Landgericht Hannover
Urt. v. 17.11.2011, Az.: 8 O 221/10
Errichtung eines Fertighauses auf einer fehlerhaft erstellten Sohlplatte als ein (versicherter) Integritätsschaden; Rechtliches Interesse i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO eines Geschädigten an der Gewährung eines Deckungsschutzes durch einen Versicherer
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 17.11.2011
- Aktenzeichen
- 8 O 221/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 37123
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2011:1117.8O221.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 12.08.2009 - AZ: 8 O 345/08
- OLG Celle - 28.01.2010 - AZ: 6 U 132/09
- nachfolgend
- OLG Celle - 05.07.2012 - AZ: 8 U 28/12
Rechtsgrundlagen
- § 256 Abs. 1 ZPO
- § 4 I Ziff. 6 Buchst. b) AHB
Redaktioneller Leitsatz
1.
In der Haftpflichtversicherung kann auch der Geschädigte ein rechtliches Interesse an der Feststellung haben, dass der Versicherer einem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren habe. Der Grund dafür, dem Haftpflichtgläubiger ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Deckungsschutzes zuzubilligen, ergibt sich aus der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung, wie sie in den §§ 156 I, 157 VVG a.F. zum Ausdruck gekommen ist. Diese Bestimmungen bezwecken den Schutz des Geschädigten; durch sie soll gewährleistet werden, dass die Versicherungsentschädigung ihm zugute kommt.
2.
Ein entsprechendes Feststellungsinteresse eines Geschädigten besteht insbesondere auch dann, wenn der Versicherer auf Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz besteht, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert.
3.
Zudem stellt die Feststellungsklage gegen den Versicherer für den Geschädigten die im Verhältnis zur Anspruchspfändung und -einziehung schnellere und effektivere Möglichkeit dar, um Rechtssicherheit über Bestand und bejahendenfalls Umfang des Versicherungsschutzes zu erlangen. Denn dem Versicherer ist es trotz der Bindungswirkung des Haftpflichturteils im Deckungsprozess nicht verwehrt, seinem Versicherungsnehmer und damit auch dem Geschädigten etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen entgegen zu halten.
4.
Ein Versicherer hat für Schadensersatzansprüche Deckungsschutz zu gewähren, wenn diese vom vereinbarten Versicherungsumfang einer Bauhandwerker-Police umfasst sind. Auch wenn ein Versicherungsschein als versichertes Risiko lediglich "Maurerarbeiten" vorsieht, während die dem Schadenseintritt zugrunde liegenden Arbeiten dem Bereich der "Stahlbetonarbeiten" zuzurechnen sein dürften, steht dies der Gewährung von Versicherungsschutz dann nicht entgegen,wenn Nebenrisiken mitversichert sind. Zu diesen gehört nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch die Durchführung von Stahlbetonarbeiten. Die Leistungen eines Maurers beschränken sich nämlich nicht ausschließlich auf seine Kerntätigkeit, die Erstellung von Mauerwerk; vielmehr gehören, gerade bei kleineren Bauvorhaben, auch andere Handwerksleistungen des Rohbaus, wie Beton-, Stahlbeton-, Estrich- und Putzarbeiten, zu seinen üblichen Tätigkeiten, so dass unter dieser Maßgabe die Angabe "Maurerarbeiten" im Versicherungsschein dahingehend zu verstehen ist, dass hiervon auch die vorstehend genannten Gewerke als Nebenrisiken mit umfasst sind.
In dem Rechtsstreit
...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem ... in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der..., hinsichtlich des Bauvorhabens ... bedingungsgemäß Versicherungsschutz aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen der... und der ... für die in dem Haftpflichtprozess des Klägers gegen die ... vor dem Landgericht Verden - Az. 8 O 345/08 - im Urteil vom 12.8.2009 ausgeurteilten Haftungsansprüche mit Ausnahme sog. Erfüllungsansprüche bzw. Erfüllungssurrogate, hier die Kosten des Ausbaus und der Deponierung der Sohlplatte sowie der Kosten einer neuen Sohlplatte, zu gewähren hat.
- 2.
Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte.
- 3.
