Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.06.1994, Az.: 7 L 5295/92

Bergwerksunternehmer; Einstellung des Bergwerksbetriebes; Schadensvorsorge; Gewässerverunreinigungen; Geeignete Maßnahmen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.06.1994
Aktenzeichen
7 L 5295/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 13971
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1994:0615.7L5295.92.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig 19.08.1992 - 10 A 10037/91

Fundstellen

  • NVwZ 1995, 1026
  • OVGE MüLü 44, 510
  • ZfB 135, 277

Amtlicher Leitsatz

Der Bergwerksunternehmer hat bei der Einstellung des Bergwerksbetriebes Vorsorge auch gegen künftige Schäden zu treffen, die durch die Stillegung des Bergwerks selbst bewirkt werden. Hierzu gehören Gewässerverunreinigungen, die auf den Betrieb des Bergwerks im Mittelalter zurückzuführen und während des nunmehr beendigten Betriebes durch geeignete Maßnahmen verhindert worden sind.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 10. Kammer - vom 19. August 1992 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen zu bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsbescheiden.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des - inzwischen stillgelegten - Erzbergwerkes Rammelsberg im Harz südlich von Goslar. In dessen sogenanntem Alten Lager wird seit dem 11. Jahrhundert untertägig Erzbergbau betrieben. Im 19. Jahrhundert wurde neben dem Alten Lager das Neue Lager entdeckt und ausgebeutet. Im Alten Lager wurde nach dem 2. Weltkrieg nur noch sogenannter Nachlesebergbau betrieben. Seit 1960 wurde für beide Lager eine getrennte Wasserhaltung durchgeführt. Das im Neuen Lager anfallende Süßwasser wurde auf der 12. Sohle gesammelt und von dort unmittelbar der Vorflut zugeführt. Bei dem im Alten Lager anfallenden Wasser handelt es sich um sogenanntes Sauerwasser. Dieses entsteht durch mikrobielle Laugung dort vorhandener Erzreste. Das durchfließende Wasser wird mit Oxydationsprodukten, insbesondere Zink und Eisen, angereichert. Es wurde bisher über mehrere Stollen zur Neutralisationsanlage Am Bollrich gepumpt. 1975 stellte man die Arbeiten im Alten Lager ein. 1980 zeichnete sich für die Klägerin ab, daß auch das Neue Lager 1988 erschöpft sein würde. Die Klägerin war 1968 Alleineigentümerin des gesamten Erzbergwerkes geworden.

3

Im April 1987 legte die Klägerin dem Beklagten zu 1) ein erstes Konzept zur Lösung der Sauerwasserproblematik bei der bevorstehenden Stillegung des Bergwerges vor. Gelöst werden sollten damit in erster Linie diejenigen Probleme, die durch die Einstellung der Wasserhaltung und ein damit verbundendes sogenanntes Absaufen aller Stollen bis zum Niveau des - tiefsten - Tiefer-Julius-Fortunatus-Stollens erwartet wurden. Das Konzept enthielt vor allem Vorstellungen dazu, wie das zu erwartende Gemisch aus Süß- und Sauerwasser abgeleitet und eventuell behandelt werden sollte.

4

Im Juli 1987 legte die Klägerin dem Beklagten zu 1) einen Rahmenabschlußbetriebsplan vor, in welchem keinerlei Regelungen zur Lösung der Sauerwasserproblematik vorgesehen waren. Dieser Plan sah vor, das sich bildende Mischwasser ohne besondere Behandlung in die Vorflut ausfließen zu lassen.

5

Durch Bescheid vom 18. Februar 1988 ließ der Beklagte zu 1) den Rahmenabschlußbetriebsplan mit mehreren Auflagen zu. Der Klägerin wurde darin unter anderem aufgegeben, das von ihr zuvor mitgeteilte Konzept zur Sauerwasserbehandlung selbst durchzuführen.

6

Gegen die dazu Regelungen enthaltenden Auflagen Nr. 1, 2, 3 und 4 des Bescheides erhob die Klägerin Widerspruch.

7

Am 28. Juni 1988 legte die Klägerin dem Beklagten zu 1) ferner einen Sonderbetriebsplan zur Einstellung der Wasserhaltung vor, welcher ebenfalls keine Verpflichtung zur Durchführung des Sauerwasserkonzeptes enthielt.

8

Am 30. Juni 1988 stellte die Klägerin den Betrieb des Erzbergwerkes endgültig ein.

9

Der Beklagte zu 1) erteilte am 13. Juli 1988 den beantragten Sonderbetriebsplanzulassungsbescheid. Er fügte ihm u. a. die Auflage Nr. 7 bei, mit welcher die Klägerin verpflichtet wurde, die Wasserhaltungen erst dann einzustellen, wenn sichergestellt sei, daß die zur Durchführung des Sauerwasserkonzeptes notwendigen Arbeiten rechtzeitig vorher abgeschlossen werden könnten.

10

Auch gegen diese Auflage erhob die Klägerin Widerspruch.

