Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.08.2011, Az.: 6 B 157/11

Erkrankung; Fachnote; Nichtversetzung; Prognoseentscheidung; Versetzung; vorläufige Versetzung; Zeugnisnote

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
10.08.2011
Aktenzeichen
6 B 157/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 45245
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Lehrkräfte sind bei der Vergabe von Zeugnisnoten nicht strikt an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote gebunden. Von einer Lern- und Leistungsentwicklung mit insgesamt negativer Tendenz, die ein Aufrunden auf die schlechtere Note rechtfertigt, darf die Lehrkraft trotz einer Steigerung in einem Teilbereich der Leistungen ausgehen, wenn dies insbesondere anhand der für die Notenbildung maßgeblichen prozentualen Gewichtung der Teilleistungen und der pädagogisch-fachlichen Vorgaben nachvollziehbar ist (Fortführung der Kammerrechtsprechung, Beschluss vom 10.08.2010 - 6 B 149/10 -).

2. Die Klassenkonferenz darf ihre Prognose, dass eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang nicht erwartet werden kann, grundsätzlich darauf stützen, dass die Schülerin oder der Schüler neben den mit mangelhaft bewerteten Leistungen in vier weiteren Fächern keine voll ausreichenden Leistungen erzielt hat.

3. Die Klassenkonferenz hat eine Erkrankung der Schülerin oder des Schülers bei ihrer Prognoseentscheidung über eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Jahrgang zu berücksichtigen, wenn sich die Erkrankung auf die Leistungen der Schülerin oder des Schülers ausgewirkt hat und wenn abzusehen ist, dass sich die Situation insoweit im kommenden Schuljahr mit positiven Folgen für die Leistungsbewertung ändern wird.

Gründe

Der Antrag, mit dem die Antragsteller begehren, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihre Tochter E. vorläufig am Unterricht der 9. Jahrgangsstufe teilnehmen zu lassen, ist nicht begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Dazu muss der Antragsteller grundsätzlich glaubhaft machen, dass die gerichtliche Entscheidung eilbedürftig ist (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch besteht (Anordnungsanspruch). Besondere Anforderungen gelten für den Fall, dass die begehrte Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Da die einstweilige Anordnung grundsätzlich nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes ausgesprochen werden darf, ist sie in diesen Fällen nur möglich, wenn sonst das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt würde. So darf die Entscheidung in der Hauptsache ausnahmsweise vorweggenommen werden, wenn ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde und wenn es dem Antragsteller darüber hinaus schlechthin unzumutbar wäre, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. z. B. VG Braunschweig, B. v. 20.08.2003 - 6 B 290/03 -, www.dbovg.niedersachsen.de - im Folgenden: dbovg - = NVwZ-RR 2004, 110 [VG Braunschweig 19.08.2003 - 6 B 315/03]; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl., Rn. 190 ff.). Diese Anforderungen sind nicht erfüllt.

Der Eilantrag der Antragsteller ist auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Eine die Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Anordnung erhöhende Vorwegnahme der Hauptsache liegt schon dann vor, wenn die begehrte Entscheidung des Gerichts den Antragstellern für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens die Rechtsposition vermitteln würde, die sie in der Hauptsache anstreben (vgl. Nds. OVG, B. v. 23.11.1999 - 13 M 3944/99 -, NVwZ-RR 2001, 241; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 179 f.). Dies ist hier der Fall. Die Antragsteller wollen mit dem Antrag die vorläufige Teilnahme ihrer Tochter am Unterricht der 9. Klasse und damit für die Dauer des Hauptsacheverfahrens diejenige Rechtsposition erreichen, die sie im Hauptsacheverfahren anstreben (vgl. VG Braunschweig, B. v. 10.09.2004 - 6 B 321/04 -, dbovg; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a. a. O., Rn. 1399, 1401).

