Finanzgericht Niedersachsen
v. 09.01.1996, Az.: X 135/91

Anspruch auf Befreiung des Betriebs eines Fischkutters zur Küsten- und Hochseefischerei von der Gewerbesteuer ; Von der Gewerbesteuer befreite Überlassung von Fangerlaubnissen; Einnahmen aus der Verpachtung eines Hochsee- und Küstenfischereibetriebs

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
09.01.1996
Aktenzeichen
X 135/91
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 1996, 16660
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0109.X135.91.0A

Fundstelle

  • EFG 1996, 1045-1047 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Gewerbesteuermessbetrag 1988 und 1989

Der X. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...,
den Richter am Finanzgericht ... und
den Richter am Finanzgericht ...
am 9. Januar 1996
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Befreiung des Betriebs eines Fischkutters zur Küsten- und Hochseefischerei von der Gewerbesteuer in den Streitjahren 1988 und 1989.

2

Die Klägerin betreibt an der Nordsee mit mehreren Fischkuttern ein Unternehmen der Küsten- und Hochseefischerei. Einen hierzu eingesetzten Kutter hatte sie 1980 zunächst an die holländische Firma "J." (Fa. J. & Söhne) verkauft. Im Januar 1988 schloß die Klägerin als Käuferin mit der Fa. J. & Söhne einen Kaufvertrag, demzufolge sie den mittlerweile in "Vertrauen" umbenannten Kutter zurückerwarb. Die Klägerin ließ den Kutter in das deutsche Seeschiffsregister eintragen, aktivierte ihn mit 200.000 DM und passivierte in gleicher Höhe ein im Kaufvertrag vereinbartes und an den Entzug der Fangerlaubnis geknüpftes Rückkaufsrecht der Fa. J. Der im Vertrag angegebene Kaufpreis von 200.000 DM wurde im Einvernehmen der Kaufvertragsparteien nicht gezahlt. Die Klägerin nahm in der Folgezeit auch keine Abschreibungen auf den Kutter vor.

3

Schiffsausrüstung und Fangabwicklung blieben vertragsgemäß der Fa. J. vorbehalten; in der Zusatzerklärung zum Schiffskaufvertrag vom 3. Januar 1988 heißt es dazu u.a.:

4

Die Unterzeichneten erklären, sie sind sich darüber einig, daß der obige Verkauf unter folgenden Voraussetzungen abgeschlossen wurde:

5

Die Partei A. (Fa. J. u. Söhne) behält die vollständige Verfügungsberechtigung über auszuführende Fangreisen, Schiffsunterhaltungsmaßnahmen usw., kurzum über alles, worüber sie vor der Übertragung des Fischkutters zu beschließen gewohnt

6

Partei B (die Gesellschafter der GbR H. Aalzucht - Küstenfischerei -) enthält sich sämtlicher Rechtshandlungen in Bezug auf den Fischkutter "Vertrowen", F-Nr: WR 126, ausgenommen aller Handlungen, die sich auf das Fischen unter deutscher Flagge beziehen.

7

Partei A. verpflichtet sich, Partei B. von allen Haftungsansprüchen der Gläubiger bezüglich Hauptforderungen und Zinsen im Innenverhältnis und soweit es sich um einzutragende Hypothekenrechte Dritter handelt, die über eine Befriedigung aus einem Versteigerungserlös des Fischkutters selbst hinausgehen, auch im Außenverhältnis freizustellen.

8

Die Parteien sind sich ferner darüber einig, daß im Vergleich zur Situation, wie sie vor dem Verkauf des Schiffes bestanden hat, nach dem Willen der Vertragschließenden der Partei B ein Nettoerlös von 7 % der jeweiligen Bruttoeinnahmesumme verbleiben und der Resteinnahmebetrag nach Abzug der Besatzungskosten und aller auf Grund deutscher Gesetze anfallender Abgaben sowie aller Aufwandserstattungen der Partei A für die Zurverfügungsstellung des Schiffes zustehen soll.

