Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.02.2003, Az.: 11 LA 323/02

Bedarf; Beeinträchtigung; Funktionsfähigkeit; Funktionsschutz; Krankentransport; privater Rettungsdienst; Privatunternehmen; Privatunternehmer; Rettungsdienst; Träger; Zugang; Zulassung; öffentlicher Rettungsdienst

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.02.2003
Aktenzeichen
11 LA 323/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 48460
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.06.2002 - AZ: 12 A 2108/01

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es ist dem Träger des öffentlichen Rettungsdienstes verwehrt, die grds. in § 19 NRettDG enthaltene Entscheidung des Landesgesetzgebers für einen Zugang auch von privaten Unternehmern zum qualifizierten Krankentransport durch einen bloßen Verweis auf einen nicht vorhandenen Bedarf zu umgehen, solange das Fehlen eines Bedarfs nicht offensichtlich ist.

Der Senat hält weiter daran fest, dass die Funktionsschutzklausel des § 22 Abs. 1 S. 2 NRettDG nur dann eingreift, wenn die Zulassung eines privaten Unternehmers zum qualifizierten Krankentransport zu einer ernstlichen und schwerwiegenden Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem auch in wirtschaftlicher Hinsicht tragfähigen Rettungsdienst führt (vgl. Besch. d. Sen. v. 19.6.2000 - 11 M 1026/00 - ).

Diese ernstliche und schwerwiegende Beeinträchtiung muss vom Träger des öffentlichen Rettungsdienstes konkret und nachvollziehbar dargelegt werden.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt eine Genehmigung nach §§ 19, 29 NRettDG (vom 29. 1. 1992, zuletzt geändert am 20. 11. 2001 – Nds. GVBl. 1992, 21; 2001, 701, 704 – NRettDG -) zur Teilnahme am qualifizierten Krankentransport mit Luftfahrzeugen außerhalb des Rettungsdienstes.

2

Bereits im Mai 1993 hatte sie einen entsprechenden Antrag gestellt, den der Rechtsvorgänger der Beklagten, das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (im Folgenden: früherer Beklagter), mit Bescheid vom 24. November 1998 mit der Begründung zurückwies, zum 1. Juli 1998 sei der Bedarfsplan für die Luftrettung in Niedersachsen aufgestellt worden. Nach diesem Plan seien sechs Hubschrauberstandorte in Niedersachsen vorgesehen; die auf diesen sechs Standorten stationierten Rettungshubschrauber sollten sowohl die Notfallrettung als auch den qualifizierten Krankentransport abdecken. Ein zusätzlicher Transportbedarf für den qualifizierten Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes bestehe nicht. Ausweislich der Einsatzartenerhebung betrage das luftrettungsdienstliche Einsatzaufkommen bei den qualifizierten Krankentransporten mit etwa 120 Einsätzen rd. 1,5 % des Gesamteinsatzaufkommens. Aus wirtschaftlichen Gründen müssten diese Einsätze von den Rettungshubschraubern mit durchgeführt werden.

3

Bereits vor Erlass des Bescheides hatte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. November 1998 (10 B 5673/98) den Antrag der Klägerin, den früheren Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig eine Genehmigung nach §§ 19, 29 NRettDG für den qualifizierten Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungswesens zu erteilen, hilfsweise ihn zur Neubescheidung zu verpflichten, abgelehnt, weil für den Hauptantrag ein Anordnungsgrund – die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit – nicht ersichtlich sei und für den Hilfsantrag ein Rechtsschutzinteresse fehle, da der frühere Beklagte eine unverzügliche Entscheidung über den Genehmigungsantrag in Aussicht gestellt habe. Den dagegen eingelegten Antrag auf Zulassung der Beschwerde hatte der erkennende Senat mit Beschluss vom 26. Januar 1999 (11 M 5532/98) abgelehnt, weil die Klägerin zwar (hinsichtlich des Hauptantrages) die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts (Fehlen des Anordnungsgrundes) mit dem Zulassungsantrag angegriffen, sich jedoch nicht zureichend substantiiert zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches geäußert habe und sich (hinsichtlich des Bescheidungsantrages) das Verfahren durch den zwischenzeitlichen Erlass des Bescheides vom 24. November 1998 erledigt habe. Ergänzend führte der Senat aus, dass die Klägerin wohl auch keinen Anordnungsanspruch auf Erteilung der Genehmigung habe, da der Bedarfsplan sechs Hubschrauberstandorte in Niedersachsen als notwendig und ausreichend zur Abdeckung auch des qualifizierten Krankentransportes mit Luftfahrzeugen ansehe und nach summarischer Prüfung jeder zusätzliche Rettungshubschrauber das Gesamtsystem der Luftrettung verteuere.