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde und damit die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen bei einem auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichteten Eilantrag von einem Anordnungsanspruch ausgegangen werden kann. Nach den vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass der Widerspruch und eine eventuell nachfolgende Klage gegen die von dem Antragsgegner verfügte Nichtversetzung in die 9. Klasse mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg hätten.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung, die Tochter der Antragsteller nicht zu versetzen, sind die Regelungen in § 59 Abs. 4 Satz 1 und § 60 Abs. 1 Nr. 2 NSchG i. V. m. der Verordnung über die Durchlässigkeit sowie über Versetzungen und Überweisungen an allgemeinbildenden Schulen (DVVO) vom 19. Juni 1995 (Nds. GVBl. S. 184), in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Konferenzentscheidung geltenden Fassung zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. Mai 2010 (Nds. GVBl. S. 227). Danach kann ein Schüler den nächsthöheren Schuljahrgang erst besuchen, wenn die Klassenkonferenz entschieden hat, dass von ihm eine erfolgreiche Mitarbeit in diesem Schuljahrgang erwartet werden kann (Versetzung). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 DVVO ist eine Schülerin oder ein Schüler des Gymnasiums vom 8. in den 9. Schuljahrgang zu versetzen, wenn die Leistungen in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern mindestens mit „ausreichend“ bewertet worden sind. Mangelhafte Leistungen in zwei Fächern können durch befriedigende Leistungen in zwei Ausgleichsfächern ausgeglichen werden, wenn eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 Satz 2 sowie § 5 DVVO). Ein Ausgleich mangelhafter Leistungen kommt also nur bei einer positiven Prognose über die erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang in Betracht. Diese Prognose steht in der pflichtgemäßen Beurteilung der Klassenkonferenz (§ 4 Abs. 3 DVVO).

Für die Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz über die erfolgreiche Mitarbeit in der nächsthöheren Klasse sowie die der Versetzungsentscheidung gemäß § 3 Abs. 1 DVVO zugrunde liegenden Leistungsbewertungen sind fachlich-pädagogische Beurteilungen erforderlich, die der verwaltungsgerichtlichen Prüfung weitgehend entzogen sind (vgl. Nds. OVG, B. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 -, dbovg; VG Braunschweig, B. v. 27.08.2004 - 6 B 339/04 -, dbovg). Die Konferenz hat bei der von ihr zu treffenden Entscheidung einen pädagogischen Beurteilungsspielraum, da die Prognose, ob eine erfolgreiche Mitarbeit in der höheren Klasse zu erwarten ist, von pädagogischen Erwägungen bestimmt wird, die von der Bewertung seiner Leistungen sowie einer individuell auf den Schüler bezogenen Einschätzung der weiteren Entwicklung ausgehen müssen. Auch den Fachlehrern steht für die der Versetzungsentscheidung zugrunde liegenden Leistungsbewertungen ein Beurteilungsspielraum zu, soweit sie auf pädagogischen Beurteilungen beruhen. Eine unabhängig vom Bezugs- und Vergleichsrahmen der Lehrkräfte erfolgende Bewertung durch das Gericht würde die Maßstäbe verzerren, einzelnen Schülern die Bewertung nach besonderen Kriterien eröffnen und damit letztlich den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen.

Soweit der dargestellte pädagogische Beurteilungsspielraum reicht, darf das Gericht die Prognoseentscheidung und die Leistungsbewertung lediglich darauf überprüfen, ob sie auf der Grundlage eines fehlerfreien Bewertungsverfahrens zustande gekommen und ob die Grenzen des Bewertungsspielraums überschritten worden sind, weil die Lehrkräfte und die Konferenz von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde und damit willkürliche Erwägungen angestellt haben. Dass den Fachlehrern bei der Vergabe der Note „mangelhaft“ in den Fächern Englisch und Chemie (1.) oder der Klassenkonferenz bei ihrer Prognoseentscheidung (2.) derartige Fehler unterlaufen sind, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Auch gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Konferenzentscheidung bestehen keine Bedenken (3.).

1. Dass der Fachlehrer die Leistungen ihrer Tochter F. im Fach Englisch mit der Note „mangelhaft“ bewertet hat, ist auch unter Berücksichtigung der von den Antragstellern vorgebrachten Einwände voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Antragsteller können nicht erfolgreich geltend machen, die vergebenen Teilnoten für die mündlichen und schriftlichen Leistungen in Englisch bewegten sich rechnerisch zwischen „ausreichend“ und „mangelhaft“, sodass auch die Note „ausreichend“ hätte vergeben werden können. Die Entscheidung des Fachlehrers, die Leistungen gleichwohl insgesamt mit „mangelhaft“ zu bewerten, entspricht den anerkannten Bewertungsgrundsätzen, ist nicht willkürlich und lässt auch keine anderen Bewertungsfehler erkennen.