Das Urteil ist in Bezug auf die Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger und seine Ehefrau ... ließen in den Jahren 2003/2004 auf dem Grundstück ... ein Einfamilienhaus in Holzrahmenbauweise errichten. In diesem Zusammenhang erhielt die ..., mit separatem Vertrag vom 26.11.2003 den Auftrag, die Maurer- und Stahlbetonarbeiten durchzuführen. Diese erstellte daraufhin die Sohlplatte für das zu errichtende Haus, auf die im Anschluss durch die gesondert beauftragte ... ein Fertighaus montiert wurde. Der Einbau der Stahlbetonsohle erfolgte am 22.12.2003.
Im Februar 2004 zeigten sich zahlreiche Risse in der Sohlplatte, außerdem Abplatzungen an deren Oberfläche; aufgrund dessen wurden Nachbesserungsarbeiten vorgenommen, die im Ergebnis jedoch erfolglos blieben. Bedingt durch die Mängel der Sohlplatte kam es in der Folge zu einem Abdriften der Außenwände und zur Rissbildung am Baukörper des auf dieser errichteten Hauses. Im Rahmen des seitens der Bauherren veranlassten selbständigen Beweisverfahrens vor dem Landgericht Verden (Az. 8 OH 13/05) stellte der dort beauftrage Sachverständige u.a. fest, dass die Sohlplatte keine ausreichende Druckfestigkeit aufweise und es erforderlich sei, das gesamte Gebäude abzureißen und einschließlich Sohlplatte neu zu errichten.
Durch Urteil das Landgerichts Verden vom 12.8.2009 (Az. 8 O 345/08) wurde die ... (gesamtschuldnerisch mit dem beauftragten Architekten sowie dem beteiligten Statiker) verurteilt, an den Kläger, der sich mit Abtretungsvertrag voni 30.4.2008 die Ansprüche seiner Ehefrau hatte abtreten lassen, 415.875,85 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung führte das Landgericht Verden u.a. aus, dass die ... die fehlende Druckfestigkeit der Sohlplatte, als deren Ursache ein falscher Wasser-Zement-Faktor sowie ein unzureichender Frostschutz in Betracht käme, zu vertreten habe und deswegen zum Schadensersatz verpflichtet sei. Gegenüber der ... ist dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen.
Am 24.2.2010 wurde über das Vermögen der ... auf ihren Antrag hin das Insolvenzverfahren eröffnet und ..., zum Insolvenzverwalter bestellt. Eine Forderung des Klägers in Höhe von 452.694,50 EUR wurde zur Insolvenztabelle festgestellt.
Die ... war bei der Beklagten haftpflichtversichert. Die Versicherungssumme für Sach- und Vermögensschäden beläuft sich ausweislich des Versicherungsscheins auf bis zu 1.000.000,- EUR. Zum versicherten Risiko heißt es im Versicherungsschein:
"152405 Sonstige Betriebe des Bau - und Ausbauhandwerks
- Maurerarbeiten - "
Eine Eintrittsverpflichtung für die durch Urteil des Landgerichts Verden vom 12.8.2009 festgestellten Ansprüche des Klägers gegen die .... und die Erbringung von Versicherungsleistungen wies die Beklagte gegenüber den Bevollmächtigten des Klägers vorprozessual zurück.
Eine Inanspruchnahme der Beklagten durch den Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... auf Gewährung von Versicherungsschutz aus der bestehenden Haftpflichtversicherung ist bislang nicht erfolgt; gleichfalls hat dieser auch nicht dem Antrag des Klägers auf Freigabe des Freistellungs- und Deckungsanspruchs aus der Insolvenzmasse entsprochen.
Mit seiner hiesigen Klage begehrt der Kläger - sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau - die Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz gegenüber dem Insolvenzverwalter aus dem vorstehend genannten Haftpflichtversicherungsvertragsverhältnis (Bauhandwerker-Police) für die ihm durch das o.g. Urteil des Landgerichts Verden gegen die ... zuerkannten Schadensersatzansprüche mit Ausnahme der Kosten für den Ausbau und die Deponierung der vorhandenen sowie die Herstellung einer neuen Sohlplatte.
Er ist der Auffassung, dass ihm als geschädigtem Dritten ein rechtliches Interesse daran zuzubilligen sei, feststellen zu lassen, dass die Beklagte dem Insolvenzverwalter der ... Deckungsschutz zu gewähren habe, da er Gefahr laufe, aufgrund dessen Untätigkeit seiner Befriedigungsmöglichkeiten verlustig zu gehen, insbesondere aufgrund der drohenden Verjährung des Deckungsanspruchs. Da der Insolvenzverwalterden Freistellungs- und Deckungsanspruch bislang nicht freigegeben habe, sei ihm eine Leistungsklage verwehrt.