4

Gegen den ablehnenden Bescheid vom 24. November 1998 erhob die Klägerin Klage. Mit rechtskräftigem Urteil vom 15. Dezember 1999 (12 A 127/99) hob das Verwaltungsgericht den Bescheid auf und verpflichtete den früheren Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen lägen bei der Klägerin vor, deshalb könne der frühere Beklagte dem Genehmigungsanspruch allenfalls objektive Genehmigungshindernisse – hier die Funktionsschutzklausel des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG - entgegenhalten. Die vom früheren Beklagten bislang im Rahmen der Prüfung der Funktionsschutzklausel getroffene Prognoseentscheidung sei allerdings fehlerhaft. Er habe nicht hinreichend ermittelt, dass infolge der Genehmigungserteilung an die Klägerin Einnahmeausfälle aufträten, die die Funktionsfähigkeit des von ihm sicherzustellenden öffentlichen Luftrettungsdienstes tatsächlich erheblich beeinträchtigten. So habe der frühere Beklagte u.a. nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ihr Fluggerät im Gegensatz zu den meisten Hubschraubern des öffentlichen Rettungsdienstes auch nachts einsetzen wolle und damit einen Zeitraum abdecke, der vom öffentlichen Luftrettungsdienst vernachlässigt werde. Auch sei der eigene Vortrag des Beklagten, wonach der Anteil an qualifiziertem Krankentransport mit Hubschraubern außerhalb des Rettungsdienstes allenfalls 1,5 % betrage, nicht in die Wertung mit eingeflossen; denn es sei unzureichend ermittelt, ob ein Einnahmeausfall von 1,5 % sich erheblich auf die gesamte Kostenstruktur auswirke. Dies habe der frühere Beklagte lediglich behauptet, jedoch nicht belegt. Abschließend wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass selbst bei einer unterstellten Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen Rettungsdienst durch eine Genehmigung für die Klägerin noch ein Ermessensspielraum verbleibe, in dem abzuwägen  sei, ob die Genehmigung nicht gleichwohl im Hinblick auf die für das Unternehmen streitige Beeinträchtigung seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) zu erteilen sei.

5

Mit im vorliegenden Verfahren angefochtenem Bescheid vom 4. Mai 2001 lehnte der frühere Beklagte das Begehren erneut ab. Zur Begründung führte er nunmehr aus, qualifizierter Krankentransport mit Hubschraubern im Rettungsdienst finde nach den Erkenntnissen der Koordinierungsstelle für Luftrettung unter Beachtung der aktuellen Einsatzlage nicht statt. Das entspreche auch der Bedarfsplanung, die keine Genehmigung für Hubschrauber, sondern nur eine Genehmigung für Flächenflugzeuge für längere Transporte vorsehe. Auch in den „Grundsätzen für die Weiterentwicklung der Luftrettung in Deutschland“, die vom Ausschuss „Rettungswesen“ der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörde Ende März 2000 verabschiedet worden seien, werde von der konzeptionellen Verzichtbarkeit des qualifizierten Krankentransports mit Luftfahrzeugen ausgegangen. Ohne Aufkommen an qualifiziertem Krankentransport mit Hubschraubern fehle es für den Genehmigungsantrag aber an einem Sachbescheidungsinteresse. Aus dem fehlenden Bedarf ergebe sich zudem, dass auf Seiten der Klägerin die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu verneinen sei, weil hinreichende Einkünfte aus der begehrten Dienstleistung nicht zu erwarten seien. Im Übrigen habe die Klägerin eine angeforderte Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht vorgelegt. Die angehörten Kostenträger hielten es ebenfalls für sinnvoller, den qualifizierten Krankentransport ausschließlich durch den Träger des Rettungsdienstes bzw. die nach § 5 NRettDG Beauftragten durchzuführen.

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Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 4. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Genehmigung zum qualifizierten Krankentransport außerhalb des Rettungsdienstes mit einem Hubschrauber Sikorsky S 76 mit der Kennung D-HOSA vom Standort Mariensiel in der Gemeinde Sande und dem Einsatzbereich des Landes Niedersachsen zu erteilen,

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hilfsweise,

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die Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

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Der frühere Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

