Landgericht Hannover
v. 27.06.2011, Az.: 20 O 328/10
Ein Insolvenzgläubiger hat einen Auskunftsanspruch gegen einen ehemaligen Treuhänder wegen zu niedrig ermittelter pfändbarer Beträge bei einem Insolvenzschuldner; Auskunftsanspruch eines Gläubigers gegen einen ehemaligen Treuhänder wegen zu niedrig ermittelter pfändbarer Beträge bei einem Insolvenzschuldner
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 27.06.2011
- Aktenzeichen
- 20 O 328/10
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 2011, 28336
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2011:0627.20O328.10.0A
Rechtsgrundlage
- § 666 BGB
Fundstellen
- InsbürO 2012, 282
- JurBüro 2012, 43-44
- NZI 2011, 942-944
Redaktioneller Leitsatz
1.
Eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ist bei jedem Rechtsverhältnis anzunehmen, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen.
2.
Ein in der Wohlverhaltensperiode tätig gewordener Treuhänder hat einem Insolvenzgläubiger über zu niedrig ermittelte pfändbare Beträge beim Insolvenzschuldner Auskunft zu erteilen, wenn der Gläubiger keine Kenntnis über die Einkünfte des Schuldners hat.
3.
Ein Treuhänder hat in der Wohlverhaltensperiode auch ohne besondere Beauftragung der Überwachung des Insolvenzschuldners gemäß § 292 Abs. 2 InsO die Pflicht zu prüfen, ob die an ihn abgeführten Beträge der Höhe nach ausreichend sind. Hierzu hat er sich ohne Ermessensspielraum an der Pfändungstabelle des § 850c ZPO zu orientieren.
Hat der Treuhänder die ihm obliegende Prüfung vollständig oder teilweise unterlassen oder fehlerhaft durchgeführt und wurden dadurch die Insolvenzgläubiger dahingehend geschädigt, dass der an sie abzuführende Betrag in geringerem Maße geleistet wurde, als es der Verpflichtung entsprach, so haftet der Treuhänder nach § 280 Abs. 1 BGB.
In dem Rechtsstreit ... wegen Erteilung von Auskunft u.a. hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 02. Mai 2011 durch die Richterin am Landgericht Claus als Einzelrichterin für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Höhe Frau XXX dem Zeitraum vom 01. Dezember 2006 bis zum 02. April 2009 und Herr XXX in dem Zeitraum vom 01. Januar 2007 bis zum 31. Januar 2009 monatlich Einkünfte bezogen haben und darauf basierend, wie hoch die von dem Beklagten jeweils berechneten pfändbaren Lohnanteile monatlich in den genannten Zeiträumen gewesen sind.
- 2.
Im Übrigen wird die Klage auf der ersten Stufe (der weitergehende Antrag auf Erteilung von Auskunft) abgewiesen.
- 3.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten persönlich, welcher ehemals Treuhänder in zwei Verbraucherinsolvenzverfahren war, im Wege der Stufenklage auf Erteilung von Auskunft darüber, welche Einkünfte die Eheleute XXX während eines bestimmten Zeitraums bezogen haben, auf (gegebenenfalls) Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Auskünfte an Eides statt, sowie - nach Erteilung der Auskünfte - auf Zahlung von Schadensersatz in noch zu bestimmender Höhe wegen behaupteter Verletzung der Pflichten des Beklagten in seiner Eigenschaft als Treuhänder in Anspruch.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 15.09.2000 (53 IK 25/00) war das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren über das Vermögen der Frau XXX (im Folgenden: Schuldnerin) eröffnet und durch weiteren Beschluss vom 03.04.2002 aufgehoben worden. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 03.01.2001 (53 IK 30/00) war das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn Dr. XXX (im Folgenden: Schuldner), Ehemann der Schuldnerin, eröffnet und mit Beschluss vom 30.01.2002 aufgehoben worden. Als Treuhänderin war in beiden Verfahren zunächst Rechtsanwältin XXX bestellt worden. Mit Abtretungserklärungen vom 27.04.2000 bzw. 02.06.2000 hatten die Schuldnerin und der Schuldner jeweils den pfändbaren Anteil ihres Einkommens an die Treuhänderin abgetreten. Bei der Schuldnerin XXX endete die Wohlverhaltensperiode am 03.04.2009, die Restschuldbefreiung wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 04.01.2010 erteilt. Bei dem Schuldner Dr. XXX endete die Wohlverhaltensperiode am 30.01.2009, durch Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim wiederum vom 04.01.2010 wurde dem Schuldner ebenfalls die Restschuldbefreiung erteilt.
