Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.06.1995, Az.: 1 W 49/95

Erstattungsfähigkeit der Mehrkosten im Fall eines Anwaltswechsels; Beweislast für die Unvorhersehbarkeit des Widerspruchs; Widerspruch gegen einen Mahnbescheid

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.06.1995
Aktenzeichen
1 W 49/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 28981
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0613.1W49.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Wenn der Gläubiger keine Anhaltspunkte dafür hat, dass nicht mit einem Widerspruch zu rechnen ist, muss er von vornherein einen am Gerichtsstand des Schuldners zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen.

Gründe

1

Der Senat hat in seinem Beschluss vom 21. Dezember 1992 - 1 W 1O3/92 in einem vergleichbar gelagerten Fall Folgendes ausgeführt:

"Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass die durch den Anwaltswechsel nach dem Mahnverfahren der Klägerin entstandenen Mehrkosten nicht gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO erstattungsfähig sind. Es handelt bei den Kosten des Mahnanwalts vorliegend nicht um Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Aus der Akte ergeben sich keine Hinweise darauf, ob die Klägerin mit einem Widerspruch der Beklagten gegen den Mahnbescheid rechnen musste. Die Parteien haben weder vorprozessuale Korrespondenz mit Einwendungen der Beklagten gegen die beanspruchte Provisionsrückzahlung vorgelegt, noch etwas dazu vorgetragen, wie sich die Beklagte vor Einreichung des Mahnantrages zu dem von der Klägerin behaupteten Anspruch gestellt hat. Auf die Widerspruchserwartung kommt es aber für den Gläubiger bei der Aus-wahl des Rechtsanwaltes an, durch den er sich im Mahnverfahren vertreten lässt. Nur wenn der Gläubiger mit einem Widerspruch nicht rechnen muss, kann er einen beliebigen Rechtsanwalt, auch einen solchen an seinem eigenen Wohnsitz, wählen. Nur in den Fällen entstehen dem Schuldner keine vermeidbaren Mehrkosten durch die Wahl des Rechtsanwalts für das Mahnverfahren. Wenn nach den Umständen des konkreten Falles und dem bisherigen Verhalten des Schuldners mit einem Widerspruch zu rechnen ist, muss der Gläubiger zur Vermeidung von Mehrkosten sogleich einen beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt mandatieren. Die Beweislast für die Unvorhersehbarkeit des Widerspruchs liegt beim Gläubiger (Zöller, ZPO, 17.

Aufl., § 91 Rn. 13 m.w.N."Mahnverfahren"; anderer Auffassung OLG Oldenburg, 2 W 61/79 in Anwaltsblatt 198O, 516). Für eine solche Verteilung der Darlegungslast spricht, dass die Partei, die zwei Rechtsanwälte bemüht hat, insoweit auch dartun muss, dass sie mit einem Widerspruch nicht rechnen musste. Im Übrigen ist die Frage, ob mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu rechnen war, aus der Sicht des Gläubigers zu beurteilen. Dementsprechend kann die größere Sachnähe des Schuldners in diesem Fall nicht seine Darlegungspflicht begründen. Schließlich ergibt sich eine Darlegungspflicht des Schuldners nicht aus § 689 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach der Gläubiger den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides an das Amtsgericht, bei dem er und nicht der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zu richten hat. Wenn der Gläubiger keine Anhaltspunkte dafür hat, dass nicht mit einem Widerspruch zu rechnen ist, muss er von vornherein einen Rechtsanwalt beauftragen, der ihn auch im Streitverfahren beim allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners weiter vertreten kann. Tut er das nicht, kann der Anwaltswechsel, der dadurch erforderlich wird, dass der Mahnanwalt beim Streitgericht nicht zugelassen ist, nicht im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO als notwendig anerkannt werden."

2

An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

3

Danach ist auch im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass die Einschaltung der Verkehrsanwälte notwendig war; denn auch hier sind von der Klägerin Umstände, die die Erwartung hätten begründen können, dass kein Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt werden würde, nicht vorgetragen. Dass die Rechtsverteidung des Beklagten - wie später durch den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Landgerichts ausgesprochen worden ist - ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg war, reicht insoweit für sich genommen nicht aus. Die gerichtliche Praxis zeigt, dass nicht selten auch in nicht Erfolg verheißenden oder sogar aussichtslosen Verfahren Widerspruch gegen einen Mahnbescheid eingelegt wird, mag es auch nur sein, um noch in den gemäß des damit verbundenen Zeitgewinns zu gelangen.