Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.2008, Az.: 7 A 740/08
Beitragspflicht für die Ärztekammer (hier: Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Niedersachsen); Äquivalenzprinzip; Gleichheitsgrundsatz; Verjährung; Verwirkung; Rückwirkung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 26.09.2008
- Aktenzeichen
- 7 A 740/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 46030
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0926.7A740.08.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- 3 Beitragsordnung der Ärztekammer Niedersachsen
- 8 I HKG
- (3) GG
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Ärztekammer Niedersachsen steht als Satzungsgeber ein weiterer Gestaltungsspielraum für ihre Beitragsordnung zu.
- 2.
Ein unterschiedlicher Vorteil aus der Kammertätigkeit für Angehörige wesentlich verschiedener ärztlicher Berufsfelder muss sich in einem differenzierten Beitragsmaßstab niederschlagen.
- 3.
Es verstößt aufgrund der Tätigkeit und der Aufgaben der Ärztekammer Niedersachsen weder gegen das Äquivalenzprinzip noch gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), wenn der Kammerbeitrag für Ärzte, die als Gutachter für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen Niedersachsen tätig sind, lediglich um 10 % ermäßigt ist; aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist eine weitere Ermäßigung aufgrund des Beitragssatzes von lediglich etwa 0,5 % der maßgeblichen Einkünfte auch nicht geboten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist approbierte Ärztin und Mitglied der Beklagten. Sie ist seit vielen Jahren unbefristet beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen Niedersachsen (MDKN) als Gutachterin beschäftigt. Die Klägerin erzielte in den Jahren 1997 bis 2005 den Einkommenssteuerbescheiden zufolge Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit (selbständig und nichtselbständig) in Höhe von mindestens 122 171,00 DM (1997) und höchstens 80 810,00 € (2004).
Die Klägerin zahlte im Hinblick auf ihre Beitragspflicht für das Jahr 1999 einen Betrag von 585,- DM an die Beklagte. Sie übersandte der Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten am 8. November 1999 einen Auszug aus ihrem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1997 und wies zugleich darauf hin, dass sie den bereits überwiesenen Betrag von 585,00 DM unter Vorbehalt gezahlt habe. Die Beklagte setzte durch Bescheid vom 23. November 1999 den Ärztekammerbeitrag der Klägerin für das Jahr 1999 auf 702,00 DM fest. Zugleich bat sie um Überweisung des Restbetrages in Höhe von 117,00 DM. Die Klägerin erhob am 20. Dezember 1999 gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. November 1999 Widerspruch, den sie damit begründete, dass die Beitragsordnung der Beklagten vom 28. November 1998 (im Folgenden: BO) mangels ausreichender Berücksichtigung der Besonderheiten der Ärzte in der Gesundheitsverwaltung unwirksam sei. Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 4. Januar 2000 mit, dass "der Beitragsvorgang im Hinblick auf einen anhängigen Rechtsstreit ausgesetzt" werde. Die Beklagte hob durch Bescheid vom 26. Februar 2002 ihren Bescheid vom 23. November 1999 über den Ärztekammerbeitrag der Klägerin für das Jahr 1999 auf und teilte der Klägerin zugleich mit, dass BO entsprechend einem kürzlich entschiedenen Rechtsstreit geändert sowie der Beitrag für die Klägerin neu festgesetzt werden solle.
Die Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten erinnerte die Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003 jeweils formularmäßig "an die Abgabe der Selbstveranlagung mit Einkommenssteuerbescheid". Diese Schreiben enthielten jeweils einen Abschnitt, den die Klägerin abtrennen und an die Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten senden sollte, in dem sie ihre Einkünfte bzw. die Beitragsgruppe unter Beifügung eines Nachweises (des Steuerberaters oder Einkommenssteuerbescheid - bzw. Auszug) angeben sollte. Die Klägerin sandte diese Abschnitte der "Mahnschreiben" der Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten außer für das Jahr 2003 nicht zurück.
Die Klägerin übersandte der Beklagten am 19. Mai 2003 den formularmäßigen Abschnitt "Selbsteinstufung zum Ärztekammerbeitrag 2003" aus dem Mahnschreiben der Bezirksstelle Oldenburg vom 23. April 2003 und gab dort ihre Einkünfte mit 125 563,00 DM an; sie fügte zum Nachweis einen Auszug aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2001 bei, füllte aber nicht das Feld für "Beitragsgruppe" aus.
Die Klägerin legte am 13. Oktober 2003 der Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten Ablichtungen der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000 vor.
Die Klägerin stufte sich auch in den Folgejahren nicht selbst zum Kammerbeitrag ein. Sie übersandte mit Schreiben vom 28. Februar 2004, vom 21. Februar 2005, vom 10. März 2006 und vom 2. März 2007 lediglich auszugsweise Ablichtungen der Einkommenssteuerbescheide jeweils für das vorletzte Jahr und bat zugleich immer um einen "rechtsfähigen Beitragsbescheid". Die Bezirksstelle Oldenburg stufte die Klägerin mit Schreiben vom 15. März 2004, vom 20. April 2005, vom 21. März 2006 und vom 21. März 2007 jeweils vorläufig mit einem Beitrag von 90 % des vollen Ärztekammerbeitrages ein. Zugleich bat die Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten jeweils die Klägerin, diesen Betrag zu überweisen. Dieser Bitte kam die Klägerin in keinem Falle nach.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 31. Mai 2005 mit, dass nach ihrer geänderten Beitragsordnung Kammermitglieder, die nachweisen, nicht mit der Heilbehandlung und Bekämpfung von Krankheiten praktisch befasst zu sein, nach § 3 Abs. 5 BO nur 90 % des Regelbetrages zu entrichten hätten. Diese Regelung betreffe auch die als Gutachter beim MDKN angestellten Ärzte. Mit Rücksicht auf einen laufenden Rechtsstreit über die Höhe dieser Beitragsermäßigung sehe sie - die Beklagte - davon ab, den Kammerbeitrag der Klägerin für die Jahre 1999 bis 2005 bis zu einer abschließenden Entscheidung in diesem Verfahren festzusetzen.
