Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.07.2001, Az.: L 1 RA 47/00
Nichtzulassungsbeschwerde im Rahmen der Überprüfung der Zuzahlung zu einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation; Eindeutigkeit der Rechtslage zur Zuzahlungshöhe bei Reha-Maßnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung; Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Zuzahlungshöhe für Reha-Leistungen nach Rentenversicherungsrecht und nach Krankenversicherungsrecht
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 03.07.2001
- Aktenzeichen
- L 1 RA 47/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 15850
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0703.L1RA47.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG E.
Rechtsgrundlagen
- §§ 32 Abs. 1 S. 1 SGB VI i.V.m. 40 Abs. 5 SGB V
- § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG
Verfahrensgegenstand
Zuzahlung zu einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation
Prozessführer
B.
C.
Prozessgegner
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin
hat
der 1. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen
in Celle
am 3.Juli 20001
durch die Richter D.
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts E. vom 27. März 2000 wird zurückgewiesen.
- 2.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der im Jahre 1953 geborene Kläger hatte im Oktober 1996 bei der Beklagten eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Reha) beantragt, die ihm mit Bescheid vom 22. April 1997 bewilligt worden war und die er im Juli/August 1997 an 40 Kalendertagen in der psychosomatischen Klinik in F. absolviert hatte. Gegen den nach der Entlassung des Klägers aus der Reha ergangenen Festsetzungsbescheid vom 20. Oktober 1997 (25,-- DM kalendertäglich) hatte der Kläger verspätet Widerspruch eingelegt.
Die Beklagte behandelte den Widerspruch als Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte ihn mit hier angefochtenem Bescheid vom 29. Juni 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1998 ab.
Mit seiner hiergegen am 21. Oktober 1998 vor dem Sozialgericht (SG) E. erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass der Zuzahlungsbescheid rechtswidrig sei. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Denn seine Mitpatienten in der Klinik seien genauso lange stationär aufgenommen gewesen wie er und hätten die gleiche Behandlung erfahren wie er, müssten aber gleichwohl nicht - wie nach den Vorschriften des Rentenversicherungsrechts - 40 Tage x 25,--DM (= 1.000,-- DM), sondern nur 14 Tage x 17,-- DM zahlen, weil auf ihre Zuzahlung das Krankenversicherungsrecht angewendet worden sei. Hinzukomme, dass die Anzahl der Reha-Tage bei psychosomatischen Maßnahmen im Regelfall höher liege als bei Maßnahmen anderer medizinischer Disziplinen, weshalb psychosomatische Rehabilitanden benachteiligt seien. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. März 2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Zuzahlungsbetrag von 40 Tagen x 25,-- DM der Zuzahlungsregelung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Verbindung mit § 40 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entspreche und diese Norm von der Beklagten auch zutreffend angewendet worden sei. Eine besondere Regelung für psychosomatische Reha-Maßnahmen sei nicht getroffen worden und auch nicht erforderlich. Sofern die Zuzahlung für andere, ebenfalls nach Rentenversicherungsrecht erbrachte Reha-Leistungen nach den Vorschriften des Krankenversicherungsrechts abgerechnet worden sei, könne der Kläger keine Gleichbehandlung im Unrecht beanspruchen. - Die Berufung hat das SG nicht zugelassen, weil der Streitgegenstand 1.000,--DM nicht übersteige.
Gegen das am 21. Juni 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Juli 2000 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (NZB), der das SG mit Beschluss vom 22. Januar 2001 nicht abgeholfen hat. Der Kläger vertritt die Auffassung, es sei rechtswidrig, dass die Frage der Höhe des Zuschusses bei identischen Maßnahmen davon abhänge, wer Kostenträger sei. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Reha-Akte der Beklagten Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Gründe
Die NZB ist gemäß § 145 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Mit seiner Entscheidung weicht das SG weder von einer Entscheidung eines nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) maßgeblichen anderen Gerichts ab noch liegt ein Verfahrensmangel vor. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Denn die Rechtslage zur Zuzahlungshöhe bei Reha-Maßnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung ist eindeutig und wurde vom SG zutreffend dargelegt. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen er vollumfänglich beitritt.
Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Die Zuzahlung für die Reha-Maßnahme des Klägers richtete sich nach dem Recht des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) - neues Recht -, da die Maßnahme zwar noch im Jahre 1996 beantragt worden, aber erst im Jahre 1997 bewilligt und durchgeführt worden war (BSG, Urteile vom 21.6.2000, B 4 RA 52/99 R, B 4 RA 65/99 R und B 4 RA 72/99 R). Danach betrug die Zuzahlung für Reha-Leistungen nach dem Rentenversicherungsrecht grundsätzlich - wie vorliegend - 25,-- DM ohne Tageszahlbegrenzung, §§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V.m. 40 Abs. 5 SGB V, und nach Krankenversicherungsrecht 17,--DM begrenzt auf 14 Tage, § 39 Abs. 4 SGB V i.d.F.v. 23. Juni 1997. Die unterschiedliche Zuzahlungshöhe ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie durch die unterschiedliche Zwecksetzung von Behandlungsmaßnahmen in beiden Sozialversicherungsbereichen gerechtfertigt ist. Die Zuzahlung nach § 32 SGB VI hat zum Ziel, ersparte Aufwendungen abzuschöpfen, die beim Versicherten dadurch entstehen, dass er während der Reha auf Kosten des Rentenversicherungsträgers vollversorgt ist und in dieser Zeit eigene häusliche Aufwendungen erspart. Zielrichtung sind also die ersparten häuslichen Aufwendungen. Demgegenüber beabsichtigt § 39 SGB V eine Selbstbeteiligung des Versicherten, also eine Beteiligung an sämtlichen Kosten der Reha, unahängig davon, ob entsprechende Aufwendungen im häuslichen Bereich erspart wurden oder nicht. Dass die Zuzahlungshöhe nach SGB V bei dieser an sich weitergehenden Zwecksetzung als im SGB VI gleichwohl geringer ausfällt, ist mit medizinischen Gründen zu erklären, da Krankenbehandlung im Regelfall in der Akutphase einer Erkrankung gewährt wird und daher übermäßige Inanspruchnahmen und Belastungen des Patienten vermieden werden sollen. Diese unterschiedliche Zwecksetzung ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt (für § 32 SGB VI: BSG, Urteile vom 21.6.2000, a.a.O.; für SGB V: BSG, Urteil vom 21.11.1991, 3 RK 8/90, SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 4, S. 30, 31), weshalb der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 177 SGG.