Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.01.1996, Az.: VII 284/92

Einkünfteerzielung aus gewerblichem Grundstückshandel; Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung; Drei-Objekt-Grenze; Erwerb eines Grundstücks in Veräußerungsabsicht zur Substanzwertsteigerung; Bedeutung eines Zeitraums von elf Jahren zwischen Erwerb und Veräußerung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
16.01.1996
Aktenzeichen
VII 284/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1996, 18634
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1996:0116.VII284.92.0A

Fundstellen

  • DB (Beilage) 1997, 11 (Kurzinformation)
  • EFG 1996, 431-432 (Volltext mit amtl. LS)
  • IBR 1997, 88 (Volltext mit red. LS u. Anm.)

Verfahrensgegenstand

Gewerblicher Grundstückshandel

Einkommensteuer 1979 und 1984

Redaktioneller Leitsatz

Je größer die Zahl der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge an Grundstücken ist, desto eher ist anzunehmen, dass der Steuerpflichtige die Grundstücke in der Veräußerungsabsicht zur Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen angeschafft hat. Ein weiteres Indiz für einen Erwerb der Grundstücke zum Zweck der Weiterveräußerung ist der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung.

In dem Rechtsstreit
hat der VII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 16. Januar 1996,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Zeitungsverleger
ehrenamtliche Richterin ... Innenarchitektin
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Einkommensteuer 1979 und die Einkommensteuer 1984 werden wird auf 0 DM herabgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist für die Kläger wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 21.000 DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aus der Veräußerung des Hauses H. im Jahre 1979 und der Veräußerung des Hauses B. im Jahre 1984 Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel erzielt hat. Die Kläger wurden als Eheleute in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

2

Der Kläger war seit 1970 in verschiedenen Unternehmen in der Baubranche, und zwar als Grundstücksmakler, Baubetreuer und Finanzierungsvermittler tätig, u.a. gründete er zusammen mit seiner Ehefrau im Jahre 1976 die Firma L. GmbH in N..

3

1.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 16.10.1970 erwarben der Kläger sowie A. je zur ideellen Hälfte das Grundstück ..., H. zu einem Kaufpreis von 50.000 DM. Bei diesem Grundstück handelte es sich um ein Mietwohngrundstück mit sieben möblierten Zimmern mit Naßzellen bzw. Appartements. An diesem Gebäude wurden im Jahre 1972 Baumaßnahmen im Sinne des § 82 a EStDV durchgeführt, deren Kosten sich auf ca. 47.000 DM beliefen, sowie weitere Bauarbeiten, deren Kosten ca. 10.000 DM betrugen. Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 15.11.1972 erwarb der Kläger von Herrn A. den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück ..., H. zum Preise vom 75.000 DM. Die Übergabe erfolgte zum 01.01.1973.

4

Die Zinsen für das zur Finanzierung des Grundstückerwerbs aufgenommenen Darlehen beliefen sich auf 3.894 DM in 1979. Die Mieteinnahmen betrugen 32.376,50 DM.

5

Der Kläger veräußerte das Hausgrundstück mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 19.07.1979 für 476.500 DM. Von dem Kaufpreis entfiel ein Teilbetrag in Höhe von 56.500 DM auf das mitveräußerte Mobiliar.

6

2.

Der Kläger erwarb am 06.09.1971 ein unbebautes Grundstück in Ho., das er im Jahre 1972 mit einem Einfamilienhaus bebaute. Dieses Haus diente der Familie des Klägers im wesentlichen als Wochenendhaus. Daneben wurde es jedoch auch an Personen aus dem Bekanntenkreis des Klägers vermietet. Die Veräußerung erfolgte im Januar 1975.

7

3.

Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 08.10.1971 das Grundstück Z. zum Preis von 45.000 DM. An diesem Gebäude wurden in den Jahren 1972 bis 1989 größere Reparaturen durchgeführt. Das Gebäude wurde am 28.08.1989 veräußert.

8

4.

Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 15.12.1972 das Grundstück B. als gemischt-genutztes Grundstück. Die Übergabe erfolgte zum 01.01.1973. Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 146.151 DM. Im Zeitpunkt des Erwerbes befanden sich in diesem Gebäude acht Wohnungen und ein Kontor sowie im Erdgeschoß ein nicht vermieteter Werkstattraum. Das Objekt wurde einschließlich einer Leibrentenverpflichtung zugunsten eines früheren Eigentümers (Herrn K.) sowie einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in der Gestalt eines Wohnungsrechtes (Frau H.) erworben. Im Jahre 1973 begann der Kläger mit Bauarbeiten, um das Gebäude zu einem Appartementhaus mit 28 Wohneinheiten umzugestalten. Diese Arbeiten wurden im Jahre 1974 abgeschlossen. Die Herstellungskosten beliefen sich auf 245.746 DM in 1974. Daneben tätigte der Kläger 1974 Aufwendungen im Sinne des § 82 a EStDV in Höhe von 174.672 DM. Weiter schaffte der Kläger in 1974 Einrichtungsgegenstände für das Gebäude in Höhe von 70.840 DM an. Im Jahre 1979 ließ der Kläger in dem Gebäude neue Fenster einbauen. Die Aufwendungen beliefen sich auf rd. 186.000 DM nebst weiterer Reparaturaufwendungen in Höhe von rd. 10.000 DM. Die Aufwendungen für Instandhaltung betrugen im Jahr 1982 ca. 40.000 DM. Bezüglich der Einnahmen und Ausgaben ergab sich folgende Entwicklung:

MietenZinsenÜberschuß lt. FA-Veranlagung
1979 114.396 DM23.693 DM12.423 DM
1980 110.116 DM18.761 DM16.932 DM
1981 128.437 DM17.084 DM38.189 DM
1982 118.979 DM15.325 DM24.068 DM
1983 120.024 DM13.474 DM5.705 DM.
9

Der Kläger veräußerte das Hausgrundstück mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.03.1984 an die Firma D. GmbH, hinter der A. stand, zum Preis von 1,7 Mio. DM. Die Restkaufpreiszahlung und die Übergabe des Hauses erfolgte am 20.08.1984. Die Firma D. GmbH veräußerte dieses Gebäude mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 25. August 1984 zum Preise von 1.620.000 DM an die Firma L. GmbH.

10

5.

Der Kläger erwarb am 06.10.1972 das Grundstück in R. und errichtete darauf ein Gebäude mit acht Eigentumswohnungen. Sechs Wohnungen wurden im Jahre 1973 und zwei im Jahre 1975 veräußert. Der Kläger behandelte den Erwerb und die Veräußerung des Gebäudes bzw. der Eigentumswohnungen als betriebliche Vorgänge.

11

6.

Der Kläger erwarb am 01.03.1973 das Grundstück in Oo.. Dieses Grundstück wollte der Kläger zunächst selbst mit einem Wohnhaus bebauen und die darin befindlichen Mietwohnungen langfristig vermieten. Eine entsprechende Baugenehmigung wurde von ihm am 14.03.1973 bei der Stadt ... beantragt.

12

Mit Kaufvertrag vom 09.11.1976 veräußerte der Kläger dieses Grundstück jedoch an eine Miteigentümergemeinschaft. Die Miteigentümer verpflichteten sich im Kaufvertrag, auf dem Grundstück nach Abgabe der Teilungserklärung durch den Kläger als Baubetreuer insgesamt acht Eigentumswohnungen zu bauen.

13

7.

Der Kläger erwarb am 17.05.1973 das Grundstück P. nebst dem darauf im Bau befindlichen Einfamilienhaus. Er stellte das Haus fertig und veräußerte es durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 01.08.1974. Diese Veräußerung behandelte der Kläger als Spekulationsgeschäft nach §§ 22 Nr. 2 i.V.m. 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a EStG und erklärte einen Gewinn in Höhe von 1.025 DM.

