Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.08.2010, Az.: 6 B 149/10
Bindung von Lehrkräften an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote unter Berücksichtigung von Beobachtungen im Unterricht sowie der Lernentwicklung und Leistungsentwicklung; Berücksichtigung von die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigenden Lücken im fachspezifischen Grundwissen bei der Notenbildung; Berücksichtigung von einer in einigen zuletzt erbrachten Leistungen erkennbaren negativen Tendenz bei der Notenbildung; Begründungspflicht eines tragfähigen Grundes für die Abweichung vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild durch eine Lehrkraft; Verwaltungsgerichtliche Überprüfbarkeit einer Entscheidung der Klassenkonferenz über die Zulassung eines nicht versetzten Schülers zur Nachprüfung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 10.08.2010
- Aktenzeichen
- 6 B 149/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 30127
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2010:0810.6B149.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 59 Abs. 4 S. 1 NSchG
- § 60 Abs. 1 Nr. 2 NSchG
- § 2 Abs. 1 DVVO
- § 2 Abs. 2 S. 1, 2 DVVO
- § 3 Abs. 1 DVVO
- § 4 Abs. 2 Nr. 1 DVVO
- § 5 DVVO
- § 19 Abs. 1 S. 1 DVVO
- § 19 Abs. 2 Hs. 1 DVVO
- Art. 3 Abs. 1 GG
Fundstelle
- SchuR 2013, 82
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Lehrkräfte sind bei der Vergabe von Zeugnisnoten nicht strikt an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote gebunden. Sie haben bei der Notenvergabe in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vorzunehmen, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtigt.
- 2.
Bei der Notenbildung dürfen die Lehrerinnen und Lehrer auch bestehende Lücken im fachspezifischen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können. Außerdem darf in die Notenbildung einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen. Auf dieser Grundlage kann die Lehrkraft auch dazu berechtigt sein, die Endnote bei rechnerischen Durchschnittsnoten zwischen "ausreichend" und "mangelhaft" für ein Versetzungszeugnis auf "mangelhaft" festzusetzen.
- 3.
Dass ein tragfähiger Grund für die Abweichung vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild oder für dessen Ergänzung besteht, hat die Lehrkraft nachvollziehbar zu begründen.
- 4.
Die Entscheidung der Klassenkonferenz, den nicht versetzten Schüler nicht zur Nachprüfung zuzulassen, ist vom Verwaltungsgericht nur eingeschränkt überprüfbar.
Gründe
Der Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn (vorläufig) am Unterricht der 8. Jahrgangsstufe teilnehmen zu lassen bzw. für ihn - hilfsweise - eine Nachprüfung zuzulassen, ist nicht begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Dazu muss der Antragsteller grundsätzlich glaubhaft machen, dass die gerichtliche Entscheidung eilbedürftig ist (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch besteht (Anordnungsanspruch). Besondere Anforderungen gelten für den Fall, dass die begehrte Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Da die einstweilige Anordnung grundsätzlich nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes ausgesprochen werden darf, ist sie in diesen Fällen nur möglich, wenn sonst das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt würde. So darf die Entscheidung in der Hauptsache ausnahmsweise vorweggenommen werden, wenn ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde und wenn es dem Antragsteller darüber hinaus schlechthin unzumutbar wäre, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. z.B. VG Braunschweig, B. v. 19.08.2003 - 6 B 315/03 -, www.dbovg.niedersachsen.de - im Folgenden: dbovg - = NVwZ-RR 2004, 110 [VG Braunschweig 19.08.2003 - 6 B 315/03]; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rn. 190 ff.). Diese Anforderungen sind nicht erfüllt.
Der Eilantrag des Antragstellers ist auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Eine die Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Anordnung erhöhende Vorwegnahme der Hauptsache liegt schon dann vor, wenn die begehrte Entscheidung des Gerichts dem Antragsteller für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens die Rechtsposition vermitteln würde, die er in der Hauptsache anstrebt (vgl. Nds. OVG, B. v. 23.11.1999 - 13 M 3944/99 -, NVwZ-RR 2001, 241; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 179 f.). Dies ist hier der Fall. Der Antragsteller will mit dem Hauptantrag seine vorläufige Teilnahme am Unterricht der 8. Klasse und damit für die Dauer des Hauptsacheverfahrens diejenige Rechtsposition erreichen, die er im Hauptsacheverfahren anstrebt (vgl. VG Braunschweig, B. v. 10.09.2004 - 6 B 321/04 -, dbovg; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 1399, 1401). Auch mit der hilfsweise beantragten Zulassung zur Nachprüfung würde die insoweit in der Hauptsache angestrebte Entscheidung vorweggenommen.
