglied im Versorgungswerk und hat fristgerecht die Fortführung dieser Mitgliedschaft beantragt. Hätte sein Befreiungsantrag Erfolg, wäre er auch nicht Pflichtmitglied einer anderen Versorgungseinrichtung geworden. Er wäre dann mit ex tunc-Wirkung von der Pflichtmitgliedschaft in der Beklagten befreit und wäre quasi nie Mitglied des niedersächsischen Versorgungswerkes geworden. Seinem noch nicht beschiedenen Fortführungsantrag in Hessen Mitgliedschaft könnte entsprochen werden. Die Mitgliedschaft in der Hessischen Zahnärzte-Versorgung würde auf freiwilliger Basis nahtlos mit Rückwirkung ab dem 1. Juni 2006 fortgeführt (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 3 der Satzung der Hessischen Zahnärzte-Versorgung). Dies ist auch die Auffassung, die die Hessische Zahnärzte-Versorgung in ihren Schreiben vom 12. Oktober 2006 und 6. Februar 2007 äußerte.
Es ist somit allein die Beschränkung des § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH auf Zuzüge aus dem Ausland, die einer Befreiung des Klägers entgegensteht.
Die Beschränkung der Befreiungsregelung auf Zuzüge aus anderen Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR unter Ausschluss von Zuzügen aus anderen Bundesländern verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG.
Sofern der Normgeber in Durchbrechung in Durchbrechung des Prinzips der ausnahmslosen Pflichtmitgliedschaft aller in seinem Bereich tätigen Berufsangehörigen zugunsten einzelner Gruppen Ausnahmen vorsieht, ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die Differenzierung nicht finden lässt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss. Hinsichtlich der dem Normgeber hierbei zukommenden Gestaltungsfreiheit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den beanstandeten Regelungen um begünstigende Ausnahmen von einer im Übrigen verfassungsrechtlich unbedenklichen Inanspruchnahme zu einer gesetzlichen Pflichtversicherung handelt. Bei der Ausgestaltung und Abgrenzung von begünstigenden Regelungen dieser Art ist ihm ein besonders weiter Spielraum zuzubilligen. Allerdings sind ihm auch insoweit willkürliche Diskriminierungen und Privilegierungen verboten ( BVerfG, Urteil vom 9. Februar 1977 - 1 BvL 11/74 -BVerfGE 44, 70, 90 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 28. November 1997 - 1 BvR 324/93 -NJW-RR 1999, 134 [OVG Saarland 29.07.1998 - 1 R 387/96]; BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1993 - 1 B 95/92 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24). Dass Ausnahmetatbestände auch dort, wo man aus verfassungsrechtlicher Sicht ganz auf sie verzichten könnte, gleichheitsgerecht ausgestaltet sein müssen, wenn der Normgeber sich "freiwillig" dafür entschieden hat, Ausnahmen einzuführen, hat das Bundesverfassungsgericht erst jüngst in seiner Entscheidung zu den Nichtraucherschutzgesetzen in Berlin und Baden-Württemberg betont (vgl. Urteil vom 11. Juni 2008, 1 BvR 906/08 ). Im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG ist nach dieser Entscheidung auch zu prüfen, ob der Normsetzer sein eigenes Regelungskonzept folgerichtig und schlüssig umgesetzt hat. Der Normgeber bestimmt im Rahmen seines Gestaltungsspielraums grundsätzlich selbst, welche Interessen er wie stark gewichtet. Hat er sich aber entschieden, in bestimmten Fällen ein bestimmtes Interesse weniger stark zu gewichten und es durch Gewährung von Ausnahmetatbeständen hinter andere Interessen zurücktreten zu lassen, so darf er dieselbe Interessenkollision nicht in derselben Vorschrift in anderem Kontext ohne hinreichenden Grund völlig anders bewerten (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 2008, 1 BvR 906/08, Rn. 123 - 125, 128 - 130, 135).