Nachdem Rechtsanwältin XXX in beiden Restschuldbefreiungsverfahren auf eigenen Antrag hin - begründet mit einer Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihr und der jetzigen Klägerin - aus wichtigem Grund entlassen worden war, wurde der Beklagte durch Beschlüsse des Amtsgerichts Hildesheim vom 30.11.2006 zum neuen Treuhänder bestellt (Anlage K 11, Bl. 119 f. und 121 f. d.A.). Zuvor hatte bereits die Klägerin des vorliegenden Verfahrens einen Antrag auf Entlassung der Treuhänderin gestellt.
Die Klägerin war in beiden Verfahren Hauptgläubigerin der Schuldnerin bzw. des Schuldners Mit der Behauptung, die vormalige Treuhänderin Rechtsanwältin XXX habe bei beiden Schuldnern während der Zeit ihrer Tätigkeit die pfändbaren Beträge durchgängig zu niedrig ermittelt, hatte die Klägerin die Treuhänderin schon vor deren Entlassung vor dem Landgericht Hildesheim auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei sie lediglich Schadensersatzansprüche für die ersten beiden Jahre der Wohlverhaltensperiode geltend machte (7 O 41/05). Am 08.05.2006 schlossen die Klägerin und die Treuhänderin einen gerichtlichen Vergleich, wodurch sich die Treuhänderin zur Zahlung von 16.000,00 EUR an die Klägerin verpflichtete.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe ihr gegenüber in mehreren Telefongesprächen zugesagt, dass er die noch aus der Amtszeit seiner Vorgängerin ausstehenden Beträge im Hinblick auf die Lohnpfändungen für den Zeitraum des dritten, vierten und zum Teil auch des fünften Jahres der Wohlverhaltensperioden, welche nicht Gegenstand des geschlossenen Vergleichs waren, unmittelbar gegenüber der Treuhänderin geltend machen werde und dass er zukünftig auf die Richtigkeit der abzuführenden Beträge achten werde. Beides sei jedoch nicht geschehen. Aus den Schlussberichten gehe vielmehr hervor, dass die pfändbaren Lohnanteile der Schuldnerin und des Schuldners trotz der Hinweise durch die Klägerin weiterhin falsch ermittelt worden seien. So habe der Beklagte bei den Einkünften sowohl der Schuldnerin als auch des Schuldners die vollen Unterhaltsfreibeträge für 3 der zum Unterhalt berechtigten Kinder berücksichtigt, obgleich diese nur hälftig zu berücksichtigen gewesen wären.
Die Klägerin ist ferner der Auffassung, dass ihr ein Auskunftsanspruch gegen den Beklagten zustehe. Sie benötige die Auskunft, um den Schaden, der ihr aufgrund des fehlerhaften Verhaltens des Beklagten entstanden sei, beziffern zu können.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
- 1.
der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Höhe Frau XXX in dem Zeitraum vom 03 April 2004 bis zum 30. November 2006 monatlich an Einkommen bezogen hat,
- 2.
der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Höhe Frau XXX in dem Zeitraum vom 01. Dezember 2006 bis zum 02. April 2009 und Herr Dr. XXX in dem Zeitraum vom 01. Januar 2007 bis 31. Januar 2009 monatlich an Einkommen bezogen haben und darauf basierend wie hoch die vom Beklagten je3weils berechneten pfändbaren Lohnanteile monatlich in den genannten Zeiträumen gewesen sind,
- 3.
erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern,
- 4.
an die Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskünfte noch zu bestimmenden Höhe, (mindestens jedoch EUR 56.018,35), nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Klägerin weder ein Auskunfts- noch gar ein Schadensersatzanspruch gegen ihn zustehe. Die Klägerin als Gläubigerin habe sich im Restschuldbefreiungsverfahren seiner Auffassung nach jederzeit beim Insolvenzgericht über die Vermögensverhältnisse des Schuldners informieren oder die Informationsbeschaffungspflicht gegen eine zusätzliche Vergütung auf den Treuhänder übertragen können. Im vorliegenden Fall habe aber die Gläubigerversammlung und damit auch die Klägerin - was als solches zwischen den Parteien unstreitig ist - davon abgesehen, den Beklagten gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts als sogenannten starken Treuhänder mit der Überwachung der Obliegenheiten des Schuldners und mit der Benachrichtigung der Gläubiger zu beauftragen. Ein Schuldner habe auf Antrag eines Gläubigers außerdem auch die Richtigkeit der von ihm erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern. Die Klägerin hätte sich daher an die Schuldner halten müssen. Da diese ihre Vertragspartner seien, könne sie im Übrigen ohne Weiteres auch heute noch von ihnen die begehrten Auskünfte einholen.