Die Beklagte setzte durch je gesonderten Bescheid vom 11. Februar 2008 den Beitrag der Klägerin für die Beklagte für das Jahr
- 1999 auf 323,03 €
- 2000 auf 323,03 €
- 2001 auf 323,03 €
- 2002 auf 296,10 €
- 2003 auf 322,20 €
- 2004 auf 386,10 €
- 2005 auf 411,30 €
- 2006 auf 411,30 €
- 2007 auf 386,10 €
fest.
Zur Begründung bezog sich die Beklagte zunächst auf die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger und nicht selbständiger Arbeit (abzüglich der Werbungskosten) gemäß dem jeweiligen Einkommenssteuerbescheid für das vorletzte Jahr. Die Beitragsforderungen seien nicht verjährt, da gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover die betroffenen Kammermitglieder nicht schutzwürdig darauf vertrauen könnten, eine nach ihrem Wesen beitragspflichtige Leistung beitragsfrei zu erhalten. Die 10 %-ige Beitragsermäßigung für die als Gutachter im öffentlichen Dienst tätigen Ärzte entspreche dem geringeren Nutzen, den diese Gruppe ihrer Mitglieder von ihrer - der Beklagten - Tätigkeit habe. Dies ergebe ein Vergleich mit der "Sonderbeitragsgruppe" gemäß § 3 Abs. 4 BO, wonach ihre Mitglieder, die an Wissenschaftlichen Hochschulen nur in theoretischen Fächern lehrten und reine Grundlagenforschung betrieben, Kammermitglieder, die die Berufsbezeichnung "Ärztin" oder "Arzt" mit dem Zusatz "theoretische Medizin" führen dürften, sowie allein administrativ und organisatorisch tätige Mitglieder eine Beitragsermäßigung um 20 % beanspruchen könnten. Diese Regelung habe das Verwaltungsgericht Göttingen in seinem Urteil vom 20. Mai 1999 gebilligt. Die Tätigkeit der Klägerin unterscheide sich von der anderer Mitglieder ebenfalls im öffentlichen Dienst dadurch, dass sie patientenorientiert tätig sei. Sie begutachte Patienten, während die Kollegen der Gruppe gemäß § 3 Abs. 4 BO lediglich wissenschaftlich oder administrativ tätig seien. Eine Beitragsermäßigung von mehr als 10 % für die Klägerin scheide daher im Vergleich zu der Gruppe gemäß § 3 Abs. 4 BO aus. Dies entspreche auch dem Nutzen der Klägerin aus ihrem - der Beklagten - Wirken. Der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen müsse nicht in einem unmittelbar wirtschaftlichen und beim einzelnen Mitglied messbaren Vorteil niederschlagen. Es komme nur darauf an, dass die Klägerin den Vorteil nutzen könne. Bestimmte ihrer - der Beklagten - Kernaufgaben seien für alle Mitglieder unmittelbar von Nutzen, nämlich die Wahrung der beruflichen Belange der gesamten Ärzteschaft, Qualitätssicherung, Fortbildung und Weiterbildung, Beratung von Behörden, Gutachtenerstattung und Beratung von Patienten, Unterstützung des öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie Streitschlichtung zwischen Kammerangehörigen. Zwar habe sie - die Beklagte - Aufgaben, die in der Regel nur praktizierende Ärzte beträfen, und bezögen sich auch einzelne Berufspflichten nur auf diese Ärzte. Die Klägerin sei wie alle Ärzte zudem nur ihrem ärztlichen Gewissen bei ihrer ärztlichen Tätigkeit unterworfen. Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Bremen und des Verfassungsgerichtshofs Berlin billigten vergleichbare Regelungen.
Die Klägerin hat am 11. März 2008 Klage erhoben. Sie trägt vor: Die Beitragsbescheide der Beklagten für die Jahre 1999 bis 2002 seien unwirksam, da bis einschließlich 2002 keine differenzierte Beitragsordnung existiert habe. § 3 Abs. 5 BO sei erst am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Zwar habe die Versammlung der Beklagten am 23. November 2002 beschlossen, dass Mitglieder, die im entsprechenden Beitragsjahr als Gutachter im öffentlichen Dienst tätig gewesen seien, auf Antrag für die Beitragsjahre 1996 bis 2002 rückwirkend nach Maßgabe des neuen § 3 Abs. 5 BO eingestuft werden könnten. Damit sei indes nicht wirksam eine Rückwirkung angeordnet worden, da dies in der Satzung geregelt, genehmigt, ausgefertigt sowie bekannt gemacht hätte werden müssen. Im Übrigen seien die Beitragsforderungen für die Jahre 1999 bis 2002 auf jeden Fall verjährt. Dies ergebe sich aus der vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 maßgeblichen Verjährung gemäß § 195 BGB a.F. von vier Jahren. Die Verjährungsregelung von § 8 Abs. 2 HKG sei nicht anwendbar, da sie sich nur auf Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Beklagten beziehe. Im Übrigen seien die streitigen Abgabenforderungen in Wahrheit Steuern, für die es der Beklagten an einer Festsetzungskompetenz fehle. Dies werde auch daran deutlich, dass die Beklagte den "Beitrag" - im Gegensatz zu anderen Kammern - nicht nach der Zahl der Kinder ermäßige. Der Gleichheitsgrundsatz hätte es geboten, eine einheitliche Regelung des § 3 Abs. 4 BO für alle nicht kurativ tätigen Ärzte zu treffen. Die Beitragsforderungen für die Jahre 2003 und 2004 seien im Hinblick auf die seit 1. Januar 2002 maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB ebenfalls verjährt. Ihre Heranziehung nach § 3 Abs. 5 BO und die gesamte Beitragsdifferenzierung von § 3 BO verstoße gegen das Äquivalenz -und