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall: Die Beklagte darf in ihrer Satzung die Kollision zwischen ihrem Interesse an einem möglichst großen und leistungsfähigen Mitgliederbestand und dem Interesse der zugezogenen Kammermitglieder an der Aufrechterhaltung einer bereits bestehenden, wirtschaftlich günstigeren Mitgliedschaft in einem anderen Versorgungswerk zu Gunsten ihrer eigenen Leistungsfähigkeit auflösen. Wenn sie sich aber in Bezug auf eine Gruppe von Zugezogenen - nämlich die aus dem EU- bzw. EWR-Ausland kommenden - dafür entscheidet, deren Interesse an der Beibehaltung der bisherigen Versorgungsmitgliedschaft höher zu bewerten und ihr eigenes Interesse an der Einbeziehung aller Kammermitglieder in die Altersversorgung dahinter zurücktreten zu lassen, so darf sie dieselbe Interessenkollision nicht in Bezug auf eine andere Gruppe von Zugezogenen - nämlich die aus anderen Bundesländern kommenden - ohne sachlichen Grund umgekehrt lösen.
Die Beklagte hat sich in § 8 ASO bzw. der § 10 Abs. 1, 2 ABH dafür entschieden, ihr Interesse an einer vollständigen Erfassung aller niedersächsischen Zahnärzte hinter das Interesse der aus dem EU- bzw. EWR-Ausland zugezogenen Zahnärzte am Verbleib im heimatlichen Versorgungswerk zurücktreten zu lassen. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso sie dieselbe Interessenkollision anders auflöst, wenn der Zugezogene aus einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland kommt. Ein einleuchtender Grund ist nicht ersichtlich.
In beiden Fällen wird die Solidargemeinschaft der niedersächsischen Zahnärzte dadurch geschmälert, dass der von außerhalb zugezogene Zahnarzt sich nicht an ihr beteiligt, sondern in der alten Solidargemeinschaft seines Herkunftsortes verbleibt. Der Zugezogene wiederum hat in beiden Fällen ein vergleichbares Interesse an einer Wahlmöglichkeit zwischen der Niedersächsischen Alterversorgung und der Beibehaltung der am Herkunftsort bestehenden (möglicherweise wirtschaftlich attraktiveren) berufsständischen Altersversorgung. Ohne den Vorwürfen des Klägers zu den angeblichen Schwächen der Beklagten im Vergleich zur Hessischen Zahnärzte-Versorgung im Einzelnen nachzugehen, erscheint es generell durchaus plausibel, dass auch die wirtschaftliche Attraktivität verschiedener deutscher Versorgungswerke voneinander abweichen kann. Gründe, wieso der aus dem EU- oder EWR-Ausland zugezogene Zahnarzt ein größeres Interesse an der Beibehaltung seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk des Herkunftsstaates haben sollte als ein aus einem anderen Bundesland zugezogener Zahnarzt, sind nicht ersichtlich.
Im Zusammenhang mit der Frage, ob Art. 3 Abs. 1 GG einer Regelung entgegen steht, die diejenigen Kammermitglieder, die bei Gründung des Versorgungswerkes bereits eine private Altersvorsorge abgeschlossen hatten (so genannte "Altmitglieder"), von der Pflichtmitgliedschaft befreit, nicht aber diejenigen Kammermitglieder, die später aus einem Bundesland ohne Versorgungswerk zuziehen und von dort eine private Altersvorsorge "mitbringen" hat die Rechtsprechung folgendes Argument zur Rechtfertigung herangezogen: Die "Altmitglieder" können privilegiert werden, weil sie Vertrauensschutz genießen. Sie mussten vor Einrichtung eines Versorgungswerkes private Vorsorge treffen und sollen mit dessen - ohne ihr Zutun erfolgten - Gründung nicht zwangsweise eine zusätzliche, für sie wirtschaftlich überflüssige Altersversorgung oktroyiert bekommen. Die neu Zugezogenen genössen dagegen keinen Vertrauensschutz: Sie wüssten, dass sie mit dem Umzug in ein anderes Bundesland zu Pflichtmitgliedern im dort bestehenden Versorgungswerk werden und ihre bisherige private Vorsorge dadurch teilweise überflüssig wird. Sie können sich frei entscheiden, ob sie dennoch umziehen wollen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 1992 - 1 B 57/92 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 23; BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1993 - 1 B 95/92 - Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 1994 - 8 M 3416/94 - Nds VBl 1995, 137). Doch auch dieser Gedanke rechtfertigt nicht die Differenzierung zwischen aus dem EU-Ausland und aus anderen Bundesländern Zugezogenen. Denn beide Gruppen treffen die freie Entscheidung für den Umzug und können sich vorher darüber informieren, welche Auswirkungen dies für ihre Altersvorsorge hat. Wieso die Gruppe der aus dem Ausland Zugezogenen schutzwürdiger auf die Beibehaltung ihrer heimatlichen Versorgungsmöglichkeit vertrauen dürfen sollte als die Gruppe der aus anderen Bundesländern Zugezogenen ist nicht ersichtlich.
