Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 19.09.2014, Az.: S 32 SO 198/12
Angespartes Vermögen aus Grundrente nach Opferentschädigungsrecht anrechenbar auf Leistungen der Grundsicherung im Alter
Bibliographie
- Gericht
- SG Braunschweig
- Datum
- 19.09.2014
- Aktenzeichen
- S 32 SO 198/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 24690
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGBRAUN:2014:0919.S32SO198.12.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 SGB XII
- § 90 SGB XII
- § 1 Abs. 1 OEG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII ursprünglich ab Februar 2012 ohne zeitliches Ende und später begrenzt auf die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 30. April 2013. Die am 14. September 1989 geborene Klägerin ist schwerbehindert mit einem GdB 50 seit dem 27. April 1999. Sie leidet unter psychoreaktiven Störungen. Sie bezieht seit dem 1. April 1999 eine Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz aufgrund einer Straftat seitens des Vaters. Mit dem Bescheid des Versorgungsamtes Braunschweig vom 29. Juli 2004 wurde die Gewährung einer Beschädigtenversorgung ab dem 1. April 1999 mit einer MdE gem. § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) von 50 v.H. zugesprochen. Aufgrund dessen wird eine monatliche Grundrente von ursprünglich 218,00 EUR, jetzt 228,00 EUR gewährt. Die laufende Zahlung begann zum September 2004, zusätzlich erfolgte eine Nachzahlung 11.554,00 EUR für die Zeit seit dem 1. April 1999. Vor der Aufnahme in das Kinderhaus Elzum in Schöppenstedt wohnte die Klägerin in Alfeld. Seit dem 16. Oktober 2011 bewohnt die Klägerin eine eigene Wohnung in Schöppenstedt; dieses Wohnen wird ambulant betreut. Außerdem ist sie seit dem 1. März 2010 im Bildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen der Lebenshilfe Helmstedt Wolfenbüttel gGmbH tätig. Seit dem 1. Februar 2008 wird sie von ihrer Betreuerin Frau G. unterstützt. Am 2. Februar 2012/17. Februar 2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Dabei gab sie bezogen auf ihr Einkommen und Vermögen an, dass sie ein Erwerbseinkommen von 75,00 EUR und eine Opferentschädigungsrente von 228,00 EUR erhalte. Daneben verfüge sie auf mehreren Sparkonten über ein Vermögen von 19.559,50 EUR, das aus den Leistungen der Opferentschädigungsgrundrente gebildet worden sei; diese Gelder habe sie in der Zeit ihrer Vollversorgung vor dem Bezug einer eigenen Wohnung kaum benötigt, sodass sie diese habe sparen können. Mit dem Bescheid vom 2. März 2012 lehnte der Beklagte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen wegen vorhandenen und einsetzbaren Vermögens von 17.203,34 EUR oberhalb der Vermögensfreigrenze von 2.600,00 EUR ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 25. März 2012, in dem betont wurde, dass die Gelder auf den Sparbüchern nicht anzurechnen seien, wies der Beklagte durch seinen Widerspruchsbescheid vom 5. September 2012, zugestellt am 8. September 2012 zurück, weil nach § 90 Abs. 1 SGB XII das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen sei und auch keine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII vorliege. Dabei verwies er auch auf den § 25 f Absatz 1 BVG in der seit dem 1. Juli 2011 geltenden Fassung, wonach das gesamte verwertbare Vermögen einschließlich der Ansparungen aus Leistungen nach dem BVG einzusetzen sei. Hiergegen hat die Klägerin am 8. Oktober 2012 beim Sozialgericht Hildesheim Klage eingereicht, die durch den Beschluss vom 26. Oktober 2012 an das Sozialgericht Braunschweig verwiesen worden ist. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, es liege eine Härte nach § 90 Abs. 3 SGB XII vor. Es könne nicht sein, dass das Opferentschädigungsgesetz eine Leistung aufgrund einer harten, persönlichen Schädigung zuerkennt und im SGB XII diese Leistungen wieder dem Geschädigten genommen werde. Auch könne die Sparsamkeit der Klägerin nicht zu ihren Lasten ausgelegt werden. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass bei der Anwendung des § 90 Abs. 3 SGB XII weiterhin die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Urteil vom 27. Mai 2010 - 5 C 7.09 - anzuwenden sei, wonach der Einsatz von Vermögen aus der Ansparung von Grundrenten nach dem BVG eine besondere Härte sei und dieses Vermögen bei der Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII anrechnungsfrei bleiben müsse. Die Änderung des § 25f Abs. 1 Satz 2 BVG mit Wirkung ab dem 1. Juli 2011 habe hierauf keinen Einfluss. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten unter dem 19. August 2013 mitgeteilt, dass das Vermögen inzwischen nahezu aufgebraucht sei und nur noch ca. 3.800,00 EUR betrage. Dieses ist von dem Beklagten mit Schreiben vom 11. November 2013 akzeptiert worden. Der Landkreis Wolfenbüttel gewährt ab September 2013 laufende Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 a BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 OEG ohne Anrechnung von Vermögen. Die offenen Leistungszeiträume vom 1. Februar 2012 bis zum 30. September 2013 hat der Landkreis Wolfenbüttel durch zwei Bescheide vom 17. März 2014 wie folgt geregelt: Für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 ist die Gewährung von Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 a BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 OEG wegen Vermögens oberhalb des erhöhten Schonbetrages von 7.420,00 EUR abgelehnt worden und für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2013 sind durchgängig Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 a BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 OEG gewährt worden, wobei jedoch für die Leistungsmonate Januar 2013 bis April 2013 noch reduzierte Leistungen gewährt wurden wegen anteilig einzusetzenden Vermögens oberhalb des erhöhten Schonbetrages von 7.420,00 EUR bzw. 7.530 EUR. Die Klägerin beantragt nach Beschränkung des Klageantrages auf die Zeit bis zum 30. April 2013,
den Bescheid vom 2. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2012 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, für den Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 30. April 2013 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung von Vermögen aus der Ansparung der Grundrente nach dem Opferentschädigungsrecht zu gewähren.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Gesetzgeber - wie sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 17/5311) ergebe - wegen der Entscheidung des BVerwG vom 27. Mai 2010 - 5 C 7.09 - zum 1. Juli 2011 die Regelung des § 25 f Abs. 1 BVG geändert und eine eigenständige Härteregelung für das BVG geschaffen habe. Diese Maßstäbe müssten auch auf das Leistungsrecht des SGB XII übertragen werden, weil Leistungen nach dem BVG wie auch Leistungen nach dem SGB XII von einer materiellen Bedürftigkeit abhängen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 2. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr für den nach teilweiser Klagerücknahme noch streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 30. April 2013 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ohne Anrechnung von Vermögen aus der Ansparung der Grundrente nach dem Opferentschädigungsrecht gewährt.
Die Klägerin gehört zum Kreis der Leistungsberechtigten für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, weil sie dauerhaft voll erwerbsgemindert ist.
Allerdings kommt eine Leistungsgewährung nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht hilfebedürftig ist.
Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Nach diesen Maßstäben kommt die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII nicht für Zeiten in Betracht, in denen die Klägerin ohne Anrechnung von Vermögen in vollem Umfang Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 a BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 OEG erhalten hat, denn von der Leistungshöhe her entsprechen diese Leistungen den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Deshalb hat die Klägerin die Klage für die Zeit ab dem 1. Mai 2013 auch zu Recht zurückgenommen. Für die Zeit von Januar 2013 bis April 2013 sind die Leistungen nach § 27 a BVG i.V.m. § 1 Abs. 1 OEG in der gewährten Höhe auf die Leistungen nach dem SGB XII anzurechnen, sodass nur ergänzende Leistungen nach dem SGB XII in Betracht kommen könnten.
Allerdings sind für den hier noch streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis zum 30. April 2013 volle bzw. ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ausgeschlossen, weil die Klägerin über ausreichendes einzusetzendes und auch verwertbares Vermögen verfügte.
Die konkreten Regelungen über den Einsatz von Vermögen ergeben sich aus § 19 Abs. 2 i.V.m. § 90 SGB XII. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Danach ist auch das hier zu beurteilende Vermögen aus der Ansparung der Leistungen der Grundrente nach dem BVG (Stand Februar 2012: 19.559,50 EUR) einzusetzen. Die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Auch § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII vermag einen Leistungsanspruch der Klägerin nicht zu begründen, weil das Vermögen der Klägerin auf ihren Sparbüchern in dem streitigen Zeitraum durchgängig oberhalb des Schonvermögensbetrages von 2.600,00 EUR lag; dieses wird auch von der Klägerin nicht bestritten.