14

8.

Der Kläger erwarb am 23.07.1974 das Hausgrundstück J. und führte in den Jahren 1974/75 unterschiedliche Bauarbeiten durch. In dem Gebäude befanden sich Appartements, die vermietet waren, die Familienwohnung der Kläger sowie Büros der .... Das Gebäude wurde 1988 veräußert.

15

9.

Der Kläger erwarb in 1969 und 1979 jeweils das hälftige Miteigentum an dem Grundstück L.. Er führte 1979 umfangreiche Bauarbeiten durch. Auf dem Grundstück befindet sich eine Wohnung und ein Lagerplatz, der seit 1979 an die L. vermietet ist.

16

10.

17

Der Kläger erwarb 1978 das Hausgrundstück Li. und führte 1979 umfangreiche Bauarbeiten durch. Das Gebäude, in dem sich ein Restaurant und Wohnungen befinden, ist vermietet.

18

11.

Der Kläger erwarb zusammen mit Herrn T. als Gesellschafter der F. GbR am 13.11.1981 das unbebaute Grundstück K., das er am 28.11.1983 an insgesamt 12 Miteigentümer veräußerte. Darunter war auch der Kläger. Fünf weitere Miteigentumsanteile verblieben beim Kläger und Herrn T. als Gesellschafter der F. GbR. Nach § 1 des notariell beurkundeten Kaufvertrages sollte der Grundbesitz mit einer Appartementhausanlage mit 17 Appartements als Wohneigentum bebaut werden.

19

Nach § 2 des notariell beurkundeten Vertrages vom 28.11.1993 verpflichteten sich die Miteigentümer, das für sie bestimmte Appartement nebst Garage durch den Kläger als Baubetreuer erstellen zu lassen.

20

Der Kläger veräußerte seine Eigentumswohnung im Gebäude K., mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 02.01.1987 an Herrn T..

21

Der Kläger erklärte bezüglich des Hausgrundstücks B. in O. sowie des Hausgrundstücks H. in O. jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

22

Im Anschluß an eine in den Jahren 1984 bis 1986 durchgeführte Außenprüfung vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, die Grundstücksverkäufe ab 1974 seien im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels zu erfassen. Für den Beginn des gewerblichen Grundstückshandels stellte das FA auf die Verkaufstätigkeiten bezüglich der Eigentumswohnungen (01.07.1974) ab. Den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks H. im Jahre 1979 ermittelte das FA mit 276.224 DM, den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks B. einschließlich Inventar im Jahre 1984 mit 1.360.374 DM.

23

Bezüglich des Grundstücks H. ermittelte das FA einen Einlagewert zum 01.07.1974 in Höhe von 227.952 DM. Der Buchwert des Gebäudes zum 01.01.1979 betrug nach den Berechnungen des FA 200.276 DM. Bei einem Verkaufserlös in Höhe von 456.500 DM ergab sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 276.224 DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnungen wird auf die Tz. 49 bis 70 des Bp.-Berichtes vom 02.09.1986 auf ABR-Nr. 850-13/84 GEW (OS) Bezug genommen.

24

Bezüglich des Hausgrundstückes B. in O. ermittelte das FA einen Einlagewert zum 01.07.1974 in Höhe von 168.000 DM. Davon entfielen 58.000 DM auf Grund und Boden und 110.000 DM auf das Gebäude. Zum 31.12.1982 belief sich nach der Berechnung des FA der Buchwert des Hausgrundstücks B. auf 306.552 DM und der Buchwert der Einrichtung und des Inventars auf 8.957 DM. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für das Hausgrundstück B. legte das FA einen Veräußerungserlös in Höhe von 1,7 Mio. DM zugrunde und setzte davon den Buchwert - jeweils zum 01.01.1984 - des Gebäudes in Höhe von 280.191 DM des Inventars in Höhe von 1.435 und des Grund und Bodens in Höhe von 58.000 DM ab. Damit ergab sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.360.374 DM. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Tz. 71 bis 128 des Bp.-Berichts vom 02.09.1986 Bezug genommen.