Mit Ausnahme der Aufwendungen für den Austausch der Sohlplatte, die als Erfüllungsschaden nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien, unterfielen sämtliche sonstigen Sachschäden am "Fremdgewerk Fertighaus" und damit alle Kosten für dessen Abriss und Wiederaufbau als Folgeschäden der mangelhaft erstellten Sohlplatte dem Versicherungsschutz der Bauhandwerker-Police; diese Schäden bezifferten sich auf 402.724,63 EUR. Die von der Beklagten angeführten Ausschlusstatbestände von § 4 I Ziff. 6 AHB sowie § 4 II Ziff. 5 AHB seien insoweit nicht einschlägig, da es sich bei den Ansprüchen des Klägers weder um vertragliche Erfüllungsleistungen bzw. an deren Stelle tretende Ersatzleistungen handele und auch nicht um solche wegen Schäden an der von der ... hergestellten Sohlplatte selbst infolge einer in der Herstellung und Lieferung liegenden Ursache.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass hinsichtlich des Bauvorhabens ... bedingungsgemäß Versicherungsschutz aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen der Beklagten und der... für die in dem Haftpflichtprozess des Klägers gegen ... vor dem Landgericht Verden - Az. 8 O 345/08 - im Urteil vom 12.8.2009 ausgeurteilten Haftungsansprüche mit Ausnahme sog. Erfüllungsansprüche bzw. Erfüllungssurrogate, hier die Kosten des Ausbaus und der Deponierung der Sohlplatte sowie der Kosten einer neuen Sohlplatte, besteht und dass ... als Insolvenzverwalter über das Vermögen der... mit beschränkter Haftung bedingungsgemäß Versicherungsschutz gewährt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet das Bestehen eines Feststellungsinteresses auf Seiten des Klägers und seine Aktivlegitimation. Sie ist der Auffassung, dass lediglich der Insolvenzverwalter ihrer Versicherungsnehmerin berechtigt sei, etwaige Deckungsansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Ihrer Ansicht nach sei außerdem kein Versicherungsschutz für die klägerischen Ansprüche gegeben. Die lediglich versicherten Maurerarbeiten hätten keinen vom Versicherungsschutz umfassten Integritätsschaden eines Dritten verursacht, da die auf der mangelbehafteten Sohlplatte errichtete weiteren Gewerke - selbst wenn die auf dieser befindlichen Mauern selbst mangelfrei errichtet worden sein sollten - zu einem insgesamt mangelhaften Gesamtbauwerk geführt hätten. Zu keinem Zeitpunkt habe daher ein im Eigentum des Klägers befindliches, mangelfreies Haus vorgelegen. Die Herstellung einer fehlerhaften Sache stelle jedoch keinen versicherten Sachschaden dar.
Im Übrigen seien nach § 4 I Ziff. 6 b AHB Haftpflichtansprüche an fremden unbeweglichen Sachen vom Versicherungsschutz ausgenommen, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit gewesen sind. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, da die auf der Sohlplatte errichteten Gewerke mit ihrer Verbindung mit dieser zu einer einheitlichen - unbeweglichen - Sache geworden seien und sich somit die Tätigkeit der ... an der Sohlplatte auf einen "Teil der unbeweglichen Sache" bezogen habe.
Der Kläger begehre in Wahrheit lediglich Schadensersatz wegen Nichterfüllung; dieser Anspruch sei jedoch nicht Gegenstand der Haftpflichtversicherung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien in den zur Akte gereichten Schriftsätzen samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet.
Auf seinen Antrag ist hin festzustellen, dass die Beklagte dem ... als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Versicherungsnehmerin der Beklagten, der... bedingungsgemäßen Versicherungsschutz für sämtliche, auf der Mangelhaftigkeit der von dieser errichteten Sohlplatte basierenden Folgeschäden einschließlich der Kosten für die Zugänglichmachung des Bauwerk zur Wiederherstellung eines vertragsgerechten Zustands zu gewähren hat.
1.