Die Klägerin kann sich auch darauf berufen, dass der Einsatz des Vermögens aus der Ansparung der Grundrente nach dem BVG für sie eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII wäre.
Nach § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.
Nach dem Urteil des BVerwG vom 27. Mai 2010 - 5 C 7.09 - (einsehbar in juris) kann der Einsatz angesparter Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz als Vermögen im Rahmen der Gewährung von Eingliederungshilfe für die Heimerziehung (§ 27d Abs. 1 Nr. 6 BVG a.F./§ 27d Abs. 1 Nr. 3 BVG) nicht verlangt werden, weil dies für den Hilfeempfänger eine Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG (wortgleich insoweit die jetzige Regelung des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII) bedeuten würde. Näher führte das BVerwG in Randnummern 20 bis 27 hierzu aus: "aa) Für die Bestimmung des Begriffs der "Härte" im Sinne dieser Vorschrift kommt es darauf an, ob die Anwendung der Regelvorschriften zu einem den Leitvorstellungen des § 88 Abs. 2 BSHG nicht entsprechenden Ergebnis führen würde (Urteil vom 26. Januar 1966 - BVerwG 5 C 88.64 - BVerwGE 23, 149 (158 f.); BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 20/06 R - FEVS 59, 441). Dabei darf aus der Herkunft des Vermögens und insbesondere der Einsatzfreiheit einer Sozialleistung als Einkommen (z.B. nach § 76 BSHG) regelmäßig noch nicht auf einen die Einsatzfreiheit des daraus gebildeten Vermögens begründenden Härtefall geschlossen werden (vgl. etwa Urteile vom 17. Oktober 1974 - BVerwG 5 C 50.73 - BVerwGE 47, 103 (112) und vom 4. September 1997 - BVerwG 5 C 8.97 - BVerwGE 105, 199 (201); BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 a.a.O.). Die einen Härtefall begründende Atypik kann sich aber nicht nur aus der besonderen (atypischen) Situation des Hilfesuchenden ergeben, sondern ausnahmsweise auch dann, wenn die Herkunft des Vermögens dieses so prägt, dass seine Verwertung eine Härte darstellt. Davon ist auszugehen, wenn der gesetzgeberische Grund für die Nichtberücksichtigung einer laufenden Zahlung als Einkommen auch im Rahmen der Vermögensanrechnung durchgreift, weil das Vermögen den gleichen Zwecken zu dienen bestimmt ist wie die laufende Zahlung selbst (Urteile vom 28. März 1974 a.a.O. S. 136 f., vom 18. Mai 1995 - BVerwG 5 C 22.93 - BVerwGE 98, 256 (257 f.) und vom 4. September 1997 a.a.O.). Auf dieser Grundlage hat die Rechtsprechung eine Vermögensfreistellung für angesparte Schmerzensgeldzahlungen bejaht, deren Zweck - der angemessene Ausgleich des zugefügten immateriellen Schadens und die Genugtuung für erlittenes Unrecht - nicht nur bei der Freistellung als Einkommen, sondern auch bei der Behandlung des daraus entstandenen Vermögens zu berücksichtigen ist (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. S. 258 ff.; ebenso BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 6/07 R - juris (Rn. 17 ff.) zur Härteregelung des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II). Eine härtebedingte Freistellung von Vermögen ist aus ähnlichen Erwägungen ferner bei angespartem Erziehungsgeld (Urteil vom 4. September 1997 a.a.O. S. 201 ff.) sowie bei angespartem Blindengeld angenommen worden (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 a.a.O.). bb) Nach diesen Grundsätzen, von denen das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, würde auch der Einsatz der von der Hilfeempfängerin angesparten Beschädigtengrundrente eine Härte im Sinne von § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG bedeuten. Der gesetzgeberische Grund für die Nichtberücksichtigung der Grundrente als Einkommen (§ 25d Abs. 1 Satz 2 BVG) und ihre Funktion bewirken einen Anrechnungsschutz auch im Rahmen des Vermögenseinsatzes. Durch die Ansparung verliert die zum Vermögen gewordene Beschädigtengrundrente nicht ihre ursprüngliche Funktion. Auch als Vermögen kann sie (noch) die gleichen Zwecke erfüllen, denen die monatlich gezahlte Grundrente zu dienen bestimmt ist. Sie ist nämlich eine