12

Mit Urteil vom 19. Juni 2002 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben und die Beklage verpflichtet, der Klägerin die beantragte Genehmigung zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Sachbescheidungsinteresse bestehe, wie sich bereits aus dem vorhergehenden rechtskräftigen Urteil vom 15. Dezember 1999 (12 A 127/99) ergebe, an das der frühere Beklagte gebunden sei. Da bereits in jenem Urteil nur ein Aufkommen an qualifizierten Krankentransporten von 1,5 % des Gesamteinsatzaufkommens zugrunde gelegt worden sei, stelle die nunmehr von der Beklagten vorgebrachte Behauptung, der Anteil liege zwischenzeitlich bei „Null“, keine die Bindungskraft des Urteils aufhebende wesentliche Änderung der Sachlage dar. Zudem sei die Annahme, der Anteil liege zwischenzeitlich bei „Null“, auch unzutreffend. Im Übrigen sei es dem früheren Beklagten verwehrt, die grundsätzliche Entscheidung des Landesgesetzgebers in §§ 19, 29 NRettDG für einen Zugang von Unternehmern zum qualifizierten Krankentransport mit dem Hinweis auf die konzeptionelle Verzichtbarkeit eben dieses Transportes zu umgehen. Es möge sein, dass das in Frage kommende Betätigungsfeld für Unternehmer eher klein sei. Der niedersächsische Gesetzgeber habe sich jedoch für eine Ermöglichung des Zugangs von Unternehmen auch zu diesem kleinen Betätigungsfeld entschieden. Der frühere Beklagte könne auch nicht geltend machen, abweichend von den Feststellungen im Urteil vom 15. Dezember 1999 sei nunmehr aufgrund der neuen Erkenntnisse über das Fehlen eines entsprechenden Einsatzaufkommens die Leistungsfähigkeit des Betriebes (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NRettDG) nicht mehr gesichert; denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei nicht beschränkt auf den qualifizierten Krankentransport zu beurteilen, sondern auf das gesamte Unternehmen der Klägerin. Bei einer Gesamtbetrachtung lägen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin, die seit langem genehmigt im Luftverkehr tätig sei, nicht gegeben sei. Zu der Frage, ob die Funktionsschutzklausel des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG dem Begehren der Klägerin entgegenstehe, verhalte sich der Bescheid  nicht. Da der frühere Beklagte das Einsatzaufkommen für qualifizierten Krankentransport selbst mit „Null“ ansetze, sei eine Beeinträchtigung des öffentlichen Rettungsdienstes durch die Erteilung der beantragten Genehmigung nicht zu erwarten. Dem Beklagten sei danach ein Ermessensspielraum gar nicht mehr eröffnet und er sei daher verpflichtet, die Genehmigung antragsgemäß zu erteilen. Ob ein ausreichender Umsatz aus dem qualifizierten Krankentransport zu erzielen sei, liege im unternehmerischen Risiko der Klägerin.

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Hiergegen richtet sich der Antrag der inzwischen zuständig gewordenen Beklagten auf Zulassung der Berufung.

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II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

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1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

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a) Das Verwaltungsgericht hat zunächst mit zutreffenden Gründen ein Sachbescheidungsinteresse der Klägerin bejaht.

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aa) Ein derartiges Sachbescheidungsinteresse konnte von der Beklagten schon deswegen nicht verneint werden, weil sie durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (12 A 127/99) ausdrücklich zur Neubescheidung der Klägerin verpflichtet worden war. An dieses Urteil war die Beklagte auch weiterhin gebunden; denn eine Änderung der Sachlage, die die Rechtskraftbindung hätte beseitigen können, liegt nicht vor. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Behauptung der Beklagten, das Aufkommen an qualifiziertem Krankentransport mit Hubschraubern liege zwischenzeitlich bei „Null“, keine derartige Änderung darstellt, denn bereits in dem Urteil vom Dezember 1999 ist dieses Aufkommen nur mit ca. 1,5 %, also ebenfalls sehr gering, angesetzt worden.