25

Die Grundstücke B. und H. wurden vom FA bei den Einkünften aus VuV nicht berücksichtigt. Das FA vertrat die Auffassung, es handele sich bei den beiden Objekten B. und H. um Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels. Die laufenden Aufwendungen und Einnahmen berücksichtigte es bei den gewerblichen Einkünften des Klägers, die AfA für die beiden Gebäude und die Einrichtung und die Abschreibung nach § 82 a EStDV wurde nicht gewährt. Für 1979 ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 18.544 DM und eine Einkommensteuer von 2.454 DM. Für 1984 belief sich das zu versteuernde Einkommen gemäß dem im Einspruchsverfahren geänderten Einkommensteuerbescheid 1984 vom 17.09.1990 auf 1.295.490 DM und die Einkommensteuer auf 694.854 DM.

26

Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1979 und 1984 vom 13.01.1987 wenden sich die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit ihrer Klage. Der Kläger räumte ein, einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben zu haben, er habe jedoch die Objekte B. und H. in O. unter dem Gesichtspunkt einer langfristigen Vermögensanlage zu Zwecken der Alterssicherung erworben. Diese beiden Objekte seien Privatvermögen und nicht Betriebsvermögen des gewerblichen Grundstückshandels. Seine Frau habe Häuser in O. geerbt, so daß es aus diesem Grunde nahegelegen habe, den Immobilienbesitz dort aufzustocken. Zudem habe sein Schwiegervater, Herr T., in O. gelebt. Er habe ihn bei der Auswahl der Objekte beraten sowie zusätzliche Verwaltungsarbeiten übernommen. Beim Kauf des Hauses "B." habe Herr T. seinerzeit sogar für die übernommene Leibrentenverpflichtung die selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen, was sich aus § 16 des Kaufvertrages vom 15.12.1972 ergebe.

27

Im übrigen könne auch ein gewerblicher Grundstückshändler Grundstücke im Privatvermögen halten. Die fraglichen Grundstücke B. sowie H. seien eindeutig seinem Privatvermögen zuzuordnen. Beide Objekte seien im Zeltpunkt der Veräußerung langjährig vermietet gewesen, das Objekt H. knapp sieben und das Objekt B. mehr als 12 Jahre.

28

Der Grund für die Veräußerung des Grundstücks H. im Jahre 1979 habe darin bestanden, daß weitere Erhaltungsaufwendungen (neue Wohnungsgrundrisse und bessere Naßzellen) erforderlich gewesen seien und bei der Verwaltung der Kleinstwohnungen die gleichen Probleme wie bei dem Objekt B. aufgetreten seien. Das Objekt B. sei im Jahre 1984 veräußert worden, da die arbeitsintensive Verwaltung der Kleinappartements, die bis dahin durch den Schwiegervater des Klägers erfolgt sei, von diesem nach zwei Herzinfarkten nicht mehr habe geleistet werden können. Die Verwaltung und Überwachung des Objekts von N. aus sei nur unter großen Schwierigkeiten möglich gewesen, so daß er sich aus diesem Grunde auch von dieser Immobilie getrennt habe. Der Erwerber, die Firma D. GmbH, habe das Gebäude B. in Wohneigentum aufteilen wollen. Das habe sich jedoch als äußerst schwierig erwiesen, weil die Wände zu dünn gewesen seien. Die Firma D. habe sich getäuscht gefühlt. Um weiteren Streit zu vermeiden, habe die Firma L. das Gebäude von der D. GmbH erworben.

29

Das FA hat nach Hinweis durch den Berichterstatter für das Streitjahr 1984, in dem der Kläger seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt hat, eine Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 192.585 DM ermittelt und am 03.07.1995 einen entsprechend geänderten ESt-Bescheid 1984 erlassen, den die Kläger gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht haben. Nach diesem Bescheid beläuft sich das zu versteuernde Einkommen auf 1.099.505 DM und die Einkommensteuer auf 584.926 DM.

