Landgericht Hannover
Urt. v. 23.03.2011, Az.: 23 O 15/09

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
23.03.2011
Aktenzeichen
23 O 15/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45101
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht Versicherungsleistungen aus der als „Valorenversicherung laufende Police Nr. 7509“ bezeichneten Versicherung, die die Beklagte für die H..... Transport GmbH und deren Tochtergesellschaften übernommen hat. Die Versicherung Nr. 7509 begann am 1. Dezember 2001. Die Klägerin gehörte bereits seit Oktober 2000 zu den Kunden von H...... Zu jener Zeit bestand zwischen der Beklagten und der H..... Transport GmbH und deren Tochtergesellschaften noch die Transportversicherung Nr. 7265, die ab Dezember 2001 durch die Versicherung Nr. 7509 abgelöst wurde.

Die Bedingungen der von der Beklagten gegebenen Versicherung beschreiben den „Gegenstand der Versicherung“ (Seite 2 der Versicherungsbedingungen) wie folgt:

„Hartgeld, Banknoten, … und sonstige Wertgegenstände … in Gewahrsam von H..... sowie im Gewahrsam von von H..... eingesetzten Subunternehmern, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten.

...“

Auf Seite 4 der Versicherungsbedingungen wird die Versicherung als „Transportversicherung“ bezeichnet. Ziffer 2. der Bedingungen umschreibt den „Umfang der Versicherung“ wie folgt:

„...

Gedeckt sind, ...:

2.1.1.1 jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden verursacht durch einen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H..... hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zu haften hat.

...

2.1.2 die gesetzliche Haftung von H..... gegenüber den Auftraggebern

2.1.3 die von H..... übernommene darüberhinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigung durch den führenden Versicherer

...“

Abschnitt 3. der Versicherungsbedingungen befasst sich mit der „Dauer der Versicherung“ unter anderem wie folgt:

„...

3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.

3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.

...“

Unter Ziffer 4. der Versicherungsbedingungen sind Versicherungshöchstsummen („Maximum“) bestimmt, unter anderem (4.1.9)

„während der Lagerungen und/oder während der Bearbeitung etc. im Gewahrsam der Versicherungsnehmerin entsprechend den mit dem führenden Versicherer abgestimmten Summen bis zu EUR 10 Millionen/ Betriebsstätte“

...“

Nach Abschnitt 10. („Gefahränderung“) durfte die Versicherungsnehmerin Gefahren erhöhen (10.1), hatte diese jedoch anzuzeigen (10.2).

Unter Ziffer 11. („Bestimmungen für den Versicherungsfall“) enthalten die Versicherungsbedingungen nähere Einzelheiten zur Schadenregulierung

„...

11.3 Schäden werden, unabhängig davon, wie der Regress ausgeht, spätestens 14 Tage nach Vorlage der erforderlichen Belege reguliert.

...

11.3.1 Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an den Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schaden betroffenen Transporte erfolgen. Das Aufrechnungsrecht des Versicherers gemäß § 35 b VVG ist insoweit ausgeschlossen.

Die Zahlung an die Auftraggeber erfolgt ohne Abzug gemäß Ziffer 2.2.4. Die Versicherer werden den vereinbarten Selbstbehalt von der Versicherungsnehmerin einziehen.

...“

Abschnitt 12. („Verschollenheit“) bestimmt den Umfang der Ersatzpflicht für verschollene oder angehaltene und zurückgehaltene Güter (wie Totalverlust) und definiert als Verschollenheit ("... Güter sind verschollen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30 Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist. ...“)

Im Abschnitt „Obliegenheiten“ (13.) sind unter anderem folgende Einzelregelungen getroffen:

„...

13.3 Hat die Versicherungsnehmerin eine Gefahrerhöhung nicht angezeigt, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, die Verletzung der Anzeigepflicht beruhte nicht auf Vorsatz oder die Gefahrerhöhung hatte weder Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles noch auf den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers.

13.4 Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.

13.5 Der Versicherer behält sich das Recht vor, bei Schäden, verursacht durch grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz der Repräsentanten der Versicherungsnehmerin Regress gegen die Versicherungsnehmerin durchzuführen.

...“

Ziffer 15.3 der Versicherungsbedingungen nennt Einzelheiten zu den Mitversicherern der Beklagten für die Versicherung Nr. 7509. Der Beteiligungsanteil der Beklagten, die die führende Versicherung ist, beträgt 62,5 %. Neben der Versicherung Nr. 7509 besteht eine weitere Versicherung für Schäden oberhalb der Versicherungssummen der Versicherung Nr. 7509. An dieser weiteren Versicherung ist die Beklagte jedoch nicht beteiligt.

Abschnitt 16. der Versicherungsbedingungen benennt die M...... GmbH in Hamburg zum Abwickler für den gesamten Geschäftsverkehr.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Versicherungsbedingungen wird auf die Anlage B5 Bezug genommen.

Grundlage des Rechtsverhältnisses der Klägerin zur H..... Transport GmbH und ihrer Tochtergesellschaften ist ein schriftlicher Transportvertrag, den die Klägerin als Anlage K1 zu den Akten gegeben hat und der neben dem Firmenstempel und Unterschriften von Vertretern der H..... Transport GmbH das Datum des 16. Oktober 2000 trägt. Die gleichen Unterschriften neben dem Datum des 16. Oktober 2000 finden sich auch auf einem Formblatt, das mit "Transport" überschrieben ist und das die Klägerin als Anlage K14 zu den Akten gegeben hat, nachdem die Beklagte sich wegen des Textes des Transportvertrages und des Leistungsverzeichnisses zwischen der Klägerin und der H..... Transport GmbH zunächst auf einen Text bezogen hatte, in dem sich das Datum des 24. Juni 1997 findet (Anlage B10). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Klägerin hatte ihr H..... bereits im Jahre 1997 Leistungen angeboten, einen Auftrag damals jedoch nicht erhalten.

