Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.1994, Az.: 4 L 4474/93
Zustimmung eines Personalrats bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten; Erhöhte Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers gegenüber einem Schwerbehinderten; Einsatzmöglichkeiten eines auf einem Auge erblindeten Arbeitnehmers; Ausschluss eines behinderten Arbeitnehmers von den Vergünstigungen eines Sozialplans; Fürsorgerische Interessenabwägung nach § 15 Schwerbehindertengesetz (SchwbG)
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.06.1994
- Aktenzeichen
- 4 L 4474/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1994, 19174
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1994:0622.4L4474.93.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 27.04.1993 - AZ: 3 A 1479/91
Rechtsgrundlagen
- § 15 SchwbG
- § 17 Abs. 1 S. 2 SchwbG
- § 17 Abs. 2 S. 1 SchwbG
Verfahrensgegenstand
Ermessensfehler des Widerspruchsausschusses bei der Hauptfürsorgestelle
Amtlicher Leitsatz
Der Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle hat bei der Entscheidung über den Widerspruch des Schwerbehinderten gegen die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses den der Kündigung zugrundeliegenden historischen Sachverhalt zu berücksichtigen. Weicht er hiervon im Widerspruchsbescheid ab und ist das Ermessen weder zugunsten des Schwerbehinderten noch zugunsten des Arbeitgebers "auf Null" reduziert, ist auf die Klage des Schwerbehinderten nur der Widerspruchsbescheid aufzuheben und damit das Verfahren in den Stand des Widerspruchsverfahrens zurückzuversetzen.
Der 4. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 1994
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Klay,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Willikonsky und
den Richter am Oberverwaltungsgericht Zeisler sowie
die ehrenamtliche Richterin Harms und den ehrenamtlichen Richter Gundlach
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beigeladenen wird - unter Zurückweisung ihrer Berufung im übrigen und der Berufung der Klägerin - das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 27. April 1993 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Widerspruchsbescheid des Widerspruchsausschusses - I. Kammer - bei der Hauptfürsorgestelle des Beklagten vom 24. Januar 1991 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 27. Juli 1990 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Beteiligten tragen jeweils ihre eigenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die im Jahre 1947 geborene, nicht verheiratete Klägerin ist aufgrund eines Unfalls, den sie im Alter von 10 Jahren erlitten hat, auf dem linken Auge erblindet. Das Versorgungsamt ... stellte im Jahre 1983 u. a. aufgrund dieser Behinderung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v. H. fest.
Nach Erwerb der mittleren Reife und einjährigem Besuch der Höheren Handelsschule war die Klägerin etwa 13 Jahre lang als Sekretärin in der Personalabteilung eines Betriebes tätig. Im November 1979 wurde sie bei der ... GmbH. in ... als Sekretärin des Exportdirektors eingestellt. Nach Übernahme dieses Betriebes durch den Konzern ... war sie bei mehreren Rechtsvorgängerinnen der Beigeladenen in verschiedenen Abteilungen als Sekretärin tätig.
Im Jahre 1984 stimmte der Beklagte einer Änderungskündigung zu, die u. a. zu einer Verringerung des Gehalts der Klägerin um eine Gruppe führte. Das Widerspruchsverfahren erledigte sich durch den Abschluß eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht .... Darin verpflichtete sich die damalige Rechtsvorgängerin der Beigeladenen u. a., zwei Jahre lang die alte Vergütung weiterzuzahlen und
"die Klägerin bei freiwerdenden Positionen einer Sekretärin (bis zur Ebene der Hauptabteilungsleiter-Sekretärin) vorrangig zu berücksichtigen und diese Positionen zur Bewerbung der Klägerin rechtzeitig anzuzeigen."