30

Die Kläger beantragen,

die geänderten Einkommensteuerbescheide 1979 und 1984 vom 13.01.1987 i.d.F. des Einspruchsbescheids vom 06.05.1992 in der Weise abzuändern, daß bei der Einkommensteuerfestsetzung für 1979 ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 276.224 DM und bei der Einkommensteuerfestsetzung 1984 ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.167.789 DM außer Ansatz bleibt.

31

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

32

Es hält an seiner Auffassung fest, die in den Jahren 1979 und 1984 veräußerten Hausgrundstücke B. sowie H. seien im Rahmen des vom Kläger betriebenen gewerblichen Grundstückshandel zu erfassen. Der Kläger habe in den Jahren 1971 bis einschließlich 1984 insgesamt 36 Objekte veräußert (acht Eigentumswohnungen R. in L., das Einfamilienhaus P. in L., ein Einfamilienhaus in H., acht Miteigentumsanteile an dem Grundstück Oo. das Grundstück H., 17 Appartements im Rahmen einer 50 %igen Beteiligung an der F. bR und das Hausgrundstück B.O.). Die Anzahl der vom Kläger getätigten Grundstücksveräußerungen übersteige die Anzahl von vier Objekten, ab der nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen sei, ganz erheblich. Die intensive Veräußerungstätigkeit und der Umstand, daß der Kläger als Grundstückmakler tätig sei, ließen auf einen Gewerbebetrieb schließen. Der Umstand, daß der Kläger die Grundstücksgeschäfte L. und N. als betriebliche Vorgänge, die übrigen Grundstücksgeschäfte hingegen als private Vorgänge behandelt habe, sei ohne Bedeutung. Dasselbe gelte für die Einlassung des Klägers, er habe die fraglichen Grundstücke nicht veräußern, sondern nur durch langfristige Vermietung nutzen wollen. Die innere Einstellung des Klägers beim Kauf bzw. Verkauf von Grundstücken könne nur anhand objektiver Tatsachen beurteilt werden. Bei den fraglichen Hausgrundstücken handele es sich nicht um solche, die der Kläger nachweisbar zum Zwecke der Vermögensanlage errichtet habe. Die fraglichen, in O. gelegenen Grundstücke seien zwar sieben bzw. 12 Jahren durch Vermietung genutzt worden. Auch längerfristig gehaltener Grundbesitz sei jedoch dann dem gewerblichen Bereich zuzuordnen, wenn dafür besondere Umstände sprächen. Diese bestünden im Streitfall in der höheren Anzahl der veräußerten Objekte und der hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers im Baubereich. Zudem habe der Kläger die fraglichen Hausgrundstücke in O. in erheblichem Umfang modernisiert bzw. instand gesetzt.