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde und damit die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen bei einem auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichteten Eilantrag von einem Anordnungsanspruch ausgegangen werden kann. Nach den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der Widerspruch und eine eventuell nachfolgende Klage gegen die vom Antragsgegner verfügte Nichtversetzung in die 8. Klasse (1.) und auf Zulassung zur Nachprüfung (2.) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg hätten.
1.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung, den Antragsteller nicht zu versetzen, sind die Regelungen in § 59 Abs. 4 Satz 1 und § 60 Abs. 1 Nr. 2 NSchG i.V.m. der Verordnung über die Durchlässigkeit sowie über Versetzungen und Überweisungen an allgemeinbildenden Schulen (DVVO) vom 19. Juni 1995 (Nds. GVBl. S. 184), in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Konferenzentscheidung geltenden Fassung zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. April 2009 (Nds. GVBl. S. 150). Danach kann ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 DVVO ist eine Schülerin oder ein Schüler des Gymnasiums vom 7. in den 8. Schuljahrgang zu versetzen, wenn die Leistungen in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern mindestens mit "ausreichend" bewertet worden sind. Mangelhafte Leistungen in zwei Fächern können durch befriedigende Leistungen in zwei Ausgleichsfächern ausgeglichen werden, wenn eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Satz 2 sowie § 5 DVVO). Nach diesen Regelungen und dem gegenwärtigen Sachstand hat die Klassenkonferenz zutreffend auf die Nichtversetzung des Antragstellers erkannt.
Der Antragsteller kann die mangelhaften Leistungen in den Fächern Mathematik und Französisch nicht mit Ausgleichsfächern, in denen er mindestens befriedigende Leistungen gezeigt hat, kompensieren. Im Gymnasium können die Leistungen in den Fächern Deutsch, den Pflicht- und Wahlpflichtfremdsprachen sowie Mathematik nur untereinander ausgeglichen werden (§ 5 Abs. 2 DVVO). Als Ausgleichsfächer für den Antragsteller kämen danach nur die Fächer Deutsch und Englisch in Betracht. In diesen beiden Fächern sind seine Leistungen aber ausweislich des ihm am 23. Juni 2010 ausgestellten Zeugnisses lediglich mit "ausreichend" bewertet worden.
Dass die Fachlehrkräfte die Leistungen des Antragstellers in den Fächern Französisch und Mathematik jeweils mit der Note "mangelhaft" bewertet haben, ist auch unter Berücksichtigung seiner Einwände voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden. Die der Versetzungsentscheidung der Klassenkonferenz gemäß § 3 Abs. 1 DVVO zugrunde zu legenden Leistungsbewertungen sind vom Verwaltungsgericht nur beschränkt überprüfbar. Den Fachlehrern steht hinsichtlich der Leistungsbewertung ein Beurteilungsspielraum zu, soweit sie auf pädagogischen Beurteilungen beruht. Eine unabhängig vom Bezugs- und Vergleichsrahmen der Lehrkräfte erfolgende Leistungsbewertung durch das Gericht würde die Maßstäbe verzerren, einzelnen Schülern die Bewertung nach besonderen Kriterien eröffnen und damit letztlich den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen. Soweit der pädagogische Beurteilungsspielraum reicht, darf das Gericht die Leistungsbewertungen lediglich darauf überprüfen, ob sie auf der Grundlage eines fehlerfreien Bewertungsverfahrens zustande gekommen und ob die Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten worden sind, weil die Lehrkräfte von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde und damit willkürliche Erwägungen angestellt haben (vgl. Nds. OVG, B. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 -, dbovg; VG Braunschweig, B. v. 27.08.2004 - 6 B 339/04 -, dbovg). Nach diesen Grundsätzen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Leistungsbewertungen in den Fächern Französisch und Mathematik rechtsfehlerhaft sind.
Der Antragsteller kann nicht erfolgreich geltend machen, aus den vergebenen Teilnoten für seine mündlichen und schriftlichen Leistungen im Fach Französisch ergebe sich rechnerisch die Note "ausreichend". Dass die Fachlehrerin gleichwohl die Note "mangelhaft" vergeben hat, entspricht den anerkannten Bewertungsgrundsätzen, ist nicht willkürlich und lässt auch keine anderen Bewertungsfehler erkennen.
Die Lehrkräfte sind bei der Vergabe von Zeugnisnoten nicht strikt an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote gebunden (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, B. v. 10.10.1991 - 9 S 2336/91 -, NVwZ-RR 1992, 189, 191; BayVGH, B. v. 02.01.2002 - 7 ZE 01.2889 -, SchuR 2002, 192, 193; U. v. 17.10.2003 - 7 B 02.2186 -, SchuR 2005, 107 f.[VGH Bayern 17.10.2003 - 7 B 2186/02]; Brockmann in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand Juni 2010, § 34 Anm. 3.5.1.1; s. auch Nds. OVG, B. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 -, dbovg). Nach dem Erlass des Kultusministeriums über "Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen" vom 24. Mai 2004 (SVBl. S. 305, in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Erlass vom 08.04.2009 - SVBl. S. 171 - geänderten Fassung) sind die in den Zeugnissen festzuhaltenden Bewertungen nicht nur auf der Grundlage der mündlichen, schriftlichen und anderer fachspezifischer Lernkontrollen vorzunehmen. Ihnen sind vielmehr auch die Beobachtungen im Unterricht zugrunde zu legen; die Bewertung hat sich außerdem nicht nur auf die Leistungen, sondern auch auf die Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers zu beziehen (vgl. Nr. 3.1 Sätze 1 und 2 des Erlasses "Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen", a.a.O. - im Folgenden: Zeugniserlass -). Insgesamt müssen die Zeugnisse -und damit auch die in ihnen dokumentierten Einzelnoten - den Stand der Lern- und Leistungsentwicklung der Schülerin oder des Schülers unter Berücksichtigung des durchlaufenen Lernprozesses wiedergeben (vgl. Nr. 1.1 Satz 1 des Zeugniserlasses). Die am Ende eines Schuljahres zu vergebende Zeugnisnote hat die Lernentwicklung und die Leistungen während des gesamten Schuljahres - also einschließlich des ersten Schulhalbjahres - zu berücksichtigen (vgl. Nr. 3.1 Satz 3 des Zeugniserlasses).
Die dargestellten Regeln sind für alle Lehrkräfte in Niedersachsen bindend (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 NSchG) und somit als allgemein anerkannte Grundsätze der Notenbildung anzusehen. Aus ihnen und dem pädagogischen Auftrag der Lehrkräfte (§ 50 Abs. 1 Satz 1 NSchG) ergibt sich, dass die Lehrerinnen und Lehrer bei der Notenvergabe in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vorzunehmen haben, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtigt. Dies kann die Lehrkraft im Einzelfall zur Festsetzung einer Gesamtnote berechtigen, die von der sich rechnerisch aus den erbrachten Leistungen ergebenden Durchschnittsnote abweicht. Die bei der Notenbildung neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Kriterien der Lernentwicklung und der Beobachtungen im Unterricht berechtigen die Lehrkräfte zum Beispiel auch dazu, pädagogische Gesichtspunkte wie die fehlende Leistungsbereitschaft der Schülerin oder des Schülers einzubeziehen (vgl. VG Braunschweig, B. v. 16.08.2004 - 6 B 318/04 -, dbovg; ebenso BayVGH, B. v. 02.01.2002, a.a.O.). Darüber hinaus dürfen die Lehrkräfte beispielsweise bestehende Lücken im fachspezifischen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können (vgl. BayVGH, B. v. 02.01.2002, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, a.a.O., S. 191). Insbesondere darf in die Notenbildung auch einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen. Darüber hinaus sind für die Bildung der Gesamtnoten im Rahmen von Notenzeugnissen auch die den Teilnoten zuerkannten Notentendenzen - also ein der Notenbezeichnung beigefügtes Plus oder Minus (wie z.B. "schwach ausreichend" oder "5+") - zu berücksichtigen (ebenso BayVGH, U. v. 17.10.2003, a.a.O.; Brockmann, a.a.O.).
Diese Grundsätze können vor allem bei rechnerischen Durchschnittsnoten zwischen "ausreichend" und "mangelhaft" als Grundlage für eine Versetzungsentscheidung dazu führen, dass die Lehrkraft die Endnote gleichwohl auf "mangelhaft" festsetzen darf, wenn die Lernentwicklung eine deutlich negative Tendenz zeigt und gravierende Lücken im fachspezifischen Grundwissen der Schülerin oder des Schülers festzustellen sind (s. auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Dass ein in diesem Sinne tragfähiger Grund für die Abweichung vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild oder für dessen Ergänzung besteht, hat die Lehrkraft nachvollziehbar zu begründen. Den Kriterien einer deutlich negativen Leistungstendenz und gravierender Defizite im fachspezifischen Grundwissen gerade bei Notenbildungen für eine Versetzungsentscheidung maßgebliche Bedeutung einzuräumen, ist auch sachgerecht und damit nicht willkürlich. Für die Versetzungsentscheidung der Klassenkonferenz ist nach den Vorgaben der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung maßgeblich, ob von der Schülerin oder dem Schüler im höheren Schuljahrgang eine erfolgreiche Mitarbeit erwartet werden kann (vgl. § 4 Abs. 2 DVVO). Dann ist es aber auch sachlich gerechtfertigt, bei der Vergabe der Einzelnoten negative Tendenzen der Lernentwicklung und gravierende Defizite in den fachbezogenen Grundkenntnissen zu berücksichtigen. Denn schon die Einzelnoten sollen nach Sinn und Zweck der Regelungen in der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung eine tragfähige Einschätzung darüber ermöglichen, ob die Schülerin oder der Schüler nach dem Stand der Lern- und Leistungsentwicklung den Anforderungen der nächsthöheren Klasse gewachsen ist.
Nach diesen Maßstäben lässt die von der Fachlehrerin Frau E. vergebene Note im Fach Französisch keine Bewertungsfehler erkennen. Die Lehrkraft ist damit zwar von der rechnerischen Durchschnittsnote der im gesamten Schuljahr gezeigten mündlichen und schriftlichen Leistungen abgewichen, wie die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Lehrkraft in ihrer Stellungnahme vom 21. Juni 2010 selbst eingeräumt hat. Dies ist aber im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Lehrerin hat neben den mündlichen Leistungen im Unterricht und den schriftlichen Leistungen auch die Mappenführung sowie Vokabeltests bei der Notenbildung berücksichtigt. Bei diesen zusätzlichen Bewertungskategorien handelt es sich um andere fachspezifische Lernkontrollen bzw. Leistungen, auf die nach den Vorgaben des Zeugniserlasses bei der Bildung der Zeugnisnoten zurückzugreifen ist (vgl. Nr. 3.1 Satz 1 des Zeugniserlasses und VG Braunschweig, B. v. 25.11.1998 - 6 A 61196/97 - sowie Brockmann, a.a.O., Anm. 3.5.1). Auch unter Berücksichtigung dieser Teilnoten ergibt sich rechnerisch für das gesamte Schuljahr aber kein glattes "mangelhaft". Die von der Fachlehrerin nach ihrer Stellungnahme vom 21. Juni 2010 für das zweite Halbjahr zugrunde gelegten Teilnoten führen unter Berücksichtigung der jeweiligen prozentualen Gewichtung zu einer Durchschnittsnote von 4,6 (ohne Berücksichtigung der negativen Tendenz einiger Teilnoten - "schwach ausreichend" -). Rechnet man die nach der Stellungnahme der Fachlehrerin im ersten Schulhalbjahr vergebenen Teilnoten hinzu, so ergibt sich - wiederum unter Berücksichtigung der prozentualen Gewichtung - eine Gesamt-Durchschnittsnote von 4,41. Warum sie gleichwohl die Gesamtnote "mangelhaft" vergeben hat, hat die Fachlehrerin nachvollziehbar und ohne Bewertungsfehler begründet.
Zwischennoten und sogenannte Prädikatsanhängsel sind in Notenzeugnissen nicht zulässig (vgl. Nrn. 3.4.2 und 1.2 Satz 2 i.V.m. Nr. 3.4.1 des Zeugniserlasses). Darüber hinaus gibt es keine Regelung, wonach bei Durchschnittsnoten, die zwischen zwei Notenbezeichnungen bzw. Notenziffern gem. Nr. 3.4.1 des Zeugniserlasses liegen, die Gesamtnote stets durch Auf- oder Abrunden zu bilden ist. Aber selbst wenn sich hier bei einer rein rechnerischen Notenbildung durch Abrundung die Gesamtnote "ausreichend" ergibt, liegt kein Bewertungsfehler vor. Die Fachlehrerin hat hinreichend begründet, warum sie als Gesamtnote gleichwohl die Note "mangelhaft" vergeben hat.
Dazu hat sie in ihrer Stellungnahme vom 21. Juni 2010 darauf hingewiesen, dass nach den im zweiten Schulhalbjahr gezeigten Leistungen insgesamt "eine negative Tendenz deutlich" sei. Diese Tendenz ergibt sich nach ihren Ausführungen insbesondere aus den beiden letzten Vokabeltests, in denen die Leistungen des Antragstellers entgegen den mit "mangelhaft" bzw. "schwach ausreichend" bewerteten vorherigen Tests "ungenügend" gewesen sind. Eine "absteigende Tendenz" sei auch darin zu erkennen, dass der Antragsteller vor der Entscheidung über die Nichtversetzung seine Hausaufgaben wiederholt nicht angefertigt habe und sich derart häufig von Mitschülern ablenken lasse, dass er am Unterricht nicht teilnehmen könne. Darüber hinaus hat die Fachlehrerin ihre Bewertung auf gravierende Mängel in den Bereichen Grammatik und Wortschatz gestützt. Der Antragsteller begreife die grammatikalischen Zusammenhänge nicht und könne sich sowohl mündlich als auch schriftlich nur selten in kompletten Sätzen äußern. Insgesamt hat sie damit nachvollziehbar dargelegt, dass die Lernentwicklung des Antragstellers aufgrund einiger zuletzt erbrachter Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine deutlich negative Tendenz zeigt und dass außerdem gravierende Lücken im fachspezifischen Grundwissen festzustellen sind, die die weitere schulische Entwicklung erheblich beeinträchtigen können. Dies sind tragfähige Gründe, die eine Ergänzung des durch die Teilnoten vermittelten Leistungsbildes und im konkreten Fall die Gesamtnote "mangelhaft" rechtfertigen. Darüber hinaus hat die Fachlehrerin bei der Gesamtnotenbildung auch berücksichtigt, dass der Antragsteller für einige Teilleistungen Noten mit negativen Tendenzen erhalten hat ("schwach ausreichend" für eine Klassenarbeit, einen Vokabeltest und die Mappenführung). Auch diese negativen Tendenzen dürfen und müssen die Lehrkräfte bei rechnerisch zwischen zwei Notenstufen liegenden Durchschnittsnoten im Rahmen der Notenbildung beachten. Auch im Übrigen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine willkürliche und damit rechtsfehlerhafte Notenbildung. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang behauptet, die Französisch-Lehrerin habe ihn gegenüber anderen Schülern benachteiligt, weil sie Mitschülern die Möglichkeit eingeräumt habe, ihre Note durch zusätzliche Leistungen zu verbessern, oder aber in einem Fall einem Mitschüler trotz schlechterer Noten in den Arbeiten und den Vokabeltests eine bessere Gesamtnote erteilt habe. Den Gleichbehandlungsgrundsatz hätte die Fachlehrerin nur verletzt, wenn die Fälle der Mitschüler und des Antragstellers in allen für die Bewertung wesentlichen Gesichtspunkten gleich gelegen hätten. Dass dies der Fall ist, lässt sich schon den Ausführungen des Antragstellers nicht entnehmen. Die Zeugnisnoten sind auf der Grundlage von Beobachtungen im Unterricht sowie der mündlichen, schriftlichen und anderen fachspezifischen Lernkontrollen unter Berücksichtigung der Lernentwicklung zu bilden (s. oben). Wenn die erbrachten Leistungen und die Beobachtungen im Unterricht der Lehrkraft nicht ausreichen, um die Gesamtnote sicher festzusetzen, kann es gerechtfertigt sein, einer Schülerin oder einem Schüler die Möglichkeit einzuräumen, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Nach den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass eine solche Sachlage bei dem Antragsteller gegeben war. Außerdem lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen, dass ein Mitschüler mit in jeder Hinsicht entsprechendem Leistungsund Entwicklungsstand eine bessere Note als der Antragsteller erhalten hat. Unabhängig davon ist die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme vom 3. August 2010 den Ausführungen des Antragstellers in sich schlüssig und nachvollziehbar entgegengetreten.
Auch die Benotung im Fach Mathematik ist nach den vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar und lässt keine Bewertungsfehler erkennen. Der Fachlehrer Herr F. hat dazu in seiner Stellungnahme vom 21. Juni 2010 insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antragsteller im zweiten Halbjahr für seine beiden schriftlichen Leistungen jeweils die Note 6 erhalten habe und seine Leistung insgesamt als schwach mangelhaft bezeichnet werden müsse. Der Antragsteller sei fachlich überfordert. Substanziierte Einwände gegen diese Ausführungen hat der Antragsteller nicht erhoben.
Soweit der Antragsteller behauptet, seine Erziehungsberechtigten hätten im Vorfeld keine Mitteilung darüber erhalten, dass seine Versetzung gefährdet ist, erst Anfang Juni habe die Schule sie über die nicht ausreichenden Leistungen in Französisch und Mathematik informiert, begegnet seine Darstellung nach den vorliegenden Unterlagen durchgreifenden Bedenken. Die Antragsgegnerin hat diese Behauptung bestritten und zur Glaubhaftmachung ein vom Klassenlehrer unterzeichnetes und an die Erziehungsberechtigten des Antragstellers gerichtetes Schreiben vom 28. April 2010 vorgelegt, dessen Empfang unterschriftlich bestätigt wurde. Unabhängig davon könnte der Antragsteller aber aus einem nicht rechtzeitigen Hinweis auf die Versetzungsgefährdung ("Warnhinweis") nach gefestigter Rechtsprechung auch keine subjektiven Rechte herleiten (vgl. VG Braunschweig, B. v. 22.08.2000 - 6 B 365/00 -, dbovg; U. v. 30.10.2003 - 6 A 663/02 -, dbovg; Littmann in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand Juni 2010, § 59 Anm. 5.1; jew. m.w.N.).
Soweit der Antragsteller geltend macht, er werde aufgrund der von ihm in der Vergangenheit "konstant soliden" Leistungen in der Lage sein, die Anforderungen im nächsthöheren Schuljahrgang zu erfüllen, kann dies nach den vorliegenden Unterlagen schon nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen ist die Nichtversetzung nach den Regelungen der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung bereits dann auszusprechen, wenn die Leistungen des Schülers in zwei Fächern mit "mangelhaft" bewertet worden sind, ohne dass Bewertungsfehler vorliegen und ohne dass er diese Bewertungen durch Leistungen in Ausgleichsfächern ausgleichen kann (vgl. § 2 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 DVVO). Dies ist hier der Fall.
2.
Auch im Hinblick auf die von ihm hilfsweise begehrte Zulassung zur Nachprüfung hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Wird eine Schülerin oder ein Schüler wegen mangelhafter Leistungen in zwei Fächern nicht versetzt, kann die Klassenkonferenz in einem der Fächer eine Nachprüfung zulassen, wenn bei Bestehen eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann (vgl. § 19 Abs. 2 Halbs. 1, Abs. 1 Satz 1 DVVO). Für die Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz über die erfolgreiche Mitarbeit in der nächsthöheren Klasse sind - wie bei der im Rahmen der Nichtversetzung unter Umständen erforderlich werdenden Prognoseentscheidung nach § 4 Abs. 2 DVVO sowie bei den diesen Entscheidungen gemäß § 3 Abs. 1 DVVO zugrunde liegenden Leistungsbewertungen - fachlich-pädagogische Beurteilungen erforderlich, die der verwaltungsgerichtlichen Prüfung weitgehend entzogen sind (s. auch § 19 Abs. 2 Halbs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 DVVO). Die Konferenz hat bei der von ihr zu treffenden Entscheidung einen pädagogischen Beurteilungsspielraum, da die Prognose, ob eine erfolgreiche Mitarbeit des Schülers in der höheren Klasse zu erwarten ist, von pädagogischen Erwägungen bestimmt wird, die von der Bewertung seiner Leistungen sowie einer individuell auf den Schüler bezogenen Einschätzung der weiteren Entwicklung ausgehen müssen. Soweit der dargestellte pädagogische Beurteilungsspielraum reicht, darf das Gericht daher auch die Prognoseentscheidung lediglich darauf überprüfen, ob sie auf der Grundlage eines fehlerfreien Bewertungsverfahrens zustande gekommen und ob die Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten worden sind, weil die Konferenz von falschen Tatsachen ausgegangen ist, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde und damit willkürliche Erwägungen angestellt hat. Für die Prognoseentscheidung nach § 19 Abs. 2 DVVO, bei der es sich um eine im Verhältnis zur Nichtversetzung selbstständige Entscheidung handelt, ist eine besondere und einzelfallbezogene schriftliche Begründung erforderlich. Nach diesen Grundsätzen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Klassenkonferenz rechtsfehlerhaft ist.
Die Klassenkonferenz hat die Prognose, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mitarbeit des Antragstellers in der 8. Klasse seien derzeit nicht gegeben, auf die gravierenden Defizite in den Fächern Französisch und Mathematik gestützt, darüber hinaus aber auch den Leistungsstand in anderen Fächern berücksichtigt. Insbesondere hat sie auf die insgesamt nur schwach ausreichenden Leistungen im Fach Deutsch und die im zweiten Schulhalbjahr mit "mangelhaft" benoteten Klassenarbeiten in den Fächern Erdkunde, Biologie und Chemie verwiesen. Im Übrigen habe sich das Arbeitsverhalten des Antragstellers im zweiten Halbjahr negativ entwickelt. Aufgrund der Leistungs- und Lernentwicklung im zweiten Halbjahr sieht die Klassenkonferenz gegenwärtig die Gefahr einer Überforderung des Antragstellers in der höheren Klasse. Diese Einschätzungen, die die Klassenkonferenz im Protokoll der Konferenz vom 23. Juni und im Protokoll der Abhilfekonferenz vom 5. August 2010 weiter erläutert hat, sind nach den vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar und lassen keine Bewertungsfehler erkennen.
Die dagegen erhobenen Einwände des Antragstellers führen zu keiner anderen Beurteilung. Dass er in der Vergangenheit "stets solide Leistungen" erbracht hat, lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass sich die Leistungen des Antragstellers in den Fächern Mathematik, Französisch, Physik und Englisch ausweislich der vorliegenden Zeugnisse verschlechtert haben. Es ist rechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn die Klassenkonferenz aufgrund der aktuell festzustellenden gravierenden Defizite davon ausgeht, dass eine erfolgreiche Mitarbeit des Antragstellers im höheren Jahrgang gegenwärtig nicht zu erwarten ist. Der Antragsteller kann auch nicht erfolgreich geltend machen, künftig könne sein Vater, der im vergangenen Schuljahr beruflich oft auswärtig beschäftigt gewesen sei, ihn auch wieder unterstützen und mit ihm lernen. Bei der Auffassung der Klassenkonferenz, unter Berücksichtigung der Leistungs- und Lernentwicklung beim Antragsteller sei eine Wiederholung der 7. Klasse erforderlich, handelt es sich um eine pädagogisch-fachliche Einschätzung, die der gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich entzogen ist. Diese Einschätzung ist nach den vorliegenden Unterlagen, die auf erhebliche Leistungsdefizite hindeuten, und im Hinblick auf die im höheren Jahrgang steigenden Anforderungen jedenfalls nachvollziehbar.
Auch soweit der Antragsteller geltend macht, im vergangenen Jahr sei ein anderer Schüler mit einer 6 in Chemie zur Nachprüfung zugelassen worden, sind Bewertungsfehler der Klassenkonferenz nicht ersichtlich. Die Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz nach § 19 Abs. 2 DVVO muss die wesentlichen Umstände des Einzelfalles einbeziehen und unter Berücksichtigung der Lern- und Leistungsentwicklung eine individuelle Prognose zu den Erfolgsaussichten einer Mitarbeit im höheren Schuljahrgang treffen. Dass alle insoweit wesentlichen Gesichtspunkte in dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Vergleichsfall gleich lagen, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen. Nur unter diesen Voraussetzungen würde ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliegen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Gründe für die angegriffenen und rechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungen hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Behauptung des Antragstellers zutrifft, er sei "wegen seines Migrationshintergrundes" gegenüber Mitschülerinnen und Mitschülern benachteiligt worden.
3.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 und § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Den danach für ein Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwert hat die Kammer für das vorliegende Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes halbiert, weil der Antragsteller mit seinem Hauptantrag der Sache nach lediglich die vorläufige Teilnahme am Unterricht der 8. Jahrgangsstufe angestrebt hat (vgl. den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff., II. Nrn. 38.5 und 1.5 Satz 2 sowie Nds. OVG, B. v. 15.10.2009 - 2 ME 307/09 -, dbovg - dort insoweit nicht veröff. -).