11

Unter dem 3. August 1989 erstellte die Klägerin ein geändertes Regelungskonzept zur Sauerwasserproblematik. Zur Verringerung der Sauerwasserentstehung ist danach das Absaufen bis zum sogenannten Rathstiefsten Stollen vorgesehen, d.h. eine höhere Flutung der Stollen als bis dahin konzipiert.

12

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1989 paßte das Oberbergamt Clausthal-Zellerfeld die angefochtenen Nebenbestimmungen diesem neuen Konzept an und wies die Widersprüche der Klägerin im übrigen zurück. Die streitigen Auflagen lauteten danach folgendermaßen:

13

"1. Satz 1: Das von der Preussag erarbeitete Konzept 1989 zur Sauerwasserbehandlung ... ist durchzuführen.

14

Satz 2: Maßnahmen, die der Durchführung entgegenstehen oder die Behandlung des Grubenwassers (Süßwasser, Sauerwasser, Mischwasser) erschweren oder verhindert würden, sind nicht zulässig.

15

Satz 3: Der Nachweis, daß das Sauerwasserkonzept nicht beeinträchtigt wird, ist bei den jeweiligen Sonderbetriebsplänen/Betriebsplan-Nachträgen zu führen.

16

Satz 4: Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind insbesondere für folgende Maßnahmen Sonderbetriebspläne vorzulegen:

17

a) Verfügbarhalten der in der Auflage 2 zum Rahmenbetriebsplan näher beschriebenen Pumpeinrichtung,

18

b) Verschluß des TJFS durch einen mit einer dauerhaft verschließbaren Ablaufvorrichtung versehenen Damm,

19

c) Auffahrung der Wasserlösungsstrecke zwischen Rammelsbergschacht und Turbinenschacht,

20

d) Einrichtung einer Wasserhaltung im Niveau des Turbinenraumes auf der Sohle des Turbinenschachtes.

21

2. Satz 1: Bei einem durch das Aufstauen bedingten Austritt von Grubenwässern an dafür nicht vorgesehenen Stellen ist dieser Austritt und ein weiteres Aufstauen durch Abpumpen mit einer verfügbar gehaltenen Pumpeinrichtung zu verhindern und das Bergamt zu benachrichtigen.

22

Satz 2: Wenn die abgepumpten Grubenwässer Sauerwassercharakter haben und daher neutralisiert werden müssen, sind sie in die Neutralisationsanlage Am Bollrich zu leiten.

23

Satz 3: Eine Änderung des Sauerwasserkonzeptes zur Verhinderung eines schädlichen Ablaufs von Grubenwasser bleibt vorbehalten.

24

3. Satz 1: Wenn das nach dem vollständigen Ersaufen des Grubengebäudes des Erzbergwerkes Rammelsberg am Rathstiefsten Stollen austretende Mischwasser noch so belastet ist, daß es vor Einleitung in ein Gewässer behandelt werden muß, ist für die Errichtung und den Betrieb der endgültigen Sauerwasserbehandlungsanlage ein Sonderbetriebsplan vorzulegen.

25

Satz 2: Die bisher betriebene Neutralisationsanlage Am Bollrich darf erst stillgelegt werden, wenn die neue Anlage betriebsbereit ist, so daß die Grubenwässer dort behandelt werden können.

26

Auflage Nr. 7 zum Sonderbetriebsplanzulassungsbescheid lautet:

27

Die Wasserhaltung darf nur abgestellt werden, wenn ausgeschlossen ist, daß durch die aufsteigenden Grubenwässer die zur Durchführung des Sauerwasserkonzeptes notwendigen Maßnahmen, insbesondere die in den vorstehenden Auflagen genannten, behindert oder unmöglich gemacht werden."

28

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Auflagen Nr. 1, 2 und 3 des Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheides und die Auflage Nr. 7 des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides in der Fassung des Widerspruchsbescheides gewandt. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Ihr stehe nach §§ 55 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 53 Abs. 1 des Bundesberggesetzes - BBergG - ein Anspruch auf Zulassung der eingereichten Betriebspläne ohne die angefochtenen Auflagen zu. Gemeinschädliche Einwirkungen durch Sauerwasseraustritte seien nämlich nicht zu erwarten. Solche beruhten nur auf nicht fundierten Vermutungen des Beklagten zu 1). Zum heutigen Zeitpunkt könnten keine Aussagen dazu gemacht werden, welche Zusammensetzung das austretende Mischwasser haben werde und ob dieses einer Neutralisation bedürfe. Außerdem würde das eventuelle Austreten von Sauerwasser nicht auf ihren Betrieb des Erzbergwerkes, der erst 1923 begonnen habe, zurückgeführt werden. Solche Austritte rührten allein aus dem mittelalterlichen Bergbau im Alten Lager her, weil bei diesem Abbau Erzreste übriggeblieben seien. Diese Bergwerke seien schon vor langer Zeit stillgelegt worden. Aus diesem Grunde könne sie auch nicht für das dadurch verursachte Sauerwasser verantwortlich gemacht werden. Sie habe im Gegenteil günstigere Bedingungen geschaffen, indem sie im Alten Lager unterhalb des Rathstiefsten Stollens Nachlesebergbau betrieben und damit die von den mittelalterlichen Bergwerken hinterlassenen Erzreste vermindert habe. Das Alte Lager sei bereits 1975 stillgelegt worden. Diesbezügliche Regelungen könnten jetzt nicht mehr zu ihren Lasten getroffen werden. Aber auch dann, wenn man das Bergwerk Rammelsberg als einheitlichen Bergwerksbetrieb sehen würde, seien die angefochtenen Auflagen rechtswidrig. Denn das Sauerwasser rühre auch dann nicht aus dem von ihr durchgeführten Bergwerksbetrieb her. Sie könne auch nicht als Zustandsstörerin herangezogen werden, weil die möglicherweise künftig auftretenden Gefahren nicht in ihrer Risikosphäre begründet seien. Die mit den Auflagen angeordneten laufenden Tätigkeiten seien überdies wirtschaftlich nicht vertretbar und ihr damit nicht zumutbar. Angesichts der voraussichtlich hohen Kosten und der Unsicherheit, ob überhaupt ein Schaden eintreten werde, erwiesen sich die Auflagen als unverhältnismäßig. Der Grund für einen eventuell künftig noch auftretenden Sauerwasseranfall liege bereits im Mittelalter. Für die Qualität des künftigen Quellwassers trage sie keine Verantwortung. Schließlich seien die Auflagen 2, 3 und 7 auch nicht hinreichend bestimmt.