Die Lehrkräfte sind bei der Vergabe von Zeugnisnoten nicht strikt an die sich aus den mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebende rechnerische Gesamtnote gebunden (VG Braunschweig, B. v. 10.08.2010 - 6 B 149/10 -, dbovg = NdsVBl. 2011, 172, bestätigt durch Nds. OVG, B. v. 29.10.2010 - 2 ME 331/10 -, jew. m. w. N.). Nach dem Erlass des Kultusministeriums über „Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen“ vom 24. Mai 2004 (SVBl. S. 305, in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Erlass vom 04.11.2010 - SVBl. S. 480 - geänderten Fassung) sind die in den Zeugnissen festzuhaltenden Bewertungen nicht nur auf der Grundlage der mündlichen, schriftlichen und anderer fachspezifischer Lernkontrollen vorzunehmen. Ihnen sind vielmehr auch die Beobachtungen im Unterricht zugrunde zu legen; die Bewertung hat sich außerdem nicht nur auf die Leistungen, sondern auch auf die Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers zu beziehen (vgl. Nr. 3.1 Sätze 1 und 2 des Erlasses „Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen“, a. a. O. - im Folgenden: Zeugniserlass -). Insgesamt müssen die Zeugnisse - und damit auch die in ihnen dokumentierten Einzelnoten - den Stand der Lern- und Leistungsentwicklung der Schülerin oder des Schülers unter Berücksichtigung des durchlaufenen Lernprozesses wiedergeben (vgl. Nr. 1.1 Satz 1 des Zeugniserlasses). Die am Ende eines Schuljahres zu vergebende Zeugnisnote hat die Lernentwicklung und die Leistungen während des gesamten Schuljahres - also einschließlich des ersten Schulhalbjahres - zu berücksichtigen (vgl. Nr. 3.1 Sätze 3 und 2 des Zeugniserlasses).

Die dargestellten Regeln sind für alle Lehrkräfte in Niedersachsen bindend (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 NSchG) und somit als allgemein anerkannte Grundsätze der Notenbildung anzusehen. Aus ihnen und dem pädagogischen Auftrag der Lehrkräfte (§ 50 Abs. 1 Satz 1 NSchG) ergibt sich, dass die Lehrerinnen und Lehrer bei der Notenvergabe in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vorzunehmen haben, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtigt. Dies kann die Lehrkraft im Einzelfall zur Festsetzung einer Gesamtnote berechtigen, die von der sich rechnerisch aus den erbrachten Leistungen ergebenden Durchschnittsnote abweicht. Die bei der Notenbildung neben der Durchschnittsnote zu berücksichtigenden Kriterien der Lernentwicklung und der Beobachtungen im Unterricht berechtigen die Lehrkräfte zum Beispiel auch dazu, pädagogische Gesichtspunkte wie die fehlende Leistungsbereitschaft der Schülerin oder des Schülers einzubeziehen (vgl. VG Braunschweig, B. v. 16.08.2004 - 6 B 318/04 -, dbovg; ebenso BayVGH, B. v. 02.01.2002 -7 ZE 01.2889 -, SchuR 2002, 192, 193; Nds. OVG, B. v. 20.03.2008 - 2 ME 83/08 -, dbovg = NVwZ-RR 2008, 785). Darüber hinaus dürfen die Lehrkräfte beispielsweise bestehende Lücken im fachspezifischen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können (vgl. BayVGH, B. v. 02.01.2002, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, B. v. 10.10.1991 - 9 S 2336/91 -, NVwZ-RR 1992, 189, 191). In die Notenbildung darf einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen (VG Braunschweig, B. v. 10.08.2010, a. a. O.; B. v. 01.09.2010 - 6 B 182/10 -, dbovg). Für die Bildung der Gesamtnoten im Rahmen von Notenzeugnissen sind auch die den Teilnoten zuerkannten Notentendenzen - also ein der Notenbezeichnung beigefügtes Plus oder Minus (wie z. B. „schwach ausreichend“ oder „5+“) - zu berücksichtigen (ebenso BayVGH, U. v. 17.10.2003 - 7 B 02.2186 -, SchuR 2005, 107; Brockmann in: Brockmann/Schippmann/Lippmann, NSchG, Stand: Februar 2011, § 34 Anm. 3.5.1.1).