Schließlich ergibt sich auch aus im Vergleich zur Satzung der Beklagten höherrangigem Recht nichts, was zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung beitragen könnte.
§ 12 HKG enthält nichts, was die Differenzierung zwischen aus den EU- bzw. EWR-Ausland Zugezogenen und den aus anderen Bundesländern Zugezogenen rechtfertigt oder gebietet. Er eröffnet den Versorgungswerken die Möglichkeit, durch Satzung eine Pflichtmitgliedschaft einzuführen. Bezüglich der genauen Ausgestaltung dieser Mitgliedschaft enthält er aber keine Vorgaben. Weder verpflichtet er die Kammern, bestimmte Befreiungstatbestände vorzusehen, noch verbietet er ihnen dies.
Auch Europarecht und Bundesrecht geben hierfür nichts her.
Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 rechtfertigt die Differenzierung nicht. Sie gebietet es noch nicht einmal, die aus dem EU-Ausland zuziehenden Zahnärzte von der Pflichtmitgliedschaft im niedersächsischen Versorgungswerk zu befreien. Erst recht verbietet sie es nicht, die aus anderen Bundesländern Zugezogenen (gleichfalls) zu befreien.
Nach Art. 13 Abs. 2a) und b) der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unterliegt eine Person in Bezug auf die Alterssicherung grundsätzlich den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie tätig wird (so genanntes Lokalitätsprinzip). Das heißt: Ein Zahnarzt aus dem EU-Ausland, der sich in Niedersachsen niederlässt, unterliegt in Bezug auf seine Alterssicherung den niedersächsischen Rechtsvorschriften. Es ist damit nicht nur europarechtlich möglich, sondern sogar gewollt, die Pflichtmitgliedschaft im niedersächsischen Versorgungswerk auch auf ihn zu erstrecken. Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 regelt ausdrücklich, dass eine solche Pflichtversicherung in Niedersachsen der Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung am Herkunftsort vorgeht. Daraus folgt, dass es Befreiungsmöglichkeiten nach dem Muster des § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH aus europarechtlicher Sicht gar nicht bedarf.
Dies ist im Übrigen auch die Position, die die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke (ABV) in den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen empfiehlt. Die Beklagte missversteht diese Dokumente, wenn sie der Auffassung ist, dort werde eine Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit auf den grenzüberschreitenden Zuzug verlangt. Die ABV beginnt ihre Rundschreiben mit der Feststellung, dass die Art. 13 ff. der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom Grundsatz der Versicherungspflicht am Beschäftigungsort ausgehen und beim grenzüberschreitenden Umzug weder in größerem Umfang Befreiungsmöglichkeiten noch die Überleitung von Anwartschaften vorsehen (vgl.S. 1, 1. Absatz am Ende des als Anl. B 1 vorgelegten Rundschreibens vom 21. Februar 2003; S. 2 f. und 3 f. des als Anl. B 2 vorgelegten Rundschreibens vom 17. März 2005). Von diesem Ausgangspunkt aus empfiehlt die ABV den Versorgungswerken, die bislang in einigen Satzungen beim innerdeutschen Umzug vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten zu streichen und auch die Überleitungsmöglichkeiten einzuschränken (vgl.S. 4 ff., insbesondere S. 5, letzter Absatz und S. 6, 1. Absatz des als Anl. B 1 vorgelegten Rundschreibens vom 21. Februar 2003; S. 2 f. und 3 f. des als Anl. B 2 vorgelegten Rundschreibens vom 17. März 2005). Dies geschieht ausdrücklich in der Absicht, eine unterschiedliche Behandlung von innerdeutschen und grenzüberschreitenden Zuzügen zu vermeiden (vgl.S. 2, 1. Absatz am Ende und S. 4, 1. Absatz unter Ziff. 2 des als Anl. B 1 vorgelegten Rundschreibens vom 21. Februar 2003). Mit anderen Worten: Die ABV empfiehlt den Versorgungswerken, bei jedem Zuzug dem Lokalitätsprinzip zu folgen und keinen Zuziehenden mehr zugunsten des bisherigen Versorgungswerkes zu befreien. Sie empfiehlt es ausdrücklich nicht, innerdeutsche und grenzüberschreitende Zuzüge unterschiedlich zu behandeln.
