Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.10.2010, Az.: 5 K 65/08
Voraussetzungen der sog. "Zweifelsregelung" gem. § 13b Abs. 4 S. 3 UStG
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.10.2010
- Aktenzeichen
- 5 K 65/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 37638
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:1018.5K65.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 01.06.2011 - AZ: XI B 104/10
Rechtsgrundlage
- § 13b Abs. 4 S. 3 UStG
Umsatzsteuer 2005 und 2006
Zu den Voraussetzungen der sog. "Zweifelsregelung" gem. § 13b Abs. 4 Satz 3 UStG
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 13 b UStG (Leistungsempfänger als Steuerschuldner).
Die Klägerin reichte am 25.2.2005 beim Beklagten (Finanzamt - FA -) einen " Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausländischer Kapitalgesellschaften/Unternehmen " ein. Als Art der Tätigkeit gab die Klägerin " Vornahme und Ausübung aller gewerblichen Geschäfte und Tätigkeiten " an. Der Ort der Geschäftsleitung wurde mit X, K-Str. 61 B angegeben. Der Sitz der Gesellschaft soll Y (Großbritannien) sein.
Im Anschluss an eine USt-Sonderprüfung für die Streitjahre traf das FA folgende Feststellung:
"(...) Der Unternehmenszweck liegt in der Geschäftsbesorgung für fremde Rechnung. Die Ltd. (erg. Klägerin) wird von verschiedenen Unternehmen beauftragt, ein Geschäft in dem jeweiligen Bereich ... zu führen. Dazu setzt sie ihre Angestellten ein. Als Vergütung wird der monatliche Bruttoarbeitslohn plus Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung gezahlt. Die Erlöse aus dem jeweiligen Geschäftsbetrieb sind dann dem Auftraggeber zuzurechnen und werden bei diesem versteuert. Eine Provision oder sonstige Vergütung wird nicht gezahlt. Die Ltd. rechnete diese Leistungen über die Vorschrift des § 13 b UStG ab, bei dem der jeweilige Leistungsempfänger die Steuer schuldet. Dies ist unzutreffend (siehe Bericht) Bei den Umsätzen handelt es sich um steuerpflichtige Leistungen, die dem allgemeinen Steuersatz von 16% unterliegen. (...)".
Das FA vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 13 b UStG nicht erfüllt seien, weil die Klägerin zwar ihren Hauptniederlassung im Ausland habe, jedoch auch einen Sitz im Inland. Dies folge nicht nur aus dem Eröffnungsfragebogen, sondern auch aus den an die Auftraggeber erteilten Rechnungen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht über die USt-Sonderprüfung vom 7.1.2008 Bezug genommen.
Im Anschluss an die USt-Sonderprüfung hat das FA geänderte USt-Bescheide für die Streitjahre erlassen und die Steuer erhöht festgesetzt.
Hiergegen hat die Klägerin Sprungklage erhoben. Sie habe lediglich eine Postanschrift in X gehabt. Ihr Sitz sei im Ausland. Es habe sich lediglich um eine " Briefkastenanschrift " gehandelt. Im Streitfall sei die sog. Zweifelsregelung in § 13 b Abs. 4 Satz 3 UStG anzuwenden. Danach habe "im Zweifel" der Leistungsempfänger darzulegen und ggfs. nachzuweisen, dass kein Fall des§ 13 b UStG vorliege. Das aus Zweifeln resultierende Risiko habe also der Leistungsempfänger zu tragen. Entscheidend sei, welche die Anhaltspunkte die Leistungsempfänger gehabt hätten, die "zweifelsfrei" auf eine inländische Ansässigkeit der Klägerin im Zeitpunkt der Leistungserbringung hätte schließen lassen können. Objektiv sei für die Leistungsempfänger lediglich erkennbar gewesen, dass die Klägerin eine Anschrift in X verwendet habe. Außer einem Briefkasten habe es an dieser Stelle jedoch nicht gegeben, was auf eine Ansässigkeit der Klägerin an dieser Stelle hätte hindeuten können.
Die Klägerin beantragt,
Der Beklagte beantragt,
Es liege im Streitfall kein Zweifelsfall im Sinne des § 13 b Abs. 4 Satz 3 UStG vor, denn aus den Gesamtumständen gehe deutlich hervor, dass die Klägerin zumindest eine Zweigniederlassung im Inland (Dresden) habe. Damit seien die Voraussetzungen für eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach§ 13 b UStG nicht erfüllt. Es bestünden also keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vom 21.2.2008.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2005 und 2006 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG entsteht die Umsatzsteuer für Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers mit Ausstellung der Rechnung spätestens jedoch mit Ablauf des der Ausführung der Leistung folgenden Kalendermonats. Der Leistungsempfänger ist nach § 13 b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 UStG dann Steuerschuldner, wenn der leistende Unternehmer gem. § 13 b Abs. 4 Satz 1 UStG im Inland weder Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder Zweigniederlassung hat.
Im Streitfall geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin in den Streitjahren zumindest eine Zweigniederlassung im Inland hatte. So hat die Klägerin selbst im sog. Betriebseröffnungsfragebogen vom 25.2.2005 sogar angegeben, dass sich der Ort der Geschäftsleitung in X, K-Str. 61 B befindet. Auch auf den Briefbögen, die im Rahmen der USt-Sonderprüfung vorgefunden wurden ist diese Anschrift verwendet worden.
Hinzu kommt, dass dort auch eine inländische Kontoverbindung angegeben ist.
Insgesamt geht das Gericht davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Steuerschuldnerschaft der Leistungsempfänger nicht vorliegen. Für eine Anwendung der Zweifelsregelung in § 13 b Abs. 4 Satz 3 UStG ist danach kein Raum, so dass der Senat hierauf nicht eingehen muss.
Die Klage war demgemäß abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.