Landessozialgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.07.2001, Az.: L 10 B 109/01 RI

Kostenauferlegung nach erledigter Untätigkeitsklage

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen
Datum
09.07.2001
Aktenzeichen
L 10 B 109/01 RI
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 15869
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2001:0709.L10B109.01RI.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 23.03.2001 - AZ: S 6 RI 380/96

Prozessführer

XXX

Prozessgegner

Landesversicherungsanstalt Hannover,

der Geschäftsführer, Lange Weihe 2/4, 30880 Laatzen,

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle

am 9. Juli 2001

durch

den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht C.,

den Richter am Landessozialgericht D. und

den Richter am Sozialgericht E.

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 23. März 2001 aufgehoben und wie folgt neugefasst:

Die Beklagte hat die durch den Rechtsstreit veranlassten außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Gründe

1

I.

Mit seiner am 27. April 2001 eingegangenen Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat, wendet sich der Kläger gegen den ihm am 29. März 2001 zugestellten Beschluss des SG Hannover vom 23. März 2001. Mit diesem Beschluss hat das SG den Antrag des Klägers, nach Erledigung seiner Untätigkeitsklage in der Hauptsache der Beklagten seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, abgelehnt.

2

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist in der Sache begründet. Die Beklagte ist gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Klägers in diesem Rechtsstreit zu erstatten.

3

Die Untätigkeitsklage war im Zeitpunkt ihrer Erhebung (2. Juli 1996) zulässig gemäß § 88 Abs. 2 SGG, denn seit Einlegung des Widerspruchs am 15. Dezember 1995 waren mehr als 3 Monate vergangen, ohne dass die Beklagte hierauf einen Bescheid erteilt hätte. Die Klage war auch begründet, was sich ohne Weiteres daraus ergibt, dass die Beklagte, nachdem intern bereits am 17. April 1996 die Abhilfe des Rechtsbehelfs beschlossen worden war, am 27. Juni 1996 den ausführenden Rentenbescheid verfügt, diesen indes erst am 2. Juli 1996 abgesandt hat, so dass ihn der Kläger erst nach Klageerhebung erhalten hat. Erst in diesem Zeitpunkt wurde der Bescheid wirksam, § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X).

4

War aber die Untätigkeitsklage bei Erhebung zulässig und begründet, so entspricht es billigem Ermessen, dass die Beklagte nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache die Kosten des Klägers zu erstatten hat. Etwas anderes hätte hier nur gegolten, wenn die Klageerhebung mutwillig gewesen wäre, was nach ständiger Rechtsprechung des Senats dann der Fall ist, wenn vor Klageerhebung nicht nach dem Sachstand angefragt wird (vgl. Beschluss vom 27. November 1997 - L 10 S (Ri) 155/97 - und Beschluss vom 8. Januar 1998 - L 10 B 275/97 RI -). Davon kann im vorliegenden Fall indes keine Rede sein: Der Kläger hatte nach den eigenen Angaben der Beklagten mit einem am 18. Juni 1996 bei ihr eingegangenen Schreiben nach dem Sachstand gefragt. Soweit in diesem Schreiben eine Erklärungsfrist bis 21. Juni 1996 gesetzt war, ist eine solche Frist sicherlich viel zu kurz bemessen gewesen. Die Beklagte war jedoch ohne Weiteres gehalten, unverzüglich auf diese Sachstandsanfrage zu antworten. Dies war für sie um so mehr geboten, als sie dem Kläger bereits keinen Abhilfebescheid übersandt, sondern diesen vielmehr eher beiläufig in einem Schriftsatz vom 29. April 1996 in dem einen anderen Streitgegenstand betreffenden Rechtsstreit der Beteiligten vor dem SG Hannover (Az.: S 6 J 213/95) darüber informierte, dass "indem hier anhängigen Widerspruchsverfahren bezüglich der Umwandlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Abhilfeentscheidung getroffen" sei. Die der Beklagten obliegende Beantwortung der Sachstandsanfrage hätte nach Lage des Falles innerhalb längstens 1 Woche bis maximal 10 Tagen erfolgen müssen - insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass ein Erlass des ausführenden Rentenbescheides unmittelbar bevorstand. Hätte die Beklagte dies dem Kläger unverzüglich mitgeteilt, wäre es nicht zu der Untätigkeitsklage gekommen.

5

Auf die weiteren Einzelheiten des Inhalts des abhanden gekommenen Schreibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom Juni 1996 kommt es nach Auffassung des Senats nicht an, so dass die Frage einer diesbezüglichen Verteilung der objektiven Beweislast nicht abschließend beantwortet zu werden braucht. Angesichts der Tatsache, dass der Beklagten dieses Schreiben bei Abfassung ihres Schriftsatzes vom 1. Oktober 1996 noch vorgelegen hat, es aber bereits im April 1997 aus den Verwaltungsakten verschwunden war (vgl. Verfügung des Kammervorsitzenden vom 8. April 1997), spricht manches dafür, dass hier die Beklagte im Falle der Nichterweislichkeit sich aus dem Schreiben ergebender Umstände dessen Folgen zu tragen gehabt hätte.