H..... hat der Klägerin den Beginn der Transportleistungen zum 1. November 2000 schriftlich bestätigt (Anlage K15).

Nach dem Inhalt des Transportvertrages führt H..... "… für den Auftraggeber die Transporte ausschließlich in Spezialfahrzeugen mit dem Personal des Auftragnehmers durch …" (§ 1 Abs. 1). Konkrete Angaben über die Art des Transportgutes enthält der Vertragstext selbst allerdings nicht. Dass es sich um Geldtransporte, Geldbearbeitung und Münzgeldbestellungen handeln sollte, ergibt sich vielmehr - nur - aus der Auftragsbestätigung der H..... Transport GmbH. Nur in dieser finden sich auch die Filialstandorte der Klägerin, bei denen H..... Bargeld in bestimmten Zeitabständen (3 x wöchentlich von Januar bis September; 6 x wöchentlich von Oktober bis Dezember) abzuholen hatte und die Angabe, dass das abgeholte Bargeld "… am nächsten Bankarbeitstag bei der LZB auf Ihr Konto

Deutsche Bank Köln

BLZ: 370 700 60

Konto-Nr.: 134 010 800 …"

einzuzahlen war, nachdem die "… Meldung der Auszählergebnisse bis 12.00 Uhr …" an eine bestimmte Telefonnummer mittels Telefax übermittelt worden war. Münzgeldlieferungen sollten nur gegen Vorkasse erteilt werden können.

§ 3 Abs. 1 des Transportvertrages bestimmt ergänzend:

"Die Übergabe und Ablieferung des Transportgutes hat ausschließlich in den Geschäftsräumen des Auftraggebers bzw. dessen Kunden, …, zu erfolgen."

Über den Beginn und das Ende der Transportleistungen von H..... verhält sich § 1 Abs. 3 des Transportvertrages. Er lautet:

"Die Haftung beginnt mit der Übergabe der Gegenstände nach vollzogener Quittungsleistung an den Auftragnehmer bzw. dessen Mitarbeiter, … und endet nach ordnungsgemäßer Übergabe der Gegenstände."

Zur Haftung von H..... heißt es dort (§ 1 Abs. 2):

"Der Auftragnehmer haftet dem Auftraggeber für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihm zur Beförderung übergebenen Gegenstände im Rahmen der bestehenden Versicherung."

Über das Bestehen einer Versicherung hatte H..... der Klägerin eine Deckungsbestätigung vorzulegen (§ 4 Abs. 1), die Versicherung aufrechtzuerhalten (§ 4 Abs. 2) und die Klägerin über den Inhalt der Versicherung und etwaige Änderungen der Bedingungen unterrichten zu lassen (§ 4 Abs. 3). Alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche gegen die Versicherung aufgrund der Vertragsleistungen von H..... wurden der Klägerin abgetreten (§ 5 Abs. 1) und die Klägerin zur selbständigen Geltendmachung der Ansprüche aus der Versicherung ermächtigt (§ 4 Abs. 4).

Die nach § 4 Abs. 1 der Klägerin vorzulegende Versicherungsbestätigung ist ihr von der M...... GmbH, zuletzt am 6. Dezember 2005, "… namens und in Vollmacht der Versicherer …", darunter der Beklagten, erteilt worden (Anlage K2). In dieser Versicherungsbestätigung heißt es unter anderem:

„...

Versicherte Interessen:

Transporte und Lagerungen von Hartgeld und/oder Banknoten ... im Gewahrsam von H....., einerlei ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist, für die nach kaufmännischen Grundsätzen und/oder aufgrund eines besonderen Auftrages Versicherungsschutz von H..... zu besorgen ist.

...

Umfang der Versicherung:

Gedeckt sind jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch das Geldtransportunternehmen, einschließlich Schäden verursacht durch einen früheren Angestellten des Transportunternehmens, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter des beauftragten Geldtransportunternehmens ausgibt, soweit das Geldtransportunternehmen hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen zu haften hat.

...

Gegenüber den jeweiligen Auftraggebern sind Schäden durch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des Geldtransportunternehmens (und durch Repräsentanten) mitversichert.

Der Versicherer wird zugunsten des jeweiligen Auftraggebers auch Schäden erstatten, welche vom Versicherer aufgrund eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen/Obliegenheiten des Vertrages abgelehnt werden können.

...

...

Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Versicherten vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.

...“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die erwähnte Anlage Bezug genommen.

Die Klägerin beklagt den Verlust von insgesamt noch 293.613,53 € Bargeld, das in ihren Filialen am 14., 15. und 16. Februar 2006 von H..... abgeholt, in den Bargeldzentren Viersen, Sietzsch und Chemnitz ausgezählt, jedoch nach Einzahlung bei der Landeszentralbank nicht dem von ihr, der Klägerin, angegebenen Konto bei der Deutschen Bank in Köln gutgeschrieben und auch später ihr, der Klägerin, wertmäßig nicht wieder zur Verfügung gestellt worden sei. Daneben seien 500 € Münzgeld zum Wechseln von H..... nicht mehr ausgeliefert worden, obwohl sie, die Klägerin, dafür an H..... Vorkasse geleistet und diese nicht zurückerhalten habe.