Die Tatsache, dass der Kläger weder vom Insolvenzverwalter zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im eigenen Namen ermächtigt wurde, noch dieser den Freistellungs- und Deckungsanspruch diesem gegenüber freigegeben hat, steht der Aktivlegitimation des Klägers nicht entgegen.
In der Haftpflichtversicherung kann auch der Geschädigte ein rechtliches Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung haben, dass der Versicherer dem Schädiger Deckungsschutz zu gewähren habe (BGH, Urteil v. 15.11.2000 - IV ZR 223/99 unter Hinweis auf BGH, Urteile vom 12. Dezember 1963 - II ZR 38/61 - VersR 1964, 156 unter I; vom 12. März 1975 - IV ZR 102/74 - VersR 1975, 655 unter I b und vom 9. Januar 1991 - IV ZR 264/89 - VersR 1991, 414 f.). Auch in der Literatur wird ein solches Feststellungsinteresse bejaht, etwa wenn wegen Untätigkeit des Versicherungsnehmers die Gefahr besteht, dass dem Haftpflichtgläubiger der Deckungsanspruch als Befriedigungsobjekt verloren geht (BGH, Urteil v. 15.11.2000 - IV ZR 223/99, unter Hinweis auf Langheid in Römer/Langheid, VVG § 156 VVG Rdn. 1; Johannsen, r+s 1997, 309, 313). Der Grund dafür, dem Haftpflichtgläubiger ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Deckungsschutzes zuzubilligen, ergibt sich aus der Sozialbindung der Haftpflichtversicherung, wie sie in den§§ 156 Abs. 1, 157 VVG a.F. zum Ausdruck gekommen ist. Diese Bestimmungen bezwecken den Schutz des Geschädigten; durch sie soll gewährleistet werden, dass die Versicherungsentschädigung ihm zugute kommt (vgl. BGH, Urteil v.15.11.2000 - IV ZR 223/99 unter Hinweis auf BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - IV ZR 131/92 - VersR 1993, 1222 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 131/92] unter 2b und vom 8. April 1987- IVa ZR 12/86 - VersR 1987, 655 unter I 3).
Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen ist ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Klägers auch im hiesigen Fall zu bejahen. Vorliegend ist zwar, wie sich der Anlage K 9 entnehmen lässt, zwischen der Beklagten und dem Insolvenzverwalter bezüglich etwaiger Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag bereits Schriftverkehr erfolgt; auf die Mitteilung der Ablehnung ihrer Regulierungsbereitschaft hin sind seitens des Insolvenzverwalters allerdings bislang keine Maßnahmen getroffen worden, entsprechenden Deckungsansprüchen der Gemeinschuldnerin zur Durchsetzung zu verhelfen, sie insbesondere gerichtlich geltend zu machen. Infolgedessen droht dem Kläger ein Verlust des Deckungsanspruchs als Befriedigungsobjekt, da der Insolvenzverwalter ihn selbst gegenüber der Beklagten offensichtlich nicht weiter verfolgt, ihn allerdings auch nicht freigibt, so dass damit die Gefahr besteht, dass dieser Anspruch verjähren könnte.
Anders als die Beklagte meint, fehlt es auch nicht an einem entsprechenden Feststellungsinteresse des Klägers aufgrund des bereits beendeten Haftpflichtprozesses. Der Umstand, dass sich der Kläger den - von der Beklagten bestrittenen - Deckungsanspruch ihrer Versicherungsnehmerin pfänden und sich überweisen lassen könnte, lässt sein Feststellungsinteresse nicht entfallen. Die Rechtsprechung bejaht ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Geschädigten insbesondere auch dann, wenn der Versicherer auf Anfrage des Geschädigten, ob Versicherungsschutz bestehe, keine oder keine eindeutige Antwort gibt oder die Auskunft verweigert (BGH, Beschluss v. 22.7.2009 - IV ZR 265/06). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger zwar über ihre beabsichtigte Versagung von Versicherungsschutz unmissverständlich informiert. Allerdings hat sie trotz mehrfacher Aufforderung die dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegenden Versicherungsschein samt Anlagen nicht übersandt und ihn damit über die Grundlagen ihrer Leistungspflicht und deren Umfang im Unklaren gelassen, was einer uneindeutigen Antwort über den Bestand von Versicherungsschutz qualitativ gleichzustellen ist.