Gleichheitsprinzip. Die Reduzierung des Beitrags gemäß § 3 Abs. 5 BO auf 90 % sei nicht wesentlich entsprechend dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2001. Die Tätigkeit der Beklagten wende sich fast ausschließlich an kurativ tätige Ärzte und innerhalb dieses Bereichs weitaus überwiegend an die niedergelassenen Ärzte. Die Beklagte biete auch keine spezifischen Angebote für Ärzte wie sie. Ihr Beitrag müsse daher um deutlich mehr als 10 % gesenkt werden. Sie nehme als Gutachterin lediglich zu den medizinischen Sachverhalten Stellung. Ihre Tätigkeit umfasse zu 84,5 % sozialmedizinische Fallberatung, zu 5,5 % Gutachten nach Aktenlage und 10 % körperliche Untersuchungen. Außerdem seien die MDKN-Gutachter noch in Gremien auf Bundes- und Landesebene sowie mit Grundsatzgutachten tätig. Da sie außerdem noch viele Anfragen einzelner Kassen telefonisch erledige, sei der tatsächliche Anteil der körperlichen Untersuchungen an der gesamten Arbeitszeit eines durchschnittlichen MDKN-Gutachters noch geringer. 3,3 Millionen Euro aus dem gesamten Haushalt der Beklagten über 14,5 Millionen Euro gehe an die Bundesärztekammer, die ausschließlich die Interessen der kurativ tätigen Ärzte vertrete. Sie habe sich niemals so verhalten, dass die Beklagte annehmen könnte, sie würde die Einrede der Verjährung nicht erheben; dies sei insbesondere auch nicht rechtsmissbräuchlich. Sie habe die Beklagte erstmals für das Jahr 2003 um Beitragsfestsetzung durch einen rechtsmittelfähigen Bescheid gebeten. Der geringe Vorteil, den sie aus der Tätigkeit der Beklagten ziehe, ergebe sich auch daraus, dass diese und die kassenärztliche Vereinigung miteinander verquickt seien; das Ärzteblatt enthalte zur Hälfte Beiträge betreffend die kassenärztliche Vereinigung.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 11. Februar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert: Die Beitragsforderungen gegen die Klägerin für die Jahre 1999 bis 2002 seien gemäß § 198 Satz 2 BGB a.F. noch nicht verjährt, da danach die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs beginne, ein Anspruch entstehe, sobald er fällig sei und der Kammerbeitrag für die Klägerin gemäß § 6 1. Spiegelstrich BO erst mit der Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides fällig werde. Die Klägerin habe beantragt, den Kammerbeitrag für sie durch Bescheid festzusetzen, so dass es nicht darauf ankomme, dass der streitige Beitrag regelmäßig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BO am 1. März des jeweiligen Beitragsjahres fällig werde. Für die Jahre 2000 bis 2002 habe die Klägerin dies durch schlüssiges Verhalten beantragt. Sie habe sich hinsichtlich ihrer Beitragspflicht für diese Jahre nicht selbst eingestuft. Im Hinblick auf den bereits gezahlten Beitrag für das Jahr 1999 könne sich die Klägerin insoweit ebenfalls nicht auf Verjährung berufen. Demgemäß habe sie alle Beitragsforderungen gegen die Klägerin für die Jahre 1999 bis 2007 innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist (vier bzw. drei Jahre nach § 194 ff. BGB n.F.) mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide vom 11. Februar 2008 geltend gemacht. Es verstoße zudem gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung, wenn die Klägerin die Einrede der Verjährung gegen die streitigen Beitragsforderungen erhebe. Nachdem die Klägerin keine Einwände dagegen erhoben hatte, dass sie - die Beklagte - die Beitragsvorgänge mit Schreiben vom 14. Januar 2000, 26. Februar 2002 und 31. Mai 2005 ausgesetzt habe, hätte sie - die Beklagte - darauf vertrauen müssen, dass sich die Klägerin nach Wiederaufnahme des Verfahrens nicht auf Verjährung berufen werde. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine Ermäßigung ihres Beitrags um mehr als 10 %. § 3 Abs. 5 BO beachte sowohl das Äquivalenzprinzip als auch den Gleichheitsgrundsatz. Eine Ermäßigung ihres Beitrags um mehr als 10 % scheide im Vergleich zu der Gruppe der allein wissenschaftlich oder administrativ tätigen Ärzte gemäß § 3 Abs. 4 BO aus. Ihre - der Beklagten - Tätigkeit zugunsten der Ärzte im öffentlichen Dienst werde daran deutlich, dass in ihren Ausschüssen (Ausnahme: Ausschuss Qualitätssicherung) ein Mitglied aus dieser Gruppe vertreten sei. Die Zusatzbezeichnung "Sozialmedizin" der Klägerin bezeichne eine Qualifikation, welche sie - die Beklagte - finanziert durch ihre Beiträge verleihe. Davon profitiere die Klägerin bei ihrer Berufstätigkeit, was sich aus den Inhalten der Weiterbildung für diese Zusatzbezeichnung (Abschnitt C Nr. 41 der Weiterbildungsordnung) ergebe. Zudem sei sie - die Beklagte - gesetzlich verpflichtet, den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagte Bezug genommen; sie waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte zieht die Klägerin durch die Bescheide vom 11. Februar 2008 für die Jahre 1999 bis 2007 dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig zu einem Ärztekammerbeitrag heran. Diese Bescheide verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe zunächst ab und nimmt auf die im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Bescheide Bezug (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Die Kammern erheben gemäß § 8 Abs. 1 HKG zur Durchführung ihrer Aufgaben aufgrund einer Beitragsordnung Beiträge von den Kammermitgliedern, soweit sonstige Einnahmen nicht zur Verfügung stehen. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BO erfolgt die Veranlagung zu dem Jahresbeitrag (§ 1 Abs. 1 BO) nach Beitragsgruppen, für die BO unterschiedlich hohe Messbeträge festsetzt (seit 1. Januar 2004 gemäß der Änderungssatzung vom 16. Dezember 2003 - s. Nds. Ärzteblatt 2004, 42). Gemäß § 2 Abs. 1 BO werden die Mitglieder nach den (gemäß den Vorschriften des Einkommenssteuergesetzes zu ermittelnden) Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit, die das Kammermitglied im vorletzten Jahr vor dem Beitragsjahr erzielt hat (§ 2 Abs. 2 Satz 1 BO), zu einer Beitragsgruppe eingestuft. Damit werden alle Kammermitglieder, die aufgrund ihrer Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit derselben Beitragsgruppe angehören, grundsätzlich zu gleich hohen Kammerbeiträgen veranlagt. BO sieht indes hier zwei Ausnahmen vor. Einmal werden die Kammermitglieder, die an wissenschaftlichen Hochschulen nur in theoretischen Fächern lehren und reine Grundlagenlagenforschung betreiben, gemäß § 3 Abs. 4 BO nur zu 80 % des normalen Beitrags herangezogen. Zum anderen haben Kammermitglieder, die nachweisen, nicht mit der Heilbehandlung und Bekämpfung von Krankheiten befasst zu sein, gemäß § 3 Abs. 5 nur 90 % des normalen Beitrages zu entrichten. Diese Regelung geht auf das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2001 - 8 L 4694/99 - zurück; in diesem Rechtsstreit wehrte sich ein hauptberuflicher Gutachter des MDKN (wie die Klägerin) erfolgreich gegen seine Heranziehung zu dem vollen Beitrag für die Beklagte.
§ 3 Abs. 5 BO ist - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - auch eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung eines Ärztekammerbeitrages in Höhe von 90 % des normalen Beitrages für die hier strittige Zeit ab 1999. Zwar beschloss die Beklagte § 3 Abs. 5 BO als eine neue Vorschrift zunächst erst mit Wirkung zum 1. Januar 2003 (s. Nds. Ärzteblatt 2003, 54). Durch die Ordnung vom 3. März 2007 zur Änderung des Art. 2 der vorbezeichneten Änderungssatzung vom 23. November 2002 legte die Beklagte § 3 Abs. 5 BO jedoch in zulässiger Weise Rückwirkung zum 1. Januar 1996 bei. Eine solche ausdrückliche Rückwirkungsregelung war hier auch erforderlich.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beispielsweise zum Erschließungsbeitragsrecht auch das Inkrafttreten einer Satzung ohne ausdrückliche Anordnung ihrer Rückwirkung bewirken, dass ein Erschließungsbeitrag, der mangels Entstehen der Beitragspflicht zunächst rechtswidrig war, rechtmäßig wird und deshalb nicht der Aufhebung unterliegt ( BVerwG, Urteil vom 25. November 1981 - 8 C 14.81 - BVerwGE 64, 218[BVerwG 25.11.1981 - 8 C 14/81]; ständige Rechtsprechung). Diese Grundsätze sind jedoch nicht auf die Erhebung von Beiträgen durch Kammern nach dem HKG anwendbar. Die Beitragspflicht entsteht hier dem Grunde nach mit dem Erwerb der Kammermitgliedschaft. Demgemäß werden die Mitglieder zeitabschnittsweise zum Beitrag herangezogen - nämlich gemäß § 7 Abs. 1 BO für das Kalenderjahr als Beitragsjahr. Dieser Jahresbeitrag rechtfertigt sich letztlich mit dem Nutzen aus der Tätigkeit der Beklagten für das jeweilige Mitglied im Kalenderjahr. Aufgrund dieser zeitlichen Komponente entsteht auch die sachliche Beitragspflicht im jeweiligen Kalenderjahr. Soll die Mitgliedschaft für vergangene Jahre mithin einer (geänderten) Beitragspflicht unterworfen werden, so muss die diesbezügliche Regelung in der Beitragsordnung sich ausdrücklich Rückwirkung beilegen (so auch zutreffend VG Hannover, Urteil vom 7. Februar 2007 - Az. 5 A 1826/03 -, den Beteiligten bekannt). Eine solche Rückwirkung ordnet die Änderungssatzung der Beklagten vom 3. März 2007 in zulässiger Weise für § 3 Abs. 5 BO für die Zeit ab dem 1. Januar 1996 an. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass das Vertrauensschutzgebot und das Rechtsstaatsprinzip einer rückwirkenden Heilung von Beitragssatzungen nicht entgegenstehen, wenn der jeweiligen Regelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorangegangen sind. Dann ist nämlich der Betroffene in seinem Vertrauen, einen Beitrag nicht zahlen zu müssen, nicht schutzwürdig. Zudem kann in der Regel nicht erwartet werden, dass eine ihrem Wesen nach beitragspflichtige Leistung beitragsfrei gewährt wird ( BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - 8 C 170/81 -, BVerwGE 67, 129, 131 f[BVerwG 15.04.1983 - BVerwG 8 C 170.81]ür den Fall der Veranlagung zu einem Beitrag, dem ein den Beitrag niedriger festsetzender, wegen Rechtsfehlers wieder zurückgenommener Bescheid, vorangegangen ist - was umso mehr gelten muss, wenn (wie hier) die neue Beitragspflicht niedriger ausfällt).