H..... habe bei ihren, der Klägerin, Filialen an den genannten Tagen insgesamt 506.585 € Bargeld abgeholt und ausgezählt (Anlagen K3). Zurückgegeben worden seien davon jedoch nur 106.123,20 €. Im April, Mai und Juni 2008 seien ihr, der Klägerin, aus Mitteln des Gläubigerpools im Insolvenzverfahren H..... weitere 106.848,27 € zurückgegeben worden. Daneben seien 500 € Wechselgeld, das am 17. Februar 2006 bei H..... bestellt worden sei, nicht mehr ausgeliefert worden. Von den nicht mehr zurückgegebenen oder später erstatteten 293.613,53 € Bargeld (506.585 - 212.971,47) und dem nicht ausgelieferten Wechselgeld (500 €) macht die Klägerin gegen die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nur deren Mithaftungsanteil von 62,5 % an der Versicherung Nr. 7509, also 183.820,96 € geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachvortrag der Klägerin wird auf die Seiten 5 - 9 der Klageschrift (Band I Blatt 5 - 9 d.A.) und auf die dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

Durch Verfügung vom 5. Januar 2010 (Band II, Blatt 233 ff. d.A.) hat der Vorsitzende der Kammer die Klägerin auf bisher unzureichenden Sachvortrag zur Höhe des von ihr behaupteten Bargeldschadens und zur Nachvollziehbarkeit und Aussagekraft der bisher dazu vorgelegten Belege, Nachweise und Unterlagen hingewiesen. Hierauf hat die Klägerin erst mehr als ein Jahr später, nämlich durch den Schriftsatz vom 17. Januar 2011 (Band II, Blatt 242 - 246 d.A.) reagiert und dazu ergänzend die Anlagen K18 - K25 vorgelegt. Hierauf wird Bezug genommen. Der Schriftsatz ging - zunächst ohne Anlagen - per Telefax bei Gegner und Gericht, am 20. Januar 2011 dann auch mit Anlagen bei Gericht ein.

Die Klägerin hat ihren Schaden bei der Beklagten gegenüber der M...... GmbH mit Schreiben vom 23. Februar 2006 (Anlage K5) angemeldet und die Anmeldung mit Schreiben vom 3. März 2006 (Anlage K8) der Höhe nach korrigiert.

Die Klägerin stützt ihren Anspruch gegen die Beklagte aus der Versicherung Nr. 7509 auf das Abhandenkommen des Bargeldes, das sie H..... anvertraut habe, das jedoch nicht mehr bestimmungsgemäß an sie zurückgelangt sei. Daneben stützt die Klägerin ihren Anspruch ergänzend auf die Versicherungsbestätigung vom 6. Dezember 2005.

Mehrere leitende Verantwortliche von H....., darunter der Inhaber des Unternehmens, sind in dem Verfahren 25 Kls 5413 Js 18030/06 StA Hannover am 23. Mai 2007 vom Landgericht Hildesheim unter anderem wegen Untreue zu langjährigen Freiheitsstrafen (Gesamtstrafen: 10 Jahre; 8 Jahre; 7 Jahre 6 Monate, 6 Jahre 6 Monate) verurteilt worden. Die Entscheidung ist ganz überwiegend rechtskräftig geworden (BGH, Beschluss vom 01.04.2008, 3 StR 494/07).

Am 20. Februar 2006 beantragte die H..... Transport GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde am 20. April 2006 eröffnet (906 IN 18406-7 - Amtsgericht Hannover).

Am 8. Januar 2007 focht die Beklagte sowohl gegenüber dem Insolvenzverwalter als auch gegenüber der Klägerin den Versicherungsvertrag und die Versicherungsbestätigung vom 6. Dezember 2005 wegen arglistiger Täuschung an und erklärte zugleich den Rücktritt vom Vertrag (Anlage K12).

Unter dem 9. Dezember 2008 hat der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren H..... die Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche aus der Versicherung mit der Beklagten ermächtigt und die Ansprüche - erneut - abgetreten (Anlage K17).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 183.820,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Januar 2007 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sieht als Folge der von ihr erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung die rechtliche Grundlage für einen Anspruch der Klägerin gegen sie aus der Versicherung Nr. 7509 als jedenfalls entfallen an.

Sie, die Beklagte, habe den Versicherungsvertrag mit H..... wegen arglistiger Täuschung angefochten, da die verantwortlichen Vertreter von H..... bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahre 2001 eine bereits damals bestehende Insolvenzreife und einen Großschaden im Jahre 2001 verschwiegen hätten. Insbesondere sei sie, die Beklagte, von ihrer Versicherungsnehmerin nicht darüber unterrichtet worden, dass bereits seit Mitte der 90er Jahre bei H..... systematisch und andauernd Geld aus den alltäglichen Zahlungsverkehrs- und Geldbewegungsströmen abgezweigt und zweckwidrig verwendet worden sei. Wegen der großen, alltäglich umlaufenden Bargeldmengen bei H..... sei es jedoch dem Unternehmen gelungen, den Geldabfluss jedenfalls zunächst und über einen langen Zeitraum hinweg zu verschleiern.