Diese Grundsätze können vor allem bei rechnerischen Durchschnittsnoten zwischen „ausreichend“ und „mangelhaft“ als Grundlage für eine Versetzungsentscheidung dazu führen, dass die Lehrkraft die Endnote gleichwohl auf „mangelhaft“ festsetzen darf. Dass ein in diesem Sinne tragfähiger Grund für die Abweichung vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild oder für dessen Ergänzung besteht, hat die Lehrkraft jedoch in jedem Fall nachvollziehbar zu begründen (VG Braunschweig, B. v. 10.08.2010 und v. 01.09.2010, jew. a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben lässt die von dem Fachlehrer Herrn G. vergebene Note „mangelhaft“ im Fach Englisch nach derzeitigem Sachstand keine Bewertungsfehler erkennen. Nach den der Kammer vorliegenden Einzelbewertungen der mündlichen und schriftlichen Leistungen im gesamtem Schuljahr ergibt sich für die Tochter der Antragsteller unter Berücksichtigung der von dem Fachlehrer mitgeteilten und rechtlich nach derzeitigem Sachstand nicht zu beanstandenden prozentualen Gewichtung zwar eine rechnerische Durchschnittsnote von 4,37. Der Fachlehrer hat jedoch hinreichend begründet, warum er als Gesamtnote gleichwohl die Note „mangelhaft“ vergeben hat. Dazu hat er in seiner Stellungnahme vom 1. August 2011 darauf hingewiesen, dass die mündlichen Leistungen H. im zweiten Halbjahr deutlich schwächer geworden und nunmehr deutlich mangelhaft „mit Tendenz zu ungenügend“ seien. Diese Angaben sind nach dem der Kammer vorliegenden Zahlenmaterial nachvollziehbar. Danach hatte die Tochter der Antragsteller im ersten Halbjahr noch die Noten 4 und 3 in den Leistungskontrollen erreicht, während die mündlichen Leistungen im Übrigen mit 4 bewertet worden waren. Im zweiten Halbjahr dagegen benotete der Fachlehrer die als Leistungskontrollen geschriebenen Arbeiten H. mit 5 und 6 und die weiteren mündlichen Leistungen mit der Note 5. Insgesamt hat er damit nachvollziehbar dargelegt, dass die Lernentwicklung H. aufgrund einiger zuletzt erbrachter Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine deutlich negative Tendenz zeigt. Dies ist ein tragfähiger Grund für eine Ergänzung des durch die Teilnoten vermittelten Leistungsbildes.

Dem steht nicht entgegen, dass die Tochter der Antragsteller ihre schriftlichen Leistungen im Fach Englisch im zweiten Halbjahr, in dem sie insoweit zweimal die Note 4 erhielt, im Vergleich mit dem ersten Halbjahr (Noten 4 und 5) leicht gesteigert hat. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Lehrkraft aus einer deutlich negativen Leistungstendenz in einem für die Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes erheblichen Teilbereich der Leistungen trotz einer Leistungssteigerung in anderen Teilbereichen insgesamt auf eine deutlich negative Tendenz in der Leistungsentwicklung schließt, wenn dies insbesondere anhand der für die Notenbildung maßgeblichen prozentualen Gewichtung der Teilleistungen und der pädagogisch-fachlichen Vorgaben nachvollziehbar ist. Die Lehrkräfte müssen nach den dargelegten Regelungen des Zeugniserlasses, die das Gericht als anerkannte Bewertungskriterien zu berücksichtigen hat, die Lern- und Leistungsentwicklung während des gesamten Schuljahrs in die Notenbildung einfließen lassen. Dies ist nur durch eine Gesamtbetrachtung zu erreichen, auf deren Grundlage die Lehrkraft bei unterschiedlichen Leistungsentwicklungen in den für die Bewertung erheblichen Teilbereichen (insbesondere im Vergleich der mündlichen und schriftlichen Leistungen) zu gewichten hat, welche Tendenz im Ergebnis - „unter dem Strich“ - vorherrscht. Danach lässt die Annahme des Fachlehrers, die Leistungen H. zeigten im Fach Englisch insgesamt eine deutlich negative Tendenz, keine Rechtsfehler erkennen. Die Teilleistungen im mündlichen und schriftlichen Bereich waren nach den vorliegenden Unterlagen jeweils mit 50% bei der Notenbildung zu berücksichtigen. Die mündlichen Leistungen der Schülerin haben sich nach den vorliegenden Teilbewertungen im zweiten Halbjahr im Durchschnitt um deutlich mehr als eine Notenstufe im Vergleich zum ersten Halbjahr verschlechtert, wobei alle Teilbereiche - die Leistungskontrollen und die übrigen mündlichen Leistungen - deutlich schlechter bewertet wurden. Die schriftlichen Leistungen (Klassenarbeiten) dagegen haben sich durchschnittlich nur um eine halbe Notenstufe verbessert. Rechtlich nicht zu beanstanden ist außerdem, dass der Fachlehrer ergänzend die deutlich abfallende Tendenz der mündlichen Leistungen berücksichtigt hat, die sich vor allem an den Ergebnissen der Leistungskontrollen zeigt (Noten 5 und 6 im Vergleich zu 4 und 3 im ersten Halbjahr). Die Gewichtung des Fachlehrers steht auch nicht in Widerspruch zu pädagogisch-fachlichen Vorgaben. Das Kerncurriculum für das Gymnasium, Fach Englisch, Schuljahrgänge 5 - 10 gibt vielmehr vor, dass der mündlichen Sprachverwendung für die Leistungsfeststellung und -bewertung im Englischunterricht ein besonderer Stellenwert zukommt (Ziffer 4 des Kerncurriculums).