29

Am 30. September 1991 hat die Klägerin ihre Klage auf die Feststellung erweitert, daß der Beklagte zu 2) verpflichtet sei, sämtliche in der Zukunft entstehenden Kosten für den Anfall und die Beseitigung des Sauerwassers zu tragen. Damit verfolge sie das Ziel, weitere Anfechtungsklagen überflüssig zu machen und das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Beklagten zu 2) generell zu regeln.

30

Die Klägerin hat beantragt,

31

1. die Auflagen zu Ziffer 1 (mit Ausnahme des Buchstabens c), 2 und 3 des Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 18. Februar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 sowie die Auflage zu Ziffer 7 des Sondersbetriebsplanzulassungsbescheides der Beklagten zu 1) vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes in Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 aufzuheben,

32

hilfsweise,

33

den Beklagten zu 1) zu verpflichten, unter Aufhebung des Rahmenbetriebsplanzulassungsbescheides vom 18. Februar 1988 und des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 ihren Rahmenabschlußbetriebsplan vom 8. Juli 1987 ohne die Auflagen zu 1) (mit Ausnahme des Buchstabens c), 2 und 3 und ihren Sonderbetriebsplan über Arbeiten zur Einstellung der Wasserhaltung vom 28. Juni 1988 ohne die Auflage zu 7) zuzulassen,

34

2. festzustellen, daß der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, alle Kosten, die durch den möglichen Anfall von Sauerwasser im Alten Lager des Bergwerkes Rammelsberg und die umweltverträgliche Beseitigung und Neutralisierung derartiger Sauerwässer und insbesondere aufgrund der Befolgung der Auflagen zu Ziffer 1 (mit Ausnahme des Buchstabens c), 2 und 3 des Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 18. Februar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Oberbergamtes in Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 sowie der Auflage zu Ziffer 7 des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 und aller weiteren Betriebsplanzulassungsbescheide, die die Sauerwasserentstehung und Beseitigung zum Gegenstand haben, entstehen, zu tragen und sie von allen derartigen Kosten freizustellen.

35

Die Beklagten haben beantragt,

36

die Klagen abzuweisen.

37

Sie haben entgegnet, daß der Rahmenabschlußbetriebsplan durch die von der Klägerin beanstandeten Auflagen zur Sauerwasserbehandlung habe ergänzt werden müssen. Auch wenn noch weitere Sonderbetriebspläne und ein Abschlußbetriebsplan erstellt werden müßten, habe der jetzt fällige Rahmenabschlußbetriebsplan bereits Regelungen zur Sauerwasserproblematik enthalten müssen. Die Klägerin sei verpflichtet, für den auch künftig geordneten Abfluß von Sauerwasser zu sorgen. Dazu gehöre nicht nur die Wasserführung selbst, sondern auch die Minimierung der im Wasser zu erwartenden Schadstoffe. Hier seien mit ausreichender Wahrscheinlichkeit erhebliche Verunreinigungen durch das auftretende Mischwasser zu gewärtigen. Das sei allein deshalb wahrscheinlich, weil die Klägerin das Sauerwasser jahrelang durch Neutralisation habe behandeln müssen. Dabei müsse das Bergwerk Rammelsberg als einheitlicher Betrieb angesehen werden, zumal auch alte Teile bis zuletzt betrieben worden seien. Die Klägerin habe das Sauerwasser auch wirtschaftlich durch die Gewinnung von Zinkkupfer genutzt. Eine Stillegungsanzeige bezüglich des Alten Lagers sei seinerzeit nicht ordnungsgemäß abgegeben worden. Was die von der Klägerin in Abrede gestellte Verantwortlichkeit anbelange, so sei weiter zu berücksichtigen, daß sie durch die übernommenen Gruben erhebliche wirtschaftliche Vorteile gehabt habe. In der Vergangenheit habe sie sich auch stets für die Behandlung des Sauerwassers verantwortlich gezeigt. Zu beachten sei ferner, daß der Rahmenbetriebsplan nur Regelungen grundsätzlicher Art zu enthalten brauche und noch nicht auf alle Einzelheiten der Durchführung eingehen müsse.