Abgesehen davon liege ein Versicherungsfall nicht vor, da H..... das gesamte Bargeld der Klägerin - darunter auch das noch vermisste - bei der Deutschen Bundesbank auf ein eigenes Konto eingezahlt habe. Damit sei der Versicherungsschutz beendet gewesen. Buchgelder und Forderungen der Klägerin gegen H..... seien durch die Versicherung Nr. 7509 nicht gedeckt. Die Einzahlung des Bargeldes der Klägerin auf ein Eigenkonto von H..... entspreche den Vereinbarungen, die im Verhältnis der Klägerin zu H..... getroffen worden seien. Zumindest habe die Klägerin diese Praxis von H..... gekannt und gebilligt.

Die Wechselgeldversorgung von Filialen der Klägerin mit Münzgeld gegen Vorkasse sei rechtlich als Kaufvertrag und nicht als Transportvertrag zu werten. Hierbei etwa unerfüllt gebliebene Ansprüche der Klägerin gegen H..... seien nicht vom Versicherungsschutz der Versicherung Nr. 7509 umfasst.

Auf eine Deckung auch der vertraglichen Haftung durch die Versicherung Nr. 7509 habe die Klägerin - wie auch alle anderen Kunden von H..... - verzichtet, obwohl der Versicherungsvertrag dazu ausdrücklich die Möglichkeit geboten habe. Die Klägerin habe die dafür notwendige Zustimmung von ihr, der Beklagten, nicht eingeholt.

Der Klägerin sei das seit Jahren von H..... praktizierte Schneeballsystem und die Insolvenzreife von H..... bekannt gewesen. Durch unterlassene Beanstandungen und durch in Anspruch genommene wirtschaftliche Vorteile habe die Klägerin von dem Schneeballsystem von H..... profitiert.

Die Klägerin habe durch die Unterlassung von Beanstandungen und die Aufdeckung des ihr, der Klägerin, bekannten oder jedenfalls erkennbaren Schneeballsystems ihr, der Beklagten gegenüber, die Gefahr des Versicherungsfalles erhöht und dadurch eigene vertragliche Obliegenheiten verletzt, wodurch die Leistungsfreiheit des Versicherers begründet sei.

Der Klägerin stehe ohnehin nur eine geringe Quote an der Versicherungshöchstsumme zu, weil der von H..... angerichtete Schaden von rund 450 Millionen Euro die versicherungsvertraglich vereinbarte Deckungsgrenze weit übersteige. Der Versicherungsfall liege allein in dem seit Jahren praktizierten Schneeballsystem von H......

Mangels ausreichender Darlegung des Transportschadens sei ein theoretischer Versicherungsanspruch der Klägerin zudem nicht fällig. Der Höhe nach sei ein Verzugszinsanspruch der Klägerin nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages zudem geringer als er von der Klägerin beansprucht werde.

Die Klägerin stellt jede Kenntnis von den kriminellen Handlungen der Leitungsverantwortlichen von H..... in Abrede. Die internen Betriebsabläufe bei H..... seien ihr unbekannt gewesen und bis zur Aufdeckung der kriminellen Handlungen durch die Ermittlungsstellen auch unbekannt geblieben. Von Änderungen der Betriebsabläufe im Verlauf der mehrjährigen Geschäftsbeziehung zu H..... habe sie, die Klägerin keine Kenntnisse gehabt.

Zu keiner Zeit habe sie gewusst, dass H..... das bei ihren, der Klägerin, Filialen abgeholte Bargeld mit dem Geld anderer Kunden vermische und vor Einzahlung auf das von ihr, der Klägerin, benannte Konto auf ein Eigenkonto (von H.....) bei der Deutschen Bundesbank einzahle. Sie, die Klägerin, habe in dem mit H..... geschlossenen Vertrag die Bareinzahlung auf das konkret bezeichnete Konto fest vereinbart. Aus der Verwendung des Begriffes "Überweisung" in der Anlage des Vertrages mit H..... ergebe sich nichts anderes, da die Deutsche Bundesbank den Zahlungsvorgang "Bareinzahlung zur Überweisung" anbiete und vorhalte, der dann gewählt werden könne und müsse, wenn das im Vertrag genannte Empfangskonto des Kunden keines bei der Deutschen Bundesbank sei, da dort für Privat- und Geschäftskunden keine Konten geführt werden könnten. Die besonderen Kosten für solche Bareinzahlungen bei der Deutschen Bundesbank habe nach dem Vertrag mit ihr H..... übernommen.

Aus den Mitteilungen über die Einzahlungen von H..... auf ihr, der Klägerin, Konto habe sie nicht erkennen können, dass die Zahlungsverkehrsvorgänge auf unbaren Transaktionen von Eigenkonten von H..... beruht hätten.

Zu keiner Zeit habe sie, die Klägerin, von H..... Zinsen für Zahlungsverzögerungen erlangt oder erhalten.

Der von der Klägerin gehaltene Sachvortrag und die vorgelegten Unterlagen seien unzureichend, um einen Schaden der Klägerin in der beanspruchten Höhe belegen zu können. Die Klägerin habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass sie der Insolvenzmasse noch Vergütungen für Dienstleistungen von H..... schulde.