Dem Kriterium einer im Ergebnis deutlich negativen Leistungstendenz gerade bei Notenbildungen für eine Versetzungsentscheidung maßgebliche Bedeutung einzuräumen, ist auch sachgerecht und damit nicht willkürlich. Für die Versetzungsentscheidung der Klassenkonferenz ist nach den Vorgaben der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung maßgeblich, ob von der Schülerin oder dem Schüler im höheren Schuljahrgang eine erfolgreiche Mitarbeit erwartet werden kann (vgl. § 4 Abs. 2 DVVO). Dann ist es aber auch sachlich gerechtfertigt, bei der Vergabe der Einzelnoten deutlich negative Tendenzen der Lernentwicklung zu berücksichtigen. Denn schon die Einzelnoten sollen nach Sinn und Zweck der Regelungen in der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung eine tragfähige Einschätzung darüber ermöglichen, ob die Schülerin oder der Schüler nach dem Stand der Lern- und Leistungsentwicklung den Anforderungen der nächsthöheren Klasse gewachsen ist.

Die der Endnote im Fach Englisch zugrunde liegenden Bewertungen der Teilleistungen sind nach derzeitigem Sachstand ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragsteller vortragen, der Fachlehrer habe etwa die Hälfte jeder Unterrichtseinheit über Themen referiert, die keinen Bezug zum Unterrichtsstoff gehabt hätten, ihre Tochter habe daher nicht die Möglichkeit bzw. Gelegenheit zur Beteiligung gehabt, haben sie Rechtsfehler nicht glaubhaft gemacht. Selbst wenn die Angaben der Antragsteller zur Unterrichtsgestaltung zuträfen, die grundsätzlich der Lehrkraft in eigener pädagogischer Verantwortung unterliegt (§ 50 Abs. 1 Satz 1 NSchG) und nach dem Bildungsauftrag der Schule neben der Wissensvermittlung auch die Persönlichkeitsbildung umfasst, hat die Tochter der Antragsteller die Möglichkeit und die Gelegenheit zur mündlichen Beteiligung jedenfalls in den dem Fachunterricht gewidmeten Teilen des Unterrichts gehabt. Dass diese Teile des Unterrichts nicht ausgereicht haben, um die mündlichen Leistungen H. sachgerecht und hinreichend sicher beurteilen zu können, ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Auch an einem hinreichend konkreten und nachvollziehbaren Vortrag der Antragsteller fehlt es insoweit (zu diesem Erfordernis s. Nds. OVG, B. v. 20.03.2008, a. a. O.; VG Braunschweig, B. v. 27.08.2004 - 6 B 339/04 -, dbovg).