Letztendlich kommt es aber auch gar nicht darauf an, ob die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die Befreiung der aus dem EU- und EWR-Ausland zugezogenen Zahnärzte gebietet. Denn jedenfalls verbietet sie es nicht, die aus anderen Bundesländern Zugezogenen nach nationalem Recht ebenfalls zu befreien. Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 regelt nur grenzüberschreitende Sachverhalte (vgl. Art. 2 der Verordnung). Wenn das Gemeinschaftsrecht verlangt, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt in einer bestimmten Weise behandelt wird, ist es ist allein eine Frage des nationalen (Verfassungs-)Rechts, ob ein inländischen Sachverhalt ebenso behandelt werden muss (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juni 1994 - C-132/93 - Slg. 1994, I-2715, Rn. 8 - 11). In Deutschland ist die so genannte Inländerdiskriminierung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (vgl. Osterloh, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 3 Rn. 71; Beutler/ Buber/ Pipkorn/ Streil, Die Europäische Union, 5. Aufl., Rn. 778; Lenz/ Borchardt, EU- und EG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 12 Rn. 3). Die entscheidende Frage ist, ob ein sachlicher Grund für die Schlechterstellung der inländischen Sachverhalte im Vergleich zu den grenzüberschreitenden vorliegt (Beutler/ Buber/ Pipkorn/ Streil, Die Europäische Union, 5. Aufl., Rn. 778). Ein solcher ist hier nicht ersichtlich.
Die Beklagte erblickt einen sachlichen Unterschied zwischen grenzüberschreitenden und innerdeutschen Sachverhalten darin, dass in Europa "im Gegensatz zu den berufsständischen Versorgungswerken der Bundesrepublik Deutschland kein einheitliches Mitgliedschaftsrecht existiert" (Schriftsatz vom 24. September 2008, Ziff. 2). Dies trifft nicht zu.
Unzutreffend ist schon die Annahme eines einheitlichen Mitgliedschaftsrechts in Deutschland. Innerhalb der Bundesrepublik gibt es kein einheitliches Mitgliedschaftsrecht für die berufsständischen Versorgungswerke. Die Mitgliedschaftsregelungen mögen sich - wie die Beklagte behauptet - in der Zahnärzteversorgung faktisch angeglichen haben. Dies ändert aber nichts daran, dass jede Kammer im Rahmen der in ihrem Bundesland geltenden landesrechtlichen Regelungen das Mitgliedschaftsrecht autonom durch Satzung definiert. Versorgungswerke anderer Berufsgruppen sahen dabei keinerlei Bedürfnis für eine Differenzierung zwischen grenzüberschreitenden und innerdeutschen Zuzügen. So sieht § 8 Abs. 1a) der Satzung der Niedersächsischen Rechtsanwaltsversorgung vor, dass eine Befreiung von der Pflichtmitgliedschaft möglich ist, wenn der Zugezogene in einem anderen berufständischen Versorgungswerk Mitglied ist, diese Mitgliedschaft aufrecht erhält und dort gleichwertige Beiträge entrichtet. Danach, ob dieses andere Versorgungswerk im In- oder Ausland besteht, wird nicht differenziert. Die Satzungen der Rechtsanwaltsversorgungswerke in Berlin, Sachsen und Bayern lauteten jedenfalls bis in die jüngste Vergangenheit ähnlich (vgl. VG Berlin, Urteil vom 11. Mai 2006, 12 A 563.02, juris; VG Dresden, Urteil vom 27. Januar 2000, 1 K 548/99, juris; VG München, Urteil vom 4. Februar 2002, M 3 K 01.4659, juris). Die Ärzteversorgung Niedersachsen wählt in ihrer Satzung den umgekehrten, aber ebenfalls unter Gleichheitsgesichtspunkten unproblematischen Weg: Sie sieht in ihrer Satzung (§§ 9, 10) keinerlei Befreiungsmöglichkeit für Zuziehende vor, die an ihrem Herkunftsort Mitglied eines berufständischen Versorgungswerkes sind und dies bleiben möchten. Ob der Herkunftsort in Deutschland oder im Ausland liegt, spielt dabei keine Rolle.