38

Durch Urteil vom 19. August 1992 hat das Verwaltungsgericht die Regelungen der Auflage 2 Satz 2 und der Auflage 3 Satz 1 zum Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheid des Beklagten zu 1) in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Begehren sei als Anfechtungsklage zulässig. Es sei jedoch überwiegend unbegründet. Die Klägerin sei insbesondere zu Recht zur Durchführung des in ihrem Auftrag entwickelten Sauerwasserkonzeptes in der maßgeblichen Fassung von 1989 verpflichtet worden. Die nach dem Bundesberggesetz erforderlichen Voraussetzungen für die Zulassung eines Rahmenabschlußbetriebsplanes lägen nur dann vor, wenn die Klägerin im Rahmen der endgültigen Betriebsstillegung die in dem Sauerwasserkonzept für erforderlich gehaltenen Maßnahmen treffe. Dieses ergebe sich aus § 55 Abs. 2 BBergG, wonach ein Abschlußbetriebsplan nur dann zuzulassen sei, wenn u. a. der Schutz Dritter vor den durch den Betrieb verursachten Gefahren für Leben und Gesundheit auch nach Einstellung des Betriebes sichergestellt sei. Dieser Schutz Dritter sei nach Einstellung des Betriebes nur dann sichergestellt, wenn die Wasserhaltungen in den Gruben abgestellt würden und das sich dann bildende Gemisch aus Sauer- und Süßwasser bis zum Rathstiefsten Stollen aufgestaut werde. Danach müsse eine längere Beobachtungsphase eingeschaltet werden, während der durch eine provisorische Neutralisation des Wassers Erkenntnisse über dessen Menge und Qualität gesammelt werden könnten. Die Vorstellung der Klägerin, daß das sich bildende Mischwasser unbehandelt in die Vorflut fließen könne, sei nicht akzeptabel. Zwar sei der Klägerin einzuräumen, daß nach den derzeitigen Erkenntnissen keine genauen Aussagen darüber getroffen werden könnten, in welchen Mengen Mischwasser anfallen und welche genaue chemische Zusammensetzung dieses Wasser haben werde. Mit einem Abfließen größerer Mengen übersäuerten Wassers in öffentliches Gewässer müsse jedoch gerechnet werden. Damit entstehe eine Gefahr der Verseuchung von Oberflächengewässern in großem Ausmaß, die nicht einfach abgewartet werden könne. Denn es könnten dann nicht schnell genug Gegenmaßnahmen getroffen werden, um noch größere Schäden zu verhindern.

39

Die möglicherweise auftretenden Gefahren seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch durch deren Betrieb, d.h. den Betrieb des Erzbergwerkes Rammelsberg, verursacht werden. Richtig sei zwar, daß der Grund für die Tatsache der Bildung von Sauerwasser überhaupt im mittelalterlichen Erzbergbau begründet sei. Da die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin den Betrieb des Erzbergwerkes erst 1923 übernommen und diesen Bereich bis auf einen geringen Nachlesebergbau nicht mehr ausgebeutet habe, gehe der maßgebliche Grund der Entstehung von Sauerwasser nicht auf ihr Verhalten zurück. Die Gefahr sei jedoch nicht nur auf den grundsätzlichen Anfall von Sauerwasser zurückzuführen, sondern auch darauf, daß sich die im Alten Lager bildenden Sauerwässer mit denen im Neuen Lager anfallenden Süßwassern vermischt und aufgrund der geänderten Druckverhältnisse die Gefahr einer Übersäuerung des Grundwassers bestehe. Die Gefahren in ihrer speziellen Ausprägung, wie sie jetzt zu erwarten seien, seien durchaus auch eine Folge des Betriebes der Klägerin. Außerdem könne die Gefahr auch als eine Folge der Stillegung des Neuen Lagers durch Absaufenlassen der Grubenbaue angesehen werden, weshalb sie der Klägerin dann jedenfalls zuzurechnen seien. Im öffentlichen Recht werde derjenige als Gefahrenverursacher angesehen, der unmittelbar die Gefahrenschwelle überschreite. Das habe hier die Klägerin dadurch getan, daß sie das gesamte Erzbergwerk übernommen habe, in welchem die Sauerwasserproblematik bereits vorhanden und bekannt gewesen sei. Sie dafür in Anspruch zu nehmen, sei auch nicht aus wirtschaftlichen Gründen unbillig. Denn es sei die Klägerin, die im Verhältnis zu allen früheren Betreibern des Bergwerkes die größten Ausbeutungsmengen erzielt habe. Die Pflicht zur Sauerwasserbeseitigung sei für sie nicht unvorhersehbar gewesen. Denn sie habe schon während der Betriebszeit stets für eine ordnungsgemäße Behandlung und Abführung des Wassers gesorgt. Eine Unverhältnismäßigkeit ergebe sich auch nicht daraus, daß die zu erwartenden Kosten außer Verhältnis zu dem Wert des Betriebes stünden oder die wirtschaftliche Existenz der Klägerin aufs Spiel setzten. Die zu bestätigenden Auflagen beinhalteten insgesamt diejenigen Regelungen zur Sauerwasserproblematik, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt getroffen werden dürften und zumutbar seien.

