Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 20.06.1995, Az.: 2 W 63/95
Erstattungsfähigkeit erstinstanzlicher Vollstreckungskosten bei zweitinstanzlichem Vergleich ohne ausdrückliche Regelung über die Vollstreckungskosten; Eindeutige Regelung der Parteien über die Erstattungsfähigkeit von Vollstreckungskosten
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 20.06.1995
- Aktenzeichen
- 2 W 63/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 29088
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:0620.2W63.95.0A
Rechtsgrundlage
- § 788 Abs. 2 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Keine Erstattung erstinstanzlicher Vollstreckungskosten bei zweitinstanzlichem Vergleich ohne ausdrückliche Regelung über die Vollstreckungskosten.
Gründe
Ob und in welchem Umfang der Gläubiger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil hat, wenn die Parteien im Berufungsrechtszug einen Vergleich schließen, ist streitig. Zum Teil wird vertreten, der Kläger könne die Kosten erstattet verlangen, die bei einer Vollstreckung in Höhe des Vergleichsbetrags entstanden wären (OLG Stuttgart RPfl 1994, 118; OLG Hamburg JurBüro 1991, 1132; OLG Hamburg JurBüro 1981, 1397, 1398) oder die der Quote des Vergleichsbetrags zu dem Betrag aus dem erstinstanzlichen Urteil entsprechen (OLG Bremen MDR 1987; 1854 OLG Schleswig JurBüro 1987, 1814). Nach anderer Ansicht hat der Kläger in derartigen Fällen, sofern der Vergleich keine andere Regelung enthält, dagegen keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung, weil das Urteil als Vollstreckungstitel durch den Vergleich aufgehoben worden ist (OLG Karlsruhe MDR 1994, 733, 734 [OLG Karlsruhe 03.05.1994 - 3 W 31/94]; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 1150 [OLG Karlsruhe 05.06.1989 - 15 W 23/89]; OLG Hamm MDR 1993, 917 [OLG Hamm 21.09.1992 - 23 W 456/92]; OLG Celle NdsRpfl 1989, 59; OLG Köln JurBüro 1982, 1085; KG MDR 1979, 408).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Das vorläufig vollstreckbare erstinstanzliche Urteil ist durch den Vergleich ersetzt worden. Es stellt deshalb keine Grundlage für eine Zwangsvollstreckung mehr dar. Aus der Regelung des § 788 Abs. 2 ZPO folgt mittelbar, dass die Klägerin in diesem Fall die Kosten einer bereits durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht erstattet verlangen kann. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn die Parteien die Erstattung der Zwangsvollstreckungskosten in dem Vergleich eindeutig geregelt haben. Eine derartige Regelung haben die Parteien hier nicht getroffen. Sie liegt nicht bereits in der Vereinbarung über die Kosten des Rechtsstreits, die ohnehin gegeneinander aufgehoben worden sind. Denn dazu gehören die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht, wie auch die besondere Regelung des § 788 ZPO zeigt. Der Vergleich kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Kosten der Zwangsvollstreckung jedenfalls in der Höhe zu erstatten sind, die bei einer Vollstreckung nur in Höhe des Vergleichsbetrags entstanden wären. Denn die vergleichsweise Anerkennung eines in der erstinstanzlichen Entscheidung ausgeurteilten Betrags kann nicht ohne weiteres dem Fall gleichgestellt werden, dass das erstinstanzliche Urteil durch ein Urteil der zweiten Instanz teilweise bestätigt wird. Anlass für den Abschluss eines Vergleichs ist nämlich in vielen Fällen nicht die Überzeugung der beklagten Partei von der Berechtigung der vergleichsweise anerkannten Forderung. Motiv für den Vergleich ist vielmehr oft das Bestreben der Parteien, ihre Meinungsverschiedenheiten mit dem Ziel einer weiteren Zusammenarbeit gütlich zu bereinigen. Dementsprechend wird häufig wie auch im vorliegenden Fall auf eine Verzinsung des titulierten Betrags zumindest für die Vergangenheit verzichtet. Bereits das deutet darauf hin, dass gerade keine Ansprüche aus der Verletzung der Leistungspflicht für die Vergangenheit hergeleitet werden sollen. Dem würde es aber widersprechen, wenn nach dem Vergleich noch Kosten einer vorherigen Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil geltend gemacht werden könnten. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass in einen Vergleich häufig Forderungen einbezogen werde, die überhaupt nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils waren. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Kostenfestsetzungsbeamten, auf Grund außerhalb des Wortlauts des Vergleichs liegender Umstände zu ermitteln, inwieweit die Parteien das erstinstanzliche Urteil auch als Vollstreckungsgrundlage bestätigen wollten. Das muss sich vielmehr für das Kostenfestsetzungsverfahren zweifelsfrei aus dem Wortlaut des Vergleichs selbst ergeben. Die klagende Partei, die trotz des Vergleichs auf eine Erstattung der Kosten einer bereits durchgeführten Zwangsvollstreckung besteht, muss deshalb dafür sorgen, dass insoweit eine eindeutige Regelung in den Vergleich aufgenommen wird.
Das ist ihr auch zuzumuten. Denn ihr ist bei Abschluss des Vergleichs bekannt, ob und in welchem Umfang bereits Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden sind. Zumindest ihrem Prozessbevollmächtigten muss auch bewusst sein, dass die dadurch verursachten Kosten nicht von der Vereinbarung über die Kosten des Rechtsstreits erfasst werden.