33

Die Gewinne aus der Veräußerung der Grundstücke H. und B. seien nicht zu hoch angesetzt worden. Die gewerbliche Tätigkeit des Klägers habe spätestens am 01.07.1974 begonnen. Da der Kläger im August 1973 die erste Eigentumswohnung im Hause L., R., veräußert habe, sei als Beginn des Grundstückshandels eher der August 1973 anzusetzen. Spätestens in dem Zeitpunkt, in dem der Kläger mit der Errichtung der Eigentumswohnungen in L. begonnen habe, habe er auch in der mindestens bedingten Absicht gehandelt, diese Wohnungen zu veräußern und Gewinn zu erzielen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 a EStG hätten Wertsteigerungen bei dem Grundstück B. (angeschafft am 01.01.1973) und dem hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück H. (angeschafft am 16.10.1970) nicht berücksichtigt werden dürfen. Der gewerbliche Grundstückhandel sei vom Kläger kontinuierlich mit der Veräußerung des Einfamilienhauses H. am 19.01.1975, der Veräußerung des unbebauten Grundstücks Oo. im Jahre 1976 einschließlich der aktiven Mitwirkung an der sich anschließenden Bebauung dieses Grundstücks, der Veräußerung des Mietwohngrundstücks H. im Jahre 1979 sowie den Aktivitäten im Rahmen der F. GbR zur Veräußerung von 17 Objekten in den Jahren 1983 und 1984 und schließlich der Veräußerung des gemischt-genutzten Grundstücks B., im März 1984 fortgesetzt worden. Der Kläger verkenne den Umfang des Betriebsvermögens eines gewerblichen Grundstückshandels. Bei einem gewerblichen Grundstückshandel sei die Zugehörigkeit der Grundstücke zum notwendigen Betriebsvermögen zu unterstellen. Eine Aussonderung einzelner Grundstücke sei nach § 344 Abs. 1 HGB grundsätzlich nicht zulässig. Eine Ausnahme gelte beim Grundstückshandel lediglich für die von der Familie des Steuerpflichtigen auf Dauer bewohnten Gebäude. Lediglich diese gehörten zum Privatvermögen. Diese Ausnahme treffe jedoch auf das Einfamilienhaus in H. nicht zu, da es von der Familie des Klägers allenfalls vorübergehend (zwei Jahre als Ferienhaus) genutzt worden und zudem auch an fremde Dritte vermietet worden sei. Dem Kläger sei nicht der Nachweis gelungen, daß die in den Streitjahren 1979 und 1984 veräußerten Grundstücke eindeutig dem Privatvermögen zuzuordnen seien. Wegen der durch die geschäftstypische Betätigung bedingten Nähe zum Gewerbebetrieb des Klägers sei es daher sachlich gerechtfertigt, die Grundstücke B. sowie H. in O. im Betriebsvermögen des gewerblichen Grundstückhandels zu erfassen.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist begründet.

35

Das FA ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß bei dem gewerblichen Grundstückshandel, den der Kläger betrieben hat, auch das Grundstück B. in O. zu erfassen ist.

36

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG liegt ein Gewerbebetrieb vor bei einer selbständigen nachhaltigen Betätigung, die in Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist; ferner darf die Betätigung keine private Vermögensverwaltung sein. Private Vermögensverwaltung ist anzunehmen, wenn Ankauf und Veräußerung lediglich den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen. Tritt dagegen nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz entscheidend in den Vordergrund, so liegt gewerblicher Grundstückshandels vor (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. BFH-Urteil vom 17.02.1993, BFH/NV 1994, 84, 86).

37

Für die Beurteilung, ob die Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen im Vordergrund stehen, ist u.a. die Zahl der veräußerten Objekte von Bedeutung. Je geringer die Zahl der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge ist, desto weniger deutet dies auf eine Absicht des Steuerpflichtigen hin, die Grundstücke als Handelsobjekte zu erwerben. Daher sind nach der Rechtsprechung Veräußerungen bis zu drei Objekten stets der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen. Gewerblichen Charakter können die Grundstücksgeschäfte erst erlangen, wenn mehr als drei Objekte verkauft werden und objektive Beweisanzeichen dafür vorliegen, daß die Grundstücke bereits in Veräußerungsabsicht erworben worden sind. Dabei genügt es, wenn der Steuerpflichtige beim Erwerb die Veräußerung nur erwogen hat, ggf. neben der Absicht, das Grundstück z.B. durch Verpachtung zu nutzen. Je größer die Zahl der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge ist, desto eher ist dagegen anzunehmen, daß der Steuerpflichtige die Grundstücke in der Veräußerungsabsicht zur Ausnutzung von Substanzwertsteigerungen angeschafft hat. Ein weiteres Indiz für einen Erwerb der Grundstücke zum Zweck der Weiterveräußerung ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung. Der Bundesfinanzhof hat in Fällen, in denen der Steuerpflichtige auf dem erworbenen Grundstück Häuser oder Eigentumswohnungen errichtet hatte, einen Zusammenhang zwischen Erwerb und Verkauf "jedenfalls" dann "noch" als gegeben erachtet, wenn die Zeitspanne zwischen der Fertigstellung der Objekte und deren Verkauf nicht mehr als fünf Jahre betrug (vgl. BFH-Urteil vom 17.02.1993, BFH/NV 1994, 84, 86). Der Fünfjahreszeitraum bilde jedoch keine absolute Grenze; Objekte die nach mehr als fünf Jahren seit Fertigstellung veräußert würden, hätten nicht generell außer Betracht zu bleiben. Die Folge eines über fünf Jahre hinausgehenden Zeitraums zwischen Fertigstellung und Veräußerung sei lediglich die, daß sich die von dem zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung für eine bedingte Veräußerungsabsicht verringere und für die Annahme eines Gewerbebetriebs daher ggf. weitere für die Gewerblichkeit sprechende Umstände (z.B. höhere Anzahl der veräußerten Objekte oder hauptberufliche Tätigkeit im Baubereich) stärker hervortreten müßten (vgl. BFH, BStBl 1990, 1060).