Sozialleistung, die zwar einerseits typisierend und pauschalierend einen besonderen schädigungs- oder behinderungsbedingten Mehrbedarf abdecken soll (BSG, Urteil vom 28. Juli 1999 - B 9 VG 6/98 R - FEVS 51, 202), andererseits aber maßgeblich dadurch geprägt ist, dass sie als Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität immateriellen (ideellen) Zwecken wie der Genugtuung für erlittenes Unrecht dient. Letzteres gilt besonders für die nach dem Opferentschädigungsgesetz berechtigten Opfer von Straftaten, die gerade auch deshalb entschädigt werden, weil sie einen (erheblichen) Schaden an immateriellen Rechtsgütern erlitten haben. Nach der gesetzgeberischen Konzeption des Opferentschädigungsgesetzes sollen die durch eine vorsätzliche Straftat Geschädigten deshalb Leistungen erhalten, die über das Bedürftigkeitsprinzip der Sozialhilfe hinausgehen und welche auch die im Einzelnen nicht wägbaren, durch die körperliche Versehrtheit bedingten Mehraufwendungen und Belastungen ausgleichen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) vom 27. August 1974, BTDrucks 7/2506 S. 7, 11 f.). Allerdings lässt sich der besondere immaterielle Charakter der Beschädigtengrundrente entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht allein aus dem Gesetzeszweck des Opferentschädigungsgesetzes herleiten, eine Wiedergutmachung dafür zu leisten, dass der Staat keinen wirksamen Schutz vor kriminellen Handlungen gegen Leib oder Leben hat geben können. Denn das Opferentschädigungsgesetz ist eines von vielen Gesetzen, die - zumeist als gesetzlich normierte Aufopferungsansprüche (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1978 - 1 BvL 26/76 - BVerfGE 48, 281 (288 f.)) - auf das gesamte Leistungssystem des im Bundesversorgungsgesetz normierten Kriegsopferfürsorgerechts mit seinen verschiedenen Einzelansprüchen verweisen. Dementsprechend wird etwa auch die dort vorgesehene Ausgleichsrente (§ 32 BVG) entsprechend dem Zweck des Opferentschädigungsgesetzes geleistet, ohne dass sie dadurch zu einer Leistung mit immaterieller Zwecksetzung wird. Allein aus dem Umstand, dass die Opfer von Gewalttaten (im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes) ebenso wie diejenigen Beschädigten (etwa Kriegsversehrte), denen der Staat ein Sonderopfer abverlangt hat, eine soziale Entschädigung erhalten sollen, kann demnach noch nicht auf eine besondere (immaterielle) Zweckbestimmung einzelner Ansprüche - hier der Beschädigtengrundrente - aus dem Leistungskatalog der §§ 25 ff. BVG geschlossen werden. Deutliche Anhaltspunkte dafür, dass gerade die Beschädigtengrundrente nach § 31 BVG auch immaterielle Zwecke verfolgt, ergeben sich aber aus ihrer Gesetzgebungsgeschichte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - BVerfGE 102, 41 (60); BSG, Urteil vom 28. Juli 1999 a.a.O., mit Nachweisen aus den Gesetzesmaterialien). Ausgangspunkt für die gesetzliche Verankerung der Grundrente (für Kriegsopfer) war das Ziel, eine Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu gewähren und die Mehraufwendungen auszugleichen, die das Kriegsopfer infolge der Schädigung im Vergleich zu einem gesunden Menschen hat (vgl. BTDrucks 1/1333 S. 43, 45; BTDrucks 3/1239 S. 21). Die Grundrente wurde als ein integrierender Bestandteil der Rehabilitation und Ausdruck des Rechtsanspruchs der Kriegsopfer auf eine angemessene und würdige Entschädigung bezeichnet (Abgeordnete Dr. Probst als Berichterstatterin, Deutscher Bundestag, 4. Wahlperiode, Protokoll der 107. Sitzung vom 22. Januar 1964, S. 4980). Demgemäß wurde die frühere Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes vom 6. Juni 1956 (BGBl I S. 463) in der Weise erweitert, dass bei der Bestimmung der Minderung der Erwerbsfähigkeit seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen in ihrer Auswirkung zu berücksichtigen waren. Dass die Beschädigtengrundrente (heute) überwiegend immaterielle Zwecke verfolgt, ergibt sich insbesondere aus ihrer gesetzlichen Ausgestaltung und ihrem systematischen