40

Demgegenüber seien die Auflagen 2 Satz 2 und 3 Satz 1 zum Rahmenbetriebsplanzulassungsbescheid wegen mangelnder Bestimmtheit rechtswidrig. Denn allein aufgrund der dort vorgesehenen Maßnahmen könne die Klägerin nicht entscheiden, wann eine Neutralisation vorgenommen werden müsse. Der Beklagte zu 1) habe keinerlei Grenzwerte für den maximal zulässigen pH-Wert gesetzt, bei dem der maßgebliche Sauerwassercharakter anzunehmen sei. Diese Regelungen könnten deshalb keinen Bestand haben.

41

Aus den gleichen Gründen könne auch der hilfsweise gestellte Verpflichtungsantrag überwiegend keinen Erfolg haben.

42

Das Feststellungsbegehren sei bereits unzulässig. Es scheitere an § 43 Abs. 2 VwGO, wonach eine Feststellungsklage nur zulässig sei, sofern ein Kläger seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen könne. Diese Möglichkeit bleibe der Klägerin jedoch erhalten. Es sei gegenwärtig nicht sinnvoll, über die Rechtmäßigkeit künftiger weiterer die Sauerwasserproblematik betreffende Maßnahmen zu urteilen. Denn es sei bisher im wesentlichen nur der Rahmenabschlußbetriebsplan zugelassen, der den noch aufzustellenden Abschlußbetriebsplan nicht ersetzen könne. Dementsprechend könne noch nicht vorausgesehen werden, welche Maßnahmen für den letztgenannten Plan noch erforderlich würden. Es sei nicht tunlich, die Gerichte schon jetzt mit der Entscheidung über die Pflicht zur Tragung von Kosten für Maßnahmen zu befassen, deren Art, Umfang und Zurechenbarkeit erst später festgelegt werden könnten. Der Klägerin sei zuzumuten, sich mit entsprechenden Anfechtungsklagen gegen noch ausstehende Zulassungen zu wenden, falls sie das dann noch für erforderlich halte.

43

Gegen diese ihr am 10. September 1992 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 28. September 1992 Berufung eingelegt, soweit ihre Klagen abgewiesen worden sind. Zur Begründung wiederholt sie im wesentlichen ihren bisherigen Vortrag und bekräftigt vor allem: Nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG sei eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit erforderlich. Die vorliegend durch Sauerwassereintritt möglicherweise zu besorgende Gewässerbeeinträchtigung stelle eine derartige Gefahr nicht dar. Auch für die Annahme von § 55 Abs. 1 Nr. 9 BBergG als Rechtsgrundlage für ihre diesbezügliche Inpflichtnahme fehlten die Voraussetzungen. Abgesehen davon, daß eine Gewässerbeeinträchtigung hier nicht das Gewicht einer Gemeinschädlichkeit hätte, fehle es bereits an jeglichem tragfähigen Anhaltspunkt dafür, ob und in welchem Umfang überhaupt Sauerwasser austreten werde. Ein übertritt in das Grundwasser gar sei gänzlich ausgeschlossen. Insbesondere nach der - bereits erfolgten - Errichtung der Massendämme werde der Zufluß von Süßwasser stark vermindert, so daß die Entwicklung während des "Absaufens" des Bergwerks schlicht beobachtet werden könnte, ohne daß zu befürchten sei, daß nicht frühzeitig genug eventuell erforderliche Maßnahmen zur Neutralisation ergriffen werden könnten.

44

Nach wie vor müsse aber die erforderliche Kausalität ihres beendeten Bergwerkbetriebes für potentiell künftig in die Vorflut übertretendes Sauerwasser in Abrede gestellt werden. Die vom Verwaltungsgericht hier geschlagenen "Kausalitätsbrücken" überzeugten nicht. Durch den von ihr im Alten Lager lediglich betriebenen Nachlesebergbau sei das Entstehen sauren Wassers ausschließlich reduziert worden. Den Gewinnungsbetrieb dort habe sie bereits 1975 eingestellt. Ihr jetzt noch insoweit unübersehbare wirtschaftliche Belastungen aufzubürden, verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, wie er in § 56 BBergG zum Ausdruck komme. Verantwortlich sei insoweit die öffentliche Hand, zu deren Nutzen der Bergbau im Alten Lager jahrhundertelang betrieben worden sei. Setze sich die Auffassung der Beklagten durch, werde sie, die Klägerin, in völlig unverhältnismäßiger Weise mit nicht übersehbaren Folgelasten beschwert. Das werde weder vom Bergrecht noch vom allgemeinen Ordnungsrecht gedeckt. Sie habe bisher auch an keiner Stelle - insbesondere auch nicht in dem zur Beendigung des Aussetzungsverfahrens geschlossenen Vergleich - die Erforderlichkeit der Auflagen im Sinne von § 55 BBergG anerkannt, sondern sich im Gegenteil die Erstattung bisher aufgewendeter Kosten für prophylaktische Maßnahmen ausdrücklich vorbehalten. Der Kern ihrer Rechtsauffassung sei, für mögliche negative Folgen aus dem Grubenbetrieb anderer nicht verantwortlich gemacht werden zu dürfen.

