Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.08.1995, Az.: 5 W 136/95

Anfechtung einer isolierten Kostenentscheidung nach einem Versäumnisurteil; Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung; Kostenentscheidung durch Schlussurteil nach Hauptsacheerledigung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
24.08.1995
Aktenzeichen
5 W 136/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29104
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0824.5W136.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Anfechtung einer isolierten (Teil-/Kostenentscheidung) nach einem Versäumnisurteil. Nach Hauptsacheerledigung Kostenentscheidung durch Schlussurteil.

Gründe

1

Durch Teilversäumnisurteil hat das Landgericht dem Klageantrag entsprechend die Beklagten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch verurteilt, Schadensersatz in Höhe von 62.920,10 DM zu zahlen, und die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten. Im späteren gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte zu 3., an die Klägerin 30.000 DM zur Abgeltung aller Ansprüche aus dem Schadensvorfall zu zahlen. Die gesamte Klageforderung sollte fällig werden, wenn der Beklagte zu 3. die festgelegten Zahlungsfristen nicht einhalten sollte. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben.

2

Auf die mangels Zahlung beantragte Fortsetzung des Verfahrens verwies das Landgericht die Klägerin auf ein neues Klageverfahren in dem sie ein Versäumnisurteil erstritt, das den Beklagten zu 3. verpflichtete, die Gesamtforderung in Höhe von 62.920,10 DM abzüglich eines bereits durch Vergleich titulierten Betrages von 30.000 DM zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3

Auf den Antrag der Klägerin im vorliegenden Verfahren den Beklagten zu 1. und 2. die Kosten aufzuerlegen, legte das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss dem Beklagten zu 2. die Gerichtskosten zu 56 % und die außergerichtlichen Kosten zu 50 % als Gesamtschuldner auf und teilte der Klägerin später mit, dass hinsichtlich der Kostentragungspflicht des Beklagten zu 1. noch keine Entscheidung getroffen werden konnte, da dessen Anschrift nicht bekannt sei.

4

Die gegen diese Kostenentscheidung gerichtete Beschwerde ist in sinngemäßer Anwendung von § 99 Abs. 2 ZPO zulässig.

5

In der Sache führt sie gem. § 575 ZPO zur Zurückverweisung an das Landgericht, weil das Verfahren an wesentlichen Mängeln leidet und dem Senat eine eigene Entscheidung nicht möglich ist.

6

Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass es sich gegen einen isolierten Teilkostenbeschluss richtet und das Landgericht gehalten war, durch Schlussurteil über die Gesamtkosten zu befinden.

7

Die gegenüber isolierten Kostenentscheidungen - einschließlich im Beschlussweg ergangene (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., § 99 Rdn. 6) - grundsätzlich gemäß § 99 Abs. 1 ZPO bestehende Anfechtungssperre soll - abgesehen von der damit verbundenen Entlastung der Gerichte - hauptsächlich verhindern, dass die Überprüfung der Kostenentscheidung zu einer Kontrolle der anderweitig entschiedenen Hauptsache führt (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 99 Rdn. 4 m.w.N.). Eine solche Inzidentüberprüfung der Hauptsache kann hier nicht stattfinden. Die Pflicht, die Kosten insoweit zu tragen, steht für den durch Versäumnisurteil Verurteilten unabhängig davon fest. Gegen das auf ihren Antrag ergangene Versäumnisurteil gibt es für die Klägerin kein Rechtsmittel. Die Sachlage entspricht derjenigen bei Erlass eines (Teil-) Anerkenntnisurteils, für das § 99 Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde gegen die (spätere) Kostenentscheidung zulässt.