38

Außerdem seien Veräußerungen von - zuvor erworbenen - unbebauten Grundstücken nicht mit der Veräußerung von Grundstücken gleichzusetzen, die der Steuerpflichtige nach Erwerb bebaut hat. Würden bebaute Grundstücke nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums veräußert, könne dies für die Absicht des Steuerpflichtigen sprechen, das Grundstück dauerhaft zu vermieten, also durch Fruchtziehung zu nutzen (vgl. BFH/NV 1994, 84, 86).

39

Im Streitfall ist zu berücksichtigen, daß der Kläger, der als Baubetreuer und als Grundstücksmakler eine Tätigkeit in der Baubranche ausübt, insgesamt 36 Objekte in dem Zeitraum von 1971 bis 1984 veräußert hat. Daneben zu beachten ist jedoch auch der Umstand, daß zwischen dem Erwerb des bebauten Grundstücks B. mit Vertrag vom 15.12.1972 und dessen Veräußerung mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.03.1984 ein Zeitraum von elf Jahren und drei Monaten lag.

40

Schließlich besteht die Vermutung des § 344 HGB, wonach die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig gelten. Diese Zugehörigkeitsvermutung, die insbesondere bei branchengleichen Wirtschaftsgütern anzunehmen ist, rechtfertigt sich aus der Nähe der Tätigkeit zum gewerblichen Betrieb und der Schwierigkeit, einzelne Wirtschaftsgüter oder Geschäfte als Privatangelegenheiten auszusondern.

41

In Anbetracht des langen Zeitraums von elf Jahren und drei Monaten zwischen dem Erwerb des Grundstücks B. und dessen Veräußerung ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger beim Erwerb dieses Hauses neben der Absicht das Grundstück durch Verpachtung zu nutzen, eine bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hätte.

42

Insoweit nimmt der Senat auf das BMF-Schreiben vom 20.12.1990, BStBl I 1990, 884 betreffend die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel Bezug. Nach Tz. 28 des genannten Schreibens sind Objektveräußerungen, die unter Tz. 2 fallen - das sind Fälle, in denen bebaute Grundstücke bis zum Verkauf während eines langen Zeitraums (mindestens zehn Jahre) durch Vermietung oder zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind - nicht in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen. Ob dieser Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen ist, kann der Senat dahinstehen lassen. Jedenfalls besteht bei einer Vermietungsdauer von über zehn Jahren keine Vermutung mehr dafür, daß auch ein solches Objekt noch zum gewerblichen Grundstückshandel zu rechnen ist. Für die gegenteilige Annahme trägt das FA in vollem Umfang die Feststellungslast.

