Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.01.1996, Az.: V 128/92

Nachweis der Verfolgung ausschließlich begünstigter Zwecke für eine Steuerbefreiung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
18.01.1996
Aktenzeichen
V 128/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18725
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0118.V128.92.0A

Verfahrensgegenstand

Umsatzsteuer 1984-1990

Amtlicher Leitsatz

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG setzt den Nachweis der Verfolgung ausschließlich begünstigter Zwecke voraus

In dem Rechtsstreit
hat der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 18. Januar 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vizepräsidentin des Finanzgericht ... als Vorsitzende
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtliche Richterin ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Der Streitwert wird auf ... festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der seiner Satzung nach kirchliche und soziale Zwecke verfolgt. Er ist Mitglied des Verbandes ..., der seinerseits Mitglied des ... der ... in ... ist. Der Kläger erwarb in ... ein größeres Gebäude, das er in ein Haus für Tagungen und Begegnungen umbaute. Das Haus wird insbesondere genutzt für Pastorenrüsttage, Fastenwochen, Familien- und Weihnachtsfreizeiten sowie für sogenannte Einkehrtage. Daneben überläßt der Kläger das Haus auch anderen freikirchlichen Gemeinden für deren Zwecke. Aus dem Betrieb des Hauses erzielt der Kläger Einnahmen, insbesondere aus der Unterbringung und Verpflegung der Veranstaltungsteilnehmer, die zwischen Selbstversorgung, Teilverpflegung und Vollpension wählen können.

2

Für die Streitjahre 1984 bis 1987 und 1989 bis 1990 gab der Kläger keine Umsatzsteuererklärungen ab. Für das Streitjahr 1988 erklärte er Umsätze mit einem ermäßigten Steuersatz. Der Beklagte schätzte die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1984 bis 1987 sowie 1989 bis 1990, unterwarf die 1988 erklärten Umsätze dem Regelsteuersatz und setzte die Umsatzsteuer jeweils entsprechend fest.

3

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, die von ihm ausgeführten Umsätze seien gemäß § 4 Nr. 18 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit. Zur Begründung verweist er auf seinen religiös geprägten Vereinszweck und die sich aus seinem Verständnis kirchlicher Tätigkeit in der heutigen Gesellschaft ergebenden Aufgabenstellungen. Im Hinblick auf diese Begründung im einzelnen wird auf den zu den Gerichtsakten gelangten Schriftsatz vom 19. März 1992 Bezug genommen.

4

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer für die Jahre 1984 bis 1990 jeweils auf 0 DM festzusetzen.

5

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er vertritt den Standpunkt, daß sich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG nur auf Umsätze aus der Wohlfahrtspflege erstrecke, nicht aber auf Umsätze, die sich aus einer kirchlichen oder religiösen Zweckbestimmung ergaben. Darüber hinaus erfülle der Betrieb des Gästehauses nicht die Anforderungen an einen Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 ff. Abgabenordnung (AO).

7

Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer ... sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

8

Der Berichterstatter hat den Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit Verfügung vom 15. Juni 1995 aufgefordert, darzulegen und Beweis dafür anzutreten, daß

  • die Leistungen des Klägers unmittelbar dem nach seiner Satzung begünstigten Personenkreis zugute gekommen sind und
  • die Entgelte für die in Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückgeblieben sind. Hierfür hat er ihm eine Frist gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zum 10. August 1995 gesetzt. Der Prozeßbevollmächtigte hat daraufhin die Satzung des Klägers, Preislisten des Gästehauses für die Jahre 1988 bis 1996, ein Gastgeberzeichnis der Städte ... sowie die Belegungspläne des Gästehauses für die Jahre 1987 bis 1994 vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf das zu den Gerichtszuakten gelangte Anlagenkonvolut Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist unbegründet.

10

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG sind nicht nachgewiesen. Zwar ist der Kläger durch seine Mitgliedschaft im Verband Freikirchlicher Diakoniewerke mittelbar auch dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland e.V. und damit einem amtlich anerkannten Verband der Freien Wohlfahrtspflege angeschlossen. Auf die Frage, ob der Kläger auch Leistungen der Freien Wohlfahrtspflege erbringt, kommt es dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nach nicht an (vgl. Hofmann in Plückebaum-Malitzky, UStG, § 4 Nr. 18 Anmerkung 4).

11

Der Kläger hat aber nicht nachgewiesen, daß er ausschließlich kirchlichen Zwecken gedient hat. Da er eine Steuerbefreiung der von ihm ausgeführten Umsätze begehrt, trägt er im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Steuerbefreiung die Darlegungs- und Beweislast. Für die Streitjahre 1984 bis 1986 hat der Kläger keinerlei Unterlagen vorgelegt, so daß für den erkennenden Senat nicht nachzuvollziehen gewesen ist, ob der Kläger in diesem Zeitraum ausschließlich kirchlichen Zwecken gedient hat. Das selbe gilt im Ergebnis auch für die übrigen Streitjahre. Die vorgelegten Belegungslisten des Klägers beweisen nicht, daß er ausschließlich kirchlichen Zwecken gedient hat. Vielmehr lassen sogar eine Vielzahl von Veranstaltungen hieran Zweifel berechtigt erscheinen. Insoweit sei verwiesen auf folgende Veranstaltungen:

12

Landesverkehrswacht ... (05.04. bis 12.04.1987), Verein für Heilpädagogik ... (04.05. bis 13.05.1987), Lebenshilfe ... (13.05. bis 22.05.1987, 12.04. bis 15.04.1988, 01.06. bis 10.06.1988), Lehrertagung (13.11. bis 15.11.1987), Suchtberatung ... (21.11. bis 22.11.1987), Mitarbeiterschulung für Ausländer (06.06. bis 09.06.1988), Mitarbeiter ... (26.09. bis 28.09.1988), DLRG-Schulung ... (12.11. bis 13.11.1988), Orchestermusikschule ... (14.01. bis 15.01.1989), Inselfahrschüler ... (15.02. bis 10.02.1989), Frauenselbsthilfegruppe ... (24.02. bis 26.02.1989), Inselfahrschüler ... (02.03. bis 05.03.1989), Landesverkehrswacht ... (28.03. bis 04.04.1989), Gesamtschule ... (08.05. bis 12.05.1989), Wandergruppe ... (29.09. bis 01.10.1989), Schülertreffen ... (21.10. bis 22.10.1989), Musikschule ... (19.01. bis 21.01.1990), Frauenselbsthilfegruppe ... (24.09. bis 27.09.1990). Darüber hinaus ist nicht bewiesen, daß es sich bei den zahlreichen sogenannten Einkehrtagen für Einzelpersonen und Familien um die Verfolgung kirchlicher Zwecke gehandelt hat.

13

Eine Steuerermäßigung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG scheidet ebenfalls aus, weil der Kläger nicht nachgewiesen hat, ausschließlich kirchliche Zwecke zu verfolgen.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

15

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13 Abs. 2, 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).