45

Nach wie vor halte sie auch ihre Feststellungsklage für sinnvoll und damit zulässig. Es sei ihr nicht zuzumuten, ständig weitere Betriebsplanzulassungen angreifen zu müssen, bei denen sich immer die gleiche Rechtsfrage stelle.

46

Die Klägerin beantragt,

47

das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 19. August 1992 abzuändern und

48

1. die Auflagen zur Ziffer 1 (mit Ausnahme des Buchstaben c), 2 (mit Ausnahme des ausgeurteilten Satzes 2) und 3 (mit Ausnahme des ausgeurteilten Satzes 1) des Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 18. Februar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 sowie die Auflage zu Ziffer 7 des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 aufzuheben,

49

hilfsweise,

50

den Beklagten zu 1) zu verpflichten, unter Aufhebung des Rahmenbetriebsplanzulassungsbescheides vom 18. Februar 1988 und des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 den Rahmenabschlußbetriebsplan vom 8. Juli 1987 ohne die Auflagen zu 1, 2 und 3 und den Sonderbetriebsplan über Arbeiten zur Einstellung der Wasserhaltung vom 28. Juni 1988 ohne die Auflage zu Ziffer 7 zuzulassen,

51

2. festzustellen, daß der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, alle Kosten, die durch den möglichen Anfall von Sauerwasser im Alten Lager des Bergwerkes Rammelsberg und die umweltverträgliche Beseitigung und Neutralisierung derartiger Sauerwässer und insbesondere der Befolgung der Auflagen zu Ziffer 1 (mit Ausnahme des Buchstabens c), 2 und 3 des Rahmenabschlußbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 18. Februar 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 sowie der Auflage zu Ziffer 7 des Sonderbetriebsplanzulassungsbescheides des Beklagten zu 1) vom 13. Juli 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld vom 14. Dezember 1989 und aller weiteren Betriebsplanzulassungsbescheide, die die Sauerwasserentstehung und Beseitigung zum Gegenstand haben, entstehen, zu tragen und die Klägerin von allen derartigen Kosten freizustellen.

52

Die Beklagten beantragen,

53

die Berufung zurückzuweisen.

54

Sie beziehen sich zur Entgegnung auf die Gründe des Urteils. Auch wenn durch den zwischenzeitlich erfolgten Einbau der Massendämme eine spätere eventuell erforderliche Neutralisierung des austretenden Wassers wesentlich erleichtert worden sein dürfte, müsse an den angefochtenen Auflagen festgehalten werden. Diese fänden in § 55 Abs. 2 BBergG ihre Rechtsgrundlage. Selbst eine etwa nur anzunehmende mittelbare Gefahr, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, müsse dafür als ausreichend angesehen werden. Im übrigen sei nicht nur der Tatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1 BBergG, sondern auch der des § 55 Abs. 2 iVm Abs. 1 Nr. 9 BBergG erfüllt. Davon sei die Klägerin bisher auch selbst immer ausgegangen, weil sie das anfallende Sauerwasser seit Jahrzehnten gesondert gesammelt, zum "Bollrich" hochgepumpt und erst nach Neutralisation und Klärung in die Vorflut geleitet habe.

55

Die Klägerin vertrete rechtlich einen zu engen Kausalitätsbegriff. Der Betriebsbegriff des Bundesberggesetzes umfasse alle Einrichtungen zur Gewinnung der Bodenschätze. In diesem Sinne sei das gesamte Grubengebäude des Rammelsberges als einheitlicher Betrieb zu sehen. Dieser sei 1975 noch nicht stillgelegt worden, sondern erst jetzt. Der fällige Abschlußbetriebsplan könne nur zugelassen werden, wenn sämtliche Gefahren in der Folge des Gesamtbetriebes, zu dem auch die Nutzung des Alten Lagers durch die Klägerin gehört habe, gebannt seien. Deren Verantwortlichkeit für das Sauerwasser folge auch aus ihrer allgemeinen Zustandsstörerhaftung. Der von § 55 Abs. 2 BBergG vorgesehene - soweit jetzt absehbar - notwendige Schutz dürfe nicht unter Hinweis auf § 56 BBergG relativiert werden, der für eine andere Situation geschaffen sei. Die Sauerwasserbehandlung sei seit jeher ein integraler Bestandteil des Bergwerkbetriebes Rammelsberg gewesen. Das habe die Klägerin immer gewußt und auch danach gehandelt. Erst jetzt bestreite sie ihre Verantwortlichkeit dafür. Schließlich stünden die bisher angenommenen Kosten von etwa 1 Mio. DM auch in keinem Mißverhältnis zu dem - maßgeblichen - wirtschaftlichen Nutzen, welchen die Klägerin im Laufe der Jahre aus dem Abbau und auch der Nutzung des Alten Lagers gezogen habe.