Der Beklagte vertritt außerdem die Auffassung, dass, da die Insolvenzordnung schon in objektiver Hinsicht nicht die Pflicht des Treuhänders statuiere, die Bezügeabrechnungen der Schuldner und die darauf erfolgten Zahlungen ihrer jeweiligen Arbeitgeber zu überprüfen, der Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten unbegründet sei. Er sei nur zum sogenannten schwachen Treuhänder bestellt worden. Die Insolvenz-Ordnung statuiere darüber hinaus keine Pflicht des Treuhänders, Rechtsverfolgungsmaßnahmen in die Wege zu leiten. Die Klägerin habe insoweit ihre Schadensminderungspflichten auch vollkommen vernachlässigt; es bleibe unerklärlich, weshalb sie, obgleich anwaltlich vertreten, ihre Prozessaktivitäten gegen die frühere Treuhänderin Rechtsanwältin XXX abgebrochen und nicht weiter betrieben habe. Im Übrigen müsse sich die Klägerin vorhalten lassen, dass sie sich weder vor noch nach der gerichtlichen Entscheidung über die Restschuldbefreiung darum bemüht habe, durch einen entsprechenden Antrag auf eine Versagung der Restschuldbefreiung durch das Insolvenzgericht hinzuwirken bzw. für einen Widerruf der Restschuldbefreiung Sorge zu tragen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten 53 IK 30/00 und 53 IK 25/00 - jeweils Amtsgericht Hildesheim - waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist auf der ersten Stufe teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erteilung der von ihr begehrten Auskünfte über die Höhe der von den Schuldnern XXX und Dr. XXX in den in dem Tenor genannten Zeiträumen monatlich bezogenen Einkommen und die von dem Beklagten während dieser Zeit monatlich jeweils berechneten pfändbaren Lohnanteile zu.
Die Rechtsprechung hat aus den gesetzlich normierten Fällen der Auskunftspflicht, zu denen insbesondere auch die Vorschrift des§ 666 BGB gehört, den Grundsatz abgeleitet, dass derjenige auskunfts- und rechenschaftspflichtig ist, der fremde Angelegenheiten oder solche, die zugleich fremde und eigene sind, besorgt. Für Rechtsverhältnisse dieser Art enthält das Auftragsrecht Grundvorschriften. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gemäߧ 242 BGB bei jedem Rechtsverhältnis anzunehmen ist, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen (vgl. Saarland. OLG Saarbrücken, Urt. v. 03.03.2010, 5 U 233/09, zitiert nach [...], m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Anspruch der Klägerin in dem tenorierten Umfang zu bejahen.
Der Beklagte hatte als Treuhänder in den Verbraucherinsolvenzverfahren der beiden Schuldner die Aufgabe, die Verwaltung der durch die Abtretung erlangten und von den Schuldnern zu zahlenden Beträge während der Wohlverhaltensperiode zu übernehmen und die Beträge an die Insolvenzgläubiger zu verteilen. Er wurde dabei sowohl im Interesse der Insolvenzgläubiger - wie der Klägerin - als auch im Interesse der Schuldner tätig. Seine Tätigkeit ist nach den Grundsätzen über die uneigennützige doppelseitige Treuhand zu beurteilen (Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 292 Rn. 6).
Selbst wenn man die Vorschrift des § 666 BGB für nicht anwendbar hielte, weil kein Fall einer rechtsgeschäftlichen Treuhand vorliegt, so ergibt sich der Auskunftsanspruch aus§ 242 BGB.
Die Klägerin hat hinreichend dargetan, welche konkreten Ansprüche sie hiermit verfolgt, deren Bestehen ernsthaft in Betracht kommt. Die Klägerin will den Beklagten auf Zahlung Schadensersatz in Anspruch nehmen. Sie ist jedoch zu einer endgültigen Bezifferung eines Zahlungsantrages mangels eigener hinreichender Kenntnis über die hierfür maßgeblichen Beträge nicht in der Lage, während der Beklagte als vormaliger Treuhänder in den beiden streitgegenständlichen Insolvenzverfahren über die entsprechenden Unterlagen verfügt oder sich diese unschwer beschaffen kann. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten ist auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens auch aller Wahrscheinlichkeit nach gegeben.
Ein Treuhänder hat in der Wohlverhaltensperiode die Aufgabe, die Rechte aus der Abtretungserklärung des Schuldners nach§ 287 InsO geltend zu machen. Dazu gehört nach Auffassung der Kammer - und zwar insoweit auch ohne besondere Beauftragung der Überwachung des Insolvenzschuldners gemäß § 292 Abs. 2 InsO - auch die Pflicht zu prüfen, ob die an ihn abgeführten Beträge der Höhe nach ausreichend sind; diese Prüfungspflicht besteht gegenüber den Insolvenzgläubigern. Der Treuhänder hat sich hierzu an der Pfändungstabelle des§ 850 c ZPO zu orientieren, ohne dass ihm ein Ermessensspielraum zustünde, dem Insolvenzschuldner abweichend von den so zu ermittelnden Beträgen einen Teil zu belassen. Leistet der Schuldner die an den Treuhänder abzuführenden Beträge nicht fristgemäß oder in zu geringer Höhe, so hat der Treuhänder den Verpflichteten zu mahnen (vgl. Pape/Graeber, Handbuch der Insolvenzverwalterhaftung, S. 861 u. 872).
Hat der Treuhänder die ihm obliegende Prüfung vollständig oder teilweise unterlassen oder ist ihm sonst ein Fehler hierbei unterlaufen und wurden dadurch die Insolvenzgläubiger dahingehend geschädigt, dass der an sie abzuführende Betrag in geringerem Maße (oder gar nicht) geleistet wurde, als es der Verpflichtung entsprach, so begründet dies eine Haftung des Treuhänders nach§ 280 Abs. 1 BGB.
Aus den Schlussberichten des Beklagten in beiden Insolvenzverfahren ergibt sich, dass der Beklagte bei beiden Schuldnern fälschlicherweise die vollen Unterhaltsfreibeträge für drei der zum Unterhalt berechtigten Kinder der Schuldnerin bzw. des Schuldners berücksichtigte (Schlussberichte vom 11.11.2009, Anlagen K 14 und K 15, Bl. 59 ff. und 55 ff. d.A.), obgleich das Amtsgericht Hildesheim in dem Verfahren 53 IK 25/00 durch Beschluss vom 17.08.2004 (insoweit bestätigt durch Beschluss des LG Hildesheim vom, 03.07.2009) entschieden hatte, dass die unterhaltsberechtigten Kinder (nur) je zur Hälfte bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Einkommens unberücksichtigt bleiben.
Auch wenn man vorliegend, da dem Beklagten die Überwachung de Schuldner nicht gemäß § 292 Abs. 2 InsO übertragen wurde, eine Haftungsprivilegierung für gerechtfertigt hält dahingehend, dass der Beklagte nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet (so MünchKomm-lnsO/Ehricke, § 292 Rn. 80), wäre eine Haftung des Beklagten dem Grunde nach gegeben, da dem Beklagten aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Hildesheim, aber auch wegen der wiederholten Hinweise der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf die nicht korrekt durchgeführte Berechnung der monatlich pfändbaren Beträge (vgl. etwa Schreiben vom 28.01.2008, Anlage K 13, Bl. 62 ff. d.A.) bewusst sein musste, dass die Unterhaltsberechtigten bei der Errechnung der jeweils zu pfändenden Teile der jeweiligen Einkommen nur zu je 1/2 berücksichtigt werden durften.
Zur Bezifferung des Schadensersatzanspruchs ist die Klägerin nicht in der Lage, da sie keine Kenntnis darüber besitzt, welche Einkünfte die Schuldnerin und der Schuldner in der Zeit vom 01.12.2006 bis zum 02.04.2009 bzw. in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.01.2009 im Einzelnen jeweils monatlich erzielt haben und welche pfändbaren Lohnanteile der Beklagte während dieser Zeit jeweils monatlich berechnet hat. Die Schuldner waren der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Insolvenzgläubigerin auch nicht zur Auskunft verpflichtet.
Der Auskunftsanspruch ist der Klägerin nicht deswegen zu versagen, weil die Klägerin in der Gläubigerversammlung nicht darauf hingewirkt hat, den Beklagten gegen ein zusätzliches Entgelt gemäß § 292 Abs. 2 InsO mit der Überwachung der Schuldner zu beauftragen. Das Gericht hält den Treuhänder, wie ausgeführt, auch ohne eine solche besondere Übertragung jedenfalls für verpflichtet, sich über alle Veränderungen in der Entlohnung des Schuldners zu informieren darauf zu achten, dass der Zahlungspflichtige tatsächlich die geschuldeten Beträge an ihn abführt. Die Entscheidung des OLG Celle vom 02.10.2007, wonach der Treuhänder nicht verpflichtet ist, die monatlichen Bezügeabrechnungen des Schuldners und die darauf erfolgenden Zahlungen seitens des Arbeitgebers auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (16 U 29/07), ist hier nicht einschlägig, weil seinerzeit eine "Betreuung" für den Schuldner in Rede stand, es vorliegend aber um Pflichten des Treuhänders gegenüber den Insolvenzgläubigern geht.
Die Klägerin kann entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht darauf verwiesen werden, dass ihr als Vertragspartnerin der Schuldner ein entsprechender Auskunftsanspruch direkt gegenüber diesen zusteht. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Klägerin einen solchen jedenfalls nicht vorrangig gegenüber den Schuldnern (notfalls klageweise) geltend machen muss, zumal die Berechnung der pfändbaren Beträge nicht Aufgabe der Schuldner ist.
Die Klägerin ist mit ihrem Auskunftsanspruch schließlich auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil sie in den beiden streitgegenständlichen Insolvenzverfahren keinen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hat. Die Versagung der Restschuldbefreiung kann nur aus den in der Insolvenzordnung ausdrücklich genannten Versagungsgründen ausgesprochen werden. Versagungsgründe nach§ 290 InsO sind dabei mit Beginn der Wohlverhaltensperiode präkludiert (Leonhardt/Smid/Zeuner, Insolvenzordnung, 3. Aufl., § 295 Rn. 1). Dass die Schuldner ihr Einkommen verheimlicht oder verschleiert oder sich im fraglichen Zeitraum nicht ausreichend um zumutbare Arbeit bemüht bzw. eine solche abgelehnt hätten, ist nicht ersichtlich. Ferner ist nicht vorgetragen (und lässt sich den beigezogenen Insolvenzakten auch nicht entnehmen), dass die Schuldner dem Gericht oder dem Beklagten als Treuhänder gegenüber Auskünfte über ihre Erwerbstätigkeit(en) verweigert und/oder dem Verlangen auf Vorlage von Gehaltsabrechnungen nicht nachgekommen wären. Ein Obliegenheitsverstoß, der zu einer Versagung der Restschuldbefreiung hätte führen können, hat daher nicht vorgelegen.
Ein weitergehender Auskunftsanspruch steht der Klägerin gegen den Beklagten dagegen nicht zu mit der Folge, dass der Klageantrag zu 1. (welcher sich ausschließlich auf den Zeitraum bezieht, während dessen Rechtsanwältin XXX Treuhänderin war) abzuweisen war. Für die Entscheidung hierüber kann letztlich dahingestellt bleiben, ob der Beklagte als Treuhänder gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, das Bestehen etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die vormalige Treuhänderin XXX zu ermitteln und diese dann Rechtsanwältin XXX gegenüber außergerichtlich zu verfolgen und gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen Denn ein Schadensersatzanspruch steht der Klägerin für die Zeiträume, während derer Rechtsanwältin XXX in den beiden Insolvenzverfahren zur Treuhänderin bestellt war, scheitert jedenfalls an einem ganz überwiegenden Mitverschulden der Klägerin. Diese hatte Rechtsanwältin XXX ja bereits selbst vor dem Landgericht Hildesheim auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Es hätte der Klägerin oblegen, in diesem Verfahren alle ihr durch ein etwaiges Fehlverhalten von Rechtsanwältin XXX entstandenen Schäden zu verfolgen, notfalls im Wege der Feststellungsklage. Das Verschulden der Klägerin überwiegt nach Auffassung der Kammer gegenüber einem (möglichen) Verschulden des Beklagten so stark, dass Letzteres dahinter vollständig zurücktritt. Soweit die Klägerin behauptet hat, dass ihr der Beklagte zugesichert habe, einen etwaig durch Pflichtverletzungen seiner Vorgängerin entstandenen Schaden dieser gegenüber geltend zu machen, hat der Beklagte diesen Vortrag der Klägerin bestritten. Geeigneten Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung hat die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht angetreten. Soweit sie sich auf das Zeugnis ihres Mitarbeiters XXX berufen hat (S. 8 der Klageschrift), war dem nicht nachzugehen, weil der entsprechende Vortrag ohne jede Substanz ist und die Vernehmung des Zeugen deshalb auf eine unzulässige Ausforschung hinaus laufen würde.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.