Auf den ihr vorab per Telefax und ohne Anlagen übermittelten Schriftsatz der Klägerin vom 17. Januar 2011 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19. Januar 2011, dort unter II.1. - 5. (Band II, Blatt 247 ff., 296 f d.A.) zunächst allgemein und sodann in dem ihr antragsgemäß in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2011 (Band II, Blatt 310 ff. d.A.) nach § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsatz vom 16. Februar 2011 (Band II, Blatt 321 - 323 d.A.) Stellung genommen. Die Beklagte hat - wie bisher schon (vgl. Schriftsatz vom 01.04.2009, dort unter V., Band I, Blatt 74 ff., 173 d.A.) - den Sachvortrag der Klägerin zur Höhe des entstandenen Schadens und zur Aussagekraft der vorgelegten Unterlagen bestritten.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf ihre zu den Akten gelangten Schriftsätze einschließlich der Anlagen Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2011 hat die Klägerin versucht, die Kammer zur ausdrücklichen Wiederholung der bestehenden Bedenken gegen die Schlüssigkeit des Sachvortrags zur Höhe des erstattet verlangten Bargeldschadens in der Form eines Hinweises zu veranlassen und ihr ergänzend Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag dazu einzuräumen. Dies hat die Kammer, wie aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ersichtlich ist, abgelehnt (Band II, Blatt 311 f d.A.). Von der Möglichkeit, in Ansehung der prozessualen Situation in der Verhandlung nicht aufzutreten und Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen, hat die Klägerin - auch nach Unterbrechung der Verhandlung - keinen Gebrauch gemacht.

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2011 (Band II, Blatt 318 f d.A.) hat die Klägerin die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zur Heilung von Verfahrensfehlern beantragt.

Der zunächst beim Landgericht Mannheim anhängig gemachte Rechtsstreit ist auf die Zuständigkeitsrüge der Beklagten vom 15. Januar 2009 (Band I Blatt 24 - 30 d. A.) durch den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 29. Januar 2009 (Band I Blatt 39 d. A.) an das Landgericht Hannover verwiesen worden. Der Antrag der Beklagten auf Verweisung des Rechtsstreits an die Zivilkammer wurde durch Beschluss der erkennenden Kammer für Handelssachen vom 10. Februar 2009 (Band I Blatt 46 f d. A.) zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist abzuweisen.

Der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gehaltene und darüber hinaus prozessual ordnungsgemäß zu berücksichtigende Sachvortrag bietet keine ausreichende Grundlage für die Feststellung, der von der Klägerin erstattet verlangte Bargeldschaden aus Geldtransportleistungen von H..... in der Zeit vom 14. - 17. Februar 2006 in Höhe von insgesamt 506.585 € und aus Geldversorgungsleistungen am 17. Februar 2006 in Höhe von weiteren 500 € sei ihr, der Klägerin, tatsächlich entstanden.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht als gegeben erachtet werden können, ohne dadurch das Recht der Beklagten auf eine ausgewogene Führung eines Zivilprozesses zu verletzen.

Es kommt deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr darauf an, ob der Sachvortrag der Klägerin ausreicht, um einen unter die Versicherung Nr. 7509 fallenden Schadensfall annehmen zu können, ob die Anfechtung der Beklagten vom 8. Januar 2007 betreffend ihre auf den Abschluss der Versicherung Nr. 7509 gerichteten Willenserklärung auch mit rechtlicher Wirkung gegenüber der Klägerin durchgreift und ob die Klägerin durch eigenes Handeln die Gefahr für den Eintritt des Versicherungsfalles erhöht hat.

I.

Der von der Klägerin gehaltene Sachvortrag einschließlich der dazu vorgelegten Unterlagen reicht schon nicht aus, um mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass von ihren Filialen am 14., 15. und 16. Februar 2006 insgesamt 506.585 € Bargeld abgeholt worden ist, von dem die Klägerin später nur 212.971,47 € zurückerhalten hat und daneben eine am 17. Februar 2006 durch Vorauszahlung gedeckte Wechselgeldbestellung über 500 € bei Filialen der Klägerin nicht angekommen ist.

1. Die einzige von der Klägerin dazu vorgelegte, auf H....., also auf die Vertragspartnerin der Klägerin zurückzuführende Dokumentation zu den Bargeldentsorgungen findet sich in der Anlage K3. Die Anlage besteht aus sieben Blättern, von denen sich sechs auf Bargeldentsorgungsvorgänge und ein Blatt auf Wechselgeldbestellungen beziehen soll.

Aus den sechs ersten Blättern ergeben sich Differenzen (Soll/Ist) von nur 20 €. Die Unterlage über Wechselgeldbestellungen weist eine Differenz von 500 € aus, ohne dass aus ihr erkennbar wäre oder vorgetragen wird, wohin die bestellten 500 € auszuliefern waren und wer sie hätte in Empfang nehmen sollen.

Alle anderen Unterlagen zu den von der Klägerin behaupteten Bargeldverlusten (Anlagen K4, K18, Anlage 2 zu Anlage K19, K20, K22, K23 und K24) sind Eigenbelege der Klägerin oder stammen aus Unterlagen des Insolvenzverwalters und des Poolverwalters. Weder in der Klageschrift vom 27. November 2008 noch in den Schriftsätzen vom 28. September 2009 und 17. Januar 2011 hat die Klägerin irgendeinen über die Dokumentation hinausgehenden Beweis für die Richtigkeit des von ihr Behaupteten angetreten. Der Zeuge ………. ……….. wird auf Seite 12 des Schriftsatzes vom 28. September 2009 allein für die Tatsache benannt, dass die Übergabequittungen der Geldboten von H..... bei der Klägerin seinerzeit nicht auffindbar seien und dass die handschriftlichen Ergänzungen auf den Tagesabrechnungen Anlage K3 keine Korrekturen darstellten. Die Klägerin hat selbst im Schriftsatz vom 17. Januar 2011 nicht nachvollziehbar erklärt - und unter Beweis gestellt -, warum sie über die Übergabequittungen nicht mehr verfügt, obwohl zumindest dazu nach Ziffer 5. der Bemerkungen des Vorsitzenden vom 5. Januar 2010 Anlass bestand.

Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 17. Januar 2011 auch keinen Sachvortrag zur Bemerkung zu 6. vom 5. Januar 2010 gehalten, welches Ergebnis die Prüfung der von ihr im Insolvenzverfahren am 28. August 2006 angemeldeten Forderung (Anlage K25) gehabt hat oder erklärt, dass und warum die Prüfung und Feststellung bisher nicht erfolgt ist. Die Klägerin hat auch nicht einmal erläutert, warum selbst die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Bargeldentsorgungsforderung im Ausgangspunkt, also ohne Berücksichtigung von nachträglichen Erstattungen, niedriger ist als die seinerzeit angemeldete Forderung.

Schließlich hat sich die Klägerin auch nicht darum bemüht, ihre Zusammenstellung Anlage K18 mit den von ihr eingeräumten Rückzahlungen an die Gläubiger des H.....-Pools (Anlage K19) in Verbindung zu bringen und dabei nachvollziehbar auch die Informationen aus den Anlagen K20 und K24 auszuwerten. Hätte die Klägerin dies getan, wäre ihr aufgefallen, dass durch den Poolverwalter bei der Ermittlung der Erstattungsbeträge unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsannahmen und darauf beruhende differenzierte Quotierungen vorgenommen worden sind, differenziert nach den tatsächlichen örtlichen und zeitlichen Verhältnissen der gestörten Geschäftsprozesse von H..... und nach den Geschäftszeiten der Deutschen Bundesbank. Bei einer sachgerechten Auswertung der unterschiedlichen Dokumente hätte die Klägerin auch bemerkt, dass die Summe der an sie ausgezahlten Poolmittel nicht identisch ist mit den nach Wahrscheinlichkeitsannahmen ihr zugeordneten noch asservierten Geldbestände bei H....., sondern dass selbst danach Abzüge erfolgten, die aus den von den jeweiligen Poolgläubigern, zu denen die Klägerin nach ihrem eigenen Sachvortrag gehört, übernommenen Kosten und Aufwendungen für die Poolverwaltung resultieren.

2. Die Klägerin wusste schon wegen des auch diesbezüglichen Bestreitens der Beklagten in der Klageerwiderung, erst recht aber durch die Bemerkung zu 4. aus der Verfügung des Vorsitzenden vom 5. Januar 2011, dass eine nachvollziehbare Darlegung des Rechenwerks für die erhobenen Ansprüche zu den unerlässlichen Voraussetzungen für einen als ausreichend anzusehenden Sachvortrag im vorliegenden Verfahren gehörte.

Dieser Sachvortragsobliegenheit ist die Klägerin auch durch ihren Schriftsatz vom 17. Januar 2011 nicht nachgekommen.

Wegen des außerordentlichen großen Zeitabstandes zwischen der Verfügung (5. Januar 2010) und dem Sachvortrag (17. Januar 2011), aber auch noch wegen des sehr großen zeitlichen Abstands seit der Bestimmung des Verhandlungstermins in dieser Sache (12.08.2010) ist der erst am 18. Januar 2011 per Telefax, zunächst ohne Anlagen, übermittelte Schriftsatz der Klägerin vom 17. Januar 2011 schon nach äußeren Gesichtspunkten in Ansehung der Maßstäbe des § 282 Abs. 2 ZPO nicht mehr als rechtzeitig vorgetragen anzusehen. Da die in diesem Fall zur Ergänzung des Sachvortrags unerlässlichen Anlagen erst am 20. Januar 2011 bei Gericht eingingen, war der Sachvortrag der Klägerin darüber hinaus auch nach § 132 Abs. 1 Satz 2 ZPO - absolut - verspätet.

Es kam hinzu, dass der Sachvortrag in diesem Schriftsatz selbst für sich betrachtet, also unter Beachtung und Berücksichtigung seines Inhalts, die erforderliche Vereinzelung zur Höhe des entstandenen, geltend gemachten Schadens nicht enthielt und daher erneut als insoweit unzureichend gewertet werden musste. Dafür bleibt es ohne Bedeutung, dass der Vorsitzende der Kammer vom 14. bis zum 24. Januar 2011 im Urlaub war. Dies hat sich im Ergebnis für die Klägerin nicht nachteilig ausgewirkt, weil der Vorsitzende sich den Schriftsatz in seinen Urlaub nachsenden ließ und ihn dort auch bearbeitet hat.