Und schließlich ist es missverständlich, wenn die Beklagte behauptet, auf europäischer Ebene existiere kein einheitliches Mitgliedschaftsrecht. Mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gibt es jedenfalls bestimmte, in ganz Europa einheitlich anwendbare Vorschriften darüber, welchem Recht ein bestimmter grenzüberschreitender Sachverhalt in Bezug auf die Alterssicherung unterliegt. Und diese Regeln gehen, wie oben ausgeführt, gerade nicht den von der Beklagten in § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH eingeschlagenen Weg einer Weiterversicherung am Herkunftsort, sondern folgen vielmehr dem "Lokalitätsprinzip" - also dem Prinzip der Versicherung am jeweiligen Beschäftigungsort.
Verwaltungspraktische Schwierigkeiten bei der Kooperation mit ausländischen Versorgungswerken (wie zum Beispiel Sprachprobleme - solche hat die Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung zur Rechtfertigung ihrer Befreiungsvorschrift angeführt -), können die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit auf den Zuzug aus dem Ausland entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht rechtfertigen. Zum einen sind solche Probleme in der heutigen Zeit angesichts des europarechtlich erreichten Integrationsstandes kein überzeugendes Argument mehr für eine unterschiedliche Behandlung inländischer und europäischer Sachverhalte. Sie sind mit zumutbaren Mitteln, etwa der Inanspruchnahme entsprechender Übersetzungsdienste, überwindbar. Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, dass die Privilegierung grenzüberschreitender Zuzüge solche Probleme vermeidet. Keine der unter Gleichheitsaspekten unproblematischen Lösungen würde den Bedarf an Kooperation mit ausländischen Stellen vermehren: Dehnt man die Befreiungsmöglichkeit auf Personen wie den Kläger aus, entsteht dadurch kein zusätzlicher Bedarf, mit ausländischen Versorgungseinrichtungen zu kooperieren, sondern allenfalls ein zusätzlicher Kooperationsbedarf mit Versorgungseinrichtungen anderer Bundesländer. Schafft man die Befreiungsmöglichkeit vollkommen ab, würde sich der Bedarf an Kooperation mit dem Ausland sogar verringern. Gerade die Befreiungsmöglichkeit schafft das Bedürfnis, mit ausländischen Versorgungseinrichtungen zu korrespondieren und zu kooperieren. Denn es muss von der Beklagten bei der Anwendung dieser Vorschriften geklärt werden, ob der Betroffene dort wirklich versichert ist, diese Mitgliedschaft fortsetzen kann und ob das jeweilige ausländische Versorgungswerk "gesetzlich angeordnet" ist bzw. "auf Gesetz beruht". Bei uneingeschränkter Anwendung des Lokalitätsprinzips wäre die bisherige Versorgungssituation im Ausland dagegen für die Beklagte irrelevant.
Dahin gestellt bleiben kann hier, ob es sachgerecht wäre, im Hinblick auf die Befreiungsmöglichkeit zwischen Zuzügen zu differenzieren, bei denen eine Überleitung der bereits am Herkunftsort erworbenen Anwartschaften in das Versorgungswerk des Zuzugsortes möglich ist, und Zuzügen, bei denen dies nicht möglich ist. Denn § 8 ASO bzw. § 10 ABH differenzieren weder unmittelbar noch mittelbar nach diesem Kriterium.