Verhältnis zu anderen Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes. Die Grundrente des Beschädigten dient nach der gesetzlichen Konzeption ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht der Linderung konkreter Not; sie setzt keine Bedürftigkeit voraus und soll nicht den Lebensunterhalt des Beschädigten und seiner Familie sicherstellen. Zur Bestreitung des allgemeinen Lebensunterhaltes dienen vielmehr andere Versorgungsbezüge, wie etwa Ausgleichsrente, Familienzuschlag und Berufsschadensausgleich (BSG, Urteil vom 28. Juli 1999 a.a.O.). Durch die kontinuierliche Erweiterung des Leistungskatalogs der Kriegsopferfürsorge, auf deren Leistungsrecht eine in den vergangenen Jahrzehnten gewachsene Anzahl von Gesetzen verweist, werden den Beschädigten heute vielfältige materielle Hilfen zuteil, wenn ein Bedarf konkret auftritt. Da in zunehmendem Maße fast jeder schädigungsbedingte Mehraufwand abgedeckt wird und daher nicht (mehr) aus der Grundrente zu begleichen ist, hat sich deren immaterieller Anteil in erheblichem und die Grundrente insgesamt prägendem Maße erhöht (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. März 2000 a.a.O.). Soweit ältere Entscheidungen des Senats (Urteil vom 28. März 1974 a.a.O., Beschluss vom 1. März 1985 - BVerwG 5 B 120.84 - a.a.O.) dahin zu verstehen sind, dass der Zweck der Grundrente (allein) darin zu sehen sei, einen wiederkehrenden schädigungsbedingten Mehrbedarf zu decken und der Vermögenseinsatz nur insoweit eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG bedeuten könne, als dadurch die Befriedigung eines schädigungsbedingten Nachholbedarfs wesentlich erschwert würde, hält der Senat hieran nicht mehr fest. Denn jedenfalls ist heute davon auszugehen, dass die Beschädigtengrundrente nach § 31 BVG wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs eines vom Einzelnen für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers geprägt wird (vgl. insbesondere BVerfG, Urteil vom 14. März 2000 a.a.O. m.w.N.). cc) Soweit der Beschädigtengrundrente auch weiterhin eine gewisse materielle Komponente zuzusprechen ist, führt dies nicht dazu, dass die angesparte Beschädigtengrundrente bei der Gewährung von Eingliederungshilfe nach dem Opferentschädigungsgesetz nur anteilig vom Einsatz als Vermögen freizustellen ist. Denn diese verbleibende materielle Funktion der Beschädigtengrundrente wird heute derart von ihrer immateriellen Zwecksetzung überlagert, dass ihr materieller Gehalt nicht mehr sinnvoll abgegrenzt bzw. quantifiziert werden kann. Die Beschädigtengrundrente wird zudem unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Empfängers pauschal und ohne Rücksicht auf einen im einzelnen Fall konkret nachzuweisenden Mehrbedarf gezahlt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 1999 a.a.O.); die monatliche Auszahlung spricht mithin nicht dafür, dass ihre materielle Komponente nur auf Bedarfe bezogen ist, die regelmäßig und nur im jeweiligen Auszahlungszeitraum entstehen. Nach dieser Ausgestaltung hat der Gesetzgeber vielmehr dem Anspruchsberechtigten die Entscheidungsfreiheit darüber überlassen, wann und für welche Bedarfe er die Mittel ausgibt. Art und Umfang dessen, was zum Ausgleich der Gesundheitsschädigung tatsächlich erforderlich ist, hängen nämlich insbesondere von den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen des Geschädigten ab. Auch sonst gibt es keinen gesetzlichen Anhaltspunkt dafür, dass die Beschädigtengrundrente zwingend für die schädigungsbedingten Mehraufwendungen des laufenden Monats bzw. zeitnah in dem jeweiligen Bedarfszeitraum zu verwenden ist. Eine Beschädigtengrundrente wird daher auch dann zweckentsprechend verwendet, wenn der Geschädigte - wie hier die Hilfeempfängerin - das Geld nicht monatlich verbraucht, sondern es anspart und später selbst bestimmt, wann und für welchen schädigungsbedingten Mehrbedarf er es einsetzt (vgl. zur rechtsähnlichen Situation beim Blindengeld: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 a.a.O.)."