3. Die Kammer hat zwar in ihren bisherigen Entscheidungen betreffend Verfahren zum H.....-Kompolex (Urteil vom 28.01.2009, 23 O 103/07 - A. ; Urteil vom 22.04.2009, 23 O 98/07 - P…. & Partner; Urteil vom 18.11.2009 23 O 81/08 - S……………. ; Urteil vom 13.12.2010, 23 O 32/07, T…….) wiederholt ausgesprochen, dass die Anforderungen an die Konkretheit des Sachvortrags der Kunden von H..... und die Aussagekraft vorgelegter Belege und Unterlagen nicht überzogen und ein bloßes Bestreiten gehaltenen Sachvortrags durch die Beklagte nicht ohne weiteres hingenommen werden könne, da die in der Zeit zwischen dem 14. und 20. Februar 2006 sukzessiv zusammenbrechenden Geschäftsprozesse bei H..... eine geordnete Abwicklung und Abrechnung nicht mehr erlaubt hätten. Stets hat die Kammer in den getroffenen Entscheidungen jedoch aussagekräftige und belastbare Belege der Geldübergabevorgänge an H....., die Zuordnung dieser Belege zu den tatsächlichen Geldübergabevorgängen der einzelnen Filialen der Kunden und der Dienstleistungsstandorte von H..... sowie daneben eine erklärte, den Umständen nach mögliche Zuordnung später erhaltener Zahlungen und schließlich die Feststellung der rechnerischen Differenzen im Insolvenzverfahren von H..... gefordert, bevor danach die beklagte Versicherung in eine mitwirkende Prüfungspflicht dieser Belege einbezogen und ihr in diesem Zusammenhang eine sekundäre Darlegungslast auferlegt werden könne. Von dieser Schwelle eines nachvollziehbaren, aus sich heraus verständlichen und den Umständen nach ausreichend belegten Rechenwerks ist die Klägerin im vorliegenden Verfahren wegen der Insuffizienz und Unvollständigkeit der Belege, des dazu gehaltenen Sachvortrags und sachgerechter Beweisantritte weit entfernt.

4. Die mündliche Verhandlung am 26. Januar 2011 konnte daher nicht anders als geschehen geführt werden. Insbesondere kam es nicht in Betracht, der Klägerin ergänzende Hinweise zu geben, ihr dazu eine Erklärungsfrist zu bewilligen oder die Verhandlung von Amts wegen zu vertagen.

Das prozessual Gebotene, nämlich der Beklagten auf ihren Antrag nach § 283 ZPO hin eine Erklärungsfrist einzuräumen, ist geschehen. Die Beklagte hat davon durch den Schriftsatz vom 16. Februar 2011 auch Gebrauch gemacht, darin indes nur das wiederholt, was sie bereits in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2011 zu erkennen gegeben hatte, nämlich den Standpunkt, dass auch der Schriftsatz der Klägerin vom 17. Januar 2011 und die ihm beigefügten Anlagen unverändert den behaupteten Bargeldschaden weder nachvollziehbar machten noch unter tauglichen Beweis stellten. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung der Kammer (siehe oben unter I.2. - 3.). Der Sachvortrag der Klägerin war unverändert unzureichend; tauglicher Beweis wurde weder vorgelegt noch angetreten.

Ein ergänzender Hinweis der Kammer konnte in der mündlichen Verhandlung nicht ergehen, weil sich die bereits bestehende Sachvortragslage, auf deren Insuffizienz bereits weit vor der Verhandlung, nämlich durch die Verfügung vom 5. Januar 2010 hingewiesen worden war, nicht entscheidend geändert hatte. Einen solchen, von der Klägerin gewünschten Hinweis trotzdem zu geben und damit - zumindest aus Sicht der Klägerin - für sie erneut ein Antragsrecht nach § 139 Abs. 4 ZPO zu eröffnen, kam nicht in Betracht, ohne zu Lasten der Beklagten durch Intervention des Gerichts die prozessuale Pflicht jeder Partei im Zivilprozess, zumal im Anwaltsprozess, zu suspendieren, im Regelfall ohne gerichtliche Unterstützung und Förderung zeitgerecht ausreichenden Sachvortrags für den erhobenen Anspruch zu halten und sachgerecht Beweis antreten zu müssen.

Aus Gründen einer fairen Verhandlungsführung, also der Pflicht zur Gleichbehandlung der streitenden Prozessparteien, kam auch eine Vertagung des Rechtsstreits von Amts wegen (§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht in Betracht. Ein erheblicher Grund dafür lag nicht vor. Erkennbar unzureichende Prozessvorbereitung durch eine Partei ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung kein solcher hinreichender Grund (§ 227 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dies gilt vor allem in Anwaltsprozessen.

Die Bewilligung einer ergänzenden Schriftsatzfrist noch § 283 ZPO für die Klägerin war nicht möglich. Das Antragsrecht einer Prozesspartei insoweit kann sich nur auf das beziehen, was bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragen ist, nicht jedoch auf das, was - ausnahmsweise - dazu nach § 283 ZPO von der Gegenpartei vorgetragen wird und nur deshalb zuzulassen ist.

Auch eine weitere Konkretisierung der Hinweise und Bemerkungen vom 5. Januar 2010 war nicht angezeigt. Das Mitgeteilte war vielmehr ausreichend konkret, um der Klägerin bei Rücksicht auf die prozessualen Rechte auch der Beklagten in der gebotenen Zurückhaltung zu erkennen zu geben, dass der bisher gehaltene Sachvortrag der Klägerin einschließlich der dazu vorgelegten Unterlagen zur Schadenshöhe unzureichend und nicht plausibel war.

Von der für sie danach naheliegenden und durch den Verlauf der Verhandlung geradezu aufdrängenden Möglichkeit, einer Entscheidung in der Sache durch die Kammer zumindest zunächst durch Unterlassen einer Sachantragstellung und Nichtverhandeln zu entgehen (§§ 333, 330 ZPO), hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Zwar konnte die Kammer auch insoweit aus Gründen der Neutralität in der Verhandlungsführung der Klägerin diesen Weg nicht ausdrücklich weisen und anheim stellen. Die Kammer brauchte der Klägerin auch nicht zu sagen, dass die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Lage der Akten (§ 331 a ZPO) nicht vorlagen. Dies war vielmehr offensichtlich, weil vor der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2011 noch nicht streitig verhandelt worden war (§ 251 a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auf die Unterbrechung der mündlichen Verhandlung, zunächst allein zum Bedenken dieser ihr zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeit, reagierte die Klägerin jedoch nach dem Ende der Unterbrechung allein mit dem Begehren nach Sachantragstellung. Danach musste die Kammer in der Führung der mündlichen Verhandlung so wie geschehen fortfahren.