9

Die Vereinbarung wird zunächst für die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen. Sie verlängert sich stillschweigend um den Zeitraum von einem Jahr, wenn von den Beteiligten nichts anderes beschlossen wird.

10

An dem Fischkutter "Vertrowen" wird der Partei A ein unabdingbares Rückkaufsrecht garantiert, das innerhalb der Vertragsdauer von drei Jahren nur dann wahrgenommen werden darf, wenn ohne Verschulden der Beteiligten staatlicherseits ein Entzug der Fanggenehmigung vorgenommen wird.

11

Auf dem Kutter fischte eine Mannschaft unter einem von der Klägerin gestellten deutschen Kapitän. Die Anlandungen erfolgten stets in Holland an der Stelle, wo die Klägerin nach eigenen Angaben schon seit über 10 Jahren sämtliche Fischfänge anlandet. Der Sitz der Fa. J. & Söhne liegt nach Angaben der Klägerin ca. 100 km entfernt.

12

Nach ihren eigenen Mitteilungen trat die Klägerin am Markt als Fischlieferant auf und schrieb die Erlöse aus dem Fischfang zunächst ihrem Konto gut. Sodann führte sie sämtliche Lohnkosten ab, behielt 7 % des Umsatzes ein und überwies den Restbetrag an die Fa. J., die daraus noch sämtliche anfallenden Betriebskosten zahlte.

13

Im Mai 1989 erwarb die Fa. J. den Kutter "Vertrauen" unter Ausübung des Rückkaufsrechts zurück, nachdem der Klägerin das Fangrecht für das Schiff entzogen worden war. Der für diesen Veräußerungsvorgang vertraglich vorgesehene Preis von 200.000 DM wurde in gegenseitigem Einvernehmen wiederum nicht gezahlt.

14

Im Anschluß an den Rückerwerb schloß die Klägerin am 16. Mai 1989 einen Chartervertrag über den Kutter mit der Fa. J. ab und erhielt für das gecharterte Fahrzeug wie geplant erneut eine Fanggenehmigung. Schiffsausrüstung und Fangabwicklung blieben - wie bereits zuvor - der Fa. J. vorbehalten. Von den Erlösen aus dem Fischfang verblieben nunmehr 20 % bei der Klägerin, die die restlichen 80 % an die Fa. J. überwies. Aus den eigenen Anteilen zahlte die Klägerin lediglich den deutschen Kapitän, die Fa. J. & Söhne die Schiffsbesatzung.

15

Das beklagte Finanzamt (FA) wertete das Tätigwerden der Klägerin im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kutters nicht als gemäß § 3 Nr. 7 GewStG von der Gewerbesteuer befreite Küsten- und Hochseefischerei, sondern als entgeltliche Überlassung von Fischfangquoten und setzte deshalb gegen die Klägerin Gewerbesteuermeßbeträge in Höhe von 986 DM für 1988 und 1.320 DM für 1989 fest. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies es mit Einspruchsbescheid vom 11. Februar 1991 als unbegründet zurück.

16

Dagegen richtet sich die Klage.

17

Die Klägerin behauptet, der Kutter "Vertrauen" habe ihr als Ersatz für zwei etwa gleichzeitig verkaufte Fischkutter dienen sollen. Sie meint, sowohl die als Kaufvertrag als auch die als Chartervertrag bezeichnete Vereinbarung hätten die Nutzüberlassung der "Vertrauen" an die Klägerin zum Inhalt gehabt. Dabei habe die Fa. J. als Subunternehmerin Leistungsentgelte bezogen, während die Klägerin die Verfügungsgewalt über die Fangerlöse erhalten habe und schon deshalb als Betreiberin eines Betriebs der Küsten- und Hochseefischerei anzusehen sei. Ferner sei für die gewerbesteuerliche Einordnung von Bedeutung, daß die Klägerin den Kapitän des Kutters gestellt habe und damit nach der Verkehrsauffassung als Betreiberin des Schiffes gelte. Zudem sei zu beachten, daß die Klägerin die gefangenen Fische verkauft und die Erlöse zunächst vereinnahmt habe. Damit seien der Klägerin, die im Außenverhältnis unmittelbare Rechtsbeziehungen zu den Abnehmern gehabt habe, die Lieferungsentgelte zuzurechnen. Alleinige Verfügungsgewalt über die Bankkonten, auf die die Erlöse zunächst geflossen waren, habe die Klägerin gehabt, die allein habe entscheiden können, wann sie der Fa. J. ihren Anteil auszahlen wollte. Danach sei es bedeutungslos, daß der Klägerin jeweils nur ein fest bestimmter prozentualer Anteil am Erlös verblieben sei, während sie den Restbetrag an die Fa. J. habe abführen müssen.