Die Antragsteller können auch nicht erfolgreich geltend machen, der Fachlehrer habe „mindestens eine Hausaufgabe“ fehlerhaft gestellt. Nach den vorliegenden Unterlagen ist schon nicht ersichtlich, dass die Bearbeitung einer Hausaufgabe die von dem Fachlehrer vergebene Endnote maßgeblich beeinflusst hat. Darüber hinaus haben die Antragsteller keine weiteren Ausführungen dazu gemacht, warum sie Aufgabenstellungen als fehlerhaft ansehen. Durch derart unsubstanziierte und damit nicht nachvollziehbare Einwendungen kann ein Rechtsfehler im Verfahren nach § 123 VwGO nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Nds. OVG, B. v. 20.03.2008 und VG Braunschweig, B. v. 27.08.2004, jew. a. a. O.).

Hinsichtlich der im Fach Chemie vergebene Note „mangelhaft“ haben die Antragsteller ebenfalls substanziierte Einwände nicht vorgetragen. Auch aus den vorliegenden Unterlagen ergeben sich insoweit keine Anhaltspunkte für Rechtsfehler.

2. Die Entscheidung der Klassenkonferenz, von der Ausgleichsregelung nicht Gebrauch zu machen, weil eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang nicht erwartet werden könne, ist nach den dargelegten Maßstäben voraussichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die Konferenz hat ihre pädagogisch-fachliche Prognoseentscheidung auf die nicht voll ausreichenden Leistungen von F. in den Fächern Mathematik, Physik, Deutsch und Geschichte gestützt. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Einschätzung der Klassenkonferenz ist nach den vorliegenden Unterlagen und im Hinblick auf die im höheren Jahrgang steigenden Anforderungen jedenfalls nachvollziehbar. Nach den vorliegenden Stellungnahmen der Fachlehrkräfte für die Fächer Mathematik und Physik weist die Tochter der Antragsteller in diesen Fächern gravierende Leistungsdefizite auf. Im Fach Mathematik hat die Fachlehrerin nach ihrer Stellungnahme vom 22. Juli 2011 schon im ersten Halbjahr eine deutlich sinkende Leistungstendenz festgestellt, die sich im zweiten Halbjahr fortgesetzt habe. Die Leistungen im zweiten Halbjahr hat die Fachlehrerin mit „mangelhaft (+)“ bewertet, insgesamt beurteilt sie die Leistungen am Ende des Schuljahres unter Berücksichtigung der ausreichenden Leistungen im ersten Halbjahr mit „schwach ausreichend“. Der Physiklehrer hat in seiner Stellungnahme vom 22. Juli 2011 angegeben, die Tochter der Antragsteller weise im Fach Physik große Lücken auf und habe große Schwierigkeiten gehabt, dem Unterricht inhaltlich zu folgen; ihre Leistungen in dem vergangenen Schuljahr hat er insgesamt mit „4 -“ bewertet. Die Beteiligung der Schülerin im Unterricht während des gesamten Schuljahrs schätzt der Lehrer als „schwach ausreichend“ bis „mangelhaft“ ein. Wenn die Klassenkonferenz - wie hier - auf der Grundlage nicht voll ausreichender Leistungen zu einer negativen Prognoseentscheidung gelangt, deutet dies auch nicht auf sachfremde Erwägungen hin. Die Konferenz hat über den voraussichtlichen Erfolg einer Mitarbeit im höheren Schuljahrgang zu entscheiden. Es ist jedenfalls sachgerecht, wenn sie sich dazu auf die negativen Notentendenzen der als „ausreichend“ bewerteten Leistungen - also die auf „schwach“ oder „nicht voll ausreichend“ lautenden Bewertungen - stützt. Soweit die Antragsteller einwenden, dies entspreche nicht der Bedeutung der Note „ausreichend“, derartige Leistungen genügten noch den Anforderungen, kann dem nicht gefolgt werden. Die Leistungen ihrer Tochter in den Fächern Mathematik, Physik, Deutsch und Geschichte sind eben nicht mit glatt „ausreichend“ bewertet worden. Aus dem Zeugnis ergibt sich dies nur deswegen nicht, weil „Prädikatsanhängsel“ insoweit nicht vorgesehen sind. Die negativen Notentendenzen darf die Konferenz jedoch im Rahmen ihrer Prognose berücksichtigen, weil diese notwendigerweise in die Zukunft gerichtet ist und daher auch mögliche in den vorliegenden Bewertungen zum Ausdruck kommende Leistungsdefizite und Entwicklungen in den Blick zu nehmen hat.

