Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.07.2001, Az.: L 3 P 17/00
Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung; Voraussetzungen für die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II; Feststellung des zeitlichen Pflegeaufwandes; Mögliche Besonderheiten des Betreuungs- und Aufsichtsbedarfs eines pflegebedürftigen Kindes
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 24.07.2001
- Aktenzeichen
- L 3 P 17/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 15930
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0724.L3P17.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 23.02.2000 - AZ: S 91 P 66/97
Rechtsgrundlagen
- § 23 SGB XI
- § 15 SGB XI entsprechend
- § 1 Abs.9 MB/PPV 1996
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
DBV Versicherungen, D...,
hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht F. – als Einzelrichter -
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. Februar 2000 wird geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Leistungen der privaten Pflegeversicherung für seine Tochter G. für die Zeit ab 01. Mai 1998 nach der Pflegestufe II zu zahlen.
- 2.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
- 3.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die Hälfte der außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die Tochter des Klägers Pflegegeld im Umfang von mindestens Pflegestufe II zu zahlen.
Am 15. Oktober 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten für seine am 11. Mai 1988 geborene Tochter H. Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung.
Die Beklagte veranlasste die Erstattung von Gutachten der Firma I. vom 26. März 1996 und 25. November 1996 und bewilligte dem Kläger für dessen Tochter sodann mit Schreiben vom 17. Dezember 1996 mit Wirkung ab 01. August 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe I. in Höhe von 80,00 DM.
Mit seiner am 09. Juli 1997 eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die bei seiner Tochter bestehenden psychomotorischen Entwicklungsstörungen mit daraus resultierenden Verhaltensauffälligkeiten sowie ausgeprägte cerebral-bedingte motorische Bewegungs- und Koordinationsstörungen mit Beeinträchtigung der feinmotorischen Fähigkeiten beeinträchtigten diese bei der Wahrnehmung fast aller Verrichtungen des täglichen Lebens. Der daraus resultierende Hilfebedarf, der ua eine intensive Anleitung und Beaufsichtigung der Tochter erforderlich mache, sei so umfangreich, dass er die Voraussetzungen für die Annahme der Pflegestufe III erfülle. Diesem Vorbringen ist die Beklagte ua unter Vorlage eines Gutachtens der Firma I. vom 18. September 1997 entgegengetreten. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG einen Befundbericht des behandelnden Kinderarztes Dr J.t vom 06. März 1998 sowie ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr K. vom 07. Juli 1998 nebst Ergänzungen vom 30. September 1998 und 12. Januar 1999 und (auf Antrag des Klägers) ein Gutachten der Pflegefachkraft L. vom 29. April 1999 nebst Ergänzung vom 18. Juli 1999 eingeholt und von der von der Tochter des Klägers besuchten Tagesbildungsstätte Gemeinnützige Gesellschaft für Paritätische Sozialarbeit mbH (GPS) eine psychologische Stellungnahme und ein Zeugnis/Entwicklungsbericht 1998/1999 über die Tochter des Klägers beigezogen. In seiner mündlichen Verhandlung hat das SG ferner die Zeuginnen M. Erzieherin bei der GPS sowie N., die Ehefrau des Klägers, gehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2000 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Leistungen der privaten Pflegeversicherung für seine Tochter G. für die Zeit ab 01. August 1995 nach der Pflegestufe II zu zahlen und im Übrigen die (auf Zahlung von Leistungen nach Pflegestufe III gerichtete) Klage abgewiesen. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, bei Würdigung aller vorliegenden Unterlagen und Angaben und aufgrund des von der Tochter des Klägers in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks stehe außer Frage, dass die Angaben der Zeugin O. in der mündlichen Verhandlung, das Verhalten P. sei Außenstehenden nur schwer verständlich zu machen, zutreffend sei. Dementsprechende Schwierigkeiten ergäben sich bei der Beurteilung des tatsächlichen Hilfebedarfs des Kindes. Anders sei nicht zu erklären, dass es zu erheblichen Unterschieden in den verschiedenen Gutachten der Firma I. gekommen sei. Unter diesen Umständen komme den Angaben derjenigen Personen, die in besonders engem Kontakt zu H. ständen, also den Zeuginnen O. und Q., besonders Gewicht zu. Selbst der Sachverständige Dr K., der sich von allen Gutachtern am ausführlichsten mit der Tochter des Klägers beschäftigt habe, habe deren Hilfebedarf, gemessen an den Aussagen der Zeuginnen, unterschätzt, indessen in seiner Stellungnahme vom 