Im Jahre 1986 beantragte die damalige Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen (Rationalisierung, Verringerung des Personals bei allen zum Konzern gehörenden Unternehmen, u. a. beim Werk ..., Nichteinsetzbarkeit der Klägerin an Bildschirmarbeitsplätzen wegen ihrer Behinderung). Der Beklagte verweigerte die Zustimmung u. a. mit der Begründung, daß es in einem Unternehmen dieser Größe möglich sein müsse, für die schwerbehinderte Klägerin einen Arbeitsplatz zu finden, der ihrer Behinderung und ihren Fähigkeiten entspreche. Das nach erfolglosem Widerspruch anhängig gemachte Klageverfahren erklärten die Beteiligten für erledigt, nachdem die in diesem Verfahren angefochtene Zustimmung erteilt worden war.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 1988 beantragte die damalige Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erneut die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen und trug u. a. vor: Es sei geplant, in dem Werk ... noch Kunststoff teile herzustellen und Lackierarbeiten auszuführen. Zahlreiche weitere Arbeitsplätze müßten abgebaut werden. Nach einem mit dem Betriebsrat ausgearbeiteten Sozialplan sollten möglichst viele Mitarbeiter zu den Betriebsstandorten ... und ... und zu anderen Unternehmen des Konzerns in ... versetzt werden. Für die Klägerin bestehe diese Möglichkeit nicht. Ausscheidende Mitarbeiter erhielten eine Abfindung, die im Falle der Klägerin rd. 31.000,- DM betrage. In der zweiten Einigungsverhandlung am 5. Juli 1990 erhöhte der Vertreter des Arbeitgebers das Abfindungsangebot auf rd. 65.000,- DM. Die Klägerin, die seit dem 20. November 1989 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit freigestellt war, lehnte das Angebot ab.
Nach Anhörung der Klägerin, des Arbeitsamtes, des Betriebsrats und des Vertrauensmannes für Schwerbehinderte bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen sowie nach zwei ergebnislosen Einigungsverhandlungen erteilte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 1990 die beantragte Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Mit Schreiben vom 24. August 1990 wurde die Kündigung zum 31. März 1991 ausgesprochen. Der Kündigungsschutzklage der Klägerin hat das Arbeitsgericht Hannover durch Urteil vom 13. Oktober 1992 im wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil der Arbeitgeber objektiv zu Unrecht angenommen habe, die Klägerin könne nicht auf einem Bildschirmarbeitsplatz eingesetzt werden; aus dem vom Gericht eingeholten augenfachärztlichen Gutachten des Dr. Schoene vom 8. Juli 1992 ergebe sich vielmehr, daß die Klägerin trotz ihrer Behinderung (Einäugigkeit) für eine ganztägige Arbeit am Bildschirm grundsätzlich voll geeignet sei, über die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bisher nicht entschieden.
Der Widerspruchsausschuß - I. Kammer - beim Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin gegen die Zustimmung durch Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1991 zurück und führte zur Begründung u. a. aus: Es sei auch zu berücksichtigen, daß das erforderliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber nicht mehr bestehe; davon habe sich der Ausschuß aufgrund des Verhaltens der Klägerin in der Sitzung am 12. Dezember 1990 selbst überzeugen können.