Zudem stellt die Vorgehensweise im Wege der Feststellungsklage gegen den Versicherer für den Geschädigten die im Verhältnis zur Anspruchspfändung und -einziehung schnellere und effektivere Möglichkeit dar, um Rechtssicherheit über Bestand und bejahendenfalls Umfang des Versicherungsschutzes zu erlangen. Denn dem Versicherer ist es trotz der Bindungswirkung des Haftpflichturteils im Deckungsprozess nicht verwehrt, seinem Versicherungsnehmer und damit auch dem Geschädigten etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen entgegen zu halten (vgl. BGH, Urteil vom 20.6.2011 - IV ZR 101/00); so kann er sich beispielsweise auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder aufgrund eines Risikoausschlusses berufen (BGH, Urteil vom 20.6.2011 - IV ZR 101/00, unter Hinweis auf Urteile vom 28. April 1958 - II ZR 163/57 - VersR 1958, 361 unter 1 und vom 20. September 1978 - V ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher zur alsbaldigen Klärung des Bestehens von Versicherungsschutz ein Feststellungsinteresse des Klägers zu bejahen.
2.
Die Beklagte hat für die vom Landgericht Verden im Urteil vom 12.8.2009 zugunsten des Klägers zuerkannten Schadensersatzansprüche im tenorierten Umfang Deckungsschutz zu gewähren, weil diese vom vereinbarten Versicherungsumfang der Bauhandwerker-Police umfasst sind.
a) Zwar sieht der Versicherungsschein als versichertes Risiko lediglich "Mauererarbeiten" vor, während die dem Schadenseintritt zugrunde liegenden Arbeiten der ... genau genommen dem Bereich der "Stahlbetonarbeiten" zuzurechnen sein dürften. Dies steht der Gewährung von Versicherungsschutz für die dem Kläger gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche jedoch nicht entgegen. Nach A.4. (Mitversicherte Nebenrisiken) der zwischen der Beklagten und der ... abgeschlossenen Bauhandwerker-Police samt Versicherungsbedingungen in der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.7.2011 überreichten Fassung ist mitversichert auch ohne besondere Anzeige die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus betriebs- und branchenüblichen Nebenrisiken. Zu diesen gehört nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch die Durchführung von Stahlbetonarbeiten. Die Leistungen eines Maurers beschränken sich nämlich nicht ausschließlich auf seine Kerntätigkeit, die Erstellung von Mauerwerk; vielmehr gehören, gerade bei kleineren Bauvorhaben, auch andere Handwerksleistungen des Rohbaus, wie Beton-, Stahlbeton-, Estrich- und Putzarbeiten, zu seinen üblichen Tätigkeiten (vgl. insoweit die Ausführungen unter "Maurer" bei Wikipedia), so dass unter dieser Maßgabe nach Auffassung der Kammer die Angabe "Maurerarbeiten" im Versicherungsschein dahingehend zu verstehen ist, dass hiervon auch die vorstehend genannten Gewerke als Nebenrisiken mit umfasst sind.
b) Nach B.6. (Mängelbeseitigungskosten) der zwischen der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmerin abgeschlossenen Bauhandwerker-Police erstreckt sich der gewährte Versicherungsschutz auf Schäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten, und erfasst insoweit auch die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadenbeseitigung zugänglich zu machen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Nicht gedeckt dagegen sind die Kosten lediglich dann, wenn sie nur zur Nachbesserung aufgewendet werden, ohne dass ein Folgeschaden eingetreten ist, sowie die Kosten des Versicherungsnehmers für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst.
Mit Ausnahme der Kosten, die für den Ausbau und die Deponierung der mangelhaften Sohlplatte sowie deren Ersatz durch eine mangelfreie entstehen, handelt es sich bei den dem Kläger im Haftpflichtprozess zuerkannten Schadensersatzansprüchen um vom Versicherungsschutz umfasste Mangelfolgeschäden und nicht um vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Erfüllungsansprüche im Sinne von § 4 I Ziff. 6 b) Abs. 3 AHB.