12. Januar 1999 ausdrücklich eingeräumt, dass die von seinen eigenen Feststellungen abweichenden Angaben der Mutter von H. durchaus glaubwürdig und mit dem Krankheitsbild des Kindes in Einklang zu bringen seien. Gehe man allein von den Feststellungen des Sachverständigen Dr K. aus, so seien diese in einigen Punkten zu modifizieren. Für das Putzen der Zähne habe der Sachverständige je 10 Minuten in Ansatz gebracht, während unter Würdigung der glaubwürdigen Angaben der Mutter hier jeweils 15 Minuten aufgrund der besonderen Gegebenheiten (empfindliche Mundschleimhäute, Zahnfleischschwellungen) zu berücksichtigen seien. Auch im Bereich der Nahrungsaufnahme stelle sich der Hilfebedarf deutlich höher dar, als der Sachverständige dies angenommen habe. Aufgrund ihrer von der Zeugin O. geschilderten Eigenwilligkeiten und Widerspenstigkeiten müsse das Kind zur Nahrungsaufnahme durch mühseliges Überreden ständig angehalten werden. Dadurch werde die Pflegeperson in gleicher Weise gebunden, wie wenn sie das Kind füttern würde. Dementsprechend seien für alle Hauptmahlzeiten jeweils 15 Minuten Hilfebedarf bei der Nahrungsaufnahme in Ansatz zu bringen. Damit ergebe sich insgesamt schon im Bereich der Grundpflege nach den ergänzenden Feststellungen ein Hilfebedarf von 150 Minuten. Hinzu komme noch, dass auch im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung des Kindes ein erheblicher Mehrbedarf bestehe. So habe die Zeugin O.erklärt, dass das Kind oftmals seine Oberbekleidung dermaßen einzuspeicheln pflege, dass das betreffende Kleidungsstück gewaschen werden müsse; ferner habe die Zeugin Q. versichert, das Kind müsse mindestens einmal pro Tag komplett umgezogen werden. Allein für die Reinigung der Wäsche werde täglich eine ganze Waschmaschine benötigt. Unter solchen Umständen sei es gerechtfertigt, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung die in der Pflegestufe II vorgesehene Pauschale von 45 Minuten zugrunde zu legen. Leistungen nach Pflegestufe III kämen nicht in Betracht, schon deshalb nicht, weil es an einem für die Annahme dieser Pflegestufe vorausgesetzten nächtlichen Hilfebedarf fehle.
Gegen den – am 20. März 2000 zugestellten – Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 20. April 2000 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, die Tatsachenfeststellungen des SG verstießen gegen § 1 Abs 9 MB/PPV 1996. Nach dieser Regelung sei die Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch Ärzte vorzunehmen. Demgegenüber habe das SG nicht etwa die Feststellungen des von ihm eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr K. für maßgebend erachtet sondern diese wesentlich durch Angaben der Zeuginnen O. und Q. ergänzt. Bei seinen Zeitansätzen habe das SG im Übrigen verkannt, dass nach § 1 Abs 2 MB/PPV 1996 nur der Pflegeaufwand zu berücksichtigen sei, der auf Krankheiten zurückgeführt werden könne, die letztendlich zu der Behinderung bei den Verrichtungen des täglichen Lebens geführt hätten. Eine "äußerst schmerzhafte Zahnfleischfüllung" könne deshalb bei der Berechnung des Hilfebedarfs beim Zähneputzen nicht berücksichtigt werden, weil auch gesunde Kinder "Zahnfleischbeschwerden oder Zahnfleischschwellungen" hätten. Der angefochtenen Entscheidung sei auch nicht zu entnehmen, wie sich der Gesamtzeitaufwand für die Pflege, der 210 Minuten erreichen solle, berechne. So sei auf Seite 8 des Gerichtsbescheides von einem Aufwand von 150 Minuten in der Grundpflege und 45 Minuten in der hauswirtschaftlichen Versorgung, mithin insgesamt nur von einem Bedarf von 195 Minuten auszugehen. Offenkundig habe das Gericht auch bei seiner Berechnung außer Acht gelassen, dass bei Kindern entsprechend den Pflegerichtlinien ein natürlicher Hilfebedarf abzuziehen sei. Am 01. August 1995 sei die Tochter des Klägers erst 7 Jahre alt gewesen, während bei Kindern ab 8 Jahren nach den Begutachtungs-Richtlinien 70 Minuten natürlicher Hilfebedarf abzuziehen sei, ab 9 Jahren immer noch 50 Minuten und ab 10 immerhin noch 30 Minuten. Unter diesen Umständen sei überhaupt nicht nachvollziehbar, wie ein Pflegebedarf von insgesamt über 210 Minuten bei der Tochter des Klägers habe erreicht werden sollen. Auch die Kostenentscheidung des SG sei fehlerhaft, da in dem Verfahren nach dem erstinstanzlichen Gerichtsbescheid beide Parteien in gleichem Maße obsiegt hätten bzw unterlegen gewesen seien, so dass eine Kostenaufhebung hätte erfolgen müssen. Die Regelung des § 193 Abs 4 Satz 1 SGG finde keine Anwendung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 23. Februar 2000 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegen- stand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zu einem Teil begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für dessen Tochter H. Pflegegeld der Pflegestufe II erst ab April 2000 zu zahlen.