56

Die Feststellungsklage sei neben der Anfechtungsklage nicht sinnvoll und damit zugleich unzulässig. Der Inhalt der noch ausstehenden Abschluß- und Sonderbetriebspläne sei derzeit noch nicht hinreichend absehbar.

57

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Beiakten A - H Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

58

Die Berufung ist unbegründet. Dem angefochtenen Urteil ist im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung zuzustimmen.

59

1. Was die dem Bescheid über die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes beigefügten angefochtenen Auflagen anbelangt, so hat der Senat keine durchgreifenden Bedenken, daß auch einem derartigem auf § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG beruhenden Plan Auflagen gemäß § 5 BBergG iVm § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes beigefügt werden können. Zwar bleibt es auch nach der Bestimmung des Rechtscharakters einer Rahmenbetriebsplanzulassung durch das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 13. Dezember 1991 - 7 C 25.90 -, DVBl. 1992, S. 569; vgl. zuvor erk. Senat, Beschl. v. 20. Oktober 1988 - 7 OVG B 11/87 -, ZfB 1990, S. 19) richtig, daß diese allein feststellende und keinerlei gestattende Wirkung hat (aaO, S. 572). Wenn mit einem Verwaltungsakt noch nichts gestattet wird, kann grundsätzlich auch noch keine damit zusammenhängende begleitende Verpflichtung eingefordert werden. Gleichwohl stehen Auflagen dann nicht in unauflösbarem Widerspruch dazu, wenn man sie so deutet, daß das auferlegte "Tun" erst für den Fall gilt, daß der noch erforderliche ausfüllende Betriebsplan zugelassen wird. Bis zur Aufnahme des beabsichtigten - hier abschließenden - Betriebes, der durch die Rahmenzulassung noch nicht gestattet wird, muß dann die Erfüllung der Auflagen nachgewiesen werden (Boldt/Weller, BBergG, RdNr. 7 zu § 55; auch in dem vom Bundesverwaltungsgericht, aaO, beurteilten Fall waren Nebenbestimmungen getroffen worden). In dieser Auslegung sind Auflagen zulässig.

60

Die angefochtene Auflage "7" bedarf keiner derartigen Deutung, weil diese zu einem Sonderbetriebsplanzulassungsbescheid ergangen ist, welcher bereits Gestattungswirkung entfaltet.

61

2. a) Die angefochtenen Auflagen, soweit sie im Berufungsrechtszug noch zur Entscheidung stehen, finden ihre materielle Rechtsgrundlage allerdings nicht in § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 iVm § 55 Abs. 1 Nr. 3 BBerG. Dafür wäre erforderlich, den Sauerwasseraustritt in den Vorfluter nach Betriebseinstellung als "Gefahr für Leben und Gesundheit Dritter" zu qualifizieren. Zu erwarten wäre dabei indessen eine Gewässerverunreinigung, also die Schädigung eines Sachgutes. Dieses wird von § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBergG nicht geschützt.

62

b) Das schließt nach Auffassung des Senates jedoch nicht aus, vom Schutzzweck des § 55 Abs. 2 Satz 1 BBergG auch potentielle Gewässerverunreinigungen nach Betriebseinstellung umfaßt zu sehen. Die Vorschrift erklärt generell für die Zulassung eines Abschlußbetriebsplanes § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 - 13 BBergG für entsprechend anwendbar. Auch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG muß der Abschlußbetriebsplan speziell für die Einstellung eines Betriebes, wie er hier in Rede steht, u. a. den Nachweis enthalten, daß die in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 - 13 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Das umfaßt mithin auch § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, wonach "gemeinschädliche Einwirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung nicht zu erwarten sind". Die "entsprechende" Geltung auch dieser Voraussetzung nach § 55 Abs. 2 Satz 1 BBergG bedeutet, daß nicht nur der laufende Betrieb, sondern auch dessen Nachwirkungen keine "gemeinschädlichen Einwirkungen" erwarten lassen dürfen.

63

Entgegen der Auffassung der Klägerin würde die Belastung des Vorfluters mit saurem Wasser, wie sie vorliegend in Rede steht, eine "gemeinschädliche Einwirkung" darstellen. Das ist dann der Fall, wenn ein Schaden in einem solchen Umfang droht, daß er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt, also nicht lediglich ein einzelner geschädigt wird. Es muß sich um Sachgüter von hohem Wert, durch deren Zerstörung oder Veränderung das Gemeinwohl beeinträchtigt würde, handeln (Boldt/Weller, aaO, RdNr. 40 zu § 55; dem folgend BVerwG, Urt. v. 4. Juni 1986 - 4 C 31.84 -, ZfB Bd. 128, S. 60, S. 66). Dazu gehört die Reinhaltung öffentlicher Gewässer.