Der Zulässigkeit der Rückwirkung steht hier nicht entgegen, dass sich die formellen Voraussetzungen für eine wirksame Satzungsänderung der BO mit Wirkung zum 26. Mai 2006 geändert haben und die Rückwirkung durch die Satzung vom 3. März 2007 nicht nach den formellen Anforderungen für eine Satzungsänderung, die bis zu diesem Zeitpunkt und mithin für die Jahre 1999 bis 2006 gegolten haben, zustande gekommen ist. Gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 1 HKG in der bis zum 25. Mai 2006 geltenden Fassung bedurfte die Satzungsänderung vor ihrer Ausfertigung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Diese Vorschrift ist seitdem ersatzlos weggefallen. Das macht indes eine Erstreckung der Rückwirkung von § 3 Abs. 5 BO über den 25. Mai 2006 hinaus nicht rechtswidrig. Vielmehr ist es für die wirksame Anordnung der Rückwirkung lediglich erforderlich, dass die Satzungsänderung in formeller Hinsicht den Anforderungen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens genügt. Das ist bei dem Satzungsbeschluss der Beklagten vom 3. März 2007 der Fall. Sie ist nach Maßgabe von § 26 Abs. 1 HKG im Mitteilungsblatt der Kammer bekannt gemacht, und zwar im Niedersächsischen Ärzteblatt 2007, 79.
Für das Gericht steht es außer Zweifel, dass die Klägerin nicht schutzwürdig darauf vertrauen durfte, für die Zeit ab 1999 keinen Beitrag zur Beklagten zahlen zu müssen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat es lediglich als mit dem Grundsatz einer vorteilsbezogenen Beitragsbemessung nicht vereinbar angesehen, dass alle Kammermitglieder, die nicht von § 3 Abs. 4 BO erfasst sind und die derselben Beitragsgruppe angehören, zu gleich hohen Kammerbeiträgen herangezogen werden. Für die Gruppe von Kammermitgliedern, der die Klägerin angehört, ist durch das Urteil vom 13. Dezember 2001 die Beitragspflicht dem Grunde und mit jedenfalls 80 % des normalen Beitrages der Höhe nach nicht in Zweifel gezogen worden. Die weitestgehende Reduzierung des Beitrags in typisierend-generalisierender Weise für eine bestimmte Gruppe von Ärzten gemäß § 3 Abs. 4 BO ist dort unbeanstandet geblieben. Daraus ist im Umkehrschluss zu folgern, dass es auch rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Gruppe der Ärzte, der die Klägerin angehört, jedenfalls mit einem Ärztekammerbeitrag von 80 % veranlagt wird, da die Gruppe nach § 3 Abs. 4 BO noch weniger Bezug zur Tätigkeit der Beklagten hat als die Gruppe der Klägerin.
§ 3 Abs. 5 BO ist auch materiell-rechtlich in der für diese Jahre maßgeblichen Fassung vom 1. Januar 1999 i.d.F. der Änderungssatzung vom 3. März 2007 nicht zu beanstanden. Sie ist eine wirksame Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einem Beitrag für die Beklagte in diesen Jahren.
Die gerichtliche Überprüfung einer Beitragsordnung berufsständischer Kammern ist darauf beschränkt, ob der Satzungsgeber die äußersten Grenzen seines Gestaltungsspielraums verlassen hat. Das ist der Fall, wenn er bei der Bemessung der Mitgliedsbeiträge, die der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens, dienen, gegen das Äquivalenzprinzip oder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat ( OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Dezember 2001 - 8 L 4694/99 - m.w.N.). Die Beitragsbemessung, die § 3 Abs. 5 BO für die Berufsgruppe der Klägerin vorsieht, wird den Anforderungen des Gleichheitssatzes gerecht.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches ohne einen hinreichend sachlichen Grund ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Das bedeutet für eine vorteilsbezogene Beitragsbemessung, dass die Beiträge bei wesentlichen Unterschieden hinsichtlich des Nutzens der Kammertätigkeit nicht gleich, sondern diesen Unterschieden entsprechend zu bemessen sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der für die Beitragsbemessung maßgebende Nutzen nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil, der sich bei dem einzelnen Mitglied messbar niederschlägt, bestehen muss. § 3 Abs. 5 BO entspricht diesen Maßgaben des Art. 3 Abs. 1 GG für die Berufsgruppe der Ärzte im medizinischen Dienst der Krankenkassen Niedersachsens.
Die Beklagte erhebt die Beiträge nach Beitragsgruppen, für die Messbeträge festgesetzt sind. Die Einordnungen in die Beitragsgruppen richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BO vorbehaltlich der hier nicht maßgeblichen Abs. 2 und 3 nach den Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit, die die Kammerangehörigen im vorletzten Jahr vor dem Beitragsjahr erzielt haben. Damit werden alle Kammerangehörigen, die aufgrund ihrer Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit derselben Beitragsgruppe angehören, zu gleich hohen Kammerbeiträgen veranlagt. Dieser Beitragsmaßstab begegnet keinen rechtlichen Bedenken, soweit er auf das Einkommen der Kammermitglieder abstellt, weil bei der gebotenen typisierenden Betrachtung die Annahme gerechtfertigt ist, dass mit der Höhe der ärztlichen Einkünfte regelmäßig auch der materielle und immaterielle Nutzen aus der Existenz und dem Wirken der Beklagten zunimmt (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Dezember 2001, a.a.O., m.w.N.).
Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Beitragsermäßigung von 10 %, die § 3 Abs. 5 BO der Klägerin gewährt, sich (noch) damit rechtfertigen lässt, dass ihr aus dem Wirken der Beklagten ein wesentlich größerer Nutzen als der Gruppe gemäß § 3 Abs. 4, die wiederum einen um 20 % ermäßigten Beitrag zu entrichten hat, und ihr ein wesentlich geringerer Nutzen im Vergleich zu den Ärzten, die praktisch mit der Heilbehandlung und der Bekämpfung von Krankheiten befasst sind und den "normalen" Kammerbeitrag zahlen müssen, erwächst. Die Klägerin rügt insbesondere nicht, dass die Beklagte ihre - der Klägerin - Beitragsgruppe für das jeweilige Jahr aufgrund der Auszüge aus den Einkommenssteuerbescheiden fehlerhaft ermittelt hat. Anhaltspunkte hierfür sind auch weder vorgetragen noch ersichtlich.