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bb) Auch unabhängig von  der Rechtskraftwirkung des Urteils vom Dezember 1999 kann die Beklagte der Klägerin kein mangelndes Sachbescheidungsinteresse vorhalten. Ihrem Vortrag, da tatsächlich kein Bedarf an einem qualifizierten Krankentransport mit Hubschraubern außerhalb des Rettungsdienstes bestehe, nehme die Klägerin die Verwaltung für unnütze Zwecke in Anspruch, so dass ihr ein schutzwürdiges Interesse abzusprechen sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Mit dem Verwaltungsgericht vertritt der Senat die Auffassung, dass es der Beklagten verwehrt ist, die grundsätzlich in § 19 NRettDG enthaltene Entscheidung des Landesgesetzgebers für einen Zugang auch von Unternehmern zum qualifizierten Krankentransport  durch einen Verweis auf einen nicht vorhandenen Bedarf zu umgehen, solange das Fehlen eines Bedarfs nicht offensichtlich ist. Von einem offensichtlich fehlenden Bedarf ist indes nicht auszugehen. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang u. a. auf die Mitteilung der A. Hilfsdienst gGmbH vom 9. April 2001, wonach „die über die Koordinierungsstelle abgewickelten Einsätze der Luftrettung im Zeitraum vom 1.1.2000 bis heute“ von ihrer Struktur her aus Sicht des A. Hilfsdienstes alle der Notfallrettung zuzuordnen seien. Dieses besagt jedoch nur, dass entsprechende qualifizierte Krankentransporte im fraglichen Zeitraum vom öffentlichen Luftrettungsdienst nicht durchgeführt worden sind, nicht jedoch kann dieser Mitteilung entnommen werden, dass eine entsprechende Nachfrage von vornherein ausgeschlossen ist. Darüber hinaus ist noch nicht endgültig geklärt, ob die Mitteilung der A. Hilfsdienst gGmbH vom 9. April 2001 in Übereinstimmung mit den objektiven Gegebenheiten steht. Da die Abgrenzung zwischen Notfall-Verlegungsflügen und qualifizierten Verlegungsflügen im Einzelfall nicht leicht zu treffen sein wird (weil es verschiedene abgestufte Arten eines Notfalls gibt - vgl. dazu auch weiter unten), ist es zumindest denkbar, dass einige der als „Notfall“ eingestuften Flüge möglicherweise als qualifizierter Krankentransport angesehen werden könnten. Auch das Schreiben des A. Hilfsdienst gGmbH vom 9. Mai 2000  führt nicht weiter.  Die darin enthaltene Aussage, qualifizierte Krankentransportaufträge seien bislang nicht an den Hilfsdienst herangetragen worden, aus wirtschaftlichen Gründen käme in diesen Fällen der bodengebundene Transport zum Tragen, beinhaltet ebenfalls nicht die Feststellung, dass es generell keinen Bedarf an einem qualifizierten Krankentransport mit Hubschraubern gibt. Der Hinweis, dass Rettungshubschrauber auch bei „besonders schonenden“ Transporten eingesetzt würden, lässt vielmehr Raum, hierunter unter Umständen noch qualifizierte Transporte zu subsumieren. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es selbst nach dem Vortrag der Beklagten in früherer Zeit eine wenn auch nur geringe (ca. 1,5 % des Gesamtumfangs des Rettungsdienstes umfassende) Nachfrage nach qualifiziertem Krankentransport gegeben hat. Ein Einsatzfeld für den qualifizierten Krankentransport mit Hubschraubern könnte sich zum Beispiel in denjenigen Fällen ergeben, in denen ein erforderlicher qualifizierter Krankentransport im Pkw aufgrund der Länge der Strecke, der Unebenheit der Straße oder der kritischen Witterungsbedingungen auf der Straße nicht möglich ist. Auch die Grundsatzformulierung der Länderarbeitsgemeinschaft „Konsensgruppe Luft“, in deren Abschlussbericht vom März 2000 führt nicht weiter. Dort ist festgehalten worden, dass „Krankentransporte grundsätzlich ein Bestandteil der Luftrettung sind“. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Bestimmung des § 19 NRettDG nicht zu entnehmen ist, dass sie nur für den bodengebundenen Krankentransport gelten soll. Der Luftfahrzeuge betreffende § 29 NRettDG verweist vielmehr ausdrücklich auch auf § 19 NRettDG. Zureichende Anhaltspunkte, dass die Klägerin die Verwaltung für „unnütze Zwecke“ in Anspruch nehmen will, vermag der Senat in diesem Verfahren daher nicht zu erkennen. Ob sich der allenfalls nur einen sehr kleinen Bereich umfassende qualifizierte Krankentransport mit einem Hubschrauber letztlich überhaupt wirtschaftlich trägt, bleibt im Risikobereich der Klägerin.

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b) Ernstlich Zweifel ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin (§§ 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 29 NRettDG). Auch insoweit ist auf die Bindungswirkung des Urteils vom 15. Dezember 1999 (12 A 127/99) zu verweisen; denn dort ist ausdrücklich festgehalten, dass die subjektiven Voraussetzungen der §§ 29 Abs. 3, 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 NRettDG unstreitig bei der Klägerin vorliegen (vgl. UA S. 7/8). Eine Änderung der Sachlage ist auch hinsichtlich dieses Kriteriums nicht ersichtlich; die Klägerin ist vielmehr nach wie vor aufgrund entsprechender luftverkehrsrechtlicher Genehmigungen, vor deren Erteilung auch die wirtschaftliche Gesamtsituation der Klägerin zu überprüfen war, im Luftverkehr tätig. Dass ein Bedarf (nach Vortrag der Beklagten) für den qualifizierten Krankentransport mit Hubschraubern überhaupt nicht (mehr) gegeben ist, stellt keine erhebliche Sachverhaltsänderung dar; denn Einnahmen aus diesen qualifizierten Transporten hatte die Klägerin im Zeitpunkt des Urteils vom Dezember 1999 ebenso wenig wie im jetzigen Zeitpunkt. Unabhängig hiervon nimmt der Senat zudem auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil Bezug (S. 8 Mitte). Den aus den der Klägerin erteilten Genehmigungen zu ziehenden Schluss auf ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit setzt die Beklagte im Zulassungsantrag nur allgemeine und damit nicht ausreichende anderslautende Vermutungen entgegen.