8

Nachdem die Hauptsache durch das Teil-Versäumnisurteil, den gerichtlichen Vergleich und das Versäumnisurteil in dem weiteren Verfahren insgesamt ihre Erledigung gefunden hatte, musste das Landgericht die bislang unterbliebene Kostenentscheidung von Amts wegen durch Schlussurteil vornehmen (vgl. LAG Hamm MDR 1972, 900 f.). Das beeinflusst allerdings nicht die Anfechtbarkeit des Beschlusses im Wege der sofortigen Beschwerde. Die von einem Gericht gewählte Entscheidungsart ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung für die Zulässigkeit des in der Sache gegebenen Rechtsmittels ohne Belang (vgl. Zöller/Schneider, ZPO, 19. Aufl., vor § 511 Rdn. 29).

9

Schließlich hatte das Landgericht über die Kosten insgesamt zu befinden. Eine noch fehlende neue Anschrift einer Partei rechtfertigt nicht, von der gebotenen das Verfahren insgesamt abschließenden Gesamtkostenentscheidung abzusehen und nur hinsichtlich eines Beklagten zu erkennen. Bei einer unzulässigen Teilkostenentscheidung wird daher die Anfechtbarkeit zu Recht angenommen (vgl. OLG Stuttgart NJW 1963, 1015 f [OLG Stuttgart 21.02.1963 - 3 U 150/62] - sofortige Beschwerde-; LG Bonn NJW 1973, 1375 [LG Bonn 08.01.1973 - 6 S 436/72] - Berufung -; Schneider, Kostenentscheidung, 2. Aufl., S 296).

10

Das zwingt zur Aufhebung der Entscheidung. Abgesehen davon ist aber auch die darin erkannte prozentuale Kostentragungspflicht des Beklagten zu 2. ebenso wenig nachzuvollziehen, wie die auf ihn allein bezogene Gesamtschuldnerhaftung.

11

Das Landgericht wird die Gesamtkostenentscheidung betreffend alle drei Beklagten nicht nach Zeitabschnitten, wie die Beschwerde meint, sondern nach den der Beteiligung der Beklagten an diesem Verfahren entsprechenden Quoten vorzunehmen haben. Insoweit besteht für den Senat Anlass zu folgenden Hinweisen: Durch den Prozessvergleich war das vorliegende Verfahren nicht beendet. Das Gericht hätte es - wie von der Klägerin beantragt - fortführen müssen, nachdem der Beklagte zu 3. keine der im Vergleich festgelegten Zahlungen geleistet hatte. Mit dem Ausbleiben der vereinbarten Zahlungsbedingung verloren der Vergleich im Hinblick auf die darin vorgesehene Reduzierung der Klageforderung und möglicherweise auch die davon abhängende Kostenvereinbarung ihre Wirkung; abgesehen davon hätte wegen der gebotenen Gesamtkostenentscheidung nach Quoten der Beteiligungen die Kostenvereinbarung so nicht getroffen werden dürfen. In solchen Fällen, in denen eine Partei den ursprünglichen Streit zur Entscheidung bringen will, muss sie das frühere Verfahren weiter betreiben (vgl. Münchener Kommentar, - Pecher, BGB, 2. Aufl., § 779 Rdn. 62 am Ende und Rdn. 63). In diesem Fall hätte das Gericht in diesem Verfahren über den verbleibenden Forderungsteil und über die Kostentragung aller drei Beklagten insgesamt zu entscheiden gehabt.

12

Durch das Versäumnisurteil in dem zweiten Verfahren ist zwar über die Restforderung abschließend entschieden worden sowie über die Kosten dieses Rechtsstreits.

13

Eine Kostenentscheidung im vorliegenden Verfahren, an dem der Beklagte zu 3. insoweit weiter beteiligt ist, steht daher noch aus. Diese hat das Landgericht durch Schlussurteil - wie im Versäumnisurteil vorgesehen - nachzuholen. Dabei wird es die auf jeden Beklagten entfallende Quote entsprechend der durch die verfahrensmäßige Beteiligung angefallenen Kosten des Rechtsstreits zu bestimmen und dabei zu berücksichtigen haben, dass die Klageforderung - wie die Erledigung im zweiten Verfahren zeigt - von Anfang an insgesamt begründet war und sich der Streitwert im vorliegenden Verfahren durchgängig nach der Höhe dieser Forderung bemisst.