§ 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH knüpft die Befreiungsmöglichkeit nicht an die fehlende Überleitungsmöglichkeit an, sondern an den ausländischen Herkunftsort. Dies ist auch kein mittelbares Anknüpfen an die Überleitungsmöglichkeit. Die Tatsache, ob ein Zahnarzt aus dem In- oder Ausland zuzieht, sagt nichts darüber aus, ob eine Überleitung seiner bisherigen Versorgungsanwartschaften möglich ist. Eine solche Überleitung findet zwar bei grenzüberschreitenden Zuzügen aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht statt. Vielmehr stehen die Anwartschaften, die in jedem Staat während der dortigen Beschäftigungszeit erworben wurden, selbständig nebeneinander (so genannte Proratisierung) (vgl. Art. 45 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, dazu auch S. 3 ff. des von der Beklagten als Anl. B 2 vorgelegten Rundschreibens der ABV vom 17. März 2005). Aber auch bei einem Umzug innerhalb Deutschlands ist nicht stets gewährleistet, dass die bisher erworbenen Anwartschaften in das neue Versorgungswerk übergeleitet werden. Auch hier kann es zu einem nebeneinander von Ansprüchen gegen das alte Versorgungswerk aus der Zeit der dortigen Mitgliedschaft und Ansprüchen gegen das neue Versorgungswerk für die übrige Zeit kommen. Dies ist gerade im vorliegenden Fall so, wo eine Überleitung der hessischen Anwartschaften nach Niedersachsen gemäß § 25a Abs. 5 Nr. 2 ASO bzw. § 29 Abs. 5 Nr. 2 ABH ausgeschlossen ist.
Auch dem Bundesrecht lässt sich nichts entnehmen, was die Regelung in § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH rechtfertigen würde. Die Beklagte beruft sich insofern auf § 22 EStG in der Fassung des Alterseinkünftegesetzes. Daraus soll sich nach den Ausführungen ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ergeben, dass nur Pflichtbeiträge zu Altersversorgungswerken steuerlich absetzbar sind, nicht aber Beiträge im Rahmen einer freiwilligen Weiterversicherung. Das Gericht kann allerdings dem § 22 EStG einen solchen Inhalt nicht entnehmen. § 22 EStG regelt die "Arten der sonstigen Einkünfte"; namentlich regelt er in Nr. 1 Satz 3a) aa), inwieweit berufsständische Versorgungsrenten der Besteuerung unterliegen. Die Absetzung von Beiträgen regelt er nicht. Auch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vermochte es auf Nachfrage nicht, die konkrete Stelle in § 22 EStG zu benennen, die sein Argument stützen soll. Und selbst wenn der steuerrechtliche Ausgangspunkt der Beklagten zutreffen sollte, würde dies nicht die getroffene Regelung rechtfertigen: Sollte die freiwillige Weiterversicherung beim bisherigen Versorgungswerk im Falle eines innerdeutschen Umzugs steuerlich nachteilig sein, während sie im Falle eines grenzüberschreitenden Umzugs steuerlich vorteilhaft ist, so muss dies der Betroffene bei der Entscheidung, ob er eine Befreiung beantragen will, selbst berücksichtigen. Die Beklagte hat nicht die Aufgabe, ihn von einer steuerlich ungünstigen Gestaltung seiner Altersvorsorge abzuhalten.
Da § 8 ASO bzw. § 10 Abs. 1, 2 ABH daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO der auf diese Vorschriften gestützte Ablehnungsbescheid aufzuheben. Es ist die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, den klägerischen Befreiungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. In diesem Rahmen wird sie zu entscheiden haben, welchen Weg sie zur verfassungskonformen Gestaltung ihrer Satzung wählen will. Um den der Beklagten dabei zukommenden Gestaltungsspielraum zu wahren, konnte das Gericht dem klägerischen Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zu seiner Befreiung nicht entsprechen. Eine solche Rechtsfolge kommt im Falle der gleichheitswidrigen Vorenthaltung einer Begünstigung nur in Betracht, wenn es durch höherrangiges Recht geboten ist, den Verstoß gegen den Gleichheitssatz gerade durch Ausdehnung der Begünstigung zu beseitigen oder wenn aufgrund der Gesamtsystematik des Rechtsgebietes mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Satzungsgeber bei Beachtung des Art. 3 Abs. 1 GG die Befreiungsmöglichkeit ausgedehnt hätte (vgl. Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, Art. 3 Rn. 49 m.w.N. auf die Rspr. des BVerfG). Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Wie oben dargelegt, wäre die Beklagte nicht daran gehindert, die Befreiungsmöglichkeit für Zuziehende ganz zu streichen. Auch die Systematik des berufsständischen Versorgungsrechts schließt eine solche Lösung nicht aus. Welche Möglichkeit zur Beseitigung des Gleichheitsverstoßes die Beklagte wählt, obliegt ihrer Gestaltungsfreiheit als Satzungsgeber. Das Gericht darf in diese Freiheit nicht eingreifen. Daher ist die Sache "nicht spruchreif" im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.