Durch die Zuordnung dieser drei Gruppen in jeweils unterschiedliche Beitragsstufen hat die Beklagte als Satzungsgeberin verdeutlicht, dass sie diese Gruppen als wesentlich ungleich ansieht. Diese Unterscheidung erscheint auch nicht als willkürlich und unverhältnismäßig, da die patientenorientiert tätigen Ärzte der Gruppe gemäß § 3 Abs. 5 BO in gewissen Grenzen einen größeren Nutzen aus der Tätigkeit der Beklagten ziehen als die rein wissenschaftlich tätigen Ärzte der Beitragsgruppe § 3 Abs. 4 BO und zweifellos einen geringeren Nutzen als die niedergelassenen oder im Krankenhaus tätigen Ärzte. Die Abstufungen zwischen diesen Gruppen in Form einer Differenz des Beitrags von jeweils 10 % sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. dazu allgemein: Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin , Beschluss vom 21. März 2003 - 2/03 -, zitiert nach juris). Die Unterschiede zwischen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin im Vergleich zu der Gruppe der Ärzte gemäß § 3 Abs. 4 BO rechtfertigen es, sie zu einem höheren Beitrag für die Beklagte als diese zu veranlagen. Die Klägerin ist insbesondere nicht allein administrativ und organisatorisch tätig, da sie unter anderem Begutachtungen im Einzelfall durchführt und wohl auch auf dem Gebiet der Krankheitsprävention tätig ist. Auf der anderen Seite erwächst den Ärzten, die mit der Heilbehandlung und der Bekämpfung von Krankheiten insbesondere des einzelnen Patienten praktisch befasst sind, ein wesentlich größerer Nutzen aus dem Wirken der Beklagten als den Medizinern, die - wie die Klägerin - als Gutachter für die Krankenkassen u.a. tätig sind. Dabei ist maßgeblich, dass die Tätigkeit der Beklagten sich vorrangig auf die Belange der mit der Heilbehandlung und der Bekämpfung von Krankheiten praktisch befassten Ärzte - seien sie freiberuflich tätig oder abhängig beschäftigt - bezieht (s. VG Göttingen, Urteil vom 14. September 2005 - 1 A 207/04 -, zitiert nach juris, m.w.N.). Dazu führt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2001 zutreffend u.a. aus:
"So bietet die Schlichtungstätigkeit der Beklagten bei Streitigkeiten zwischen Kammermitgliedern und Patienten aus dem Behandlungsverhältnis (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 HKG a.F.) den nicht praktizierenden Ärzten, zu denen die als Gutachter beim medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen tätigen Mediziner gehören, keinen Vorteil. Entsprechendes gilt für die Aufgabe der Beklagten, Schlichtungsstellen für die Prüfung von Behandlungsfehlern einzurichten (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 HKG n.F.). Den nicht praktizierenden Ärzten erwächst auch aus der der Beklagten seit dem 30. Juni 1996 nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 HKG n.F. obliegenden Aufgabe, bei Streitigkeiten zwischen Kammermitgliedern und Dritten, die aus der Berufsausübung entstanden sind, zu schlichten, ein geringerer Nutzen als den mit der Heilbehandlung und der Bekämpfung von Krankheiten praktisch befassten Ärzten; auch diese Tätigkeit betrifft vornehmlich Streitigkeiten im Zusammenhang mit der ärztlichen Behandlung von Patienten. Schließlich kommt auch die Erfüllung der Aufgabe, auf eine ausreichende ärztliche Versorgung der Bevölkerung hinzuwirken (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 HKG a.F., § 9 Abs. 1 Nr. 7 HKG n.F.), in erster Linie den Kammermitgliedern zugute, die mit der Heilbehandlung und der Bekämpfung von Krankheiten praktisch befasst sind."
Es mag daher durchaus sein, dass der Nutzen, den die Ärztegruppe, der die Klägerin angehört, deutlich weniger als 90 % des Nutzens, den der Arzt mit dem vollen Ärztekammerbeitrag ziehen kann, beträgt. Das Gericht hält es aber für ausgeschlossen, den Nutzen der Tätigkeit der Beklagten für die Klägerin so exakt zu quantifizieren, dass beispielsweise die Aussage möglich wird, dieser betrage genau die Hälfte derjenigen für die "normalen" Kammermitglieder. Es wäre m.a.W. durchaus vertretbar, die Abstände zwischen dem "Regelbeitrag" und den Beiträgen für die Gruppe gemäß § 3 Abs. 4 BO bzw. § 3 Abs. 5 BO zu vergrößern. Dadurch wird die angegriffene Regelung von § 3 Abs. 5 BO aber nicht rechtswidrig. Ein unterschiedlicher Vorteil von Angehörigen differenzierbar ausgestalteter Berufsfelder aus der Kammertätigkeit muss sich lediglich in einem differenzierten Beitragsmaßstab niederschlagen, wobei eine typisierende und generalisierende Bewertung eines spezifischen berufsfeldbezogenen Vorteils zu fordern und auch ausreichend ist ( VG Gießen, Urteil vom 25. Februar 2002 - 10 E 3916/01 - zitiert nach Juris, hält mit dieser Begründung eine Reduzierung des Beitrags von lediglich 20 % für theoretische Grundlagenforschung in Hessen für rechtmäßig). Das Gericht hält es letztlich für ausreichend, dass die Beklagte die drei Gruppen beitragsmäßig deutlich differenziert behandelt und die Abstufung noch vertretbar erscheint. Dafür ist maßgeblich, dass die BO den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Beitragsbelastung beachtet. Die Beiträge, die auch die Klägerin zu leisten hat, sind relativ gering im Vergleich zu dem Durchschnittseinkommen der betroffenen Gruppe der Gutachter des MDKN, wobei das Gericht insoweit von weiteren Ermittlungen abgesehen und die Einkünfte der Klägerin aus ärztlicher Tätigkeit gemäß den Einkommenssteuerbescheiden der Jahre 1997 ff. zugrundegelegt hat. Hiermit ins Verhältnis zu setzen ist der Zweck der Beitragserhebung - nämlich Einnahmen für die Beklagte zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Interesse der gesamten Ärzteschaft zu erzielen. Der Zweck hat seine Ursache in der - vom Gesetzgeber so gewollten - Institution der mittelbaren Staatsverwaltung und der daraus folgenden Pflicht der Kammer zur Eigenfinanzierung. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist dann hinreichend Rechnung getragen, wenn sich der Nutzen des einzelnen Kammermitglieds in der Beitragsbemessung widerspiegelt. Die Relation zwischen Nutzen und Beitrag darf nicht außer Verhältnis zur Beitragsabstufung stehen, wobei stets nicht der tatsächliche, sondern nur der mögliche Nutzen in den Blick zu nehmen ist. Die Beiträge zu berufsständischen Kammern sind Abgaben (nicht Steuern, wie die Klägerin meint!), die zur vollen oder teilweisen Deckung der Kosten der Einrichtung von demjenigen erhoben wird, dem die Einrichtung einen besonderen Vorteil gewährt, wobei es sich auch lediglich um indirekte bzw. potentielle Vorteile handeln kann (Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 21. März 2003, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Differenzierung zwischen den drei Beitragsgruppen der BO nicht rechtswidrig. Dafür ist u.a. maßgeblich, dass die Beklagte als Interessenvertretung die Gesamtbelange ihrer Mitglieder gegenüber Öffentlichkeit und Staat wahren soll. Der Vorteil aus dieser Tätigkeit für das einzelne Mitglied muss sich dort nicht zwangsläufig in einem wirtschaftlichen Vorteil niederschlagen. Die Vertretung der Ärzte als Stand kommt auch Mitgliedern wie der Klägerin zugute, da auch sie in der Öffentlichkeit in erster Linie als Ärztin wahrgenommen wird. Des Weiteren sind auch sonstige Tätigkeiten der Beklagten für sie teilweise sinnvoll, teilweise jedenfalls nicht völlig nutzlos. Von einer weiteren Darstellung seiner diesbezüglichen Entscheidungsgründe sieht das Gericht ab und nimmt auf die im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Bescheide vom 11. Februar 2008 Bezug (Feststellung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist auf die im Kern überzeugenden Erwägungen der Beklagten aus ihrem Schriftsatz vom 19. März 2008 S. 13 ff. sowie vom 3. Juli 2008 S. 2 ff. Bezug zu nehmen. Die Einwände der Klägerin (insbesondere aus ihren Schriftsätzen vom 22. April und 7. August 2008) sind nicht von der Hand zu weisen, betreffen aber strukturell eher den tatsächlichen individuellen Nutzen, den die Berufsgruppe von Ärzten, der die Klägerin angehört, aus der Tätigkeit der Beklagten zieht, und nicht den maßgeblichen indirekten bzw. potentiellen Nutzen der Beklagten für die Klägerin. In Anbetracht all dieser Umstände gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Beitragbemessung gemäß § 3 Abs. 5 BO nicht den Gestaltungsspielraum der Beklagten aus § 8 Abs. 1 HKG verletzt.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin sind die Beitragsforderungen der Beklagten für die Jahre 2000 bis 2004 nicht verjährt. Dabei stimmt das Gericht dem Ansatz der Beteiligten zu, dass auch öffentlich-rechtliche Ansprüche des Staates oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wie der Beklagten auf Geldleistung gegen Dritte verjähren können. Dass vermögensrechtliche Ansprüche öffentlich-rechtlicher Rechtsträger verjähren, zeigt auch die Regelung von § 53 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG über die Hemmung der Verjährung. Indes ist die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche gesetzlich nur lückenhaft geregelt. Sie richtet sich zunächst nach den Sonderbestimmungen in zahlreichen Gesetzen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Allgemeinen und des Verwaltungsrechts im Besonderen. Das Gericht teilt die Auffassung der Beteiligten, dass der HKG insoweit keine Regelungen trifft. § 8 Abs. 2 HKG betrifft mit seinem Verweis auf das Kommunalabgabenrecht (Satz 4) nur die Gebühren und Auslagen gemäß § 8 Abs. 2 HKG, nicht aber die - hier in Rede stehenden - Beiträge der Kammermitglieder zur Beklagten. Eine solche Lücke in einer spezialgesetzlichen öffentlich-rechtlichen Regelung ist durch eine analoge Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu schließen, wobei allerdings die Besonderheiten des öffentlichen Rechts zu berücksichtigen sind (s. Dörr, Die Verjährung vermögensrechtlicher Ansprüche im öffentlichen Recht, DÖV 1984, 12).
Die Frage der Verjährung der hier streitigen Beitragsforderungen der Beklagten beurteilt sich maßgeblich nach den Vorschriften des BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (a.F.) sowie der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (n.F.). Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 n.F. BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) vom 1. Januar 2002 an zu berechnen ist, findet gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nur auf die an diesem Tage bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Ältere Forderungen verjähren entsprechend § 197 BGB a.F. in vier Jahren ( VG Meinungen , Urteil vom 27. Mai 2008 - 2 K 574/05 Me -, zitiert nach juris, m.w.N.). Sowohl die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 n.F. BGB als auch die vierjährige Verjährungsfrist gemäß §§ 198, 201 BGB a.F. beginnen zum Ende des Jahres nach Entstehen des Anspruchs. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung der Beitragsforderungen der Beklagten ist somit ihr Fälligwerden. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BO wird der Beitrag am 1. März des Beitragsjahres, in den Fällen des § 6 Nr. 1 - 4 BO mit Bekanntgabe des Bescheides fällig. Nach § 6 BO erfolgt die Beitragsveranlagung u.a. durch Bescheid, wenn
das Kammermitglied eine Beitragsveranlagung durch Bescheid beantragt (1.)
die Beitragsveranlagung durch Selbsteinstufung von dem aufgrund der nach § 5 Abs. 2 und 3 vorgelegten Nachweise sich ergebenden Beitrag abweicht (4.).
