Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 21.06.1995, Az.: 2 U 83/95
Krankentagegeldanspruch für den Beruf eines nicht ausübenden Selbstständigen; Brandschaden als Ursache der Schließung; Geltendmachung eines Versicherungsfalls
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 21.06.1995
- Aktenzeichen
- 2 U 83/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 28906
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0621.2U83.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 9 AGBG
Amtlicher Leitsatz
Kein Krankentagegeldanspruch für seinen Beruf nicht ausübenden Selbst- ständigen, der seinen Betrieb vor dem Versicherungsfall zumindest vor- übergehend aus anderem Grund (Brandschaden) geschlossen hat.
Gründe
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Krankenhaustagegeld, weil ursächlich für die zumindest vorübergehende Schließung seines Unternehmens nicht seine Erkrankung, sondern ein Brandschaden war.
§ 15 a MBKT sieht vor, dass das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit endet, und nach § 1 Abs. 1 der AVB der Beklagten ist versicherungsfähig nur, wer seinen Beruf als Selbstständiger ausübt und einkommensteuerpflichtig ist oder wer in einem festen Arbeitsverhältnis steht und lohnsteuerpflichtig ist. Diese Bestimmung über eine selbsttätige Vertragsbeendigung ist zwar wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Aus dem Vertragszweck, krankheits- bzw. unfallbedingtem Verdienstausfall zu begegnen, folgt aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, dass keine Leistungspflicht des Versicherers besteht, wenn ursächlich für die Erwerbslosigkeit nicht die Erkrankung ist (vgl. BGH VersR 1992, 477 [BGH 22.01.1992 - IV ZR 59/91] u. 479, OLG Nürnberg, NJW-RR 1995, 164 [OLG Nürnberg 21.07.1994 - 8 U 222/94]; Urteil des Senats vom 20.5.1992, RuS 1992, 246).
Ausgehend von dem Vorbringen in der Berufung war ursächlich dafür, dass der Kläger seinen Barbetrieb nicht fortführen und die angrenzende Dirnenunterkunft nicht vermieten konnte, nicht durch den Sturz vom 28.1.1993 bedingte und bis zum 8.7.1994 andauernde Krankheit. Vielmehr ist der Betrieb wegen eines Brandes am 25./26.12.1992, also bereits vor der Erkrankung, zumindest vorübergehend geschlossen worden. Eine Baugenehmigung für den Wiederaufbau des nach dem Brand abgerissenen Hauses Nr. 147 ist erst am 30.12.1994 beantragt und bisher nicht erteilt worden.
In diesem Haus befand sich der Barbetrieb, der nach dem Vorbringen des Klägers Voraussetzung für die Vermietung der unmittelbar angrenzenden Dirnenunterkunft in dem durch den Brand ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Haus Nr. 145 war. Ursächlich dafür, dass der Bauantrag erst am 30.12.1994 gestellt worden ist, war nach dem Vorbringen der Berufung, dass Veränderungen an den Baulichkeiten erst nach Abschluss eines Beweissicherungsverfahrens gegen den Abbruchunternehmer vorgenommen werden durften, dass die letzte Einschätzung der Feuerversicherung abgewartet werden musste, die erst im Jahre 1994 erfolgte, und dass der nicht versicherte Sachschaden am Inventar mehr als 500.000,- DM betrug. Ausgehend hiervon bedarf die im ersten Rechtszug vorrangig erörterte Frage, ob der Kläger nach dem Brandschaden (zunächst) beschlossen hatte, seine Tätigkeit als Bordellwirt endgültig aufzugeben, und beabsichtigte, die Geschäftsgebäude zu verkaufen, keiner Erörterung. Da der Kläger seine bisherige Erwerbstätigkeit vor Eintritt des Versicherungsfalls jedenfalls vorübergehend aufgegeben hatte, ist kein Raum für Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung, solange diese vorübergehende Erwerbslosigkeit auch ohne die Erkrankung angedauert hätte.