Werden allein die in den Gutachten der Firma R. getroffenen Feststellungen vom 17. Juni 1995, 26. März 1996, 25. November 1996 und 18. September 1997 sowie die Feststellungen des Sachverständigen Dr K. in seinem Gutachten vom 07. Juli 1998 nebst Ergänzungen vom 30. September 1998 und 12. Januar 1999 der Beurteilung zugrunde gelegt, so lässt sich allein danach ein Pflegebedarf der Tochter des Klägers im Umfang der Pflegestufe II nicht begründen. Während die Gutachterin Dr S. in ihrem allerdings sehr pauschal gehaltenen Gutachten vom 17. Juni 1995 noch einen Gesamtpflegeaufwand von 60 Minuten konstatierte, das Gutachten vom 26. März 1996 im Bereich der Grundpflege immerhin einen Pflegeaufwand von über 45 Minuten aber deutlich unter 120 Minuten aufweist und auch das Gutachten vom 25. November 1996 im Bereich der Grundpflege einen Pflegeaufwand von deutlich unter 120 Minuten konstatiert, hat der Sachverständige Dr K. im Bereich der Grundpflege immerhin einen Pflegeaufwand von 140 Minuten festgestellt, den er unter Berücksichtigung des aktuellen Untersuchungsalters von H. (10 Jahre) um 35 Minuten (Pflegeaufwand für ein gesundes Kind) gemindert hat. Zu Recht hat das SG bei seiner Entscheidung allerdings nicht allein auf diese Gutachtenlage abgestellt. In Bezug auf die Gutachten der Firma R. ergeben sich bereits deshalb erhebliche Bedenken, weil diese Gutachten in Bezug auf die Wahl der Zeitansätze wenig oder gar nicht nachvollziehbar sind. Aber auch das Gutachten des Sachverständigen Dr K. erscheit deshalb zu einem Teil nicht einleuchtend, weil es den Besonderheiten des Betreuungs- und Aufsichtsbedarfs der Tochter des Klägers nicht hinreichend Rechnung trägt. Dies hat die Beweiserhebung des SG’s in seiner mündlichen Verhandlung verdeutlicht. Das SG hat deshalb zu Recht die Zeitansätze des Sachverständigen insoweit korrigiert, als es für die Zahnpflege einen Mehraufwand von 10 Minuten und für die Ernährung einen solchen von 20 Minuten in Ansatz gebracht hat. Damit ergibt sich für den Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr K. im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von 170 Minuten, von dem allerdings der Aufwand für ein gesundes Kind in Höhe von 35 Minuten in Abzug zu bringen ist. Mithin verbleiben 135 Minuten zuzüglich 45 Minuten für die hauswirtschaftliche Versorgung, insgesamt also 180 Minuten.
Das SG hat allerdings übersehen, dass sich das Gutachten des Sachverständigen Dr K. auch unter der Annahme, dass sich die gesundheitlichen Verhältnisse des Kindes H. seit Antragstellung nicht wesentlich verändert haben, nicht beliebig auf die davor liegenden Zeiträume bis zur Antragstellung im Oktober 1995 übertragen lässt. Dies ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass der Hilfebedarf gesunder und altersentsprechender Kinder umso höher ist, je jünger diese Kinder sind. Für die hier maßgebenden Altersklassen zwischen 6 und 12 Jahren werden nach den Begutachtungs-Richtlinien für die Körperpflege 0,75 bis 0,0 Stunden/Tag, für die Ernährung 0,5 bis 0,0 Stunden/Tag und für die Mobilität ebenfalls 0,5 bis 0,0 Stunden/Tag in Ansatz gebracht. Dies bedeutet, dass dem Hilfebedarf P. im Zeitpunkt der Antragstellung (7 Jahre) der Hilfebedarf eines gesunden Kindes in Höhe von etwa 5/6 der genannten Ansätze, also 87,5 Minuten gegenüber zu stellen wäre, im Jahre 1996 4/6 = 70 Minuten, 1997 3/6 = 52 Minuten usw. Im Ergebnis zutreffend hat die Beklagte auf diesen Gesichtspunkt in ihrer Berufungsbegründung vom 28. April 2000 hingewiesen. Erst im Jahre 1998 wären unter Zugrundelegung der vom SG korrigierten Werte des Sachverständigen Dr K. bei Annahme eines konstanten Pflegestatus unter Abzug von 2/6 = 35 Minuten die Voraussetzungen für die Annahme der Pflegestufe II erfüllt (170 - 35 = 135 Minuten). Natürlich steht außer Frage, dass es sich bei derartigen Berechnungen nur um grobe Orientierungswerte, die auf Schätzungen beruhen, handeln kann. Indessen darf nicht außer Betracht bleiben, dass der Gesetzgeber selbst durch die