Gemäß § 5 Abs. 1 BO erfolgt die Beitragsveranlagung grundsätzlich durch Selbsteinstufung der Kammermitglieder in einem Vordruck, den die Beklagte zu Beginn jedes Jahres versendet und dessen das Kammermitglied sich bedienen soll. Von dieser "Selbstveranlagung" auf dem entsprechenden Vordruck hat die Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003 keinen Gebrauch gemacht, was zur Folge hat, dass sie in analoger Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BO durch Bescheid zu dem hier streitigen Beitrag heranzuziehen ist. Zwar regelt § 6 Nr. 4 BO seinem Wortlaut nach nur den Fall, dass die Selbsteinstufung nicht die Beitragsgruppe "trifft", die sich aus den Einkommensnachweisen ergibt. Es ist indes zwingend, dass die Mitglieder, die sich gar nicht selbst veranlagen, jedenfalls nicht anders zu behandeln sind, als solche, die sich fehlerhaft einstufen. Ob in diesem Verhalten der Klägerin ein Antrag nach § 6 Nr. 1 BO zu sehen ist, wie die Beklagte meint, kann daher letztlich dahinstehen. Für die Jahre 2004 bis 2007 ergibt sich die Veranlagung der Klägerin gemäß § 6 daraus, dass sie ausdrücklich beantragt hat, durch Bescheid zu dem hier streitigen Beitrag herangezogen zu werden. Dies hat zur Folge, dass der streitige Beitrag in den Jahren 2000 bis 2007 im Falle der Klägerin erst mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 11. Februar 2008 fällig geworden ist und mithin in keinem Falle bereits der Verjährung unterliegt.
Das Gleiche auch für die Beitragsforderung für das Jahr 1999. Auch hier ist § 6 Nr. 4 BO maßgeblich. Zwischen den Beteiligten ist letztlich unstreitig, dass sich die Beitragsgruppe 10, in die sich die Klägerin seinerzeit eingestuft hat, durch die später vorgelegten Einkommensnachweise als falsch erwiesen hat. Der Bescheid vom 23. November 1999, mit dem die Beklagte zunächst die Klägerin zu einem Beitrag von 702,00 DM für das Jahr 1999 gemäß Beitragsgruppe 12 herangezogen hat, ist durch den Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2002 auf den Widerspruch der Klägerin vom 20. Dezember 1999 ersatzlos aufgehoben und daher für die Verjährungsfrage unbeachtlich. Auch die Beitragsforderung der Beklagten gegen die Klägerin für das Jahr 1999 ist daher erst mit dem Bescheid vom 11. Februar 2008 fällig geworden.
Den Beitragsforderungen der Beklagten steht auch für keinen der acht hier strittigen Erhebungszeiträume der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Kammer versteht den Hinweis der Klägerin auf die lange Zeit, die zwischen dem Beitragsjahr (beispielsweise 1999) und dem Beitragsbescheid vom 11. Februar 2008 vergangen ist, dahin, dass diese Rechtsausübung der Beklagten gegen § 242 BGB verstoße. Diese Annahme teilt das Gericht nicht im Ansatz. Zwar darf ein Recht nicht mehr geltend gemacht werden, wenn sein Inhaber die Geltendmachung entgegen Treu und Glauben - sog. Umstandmoment - in illoyaler Weise über längere Zeit - sog. Zeitelement - hinaus verzögert hat, obwohl er wusste oder damit hätte rechnen müssen, dass der Verpflichtete darauf vertrauen würde, dass von dem Recht kein Gebrauch mehr gemacht werde und sich darauf eingerichtet hat (Kopp/Ramsauer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2005, § 53 Rz. 41 ff.m.w.N.). Hier fehlt es am "Umstandsmoment", d.h. die Klägerin durfte aufgrund eines konkreten Verhaltens des Anspruchsberechtigten (der Beklagten) nicht darauf vertrauen, dass diese den Anspruch auf Kammerbeiträge für die Jahre 1999 ff. nicht mehr geltend machen werde (Kopp/Ramsauer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2005, § 53 Rz. 41 ff.). Die Beklagte hat - insoweit sind ihr natürlich auch die Hinweise ihrer Bezirksstelle Oldenburg zuzurechnen - zu keinem Zeitpunkt angedeutet, sie wolle die Beitragsforderungen gegen die Klägerin nicht weiter verfolgen. Im Gegenteil - sie hat immer wieder darauf hingewiesen, dass sie die Beitragsforderung im Hinblick auf erforderliche Satzungsänderungen lediglich "zurückstelle". Zum einen ist dies ausdrücklich durch die Schreiben der Beklagten vom 14. Januar 2000, 26. Februar 2003 und 31. Mai 2005 erklärt. Zum anderen hat die Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten die Klägerin zumindest in den Jahren 2004 bis 2007 vorläufig zu einem Beitrag für die Beklagte "eingestuft" und um Überweisung des ermittelten Betrages gebeten (so auch für das Jahr 1999). Ob in den dazwischen liegenden Jahren die Bezirksstelle Oldenburg der Beklagten solche "vorläufigen Einstufungen" der Klägerin für den streitigen Beitrag ebenfalls vorgenommen hat, ist den Unterlagen der Beklagten nicht zu entnehmen.