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 27. April 1993 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu entscheiden. Im übrigen (soweit die Klägerin beantragt hat, den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zu verweigern) hat es die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Ermessensentscheidung des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei fehlerhaft. Der Widerspruchsausschuß habe nämlich, obwohl der Antrag vom 20. Oktober 1988, die Zustimmung vom 27. Juli 1990 und die Kündigung vom 24. August 1990 nur auf betriebs- und nicht verhaltensbedingte Gründe gestützt seien, ein Verhalten der Klägerin, das dazu geführt haben solle, daß das erforderliche besondere Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Arbeitgeber nicht mehr bestehe, in die Interessenabwägung einbezogen. Das sei unzulässig, da nur der der Kündigung zugrunde liegende historische Sachverhalt berücksichtigt werden dürfe. Andererseits sei die Kammer nicht davon überzeugt, daß nur die Ermessensentscheidung, die Zustimmung zu verweigern, rechtmäßig sei. Der Beklagte sei daher zur Neubescheidung zu verpflichten. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Kündigung mit der Behinderung in Zusammenhang stehe, die Beigeladene also eine erhöhte Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin treffe. Dazu gehöre auch die Pflicht, alle Möglichkeiten zu prüfen und auszuschöpfen, die Klägerin auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz - auch außerhalb des Betriebsstandortes ... - einzusetzen. Nach Überzeugung der Kammer seien in dieser Hinsicht bis zur Kündigung nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerin und die Beigeladene Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zu verweigern, sowie die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden, sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie meint, daß nur die Entscheidung, die Zustimmung zu erteilen, ermessensgerecht sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beigeladenen hat teilweise, die der Klägerin hat nicht Erfolg.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, der Widerspruchsausschuß habe das Ermessen nach § 15 SchwbG fehlerhaft ausgeübt. Er hat nämlich ein "Verhalten" der Klägerin, von dem er sich in der Sitzung am 12. Dezember 1990 selbst habe überzeugen können und das dazu geführt habe, daß das notwendige besondere Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Arbeitgeber nicht mehr bestehe, in die Interessenabwägung einbezogen. Dieses Verhalten gehört aber nicht zu dem der Kündigung zugrunde liegenden historischen Sachverhalt. Nur dieser darf in die Prüfung einbezogen werden, wenn sich der Schwerbehinderte gegen die Zustimmung zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses wendet (st. Rspr. d. BVerwG, zuletzt Beschl. v. 22. Jan. 1993 - 5 B 80.82 -, br 1994, 21, der sich der Senat angeschlossen hat). Das gilt nicht nur für die Prüfung durch die Verwaltungsgerichte, sondern auch schon für die Prüfung der Zustimmungserklärung durch die Widerspruchsbehörde. Die Kündigung vom 24. August 1990 ist - wie der Antrag vom 20. Oktober 1988 und die Zustimmungserklärung vom 27. Juli 1990 - nur auf betriebsbedingte, nicht auf verhaltensbedingte Gründe gestützt.
Der Senat zieht aber - anders als das Verwaltungsgericht - aus diesem Ermessensfehler des Widerspruchsausschusses nicht den Schluß, auch die Zustimmungserklärung der Hauptfürsorgestelle vom 27. Juli 1990, die diesen Ermessensfehler nicht enthält, sei aufzuheben. Die Aufhebung auch dieses Bescheides und die Verpflichtung des Beklagten, über den Antrag auf Zustimmung neu zu entscheiden, hätte nämlich zur Folge, daß die Kündigung vom 24. August 1990 unwirksam wäre. Eine neue Zustimmung nach § 15 SchwbG könnte wiederum nur für eine beabsichtigte Kündigung erteilt werden. Zu berücksichtigen wäre dann der Erkenntnisstand im Zeitpunkt der neuen Zustimmung/Kündigung. Dieser Erkenntnisstand hat sich hier seit der Zustimmung vom 27. Juli 1990 und der Kündigung vom 24. August 1990 entscheidungserheblich geändert: Bis dahin hatte die Klägerin geltend gemacht, wegen ihrer Behinderung (Blindheit auf einem Auge) am Bildschirm nicht oder nur eingeschränkt arbeiten zu können. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie zwar gemeint, diese Würdigung ihres früheren Verhaltens treffe nicht zu, und auf die beim Arbeitsgericht Hannover eingereichte Klageschrift vom 12. Mai 1987 (Beiakten E, Bl. 142 ff) verwiesen, in der ausgeführt ist (Seite 9, Abs. 5), sie sei "hilfsweise" bereit, auch an einem Bildschirmarbeitsplatz tätig zu werden. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß sie Ende August/Anfang September 1987 die Hauptfürsorgestelle und den Präsidenten des Beklagten sowie das Niedersächsische Sozialministerium gebeten hat, auf ihren Arbeitgeber einzuwirken, sie nicht auf einen Bildschirmarbeitsplatz umzusetzen, da sie dafür wegen ihrer Erblindung auf einem Auge nicht geeignet sei (Beiakten E, Bl. 182 bis 190). Im Ergebnis hat sie mit diesem Anliegen Erfolg gehabt. Jetzt macht sie - gestützt auf die augenärztliche Bescheinigung des Dr. ... vom 2. April 1991 und das augenfachärztliche Gutachten des Dr. ... vom 8. Juli 1992 - geltend, sie könne im üblichen Rahmen auf einem Bildschirmarbeitsplatz voll eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um einen entscheidungserheblichen Umstand. Die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen steht nämlich mit der genannten Behinderung der Klägerin im Zusammenhang, so daß die Beigeladene eine erhöhte Fürsorgepflicht gegenüber der schwerbehinderten Klägerin trifft. Denn die Beigeladene hat die Kündigung u. a. damit begründet, daß eine Umsetzung der Klägerin auf einen anderen Arbeitsplatz (innerhalb oder außerhalb des Betriebsstandortes Hannover) schon deshalb nicht möglich sei, weil sie wegen der genannten Behinderung auf einem Bildschirmarbeitsplatz mit 50 oder mehr v. H. Tätigkeit am Datensichtgerät nicht eingesetzt werden könne. Wäre bei einer Neubescheidung auf den Erkenntnisstand in den Jahren 1991 und 1992 abzustellen, würde der Beigeladenen eine Rechtsposition genommen, auf die sie sich bei der Kündigung vom 24. August 1990 hat berufen können, nämlich darauf, Arbeitsplätze der damals von der Klägerin gewünschten Art. seien bei ihr nicht (mehr) vorhanden gewesen. Diese Rechtsposition darf ihr nicht genommen werden, wenn der Ermessensfehler auf schonendere Weise - hier durch Aufhebung allein des Widerspruchsbescheides und damit Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand des Widerspruchsverfahrens - korrigiert werden kann.
Zuzustimmen ist dem Verwaltungsgericht darin, daß das Ermessen des Widerspruchsausschusses nach § 15 SchwbG nicht in der Weise auf "Null" reduziert gewesen ist, daß nur eine Entscheidung - die Zustimmung zu erteilen oder zu verweigern - rechtmäßig gewesen ist. Festhalten lassen muß sich die Klägerin - wie dargelegt - an ihrem bis zur Kündigung eingenommenen Standpunkt, sie könne wegen der Erblindung des linken Auges an einem Bildschirm nicht oder nur in geringem Umfang arbeiten (bei dem Betriebsbesuch eines Mitarbeiters des Sozialberatungsdienstes der Hauptfürsorgestelle am 8. September 1987, Beiakten E, Blatt 188, erwähnte der damalige Personalleiter, nach Rücksprache mit dem Werksarzt seien der Klägerin auch Bildschirmarbeiten im Rahmen von 10-15 % des Gesamtarbeitsvorschusses zuzumuten; der schriftlichen Aufforderung der damaligen Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 3. Dezember 1987, Beiakten E, Blatt 224, ein fachärztliches Gutachten darüber vorzulegen, inwieweit sie aufgrund ihrer Behinderung in ihrem bisherigen Arbeitsgebiet als Sekretärin/Schreibkraft weiterhin einsetzbar sei, ist die Klägerin nicht nachgekommen). Nur auf dieser Grundlage brauchte die Beigeladene nach Ersatzarbeitsplätzen für sie zu suchen. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, daß ihre bisherigen Darlegungen noch nicht die Annahme rechtfertigen, sie habe bei dieser Suche alles getan, was ihr möglich und zuzumuten gewesen sei. Dabei hatte sie zum einen den arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 20. Dezember 1984, zum anderen den mit dem Betriebsrat ausgearbeiteten Sozialplan zu beachten, nach dem Möglichkeiten der Umsetzung nicht nur hinsichtlich des Standortes Hannover (einschließlich der dort angesiedelten anderen konzerneigenen Unternehmen), sondern auch hinsichtlich des "Schwerpunktstandortes" ... geprüft werden sollten (der weitere Standort ... ist nach Angaben der Beigeladenen Ende des Jahres 1991 aufgegeben worden). Von den Vergünstigungen des Sozialplans darf die Klägerin nicht wegen ihrer Behinderung ausgeschlossen werden. Sie hat auch bisher eine Umsetzung nach ... nicht abgelehnt, sondern sich damit grundsätzlich einverstanden erklärt und ihre endgültige Zustimmung - verständlicherweise - von einem konkreten Angebot abhängig gemacht. Insoweit steht das vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil des Senats vom 28. Oktober (nicht 10. September) 1992 - 4 L 3507/92 -, nach dem der Arbeitgeber nur in dem "Betrieb" im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 SchwbG unter Anhörung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SchwbG nach anderen Möglichkeiten für einen zumutbaren Einsatz des Schwerbehinderten suchen muß, hier der Ausweitung der Suche auf andere konzerneigene Unternehmen in ... und auf den "Schwerpunktstandort" ... nicht entgegen, weil die Beigeladene diese Ausweitung selbst vorgenommen hat, um Kündigungen so weit wie möglich zu vermeiden.
Die Verpflichtung aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 20. Dezember 1984 ist zwar eine arbeitsrechtliche, darf aber in die fürsorgerische Interessenabwägung nach § 15 SchwbG mit einbezogen werden, zumal der Vergleich auch mit der - damals noch nicht bestandskräftigen - Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Änderungskündigung im Zusammenhang stand. Der Senat teilt nicht die von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung, dieser Vergleich sei gegenstandslos geworden, da ihm ein inzwischen überholtes Bild einer Sekretärin in einem Betrieb von einer Größe zugrundeliege, die sie, die Beigeladene, nicht mehr habe; die damalige "industrielle Struktur sei zusammengebrochen" und sie, die Beigeladene, sei jetzt nur noch ein "mittelständischer Betrieb" und eine "reine Produktionsstätte". Für die Anwendung des Vergleichs vom 20. Dezember 1984 ist vielmehr auch dann noch Raum, wenn das Berufsbild einer Sekretärin des Jahres 1990 in den Betriebsstätten zugrundegelegt wird, die - wie dargelegt - in die Suche nach einem für die Klägerin geeigneten Ersatzarbeitsplatz einzubeziehen (gewesen) sind. Stellen für Sekretärinnen von (Haupt-)Abteilungsleitern durfte die Beigeladene nicht ohne weiteres mit der Begründung von dieser Suche ausnehmen, in Frage kommende Abteilungsleiter hätten sich geweigert, mit der Klägerin als Sekretärin zusammenzuarbeiten. Das wäre nur dann zulässig gewesen, wenn die Gründe (vor allem, wenn sie im Verhalten der Klägerin gelegen haben sollten) offengelegt worden wären, damit sich die Klägerin zu ihnen hätte äußern können. Ein solches Verhalten der Klägerin ist aber gerade nicht zum Gegenstand des Zustimmungsantrages vom 20. Oktober 1988 und der Kündigung vom 24. August 1990 gemacht worden. Wollte die Beigeladene ein Verhalten der Klägerin zu deren Nachteil einbeziehen, wäre das nur über einen neuen Antrag und eine neue Kündigung nach vorheriger Zustimmung möglich.
Will sie aber das bisherige Verfahren fortsetzen mit dem Ziel, die Kündigung vom 24. August 1990 zu halten, muß sie sich - wie die Klägerin - an dem damaligen Verfahrensgegenstand festhalten lassen.
Unter Zugrundelegung der dargelegten Rechtsauffassung des Senats hat daher der Widerspruchsausschuß über den Widerspruch der Klägerin gegen die Zustimmungserklärung vom 27. Juli 1990 neu zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 2 VwGO.
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben.
Willikonsky
Zeisler