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c)Soweit die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag geltend macht, die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Zulassung der Klägerin zum qualifizierten Krankentransport außerhalb des Rettungsdienstes stehe im Widerspruch zur Funktionsschutzklausel, denn im Luftrettungsbereich sei jeder qualifizierte Krankentransport (unterstellt es gebe ihn überhaupt), der dem mit der Luftrettung Beauftragten entzogen würde, als Beeinträchtigung im Sinne des Gesetzes zu bewerten, was die ermessensfehlerfreie Ablehnung der Genehmigung zur Folge hätte, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Der Senat vermag nicht zu erkennen, wie die ganze oder teilweise (die Genehmigung nach §§ 29, 19 NRettDG können gemäß § 24 NRettDG mit Nebenbestimmungen versehen werden) Ausklammerung des qualifizierten Hubschrauber-Krankentransports aus dem Gesamtaufkommen der Luftrettung deren wirtschaftliche Grundlage erheblich oder ernstlich beeinträchtigen kann, wenn der entsprechende Anteil sich nach Vortrag der Beklagten des gesamten Verfahrens allenfalls zwischen Null bis ca. 1,5 % des Gesamtaufkommens beläuft.

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Dass für die Versagung der Genehmigung eine erhebliche und ernstliche Beeinträchtigung erforderlich ist, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Im Beschluss vom 19. Juni 2000 (11 M 1026/00) hat der Senat im Anschluss an die  Rechtsauffassung des früher für das Rettungswesen zuständigen 7. Senats (vgl. Beschl. v. 17.6.1994 – 7 M 3231/94 – Nds.VBl 1995, 41) seine Rechtsprechung (vgl. Urt. d. erk. Sen. v. 24.6.1999 – 11 L 719/98 – Nds.VBl 1999, 689 LS) fortgeführt und auch im Hinblick auf die engere Auffassung des Hess. VGH (zum bodengebundenen Rettungsdienst, Urt. v. 27.1.1997 – VGH 11 UE 796/94 -, wonach die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes nach dem Hessischen Rettungsdienstgesetz bereits dann beeinträchtigt und die Genehmigung zu versagen ist, wenn die Vorhaltekapazitäten den Bedarf übersteigen) und das diese Rechtsprechung (nur) unter dem Blickwinkel des Verfassungsrechts prüfende und bestätigende Urteil des BVerwG (v. 17.6.1999 – 3 C 20.98DVBl. 2000, 124) ausgeführt:

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Im Unterschied zu dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Hess. Rettungsdienstgesetz, das eine Beteiligung am Rettungsdienst nur im Rahmen des vorhandenen Bedarfs zulässt („faktisches Eingliederungsmodell“ vgl. hierzu Schulte, Rettungsdienst durch Private, Berlin 1999, S. 48 ff.) sieht das NRettDG ... ein Nebeneinander des öffentlichen Rettungsdienstes und des qualifizierten Krankentransportes außerhalb des Rettungsdienstes vor („Trennungsmodell“). ...Wenn jede Beeinträchtigung der Auslastung und jede Minderung der Erträge des öffentlichen Rettungsdienstes für die Annahme einer Beeinträchtigung des Rettungsdienstes im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG ausreichend wäre, liefe demnach die Möglichkeit einer Genehmigung nach § 19 NRettDG für den qualifizierten Krankentransport außerhalb des Rettungsdienstes leer. Das vom Gesetzgeber gewollte „Duale System“ der Leistungserbringung im Bereich des qualifizierten Krankentransportes hätte keine praktische Realisierungschance.... Nach der Systematik des NRettDG geht daher nicht jede Überkapazität bereits über die „Verträglichkeitsgrenze“ ... hinaus, bei deren Überschreitung die Genehmigung nach § 19 NRettDG versagt werden kann. Da Maßstab der Feststellung der nach § 22 Abs. 1 Satz 2  2. Halbsatz NRettDG insbesondere zu berücksichtigenden Gesamtkosten des Rettungsdienstes, ... die Kosten eines wirtschaftlich arbeitenden Rettungsdienstes sind, ... sind einer beliebigen Erhöhung der Entgelte zur Deckung der Kosten des Rettungsdienstes Grenzen gesetzt. Wegen der Bedeutung des öffentlichen Rettungsdienstes einschließlich des qualifizierten Krankentransportes unter Vermeidung überflüssiger (letztlich von den öffentlichen Kassen zu tragender) Kosten in diesem Bereich einerseits und des vom Gesetzgeber gewollten Nebeneinanders von öffentlichem Rettungsdienst und qualifiziertem Krankentransport außerhalb dessen andererseits ist allerdings die Feststellung einer ernstlichen und schwerwiegenden Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem auch in wirtschaftlicher Hinsicht tragfähigen Rettungsdienst als Voraussetzung für eine Ablehnung eines Antrages nach § 19 NRettDG erforderlich ...“ (Vgl. ebenso Beschl. d. Sen. v. 15.5.2002 – 11 LA 48/02).

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Die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz (zum bodengebundenen Rettungsdienst, Urt. v. 7.5.2002 – 7 A 11626/01 – Juris) gibt keinen Anlass zu einer Änderung dieser Rechtsprechung. Das OVG Rheinland-Pfalz vertritt ebenso wie der Hess. VGH die Auffassung, dass die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes bereits dann beeinträchtigt ist, wenn und solange Kapazitäten des öffentlichen Rettungsdienstes vorhanden sind, die ausreichen, um den auftretenden Bedarf an Notfall- und Krankentransportleistungen zu decken. Diese Ausführungen sind schon deswegen nicht auf das niedersächsische Landesrecht zu übertragen, weil die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen nicht übereinstimmen. Hessen geht von einem „faktischen Eingliederungsmodell“ aus mit der Konsequenz, dass es praktisch Notfallrettung und Krankentransport außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstsystems nicht gibt (vgl. Beschl. d. Sen. v. 19.6.2000 – 11 M 1026/00 -; Schulte, Rettungsdienst durch Private, 1999, S. 49). Das RettDG von Rheinland-Pfalz eröffnet privaten Unternehmern grundsätzlich die Möglichkeit, Notfall-Rettungsdienst und qualifizierten Krankentransport zu erbringen. Nach den landesrechtlichen Bestimmungen  „ist“ aber die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch die Genehmigung das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigt wird (Schulte, a.a.O., S. 43, 159). In Niedersachsen ist die Teilnahme eines privaten, also nicht als Beauftragter im Sinne des § 5 NRettDG tätigen Unternehmers an der Notfallrettung dagegen ausgeschlossen. Diese wird gemäß §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 1 NRettDG allein durch den öffentlichen Rettungsdienst abgedeckt. Private Unternehmer können nur zum qualifizierten Krankentransport zugelassen werden (§§ 19 ff. NRettDG). Dieser nur eingeschränkten Betätigungsmöglichkeit von privaten Unternehmern steht allerdings die ein Ermessen eröffnende Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG gegenüber, wonach die Genehmigung versagt werden „kann“, wenn eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem funktionsfähigen, bedarfsgerechten und flächendeckenden Rettungsdienst zu erwarten ist. Die Erwägungen des Senats in dem o.a. Beschluss vom 19.6.2000 zu dem vom Gesetzgeber in Niedersachsen gewollten dualen System im qualifizierten Krankentransport gelten daher auch in Ansehung der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2002 (Dazu, dass nicht jede finanzielle Schlechterstellung des öffentlichen Rettungsdienstes eine Versagung der Genehmigung begründet, vgl. auch Schulte, a. a. O., S. 183 ff., 195 f.).

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Zureichende zur Bejahung von ernstlichen Zweifeln führende Anhaltspunkte, dass die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Luftrettung bei Zulassung der Klägerin ernstlich und schwerwiegend beeinträchtigt wird, hat die Beklagte im Zulassungsantrag nicht hinreichend dargelegt. Ihre bloße Behauptung, jeder qualifizierte Krankentransport, der den mit der Luftrettung Beauftragten entzogen würde, würde als Beeinträchtigung zu bewerten sein, reicht hierfür nicht aus. Das Verwaltungsgericht hat schon im Urteil vom 15. Dezember 1999 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine Beeinträchtigung bislang nur behauptet, jedoch in keinerlei Weise belegt habe (UA S. 14). Auch im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte keine Unterlagen z. B. darüber beigebracht, welche Vorhaltekosten ihr für die öffentliche Luftrettung entstehen, inwieweit die öffentliche Luftrettung durch welche konkreten Einsätze in der Vergangenheit ausgelastet war und welche Einnahmeausfälle ihr bei Zulassung der Klägerin (und gegebenenfalls von ein oder zwei weiteren Unternehmern, die, soweit ersichtlich, ebenfalls eine Genehmigung nach §§ 19, 29 NRettDG anstreben – vgl. hierzu Beschluss des Senats vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren 11 LA 324/02 -) entstehen (vgl. zum Inhalt der zu treffenden Prognoseentscheidung § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG). Den Verwaltungsvorgängen (Beiakte A) lassen sich derartige Erkenntnisse ebenfalls nicht hinreichend deutlich entnehmen. Zwar hat der frühere Beklagte unter dem 10. April 2000 eine „Einsatzstatistik“ der Rettungshubschrauber angefordert und dabei u. a. Einsatzzahlen getrennt nach „Primär- als auch für den Sekundärbereich“, die Darstellung der Einsatzzahlen im Bereich des qualifizierten Krankentransportes und die Zahlen der „Nachteinsätze“ gefordert. Das daraufhin vom A. Hilfsdienst gGmbH unter dem 9. Mai 2000 übersandte „Zahlenmaterial („Statistische Daten für die Einsätze im Primär- und Verlegungsbereich“) ist jedoch wenig aussagekräftig. Zunächst stellt sich bei Auswertung dieser Unterlagen schon die Frage, ob alle Beteiligten von einer einheitlichen Begriffsdefinition ausgegangen sind. Der Senat hatte im Beschluss vom 14. September 1999 (11 ME 2747/99) zur Terminologie zusammenfassend ausgeführt:

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„Vor Erlass des NRettDG ... regelte sich der Einsatz von Hubschraubern im Rettungsdienst im Wesentlichen nach dem Runderlass des MS vom 7. Februar 1986 (Nds. MBl. 1986, 246). .... Dem Aufbau des o. a. Runderlasses ist dabei zu entnehmen, dass unter Sekundäreinsatz jede Verlegung eines Patienten von einem Krankenhaus in ein anderes verstanden wurde, unabhängig davon, ob diese Verlegung dringend war, also gleichsam selbst einen Notfall darstellte oder aber nicht. ... Dieser Terminologie ist das NRettDG nicht gefolgt. Anders als die oben angegebenen Richtlinien differenziert es nicht danach, ob es um die erste (primäre) oder nur um die zweite (weitere, sekundäre) Versorgung des Patienten geht. Abgrenzungsbereich ist vielmehr der Zustand des Patienten. Von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRettDG werden mithin alle Notfalltransporte erfasst, sei es, dass es um die Erstversorgung unmittelbar am Unfallort und den weiteren Transport in das (erste) Krankenhaus geht, sei es, dass eine aus medizinischer sicht dringend erforderliche (wobei es verschiedene Stufen dieser Dringlichkeiten gibt ....  Sekundärtransporte I bis IV) Verlegung in ein weiteres Krankenhaus notwendig ist. Demgegenüber wird von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRettDG (qualifizierter Krankentransport) lediglich die Beförderung sonstiger Kranker ... erfasst, die nach ärztlicher Versorgung während der Beförderung einer fachgerechten Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Rettungsmittels ... bedürfen, ohne dass es sich hierbei um eine – wenn auch nur abgestufte – Notfallsituation handelt.“

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Dieser qualifizierte Krankentransport wird zum Teil auch als Sekundärbereich V und VI bezeichnet. Da in der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Anfrage nur pauschal von Primär- und Sekundärbereich und in der Antwort vom A. Hilfsdienst wiederum nur allgemein vom „Primär- und Verlegungsbereich“ die Rede ist, könnten hier unter Umständen Abgrenzungsprobleme nicht ausgeschlossen werden. Aber selbst wenn man die weiteren Ausführungen des A. Hilfsdienstes in seinem Schreiben vom 9. Mai 2000 „Eine Darstellung der Einsätze im Bereich des qualifizierten Krankentransportes ist nicht möglich“ (weil solche Einsätze nicht an den Hilfsdienst herangetragen werden) dahin wertet, dass dem A. Hilfsdienst die Abgrenzungskriterien zwischen Notfall-Verlegung einerseits und qualifiziertem Krankentransport andererseits deutlich waren, führt diese Aufstellung nicht weiter; denn das Zahlenmaterial ermöglicht keine Prüfung,  welchen genauen Anlass es jeweils für die dort niedergelegten Flüge gegeben hat.  Außerdem sind dem gesamten Verwaltungsvorgang keine Aussagen über die Kostensituation derzeit und bei Zulassung der Klägerin zu entnehmen. Der Verweis auf den Bedarfsplan vom Juli 1998 bzw. auf das Vorplangutachten vom September 1996 (Beiakte B Bl. 87), wonach neben den Hubschraubern des Rettungsdienstes kein weiterer Bedarf nach Leistungen des qualifizierten Krankentransportes außerhalb des Rettungsdienstes mit Hubschraubern gemäß § 19 NRettDG festzustellen sei, reicht schon deswegen nicht aus, eine ernstliche und schwerwiegenden Beeinträchtigung zu belegen, weil seit Erstellung des auf dem Gutachten beruhenden Bedarfsplans ein Zeitraum von nahezu fünf Jahren verstrichen ist, ohne dass der Bedarfsplan aktualisiert wurde. Zudem geht das Gutachten bzw. der Bedarfsplan nicht auf das Erfordernis einer ernstlichen und schwerwiegenden Beeinträchtigung ein. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 26. Januar 1999 (11 M 5532/98) das Eingreifen der Funktionsschutzklausel bejaht hat, ist diese aufgrund einer nur summarischen Prüfung ergangene Entscheidung für das Hauptsacheverfahren nicht bindend. Zudem hat der Senat damals seine vorläufige Rechtsauffassung im Wesentlichen auf den Bedarfsplan von 1998 bzw. das Vorplangutachten von 1996 gestützt, beide Erkenntnisquellen haben aber aufgrund der verstrichenen Zeit kein vergleichbares Gewicht mehr und die Beklagte hat im gesamten Verfahren keine aktuellen Zahlen über die Kostensituation vorgelegt. Auch der Verweis auf die ablehnende Stellungnahme der Kostenträger kann die erforderliche konkrete Prognoseentscheidung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 NRettDG nicht ersetzen.