An dieser Rechtsprechung kann jedoch nach der zum 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Änderung des § 25f Abs. 1 BVG durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 20. Juni 2011 (BGBl. I. S. 1114) nicht mehr festgehalten werden.
Durch dieses Gesetz ist nämlich die bisherige Fassung des § 25f Abs. 1 BVG ("Für den Einsatz und für die Verwertung von Vermögen der Leistungsberechtigten gelten § 90 Abs. 2 und 3 und § 91 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und § 25c Abs. 3 entsprechend.") mit Wirkung ab dem 1. Juli 2011 ersetzt worden durch folgende Regelung: "Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. Dies gilt auch für Ansparungen aus Leistungen nach diesem Gesetz. Leistungen der Kriegsopferfürsorge dürfen nicht von dem Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für die Leistungsberechtigten, die das Vermögen einzusetzen haben, und für ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist der Fall, wenn der Einsatz des Vermögens eine angemessene Lebensführung, die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung oder die Sicherstellung einer angemessenen Bestattung und Grabpflege wesentlich erschweren würde. Vermögenswerte aus Nachzahlungen von Renten nach diesem Gesetz bleiben für einen Zeitraum von einem Jahr unberücksichtigt. Im Übrigen gelten § 90 Absatz 2 Nummer 1 bis 7 und 9, § 91 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie § 25c Absatz 3 entsprechend."
Die gesetzgeberische Motivation für diese Gesetzesänderung ergibt sich aus der BT-Drucksache 17/1531, Seite 13 und 17f ...
(Seite 13) "Mit der Neufassung von § 25f Absatz 1 BVG bestätigt der Gesetzgeber, dass Ansparungen aus Leistungen nach dem BVG zum verwertbaren und einzusetzenden Vermögen gehören. Außerdem wird eine eigenständige Härteregelung für den Vermögenseinsatz in der Kriegsopferfürsorge geschaffen. ( ) Durch die Einführung eines zusätzlichen Freibetrags beim Einkommensschonbetrag sowie eines Erhöhungsbetrags zum Vermögensschonbetrag in § 42 bzw. § 44 der Verordnung zur Kriegsopferfürsorge für Beschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen unter 50, die keinen Berufs- schadensausgleich beziehen, wird auch für diese Berechtigten dem Grundgedanken des Ausgleichs der durch die Schädigungsfolgen geminderten Lebensstellung im Sinne des BVG Rechnung getragen."
(Seite 17f.) "Die Neufassung von Absatz 1 fasst die Grundsätze für den Einsatz und die Verwertung von Vermögen in der Kriegsopferfürsorge zusammen und schafft eine eigenständige Härtefallregelung. Satz 1 entspricht sinngemäß dem bisherigen § 25d Absatz 6. Satz 2 regelt, dass alle Ansparungen aus Leistungen nach dem BVG bei nicht ausschließlich schädigungsbedingten Bedarfen als verwertbares Vermögen oberhalb der Vermögensschongrenzen gelten. Dies gilt auch für Ansparungen aus der Grundrente. Diese Regelung entspricht dem in der bisherigen Praxis der Kriegsopferfürsorge und in der bisher langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung geltenden Grundsatz, dass eine angesparte Grundrente verwertbares Vermögen in der Kriegsopferfürsorge darstellt. Die Klarstellung ist wegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 (BVerwG 5 C 7/09) erforderlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Erstattungsstreit zwischen einem Träger der Jugendhilfe und einem vorrangigen Träger der Kriegsopferfürsorge entschieden, dass der Einsatz von Ansparungen aus einer Beschädigtengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) als Vermögen im Rahmen der Erbringung von Eingliederungshilfe für die Heimerziehung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 OEG i. V. m. § 27d Absatz 1 Nummer 6 BVG a. F./§ 27d Absatz 1 Nummer 3 BVG nicht verlangt werden kann, weil dies für Leistungsberechtigte eine Härte im Sinne von § 88 Absatz 3 Satz 1 des Bundessozialhilfegesetzes (jetzt § 90 Absatz 3 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) bedeuten würde. Die in der Urteilsbegründung vorgenommene Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Ansparungen aus Beschädigtengrundrenten in der Kriegsopferfürsorge als Vermögen stets anrechnungsfrei bleiben sollen, verkennt den Willen des Gesetzgebers. Die Grundrente soll Mehraufwendungen ersetzen, die ein gesunder Mensch nicht hätte. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die monatlich gezahlte Grundrente zu diesem Zweck genutzt wird und dem Berechtigten entsprechend zugute kommt. Sie soll weder zur Bestreitung des Lebensunterhalts noch zur Begründung eines Sparvermögens verwendet werden. Die Kriegsopferfürsorge ist ein einkommens- und vermögensabhängiges Fürsorgesystem, dass über den Ausgleich unmittelbarer Schädigungsfolgen hinaus auch der Absicherung von allgemeinen Lebensrisiken dient, die sonst über die Sozialhilfe aufgefangen werden müssten. Besserstellungen gegenüber der Sozialhilfe, z. B. höhere Einkommens- und Vermögensschongrenzen oder einkommens- und vermögens- unabhängige Leistungen bei ausschließlich schädigungsbedingten Bedarfen, tragen der besonderen Verantwortlichkeit des Staates gegenüber den Berechtigten Rechnung. Ziel der fürsorgerischen Leistungen der Kriegsopferfürsorge ist es hingegen nicht, einen Vermögensaufbau über die in der Kriegsopferfürsorge geltenden großzügigen Vermögensschonbeträge hinaus zu ermöglichen. Eine generelle Nichtanrechnung der angesparten Grundrente hätte z. B. für den Bereich der Kriegsbeschädigten zur Folge, dass auch bei vorhandenem Vermögen fürsorgerische Leistungen der Kriegsopferfürsorge erbracht werden müssten. Dieser Personenkreis bezieht in der Regel seit Jahrzehnten eine Grundrente und könnte daher ein Ansparen eines sehr hohen Geldbetrags aus der Grundrente durchaus plausibel machen. Alle Leistungen, die den Kriegsbeschädigten bislang aus Grün- den der Vermögensabhängigkeit nicht zustanden, wie z. B. nicht ausschließlich schädigungsbedingt erforderliche Wohnungshilfen, müssten zukünftig bewilligt werden. Auch in Fällen der nicht überwiegend schädigungsbedingten stationären Unterbringung in einem Pflegeheim wäre der Einsatz von vorhandenem Vermögen nicht mehr zulässig; in diesen Fällen würde die Nichtberücksichtigung der angesparten Grundrente letztlich zu einer Erhöhung der Erbmasse führen. In den Sätzen 3 und 4 wird unter Aufgabe des Verweises auf § 90 Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch eine eigenständige gesetzliche Härtefallregelung für die Vermögensfreistellung in der Kriegsopferfürsorge geschaffen. Dies geschieht durch ausdrückliche Übernahme der in § 90 Absatz 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten zwei Härtefallgruppen. Als dritte Fallgruppe wird der auch bisher in der Kriegsopferfürsorge geltende Härtefall der Sicherstellung einer angemessenen Bestattung und Grab- pflege ausdrücklich aufgenommen. Wenn Bezieher von Leistungen der Kriegsopferfürsorge zu Lebzeiten zur Sicherstellung einer angemessenen Bestattung und, soweit im Einzelfall notwendig, auch zur Grabpflege ein Bestattungssparbuch mit der entsprechenden Zweckbindung angelegt haben, ist der hierfür festgelegte Betrag nicht als Vermögen einzusetzen. Satz 5 betrifft Nachzahlungen von Renten nach dem BVG. Bereits jetzt wird davon ausgegangen, dass diese Zahlungen der Befriedigung eines schädigungsbedingten Nachholbedarfes dienen. Wird ein Nachholbedarf nachgewiesen und anerkannt, erfolgt die Berücksichtigung von Vermögenswerten aus der Nachzahlung erst nach einer angemessenen Frist (längstens ein Jahr nach Gutschrift der Nachzahlung). Diese Praxis wird in Satz 5 ausdrücklich geregelt. Ein Nachweis des schädigungsbedingten Nachholbedarfes ist künftig nicht mehr erforderlich. In Satz 6 wird hinsichtlich des Vermögenseinsatzes nicht mehr auf § 90 Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch insgesamt verwiesen, sondern klarstellend nur noch auf § 90 Absatz 2 Nummer 1 bis 7 und Nummer 9 dieses Gesetzes Bezug genommen. Der Regelungsinhalt von § 90 Absatz 2 Nummer 8 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist spezialgesetzlich in § 25f Absatz 3 erfasst."