18

Die Klägerin beantragt,

die Gewerbesteuermeßbescheide 1988 vom 29.01.1990 und 1989 vom 05.07.1990 und den Einspruchsbescheid vom 11.02.1991 ersatzlos aufzuheben.

19

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Es ist der Ansicht, die zwischen der Fa. J. und der Klägerin abgeschlossenen Verträge verdeckten als Scheingeschäfte die tatsächlich gewollte Überlassung von Fischfangrechten. Die Klägerin habe die ihr erreichbaren Fischfangquoten nicht voll ausschöpfen können, da ihr hierzu Schiff und Personal gefehlt hätten. Demgegenüber habe die Fa. J. & Söhne für die vollständige Ausnutzung ihres Ausrüstungspotentials zusätzliche Fischfangquoten gebraucht, die sie in Holland nicht habe bekommen können. Nur auf dieser Grundlage seien die Vereinbarungen verständlich. Das wirtschaftliche Risiko habe schon aufgrund der der Klägerin fest zugeteilten Umsatzquoten allein bei der Fa. J. gelegen, so daß die Klägerin keine gewerbesteuerfreien Einkünfte aus Hochsee- und Küstenfischerei habe erzielen können.

21

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen sowie auf den Inhalt der Steuerakten.

Entscheidungsgründe

22

Die Klage ist unbegründet.

23

Die Klägerin hat mit dem Fischkutter "Vertrauen" keine gemäß § 3 Nr. 7 GewStG gewerbesteuerfreie Küsten- und Hochseefischerei, sondern die gewerbliche und nicht von der Gewerbesteuer befreite Überlassung von Fangerlaubnissen betrieben.

24

Nach § 3 Nr. 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) ist die Hochsee- und Küstenfischerei von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie mit weniger als sieben im Jahresdurchschnitt beschäftigten Arbeitnehmern oder mit Schiffen betrieben wird, die eine eigene Triebkraft von weniger als 100 PS haben. Hierbei handelt es sich um eine sachliche Steuerbefreiung, die aber davon abhängig ist, daß der Betrieb die Hochsee- und Küstenfischerei unmittelbar selbst zum Gegenstand hat. So fallen z.B. in einem Gewerbebetrieb entstehende Einnahmen aus der Verpachtung eines Hochsee- und Küstenfischereibetriebs nicht unter die Befreiung (Glanegger/-Güroff, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl., § 3 Rn. 108; Blümich, Kommentar zu Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetzen, § 3 GewStG Rn. 13, 45; Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 3 Rn. 34).

25

Im hier zu entscheidenden Streitfall kann die Klägerin die Begünstigung des § 3 Nr. 7 GewStG für den Kutter "Vertrauen" nicht in Anspruch nehmen, da die von ihr ausgeübte Tätigkeit die Hochsee- und Küstenfischerei nicht unmittelbar zum Gegenstand hatte; denn die bloße Vereinbarung des Schiffsübereignungsvertrages (Kaufvertrag) vom Januar 1988 sowie dessen Zusatzerklärung führten nicht zu einer von der Klägerin mit dem Kutter betriebenen Küsten- und Hochseefischerei.