64

c) Damit ist freilich noch nicht geklärt, ob § 55 Abs. 2 Satz 1 iVm Abs. 1 Nr. 9 BBergG - im engeren Sinne - nur potentielle Schäden infolge aktiver abschließender Betriebshandlungen oder - im weiteren Sinn - alle schädlichen Folgen im Blick hat, die als Folge der Aufgabe des bisherigen Betriebes zu erwarten sind. Im ersten Fall wären die Einwände der Klägerin beachtlich, wonach ihre Art des Bergbaus jedenfalls nicht die Ursache der Sauerwasserentstehung im Rammelsberg ist und sogar zur Verminderung derselben beigetragen hat.

65

Der Senat legt die Vorschrift jedoch im vorbezeichneten weiteren Sinne aus. Anzuknüpfen ist danach nicht allein an den abschließenden Betrieb, sondern, wie es auch der Widerspruchsbescheid ausdrücklich hervorhebt (S. 18), an alle durch die Stillegung der konkret betriebenen Anlage erwachsenden Gefahren. Nur dies wird dem umfassenden Schutzzweck des § 53 Abs. 1 Satz 1 BBergG gerecht. Mit diesem wäre es nicht vereinbar, daß der Unternehmer mit dem "Abschalten der Pumpen" gleichsam die Anlage sich selbst überlassen darf und infolge der Stillegung zu erwartende erhebliche Gefahren schlechthin der Regulierung durch die Allgemeinheit überantwortet werden.

66

d) Der Klägerin ist darin beizupflichten, daß auch nach dem hydrogeologischen Gutachten zur Stillegung des Erzbergwerkes Rammelsberg des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung vom 8. Juli 1986, welches dem "Konzept '89" zur Sauerwasserbehandlung zugrunde liegt, genaue quantitative Voraussagen über Menge und Beschaffenheit des zu erwartenden Sauerwasserabflusses nicht zu entnehmen sind. Als feststehend ist jedoch anzusehen, daß jedenfalls auch nach Beendigung der bisherigen Wasserhaltung weiterhin Sauerwasser anfallen wird. Die der Klägerin mit den Auflagen aufgegebenen Maßnahmen gehen damit über reine Gefahrenerforschungseingriffe hinaus. Es ist deshalb jedenfalls geboten, im zeitlichen Zusammenhang mit der Stillegung zu Lasten der Klägerin als letzter Unternehmerin das an Sicherungsmaßnahmen anzuordnen, was als erforderlich derzeit absehbar ist. Die angefochtenen Auflagen halten sich sämtlich in diesem vorläufigen Rahmen, wie das ihnen zugrundeliegende "Konzept '89" zur Sauerwasserbehandlung zeigt. Der Bau einer "endgültigen Neutralisationsanlage" und deren Betrieb wird dort ausdrücklich als von "den in der Beobachtungsphase gewonnenen Ergebnissen" abhängig gemacht (S. 8, 9). Mit der Klägerin hält der Senat es für rechtlich zweifelhaft, ob § 55 Abs. 2 BBergG (vgl. § 69 Abs. 2 BBergG) es auch gestattet, den letzten Betreiber des Bergwerks gleichsam für alle Zeiten mit Sicherungskosten zu belasten. Denn nach einer gewissen Zeit dürfte die Ursächlichkeit des Betriebes bzw. der Stillegung so sehr in den Hintergrund treten, daß der Zurechnungszusammenhang bei einer wertenden Betrachtungsweise nicht mehr angenommen werden kann. Dieser Zeitpunkt ist bisher jedoch noch nicht eingetreten. Die Zurechenbarkeit wird neu definiert werden müssen, wenn das sachliche und zeitliche Ausmaß der erforderlichen Behandlung des Sauerwassers nach der von dem Konzept vorgesehenen Beobachtungsphase besser überblickt werden kann. Zumindest bis zu jenem Zeitpunkt ist die Klägerin als derzeitige Unternehmerin nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 BBergG verantwortlich und werden die streitigen Auflagen von dieser Verantwortlichkeit noch abgedeckt.

67

3.) Der Feststellungsantrag ist nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Auf die dazu vom Verwaltungsgericht gegebene zutreffende Begründung wird Bezug genommen. Ob und gegebenenfalls welche dauerhaften Maßnahmen zur Sauerwasserbehandlung künftig erforderlich werden, und in welchem Umfang dafür die Klägerin heranzuziehen sein wird, läßt sich erst nach Durchführung der nunmehr auferlegten vorläufigen Sicherungsmaßnahmen entscheiden.

68

Die Kosten der damit ohne Erfolg eingelegten Berufung trägt gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Klägerin. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

69

Der Senat läßt nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 die Revision zu, weil der der von ihm unter 2 c) der Entscheidungsgründe vorgenommenen Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 1 BBergG grundsätzliche Bedeutung zumißt.

70

Beschluß

71

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 960.000,-- DM festgesetzt, § 14 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; der vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommene ursprüngliche Streitwert war um den Wert derjenigen Auflagen zu mindern, die durch die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben worden und die nicht mehr im Streit sind.

72

Czajka

73

Kalz

74

Rettberg