Unter Berücksichtigung dieses Willens der Gesetzgebers, der auch hinreichend in der Neufassung des § 25f Abs. 1 BVG zum Ausdruck gekommen ist, ist es zur Überzeugung des erkennenden Gerichts für die Zeit ab dem 1. Juli 2011, die im vorliegenden Fall relevant ist, rechtlich nicht mehr möglich, weiterhin an der o.a. Rechtsprechung des BVerwG im Urteil vom 27. Mai 2010 - 5 C 7/09 - festzuhalten, wonach der Einsatz eines Vermögen aus der Ansparung einer Grundrente nach dem BVG nicht als Vermögen einzusetzen sei. Höchstrichterlichen oder obergerichtliche Rechtsprechung liegt - soweit ersichtlich - für diese Fallgestaltung noch nicht vor.
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich durch die Erwähnung dieses Urteils des BVerwG deutlich gemacht, dass diese Rechtsprechung des BVerwG zumindest nicht mehr der Gesetzeslage entsprechen soll. Dieses ergibt deutlich durch die Neuregelung in § 25f Abs. 1 Satz 2 BVG und auch dadurch, dass in § 25f Abs. 1 Sätze 3 und 4 BVG die bisherige Verweisung auf § 90 Abs. 3 SGB XII zwar gestrichen wurde, jedoch inhaltlich die Regelungen in § 90 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB XII übernommen wurden und um die Fallgruppe der wesentlichen Erschwerung der Sicherstellung einer angemessenen Bestattung und Grabpflege ergänzt wurde. Auch ist für die Problematik der Nachzahlung von Renten nach dem BVG in § 25f Abs. 1 Satz 5 BVG eine Regelung mit einer einjährigen Schonfrist getroffen worden. Mit dieser Gesamtregelung hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die Ansparung von Leistungen nach dem BVG zumindest seit dem 1. Juli 2011 nicht mehr eine Härte sein soll, die dem Vermögenseinsatz entgegensteht.
Diese Wertungen des Gesetzgebers müssen zur Überzeugung des erkennenden Gerichts auch auf den Anwendungsbereich des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII übertragen werden, auch wenn der Gesetzgeber in § 90 Abs. 3 SGB XII nicht einen ausdrücklichen Verweis auf § 25f Abs. 1 BVG aufgenommen hat. Letzteres ist auch nicht notwendig, weil sich der Gesetzgeber des Zusammenspiels mit § 90 Abs. 3 SGB XII bewusst war und sich bei der Neufassung des § 25f Abs. 1 BVG inhaltlich mit den Maßstäben des § 90 Abs. 3 SGB XII auseinandergesetzt hat. Deshalb bedurfte es nicht einer ausdrücklichen Änderung auch des § 90 Abs. 3 SGB XII.
Somit kann seit dem 1. Juli 2011 der Einsatz von Vermögen aus der Ansparungen aus Leistungen nach dem BVG nicht mehr als ein Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII gewertet werden. Dieses Ergebnis wird auch durch gesetzessystematische Überlegungen gestützt. Das Recht der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem § 27a BVG schafft in vermögensrechtlicher Hinsicht bereits Privilegierungen (vgl. Vermögensschonregelungen des § 25f Abs. 2 bis 5 BVG) im Vergleich zum Leistungsrecht nach dem SGB XII für Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. Wenn dann für das BVG-Recht Ansparungen z.B. auch aus der Grundrente seit dem 1. Juli 2011 voll einzusetzen sind, kann nicht über das Leistungsrecht des SGB XII diese gesetzgeberische Wertung ausgehöhlt werden, indem über die Härteklausel des § 90 Abs. 3 SGB XII der Einsatz derartiger Ansparungen weiterhin als Härte angesehen wird, weil sodann regelmäßig neben den Leistungen der ergänzenden Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem § 27a BVG die Gewährung von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des SGB XII in Betracht käme. Dieses entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn das Leistungsrecht des BVG ist ein einkommens- und vermögensabhängiges Fürsorgesystem, dass über den Ausgleich unmittelbarer Schädigungsfolgen hinaus auch der Absicherung von allgemeinen Lebensrisiken dient, die sonst über die Sozialhilfe aufgefangen werden müssten (vgl. auch BT-Drucksache 17/1531, Seite 17). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG