Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 31.08.1995, Az.: 10 U 4/95

Wirksamkeit der Kündigung eines Pachtvertrages; Einhaltung einer Kündigungsfrist; Unangemessene Benachteiligung eines Pächters; Kündigungsrecht für Verpächter bei teilweiser Veräußerung des Pachtgegenstandes durch Pächter

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
31.08.1995
Aktenzeichen
10 U 4/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 29097
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0831.10U4.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
NULL

Amtlicher Leitsatz

Zur Unzulässigkeit einer Klausel in Landpachtverträgen, nach deren Inhalt dem Verpächter ein Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt wird, dass der Verpächter den Pachtgegenstand (teilweise) veräußert.

Gründe

1

Die Kündigung des Beklagten hinsichtlich der im Tenor genannten Teilflächen zum 31.10.1995 ist nicht wirksam. Denn nach dem Pachtvertrag dauert das Pachtverhältnis bis zum Jahre 2005, und Ziffer 8.3 des Pachtvertrages ist nach § 9 AGBG unwirksam.

2

Auf den Pachtvertrag zwischen den Parteien findet grundsätzlich das AGBG Anwendung. Denn nach dem äußeren Erscheinungsbild des Pachtvertrages handelt es sich bei diesem um einen vorformulierten Vertragstext. Dieser Vertragstext wird zudem in dem Bereich, in dem der Hof des Beklagten belegen ist, von Seiten der Auktionatoren und Makler häufig verwendet.

3

Die Einordnung von Ziffer 8.3 des Vertrages als eine allgemeine Geschäftsbedingung ist vorliegend nicht gem. § 1 Abs. 2 AGBG ausgeschlossen. Der Senat vermochte sich auf Grund der Beweisaufnahme nicht die Überzeugung zu verschaffen, dass die Parteien ausdrücklich hinsichtlich der hier in Frage stehenden Ziffer 8.3 eine Individualvereinbarung getroffen haben, § 1 Abs. 2 AGBG (... wird ausgeführt).

4

In der Sache ist Ziffer 8.3 des Pachtvertrages nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam.

5

Der Beklagte ist Verwender i.S.d. § 9 AGBG. Denn im vorliegenden Fall ist das Vertragsformular von dem durch den Beklagten beauftragten Makler vorgeschlagen worden.

6

Seinem Inhalt nach benachteiligt Ziffer 8.3 des Pachtvertrages auch den Pächter unangemessen. Denn die darin geregelte Kündigungsmöglichkeit im Fall einer Veräußerung des Pachtgegenstandes oder von Teilen des Pachtgegenstandes ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG. Im Rahmen eines Pachtvertrages sind nämlich grundsätzlich unwirksam Erweiterungen des Rechts zur außerordentlichen Kündigung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 9, Rn. M 47). Denn da die Einhaltung der Kündigungsfrist zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung zu rechnen ist, kann die Beachtung der Kündigungsfrist nicht durch die Erweiterung der außerordentlichen fristlosen Kündigung unterlaufen werden. Die Erweiterung der außerordentlichen Kündigungsgründe auf Fälle, wie im vorliegenden, die nicht als wichtiger Grund im Sinne der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Pachtverhältnisses anzuerkennen sind, ist deshalb nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Hinzu kommt, dass die grundlegende Bestimmung des § 571 BGB"Kauf bricht nicht Miete" gem. § 581 Abs. 2, § 593 b BGB auch für Pachtverhältnisse gilt.