26

Tatsächlich war nämlich ein Kaufvertrag, wie die Klägerin selbst einräumt und wie auch aufgrund der Nichtzahlung des Kaufpreises und der fehlenden Absetzungen für Abnutzung ersichtlich ist, von den Vertragsparteien gar nicht gewollt. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) ist daher das durch den Kaufvertrag verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend. Für die Besteuerung dieses Rechtsgeschäfts ist, soweit sich aus der Vereinbarung selbst keine Anhaltspunkte ergeben, dessen tatsächliche Durchführung seitens der Beteiligten maßgeblich.

27

Nach diesen Kriterien ist das verdeckte Rechtsgeschäft nach Auffassung des Senats kein Miet- oder Pachtvertrag Über den Kutter mit der Klägerin als Mieterin oder Pächterin. Denn sowohl nach Inhalt als auch nach wirtschaftlicher Zielsetzung und tatsächlicher Durchführung war die Vereinbarung nicht auf die Nutzungsüberlassung des Schiffes an die Klägerin, sondern auf die Überlassung von Fischfangrechten an die Fa. J. & Söhne gerichtet.

28

Hierfür spricht bereits die Bedeutung des Fangrechts für die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß die Fa. J. & Söhne mit holländischen Fangrechten ihr Ausrüstungspotential nicht ausschöpfen konnte und daher zur besseren Verwertung dieses Potentials ein in das deutsche Seeschiffsregister eingetragenes und mit einer deutschen Fangerlaubnis ausgestattetes Schiff benötigte. Danach war der Wunsch der Fa. J. nach deutschen Fangrechten auslösendes Moment für die Vereinbarungen. Zwar wendet die Klägerin ein, auch sie habe sich - und zwar durch Abschluß eines Kaufvertrages - u.a. Fahrzeug- und damit Fangkapazitäten für die Zukunft sichern wollen. Hiergegen spricht jedoch bereits, daß eine Übereignung des Kutters, wie die Klägerin selbst erklärt, nicht ernstlich gewollt war und auch nicht durchgeführt wurde. Der Senat vermag diesem Argument daher kein Gewicht beizumessen.

29

Auf eine wesentlich durch die Erlangung der Fangrechte bestimmte Motivation weist auch das vertraglich vereinbarte "Rückkaufrecht" hin, dessen Ausübung allein von einem Entzug der Fangerlaubnis abhängig war. Tatsächlich führte der Entzug der Fanggenehmigung dann auch zu einer Neuordnung der vertraglichen Grundlage durch Abschluß einer Chartervereinbarung, die wiederum allein daran orientiert war, erneut eine Fangerlaubnis nach dem Seefischereigesetz zu erhalten.

30

Auch Art und Umfang der in Durchführung der Vereinbarungen tatsächlich übernommenen Aufgaben und Pflichten der Vertragsparteien machen deutlich, daß seitens der Klägerin eine entgeltliche Überlassung von Fangrechten und keine Pacht des Kutters vorlag. Denn tatsächlich war von den Vertragsparteien gar nicht beabsichtigt, an dem Betrieb des Kutters durch die Fa. J., wie er bereits zuvor jahrelang stattgefunden hatte, Überhaupt etwas zu ändern. Das zeigt sich insbesondere in der Zusatzerklärung zum Schiffskaufvertrag vom 3.1.1988.

31

Nach jener Zusatzerklärung, die vom Vertreter der Klägerin zu den Steuerakten gereicht wurde, auf deren Klausel hinsichtlich der Umsatzverteilung sich die Beteiligten ausdrücklich berufen und die inhaltlich zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, behielt die Fa. J. die "vollständige Verfügungsberechtigung" über Fangreisen, Schiffsunterhaltungsmaßnahmen usw., kurzum über alles, worüber sie vor der Übertragung des Fischkutters zu beschließen gewohnt war. Diese Klausel kann nach Auffassung des Senats nur dahingehend verstanden werden, daß die Fa. J., wie bereits zuvor, allein und ohne Beteiligung der Klägerin die Fangfahrten plante und durchführte und auch im übrigen über das Schiff genau so verfügen konnte, wie sie dies in den vorangegangenen Jahren getan hatte. Schon hierdurch wurde der Klägerin jegliche Möglichkeit genommen, das Schiff eigenverantwortlich zu betreiben, wie dies bei einem typischen Miet- oder Pachtvertrag der Fall gewesen wäre.