aa) Anders als die Beklagte meint, ist durch die Errichtung des Fertighauses durch die ... auf der von der Versicherungsnehmerin der Beklagten fehlerhaft erstellten Sohlplatte ein (versicherter) Integritätsschaden entstanden, für dessen Beseitigung die Beklagte im Rahmen des gewährten Versicherungsschutzes aufzukommen hat. Zwar stellt die bloße Herstellung einer mangelbehafteten Sache und damit die Schlechterfüllung der vertraglich geschuldeten Werkleistung keine Sachbeschädigung und damit keine Eigentumsverletzung dar. Wird jedoch durch die Verbindung der fehlerhaft hergestellten Sache (Sohlplatte) mit einer an sich mangelfreien (Fertighauskonstruktion) das neu entstandenen Produkt (Wohnhaus) insgesamt mangelbehaftet oder unbrauchbar, liegt für denjenigen, in dessen Eigentum die bisher einzelnen unversehrten Teile standen, eine Eigentumsverletzung an diesen Teilen und der entstandenen neuen Sache vor (BGH, Urteil v. 21.11.1989, VI ZR 350/88). Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass wegen der Errichtung auf der mangelbehafteten Sohlplatte zu keinem Zeitpunkt ein mangelfreies Haus im Eigentum des Klägers gestanden habe, übersieht sie, dass sehr wohl vor Einwirkung der Einflüsse der instabilen Sohlplatte auf die Fertighauskonstruktion, isoliert betrachtet, zunächst ein mangelfreies Gewerk bestanden hat, dessen Schadhaftigkeit erst später eingetreten ist.
bb) Dem vertraglich gewährten Versicherungsschutz steht auch die Bestimmung von § 4 I Ziff. 6 b) AHB nicht entgegen. Nach dieser. Vorschrift sind Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen, die durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen; bei Schäden an fremden unbeweglichen Sachen nur insoweit, als diese Sachen oder Teile von ihnen unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit gewesen sind. Unter Teilen einer unbeweglichen Sache im Sinne von § 4 I Ziff. 6 AHB sind dabei deren Bestandteile zu verstehen (Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 1. Aufl., § 26 RN 74).
Unmittelbarer Gegenstand der Tätigkeit der Versicherungsnehmerin der Beklagten war vorliegend allerdings nur die Sohlplatte. Auch wenn diese - worauf die Beklagte abgestellt - durch die Verbindung mit den auf ihr errichteten Gewerken zu einer einheitlichen unbeweglichen Sache geworden ist, folgt hieraus nicht zwangsläufig der Ausschluss von Versicherungsschutz für sämtliche Schäden am entstandenen Gesamtbauwerk. Der Ausschluss im Sinne der Vorschrift beschränkt sich nämlich im Zweifel nur auf den (Bestand)Teil, der unmittelbar Gegenstand der Tätigkeit und Beauftragung der Versicherungsnehmers war (vgl. insoweit BGH, Urteil v. 3.5.2000 - IV ZR 172/99), selbst dann, wenn die Arbeit dem ganzen Gebäude zugute gekommen ist (Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., § 4 AHB, RN 61 unter Verweis auf BGH VersR 1970, 609, 612).
Auf den Umfang des Risikoausschlusses nach dieser Klausel, insbesondere, ob er sich hier ausschließlich auf den Auftragsgegenstand, der den konkreten Schaden hervorgerufen hat, beschränkt, kommt es allerdings letztendlich ohnehin nicht an. Im vorliegenden Fall umfasst gemäß B.2. der von der Beklagten selbst vorgelegten Fassung der Bauhandwerker-Police der Versicherungsschutz - abweichend von § 4 I Ziff. 6 b AHB - nämlich gerade auch die gesetzliche Haftpflicht aus solchen Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind.
3.
Die Gewährung vom Versicherungsschutz aus der Bauhandwerker-Police scheidet damit lediglich in Bezug auf die Aufwendungen für Beseitigung der mangelhaften und Neuerstellung einer neuen Sohlplatte aus, da es sich hierbei um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch und keinen Haftpflichtschaden handelt. Für die mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten hat der Kläger selbst jedoch gar nicht die Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz geltend gemacht.
Nach alledem war daher seiner Klage vollumfänglich stattzugeben.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus§ 709 ZPO.
III.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf bis zu 410.000,- EUR festgesetzt.
Die Kammer hat der Wertfestsetzung dabei die Wertangaben des Klägers aus dem Schriftsatz vom 8.9.2011 zugrunde gelegt, im Hinblick auf das Feststellungsinteresse dabei 80% des angegebenen Wertes von 508.055,57 EUR angesetzt.