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Ist somit mit dem Verwaltungsgericht vom Nichteingreifen der Funktionsschutzklausel auszugehen, ist für eine etwaige Ermessensentscheidung der Beklagten kein Raum.

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d) Die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung sind wie im angefochtenen Urteil festgestellt (UA S. 6/7) erfüllt. Dieses ist auch bereits in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1999 festgehalten worden. Die Beklagte hat insoweit auch keine ernstlichen Zweifel geltend gemacht.

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2. Grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) stellen sich nicht.

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Es ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, ob „jedem die subjektiven Voraussetzungen erfüllenden Antragsteller eine Genehmigung zu qualifizierten Krankentransporten zu erteilen ist“. Ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens lässt sich diese Frage dahin beantworten, dass – sollte einem Dritten eine Genehmigung für den qualifizierten Krankentransport nach § 19 NRettDG erteilt werden – der Bedarfsplan dieser aktuellen Situation anzupassen ist, um hierauf aufbauend dann entscheiden zu können, ob (auch) noch weitere Genehmigungen erteilt werden können.

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Die von der Beklagte in diesem Zusammenhang aufgeführte Gefahr des „Missbrauchs der Inanspruchnahme der Verwaltung“ vermag die Grundsatzrüge ebenfalls nicht zu  tragen; denn den Unterlagen ist zu entnehmen, dass neben der Klägerin dieses Verfahrens und der Klägerin in dem Parallelverfahren vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg (vgl. hierzu Beschl. d. Sen. vom heutigen Tag in dem Verfahren 11 LA 324/02) nur noch ein weiteres Unternehmen eine Teilnahme an dem qualifizierten Krankentransport mit Hubschraubern nach §§ 19, 29 NRettDG begehrt. Bei drei Antragstellern besteht aber nicht die Gefahr eines „Missbrauchs der Verwaltung“.

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Sollte die Beklagte schließlich als grundsätzlich klärungsbedürftig ansehen, ob bei Erteilung der Genehmigung nach § 19 NRettDG die Gefahr besteht, dass die jeweiligen Inhaber sich in der Öffentlichkeit „in einer Art und Weise positionieren, die den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht“, so entzieht sich diese Frage einer grundsätzlichen Klärung. Sie kann lediglich einzelfallbezogen beantwortet werden.

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Der Vollständigkeit halber weist der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht die Klägerin abschließend ausdrücklich nochmals darauf hin, dass unter qualifiziertem Krankentransport im Sinne der §§ 19, 29 i.V.m. 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRettDG nur der Transport von Nicht-Notfallpatienten von einem Landeplatz zum nächsten zu verstehen ist. Notfalltransporte im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NRettDG könnte die Klägerin dagegen mit der ihr zu erteilenden Genehmigung nicht durchführen. Zu derartigen Notfalltransporten gehören die Erstversorgung unmittelbar am Unfallort und der Weitertransport in das (erste) Krankenhaus, aber abweichend von der vor Inkrafttreten des NRettDG üblichen Betrachtung auch eine aus medizinischer Sicht dringend erforderliche (wobei es verschiedene Stufen dieses Notfalls gibt) Verlegung in ein weiteres Krankenhaus. Demgegenüber ist unter qualifiziertem Krankentransport lediglich die Beförderung sonstiger Kranker, Verletzter oder Hilfsbedürftiger erfasst, die nach ärztlicher Verordnung während der Beförderung einer fachgerechten Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Rettungsmittels – hier eines Rettungshubschraubers – bedürfen, ohne dass es sich jedoch hierbei um eine – wenn auch nur herabgestufte – Notfallsituation handelt (vgl. zur Terminologie Beschl. d. Sen. v, 14.9.1999 – 11 M 2747/99 - S. 22).