II.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht angezeigt und nicht geboten (§ 156 ZPO). Insbesondere liegt der von der Klägerin angeführte Grund eines Verfahrensfehlers (§§ 156 Abs. 2 Nr. 1, 295 ZPO) nicht vor. Das dazu zu Sagende ist bereits gesagt worden (siehe oben unter I.4.). Hierauf wird Bezug genommen.

Abgesehen davon hat die Klägerin auch im Schriftsatz vom 14. Februar 2011 nicht den Sachvortrag gehalten, der von ihrem Standpunkt aus erforderlich sein soll, die Höhe des Schadens jetzt ausreichend und plausibel darzulegen und zu belegen. Etwaige nachträgliche Beweisantritte, die nicht gehalten sind, wären auch verspätet (§ 296 Abs. 2 ZPO). Mit Rücksicht auf die der Kammer bekannte große sachliche Schwierigkeit der Verfahren und die entschiedene Verteidigung der Beklagten in den Rechtsstreitigkeiten zum H.....-Komplex war die gesamte Verhandlungszeit am Terminstage ausschließlich für den vorliegenden Rechtsstreit reserviert.

III.

Bei der gegebenen Sachlage und der bestehenden Prozesslage im vorliegenden Verfahren bedarf es keiner vertiefenden Auseinandersetzung und Entscheidung darüber, dass nach der in den vorerwähnten Urteilen der Kammer (siehe oben unter I.3.) von ihr vertretenen und zugrundegelegten Rechtsauffassung, die Anfechtung der Beklagten betreffend ihre auf den Abschluss des Versicherungsvertrages zur Versicherung Nr. 7509 gerichteten Willenserklärung jedenfalls gegenüber den Kunden von H..... nicht durchgreift, die keine eigene Kenntnis davon hatten, dass und in welcher Weise die Verantwortlichen von H..... die Beklagte bei Abgabe ihres Versicherungsversprechens gegenüber H..... und zugunsten von deren Kunden getäuscht hatte (§ 123 Abs. 2 Satz 2 BGB). Es bedarf auch keiner erneuten Prüfung, ob die Kammer an ihrer Rechtsprechung auch trotz der dies anders beurteilenden ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle festhält.

Wegen der Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits besteht zudem kein Entscheidungsbedarf, dass nach der Rechtsprechung der Kammer ein unter die Versicherung Nr. 7509 fallender Versicherungsfall in Bargeldentsorgungsfällen auch dann gegeben ist, wenn H..... abgeholtes Geld bei einzelnen Kunden mit dem Bargeld anderer Kunden vermischte und bei der Bundesbank auf ein eigenes Konto einzahlte, ohne zumindest zeitgleich dazu eine Verwendungsweisung zu erteilen, durch die sichergestellt war, dass das Geld von der Deutschen Bundesbank - nur - auf das Konto transferiert werden konnte, das die Kunden gegenüber H..... als Geldempfangskonto konkret benannt hatten, ohne diese Weisung von Anfang der Geschäftsbeziehung an oder erst später ausdrücklich zu ändern. Es besteht in diesem Zusammenhang und bezogen auf das vorliegende Verfahren auch kein Entscheidungsbedarf für die wertende Differenzierung, in welcher Hinsicht und mit welchen Nuancen die Rechtsprechung der Kammer dabei von der des Oberlandesgerichts Celle in Bezug auf die Anforderungen an die Ausdrücklichkeit und Eindeutigkeit einer von Anfang an oder später erfolgten Weisung/Weisungsänderung abzugrenzen ist, insbesondere, wann von einem gegebenenfalls auch konkludent vereinbarten sogenannten "Überweisungsverfahren" oder einem sogenannten "Einzahlungsverfahren" bei den Bargeldentsorgungsleistungen von H..... auszugehen ist. Ob dabei - was die Kammer bisher für möglich erachtet hat - Gesichtspunkte des Verkehrsschutzes oder der Vertrauensbegründung aus der der Beklagten bekannten und mit ihrem Einverständnis verlautbarten konkreten Verwendung der Versicherung Nr. 7509 durch H..... gegenüber deren Kunden, also produkthaftungsähnliche Erwägungen rechtlich erheblich sein könnten, betrifft die entscheidungsleitenden Kriterien dafür, welche rechtlich erheblichen Schutzinteressen bei der Auslegung des Inhalts der Versicherungsbedingungen, der über den Inhalt der Versicherungsbedingungen verlautbarten Versicherungsbestätigungen sowie der Dienstleistungsverträge zwischen H..... und seinen Kunden abwägend berücksichtigt werden können und gegebenenfalls beachtet werden müssen.

Letztlich braucht auch nicht mehr entschieden zu werden, ob der von der Beklagten gehaltene Sachvortrag ausreicht, der Klägerin eine Kenntnis der Veruntreuungen von H..... oder zumindest vorwerfbare Sorglosigkeit und mangelnde Selbstkontrolle trotz unübersehbarer Anzeichen für kriminelle Geschäftsgebaren bei H..... mit Erfolg vorhalten zu können, um dadurch von der Deckungspflicht aus der Versicherung Nr. 7509 gegenüber der Klägerin frei zu werden.

IV.

Weil die Klägerin unterliegt, hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung ergeht nach § 709 Satz 1 ZPO.