32

Ausgenommen waren nach dieser Vereinbarung nur Rechtshandlungen, die sich auf das Fischen unter deutscher Flagge bezogen. Diese Klausel muß in Zusammenhang mit dem vorgenannten Passus bezüglich der "Verfügungsberechtigung" aber so verstanden werden, daß hierdurch nur die Eintragung in das deutsche Seeschiffahrtsregister durch die Klägerin sichergestellt und der reibungslose Verkehr mit den deutschen Seeschiffahrtsbehörden gewährleistet werden sollte, soweit er der Fa. J. aufgrund des Betriebs des Kutters unter deutscher Flagge nicht möglich war. Ferner übernahm die Fa. J., durch die Freistellungsvereinbarung auch die volle Haftung für den Betrieb des Fischkutters im Innenverhältnis und in beschränktem Umfang auch im Außenverhältnis. Dadurch wälzte die Klägerin zumindest im Innenverhältnis das gesamte Haftungsrisiko auf die Fa. J. ab. Deshalb ist hier ohne Bedeutung, daß die Klägerin sich nach ihren Angaben wegen einer Verfehlung des deutschen Kapitäns in einer Seeamtsverhandlung verantworten mußte.

33

Schließlich übernahm die Klägerin auch eine verschuldensunabhängige Verpflichtung zum Schadensersatz für Handlungen, die der umfassenden "Verfügungsbefugnis" der Fa. J. & Söhne zuwiderliefen. Danach geht die Ansicht der Klägerin fehl, sie sei Betreiberin des Kutters, da dessen Kapitän von ihr angestellt und deshalb nur ihr gegenüber weisungsgebunden gewesen sei. Nach dem Inhalt der Zusatzvereinbarung hätte die Klägerin durch vom Willen der Fa. J. nicht gedeckte Weisungen an den Kapitän gegen deren Verfügungsberechtigung verstoßen und damit eine zum Schadensersatz verpflichtende Vertragsverletzung begangen. Ober die Zusatzvereinbarung war der Kapitän letztlich also den Weisungen der Fa. J. & Söhne unterworfen.

34

Anhaltspunkte dafür, daß die Vertragsparteien tatsächlich anders verfahren haben, als in der Zusatzerklärung vereinbart, sind nicht ersichtlich. Dies geht zu Lasten der Klägerin, die nach allgemeinen Regeln die objektive Feststellungslast für den Tatbestand einer Steuerbefreiung erfüllende Tatsachen tragt (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BStBl II 1983, 760).

35

Demgegenüber ist es für den Betrieb eines Gewerbes im Sinne des GewStG unerheblich, wenn der Verkauf des Fangs von der Klägerin getätigt wurde. Die Rechtsprechung des BFH zur Zurechnung von Lieferungsentgelten bei Eigenhandels-, Kommissions- und Provisionsgeschäften wurde zum Umsatzsteuerrecht entwickelt und enthält keine Aussage über die Qualifizierung von Tätigkeiten als bestimmte Gewerbe.

36

Auch die Tatsache, daß die Erlöse zunächst der Klägerin gutgeschrieben wurden, führt nach Meinung des Senats zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Tätigkeit der Klägerin wird dadurch bereits deshalb nicht zu einem Betrieb der Küsten- und Hochseefischerei, weil sie tatsächlich keineswegs die freie Herrschaftsgewalt über die Fangerlöse hatte. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin die Fische verkaufte und die Erlöse zunächst vereinnahmte, um vertragsgemäß zunächst den Kapitän entlohnen zu können. Sodann war sie - nach Abzug des ihr zustehenden Umsatzanteils - vertraglich verpflichtet, den Resterlös an die Fa. J. abzuführen und hatte insoweit keine freie Verfügungsbefugnis über die Einnahmen.

37

Für eine entgeltliche Überlassung von Fischfangrechten und gegen eine Pachtung des Kutters spricht auch die vereinbarte Umsatzverteilung. Hiernach verblieben der Klägerin lediglich 7 % des Umsatzes, während sie den Restbetrag abzuführen hatte. Folglich kam die Fruchtziehung weit überwiegend nicht, wie bei typischen Pachtverträgen üblich, der Klägerin, sondern im Gegenteil gerade der Fa. J. & Söhne zugute, die nach Auffassung der Klägerin als Verpächterin aufgetreten sein soll. Zwar kann im Rahmen eines Pachtvertrages der Pachtzins auch in einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes bestehen ("Umsatzpacht", vgl. Putzo in: Palandt, Kommentar zum BGB, 54. Aufl., § 581 Rn, 10). Hierbei ist jedoch zu beachten, daß nach dem gesetzlichen Leitbild des § 581 BGB die Fruchtziehung grundsätzlich dem Pächter verbleibt und eine weit überwiegende Vereinnahmung der aus der Fruchtziehung erzielten Erlöse durch den Verpächter diesem Leitbild zuwiderläuft. Diese Verkaufsweise legt vielmehr den Schluß auf eine Fruchtziehung nicht durch den Pächter, sondern durch den Verpächter nahe. Inhaltlich entspricht die Überlassung von nur 7 % des Umsatzes eher einer Verpachtung der Fangrechte der Klägerin an die Fa. J. & Söhne.

38

Auch der Abschluß des Chartervertrages vom Mai 1989 an Stelle des Kaufvertrages vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Denn diese Vereinbarung diente allein dazu, die entzogenen Fangrechte zurückzuerhalten, und war nach Art. 11 des Vertrages wiederum an den Fortbestand der Fangerlaubnis gebunden. An den gegenseitigen Rechten und Pflichten sowie der tatsächlichen Durchführung des Vertrages änderte sich nach eigenen Angaben der Klägerin nichts mit Ausnahme der Tatsache, daß die Umsatzverteilung geringfügig geändert wurde. Nach dem Vortrag der Klägerin entsprach der hinzugekommene Anteil von 13 % wirtschaftlich aber etwa den zuvor verausgabten und nun aus diesem Anteil zu begleichenden Lohnaufwendungen. Im übrigen könnte auch bei einer Verteilung von 20 % zu 80 % eine dem Leitbild des Pachtvertrages angenäherte Gestaltung nicht festgestellt werden.

39

Nach der gesamten Vertragsgestaltung und der tatsächlichen Durchführung der Vereinbarung betrieb die Klägerin mit dem Kutter "Vertrauen" daher keine Hochsee- und Küstenfischerei, sondern die entgeltliche Überlassung von Fangrechten zur Nutzung durch die Fa. J. & Söhne. Infolge dessen kommt eine Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 GewStG nicht in Betracht.

40

Die Überlassung der Fangrechte stellt auch ein Gewerbe im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG dar. Es handelt sich um eine von der Klägerin selbständig und nachhaltig mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführte Tätigkeit, nicht aber um die Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit. Auch liegt keine bloße Vermögensverwaltung vor. Schließlich hat sich die Klägerin auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Hierfür ist nach der zutreffenden ständigen Rechtsrechung des BFH (vgl. Urteile vom 24.01.1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798; vom 02.09.1988 III R 58/85, BStBl II 1989, 24) ausreichend, wenn der Steuerpflichtige selbständig für einen einzigen Vertragspartner tätig wird, soweit er nach außen hin als eine Person in Erscheinung tritt, die nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht die Tätigkeit ausüben will. Dies hat die Klägerin getan.

41

Die Klage war daher mit der sich aus § 135 FGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

42

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO i.V.m. § 90 a Abs. 2 Nr. 1 FGO.

43

Gegen den Gerichtsbescheid ist die Revision zugelassen worden.