43

Im Streitfall ergeben sich jedoch auch aus der Art und Weise der Finanzierung des Hauses B. wie dem Umstand, daß der Kläger jedenfalls seit 1979 Überschüsse aus dem fraglichen Objekt erwirtschaftet hat, keine Anhaltspunkte dafür, daß der Erwerb des Hauses in bedingter Veräußerungsabsicht erfolgt wäre. Damit ist das Objekt B. nicht in den gewerblichen Grundstückshandel des Klägers miteinzubeziehen. Dafür, daß der Kläger das Grundstück B. zum 01.07.1974 in seinen gewerblichen Grundstückshandel eingelegt hat, wie das FA meint, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr 1984 ist antragsgemäß zu vermindern. Statt dessen ist das Objekt B., bei dem die Kläger für 1984 einen Werbungskostenüberschuß in Höhe von 52.642 DM erklärt haben, bei den Einkünften aus VuV zu berücksichtigen.

44

Infolge der Verminderung der gewerblichen Einkünfte um 1.167.789 DM ergibt sich eine Einkommensteuer 1984 von 0 DM.

45

Dagegen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger das Hausgrundstück H. in bedingter Veräußerungsabsicht erworben hat. Dieses Objekt hat der Kläger zwar annähernd neun Jahre bzw. bezüglich des erst im Jahre 1972 erworbenen hälftigen Miteigentumsanteils annähernd sieben Jahre in Eigentum gehabt und durch Vermietung genutzt. Der Bundesfinanzhof hat jedoch zutreffend ausgeführt, die Folge eines über fünf Jahre hinausgehenden Zeitraums zwischen Erwerb und Veräußerung bestehe lediglich darin, daß sich die von dem zeitlichen Zusammenhang ausgehende Indizwirkung für eine bedingte Veräußerungsabsicht verringere und für die Annahme eines Gewerbebetriebs daher ggf. weitere für die Gewerblichkeit sprechende Umstände (z.B. höhere Anzahl der veräußerten Objekte oder hauptberufliche Tätigkeit im Baubereich) stärker hervortreten müßten.

46

Diese Umstände sind Jedoch im Streitfall gegeben. Aufgrund der großen Anzahl der Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge und der hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers in der Baubranche ergeben sich objektive Beweisanzeichen dafür, daß das Grundstück H. in Veräußerungsabsicht erworben worden ist.

47

Anhaltspunkte dafür, daß der vom FA mit 276.224 DM ermittelte Veräußerungsgewinn zu Lasten der Kläger zu hoch berechnet worden wäre, liegen nicht vor. Die Einkommensteuer 1979 ist jedoch deshalb auf 0 DM herabzusetzen, weil das FA für 1979 den vom Kläger erklärten Werbungskostenüberschuß für das Objekt B. (164.817 DM) zu Unrecht nicht bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt hat. Dieses Objekt ist wie bereits ausgeführt, bei den Einkünften aus VuV und nicht beim gewerblichen Grundstückshandel zu erfassen. Das FA hat zwar die laufenden Aufwendungen für das Hausgrundstück B. bei den gewerblichen Einkünften erfaßt, jedoch die begehrte AfA nach § 7 Abs. 4 EStG (für das Gebäude 8.849 DM, Abschreibung nach § 82 a EStDV 17.467 DM, AfA Einrichtung 7.815 DM) versagt, weil es sich um Umlaufvermögen handele.

48

Die AfA für das Gebäude samt Einrichtung ist jedoch im Rahmen der Einkünfte aus VuV zu gewähren (§ 7 Abs. 4 und Abs. 1 EStG, § 82 a EStDV).

49

Damit vermindert sich das zu versteuernde Einkommen für 1979 entsprechend, so daß die Einkommensteuer 1979 ebenfalls 0 DM beträgt, selbst wenn der Veräußerungsgewinn für das Objekt H. um 20.300 DM (Tz. 60 des Ap.-Berichts vom 02.09.1986) zu niedrig angesetzt sein sollte.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. § 709 ZPO.

51

Die an die Kläger zu erstattenden Kosten belaufen sich auf ca. 21.000 DM.

52

Eine Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da der Sache nach Auffassung des Senats keine grundsätzliche Bedeutung zukam.

53

Die Revision ist nicht zugelassen worden.