Auch die weiteren Einwände der Antragsteller rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung.

In ihrem letzten Schriftsatz vom 10. August 2011 haben die Antragsteller verdeutlicht, dass sie die Bewertungen in den Fächern Mathematik und Deutsch bislang nicht in infrage gestellt haben. Unabhängig davon haben sie mit den von ihnen behaupteten Defiziten zum Unterrichtsablauf in den Fächern Deutsch und Mathematik aber auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Bewertungen fehlerhaft zustande gekommen sind. Der pauschale Hinweis auf ein angebliches Fehlverhalten der Lehrkraft ohne die Darlegung, wie sich dies auf die Endnote ausgewirkt haben soll, reicht dafür jedenfalls nicht aus. Dies gilt insbesondere auch für die Behauptung der Antragteller, im Fach Mathematik sei es zu fehlerhaften Aufgabenstellungen gekommen, im Übrigen habe der Antragsteller zu 1. in einem Fall die Benotung einer schriftlichen Arbeit im Arbeitsheft angezweifelt. Die Antragsteller haben diese Behauptung nicht weiter substanziiert. Für die Kammer ergeben sich nach dem Vortrag der Antragsteller daher keine Anhaltspunkte dafür, dass der Lehrkraft für die Endbewertung erhebliche Rechtsfehler unterlaufen sind. Soweit die Antragsteller geltend machen, zur Überprüfung der Einzelnoten müsse im Hauptsacheverfahren noch Akteneinsicht in alle schriftlichen Arbeiten genommen werden, zur Abwendung unzumutbarer Nachteile für ihre Tochter müsse daher ihre vorläufige Teilnahme am Unterricht der 9. Klasse gewährleistet werden, verkennen sie die dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das Gericht kann eine solche Anordnung nur erlassen, wenn die Antragsteller glaubhaft machen, dass ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde. Beruft sich der Antragsteller in einem Verfahren nach § 123 VwGO, in dem gegen die Nichtversetzungsentscheidung der Schule die vorübergehende Teilnahme des Schülers am Unterricht der nächsthöheren Klasse begehrt wird, auf Bewertungsfehler der Lehrkräfte bei der Notenvergabe, so muss er die Tatsachen glaubhaft machen, aus denen sich die angeblichen Fehler herleiten lassen. Dies haben die Antragsteller im Hinblick auf die Bewertung von Einzelleistungen nicht getan. Die bloße Behauptung eines Bewertungsfehlers genügt diesen Anforderungen jedenfalls nicht.

Bei der Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz ist nach gegenwärtigem Sachstand auch nicht etwa die Erkrankung von F. an Skoliose in rechtsfehlerhafter Weise unberücksichtigt geblieben. Grundsätzlich hat die Klassenkonferenz für ihre Prognoseentscheidung nach § 4 Abs. 2 DVVO über die Chancen einer erfolgreichen Mitarbeit im höheren Schuljahrgang den tatsächlichen Leistungsstand und das tatsächliche Leistungsvermögen der Schülerin oder des Schülers zugrunde zu legen (vgl. z. B. Hess. VGH, B. v. 24.10.2007 - 7 TG 2131/07 -, NVwZ-RR 2008, 537, 538 [VG Aachen 19.03.2008 - 6 K 1511/07]). Berücksichtigt die Konferenz bei ihrer Prognoseentscheidung eine Erkrankung des betroffenen Schülers nicht zu dessen Gunsten, so begründet dies keinen Rechtsfehler, wenn die Erkrankung nicht prognoserelevant ist, d. h. wenn die Entscheidung der Konferenz bei Berücksichtigung dieser Umstände nicht anders ausgefallen wäre. Prognoserelevant ist die Erkrankung, wenn sie sich auf die Leistungen im Bewertungszeitraum ausgewirkt hat, d. h. kausal für die schlechten Leistungen der Schülerin oder des Schülers gewesen ist, und wenn abzusehen ist, dass sich die Situation insoweit im kommenden Schuljahr mit positiven Folgen für die Leistungsbewertung ändern wird. In diesem Fall handelt es sich bei der Erkrankung um einen für die Prognose wesentlichen Umstand, den die Klassenkonferenz nach § 4 Abs. 3 DVVO in ihre Prüfung einzubeziehen hat. Eine stets zwingende Berücksichtigung von Erkrankungen lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht aus den Regelungen in Nr. 3 der Ergänzenden Bestimmungen zur Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung (Erlass des MK v. 19.06.1995 - SVBl. S. 185, 238 -, zul. geänd. durch Verwaltungsvorschrift v. 17.05.2010 - SVBl. S. 250 -) herleiten, die nach den vorliegenden Unterlagen für die Konferenzentscheidung vom 28. Juni 2011 noch anwendbar sein dürften. Maßgeblich für das Verständnis dieser Vorschriften sind die Vorgaben in der Verordnung, die eine Prognose über die erfolgreiche Mitarbeit in der höheren Klasse und dazu die Berücksichtigung der wesentlichen, also im konkreten Fall prognoserelevanten Umstände verlangen (§ 4 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 DVVO; s. dazu auch bereits VG Braunschweig, B. v. 01.09.2010 - 6 B 182/10 -, a. a. O. - zur Berücksichtigung „häuslicher Verhältnisse“ i. S. v. Nr. 3 der Ergänzenden Bestimmungen -).