auch zeitorientierte Abgrenzung der Pflegestufen im Grundsatz derartige Bewertungen vorgegeben hat. Wird weiterhin bedacht, dass, wie sich ua dem Befundbericht des behandelnden Facharztes für Kinderheilkunde Dr T. vom 06. März 1998 entnehmen lässt, der Entwicklungszustand von H. alles in allem relativ konstant geblieben ist, wie auch der Sachverständige Dr K. in seinem Gutachten vom 07. Juli 1998 andeutet, bestehen nach der Auffassung des Senats keine durchgreifenden Bedenken dagegen, auf der Grundlage der vorstehenden Berechnungen vom Vorliegen der Pflegestufe II frühestens ab Mai 1998 auszugehen. Zu weitergehenden präziseren Feststellungen sieht sich der Senat im Hinblick darauf, dass in Bezug auf die Feststellung des Pflegestatus außer den schon vom SG ausgeschöpften Erkenntnisquellen weitergehende Erkenntnismöglichkeiten nicht ersichtlich sind, außerstande.
Den sonstigen von der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG erhobenen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass nach § 1 Abs 9 MB/PPV 1996 (allein) ärztliche Feststellungen zum Umfang der Pflegebedürftigkeit vorgesehen sind, vermag daraus schwerlich die Einschränkung abgeleitet werden können, dass auch die Sozialgerichte, die den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären haben, bei der Erhebung entsprechender Beweise auf ärztliche Feststellungen beschränkt sind. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass hier diejenigen Grundsätze zu gelten haben, die allgemein für die in § 103 SGG vorgeschriebene Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen gelten. Dies bedeutet, dass ggf auch andere Erkenntnisquellen als ärztliche gutachtliche Äußerungen für die Feststellung des Sachverhalts von Amts wegen von Bedeutung sind. Dies gilt insbesondere für die Anhörung von Zeugen aber auch für die Anhörung von Pflegefachkräften als Gutachtern bzw Gutachterinnen. Wenn der Senat gleichwohl im vorliegenden Zusammenhang dem vom SG eingeholten Gutachten der Pflegefachkraft Palucki vom 29. April 1999 kein besonderes Gewicht beigemessen hat, so aus den schon vom SG genannten Gründen.
Soweit die Beklagte weiterhin meint, das SG habe zu Unrecht den durch "äußerst schmerzhafte Zahnfleischfüllung" verursachten Pflegebedarf bei seinen Berechnungen berücksichtigt, vermag der Senat auch insoweit der Beklagten nicht zu folgen. Ob es sich bei diesen krankhaften Veränderungen des Zahnfleisches um Erkrankungen mit eigenständiger Ursache oder solcher handelt, die Folge anderer Erkrankungen und der damit verbundenen Notwendigkeit von Tabletteneinnahmen sind, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Wesentlich ist, dass der Pflegebedarf durch Krankheiten oder Behinderungen verursacht ist, die wenigstens für die Dauer von 6 Monaten vorliegen. So liegen die Dinge hier. Die krankhaften Veränderungen am Zahnfleisch der Tochter des Klägers sind bereits in früheren Gutachten der Firma I. erwähnt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Soweit die Beklagte beanstandet, dass das SG ihr die Tragung der Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt habe, schließt sich der Senat auch dieser Beurteilung nicht an. Richtig ist allerdings der Hinweis der Beklagten, dass die Regelung des § 193 Abs 4 Satz 1 SGG im vorliegenden Verfahren deshalb keine Anwendung finden kann, weil es sich bei der Beklagten nicht um eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts handelt. Die daran geknüpfte weitere Schlussfolgerung der Beklagten, demgemäß seien im vorliegenden Verfahren die Kosten der Beteiligten gegeneinander aufzuheben gewesen, verliert angesichts der modifizierenden Entscheidung des Senats schon deshalb ihre Bedeutung. Abgesehen davon rechtfertigt eine nach sachgerechtem Ermessen zu treffende Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen die Beklagte durch unzureichende, für den Kläger wenig nachvollziehbare Ermittlungen diesen zur Klageerhebung veranlasst hat, die vom SG aber auch vom Senat getroffene Kostenentscheidung.