Dass die Erkrankung ihrer Tochter geeignet sein könnte, die Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz zu deren Gunsten zu beeinflussen, haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass die Erkrankung die Noten H. in ihren Problemfächern, in denen die Lehrkräfte ihre Leistungen mit „mangelhaft“ oder „schwach“ bzw. „nicht voll ausreichend“ beurteilt haben, negativ beeinflusst hat. Ein ärztliches Attest zu den Auswirkungen der Erkrankung liegt nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsteller aufgrund der Erkrankung ihrer Tochter für diese einen Nachteilsausgleich (z. B. Schreibzeitverlängerungen) bei der Antragsgegnerin beantragt haben. Gegen die Bewertung insbesondere der schriftlichen Leistungen trotz der Erkrankung bestehen nach gegenwärtigem Sachstand keine Bedenken, weil nicht ersichtlich ist, dass die Schülerin bzw. ihre Eltern unverzüglich und damit rechtzeitig ihren Rücktritt von den Arbeiten erklärt haben. Wer es darauf ankommen lässt, ob er trotz seiner Erkrankung hinreichende Leistungen erbringt, kann sich nicht nach Mitteilung des (schlechten) Ergebnisses auf die Erkrankung berufen und so unter Verletzung des für alle Schülerinnen und Schüler geltenden Prinzips der Chancengleichheit eine zusätzliche Prüfungschance erreichen (vgl. Niehues/Rux, Schulrecht, 4. Aufl., Rn. 429). Darüber hinaus gibt es gegenwärtig keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die mit der Erkrankung zusammenhängenden Umstände im nächsten Schuljahr für die Tochter der Antragsteller günstiger entwickeln und sich somit die Erfolgsaussichten einer Mitarbeit im höheren Schuljahrgang verbessern könnten. Die Klassenkonferenz wäre zur Berücksichtigung der dargelegten Umstände im Übrigen nur dann verpflichtet gewesen, wenn ihr die Umstände zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung bekannt gewesen wären. Es obliegt dem Schüler bzw. seinen Eltern, der Konferenz die für die Prognose relevanten Tatsachen, die sich aus einer festgestellten Erkrankung ergeben, darzulegen und zu belegen. Selbst wenn eine Erkrankung nach den dargelegten Maßstäben im konkreten Fall zu berücksichtigen ist, ist die Klassenkonferenz übrigens nicht daran gehindert, im Rahmen ihrer pädagogisch-fachlichen Entscheidung den gegen eine Versetzung des Schülers sprechenden Tatsachen, insbesondere einer absehbaren Überforderung im höheren Schuljahrgang, unter nachvollziehbarer und auch sonst rechtsfehlerfreier Begründung ein größeres Gewicht beizumessen.

Die Antragsteller haben nicht vorgetragen, dass F. dem Unterricht aufgrund der Behandlungen längere Zeit fernbleiben musste. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller legt in seinem Schriftsatz vom 18. Juli 2010 dar, dass F. in der Regel am Unterricht teilnehmen kann. Aus dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners ergibt sich zudem, dass F. im gesamten Schuljahr 2010/2011 lediglich an 12 Tagen gefehlt hat.

Die Konferenz ist voraussichtlich auch zu Recht davon ausgegangen, dass hier kein Zweifelsfall vorliegt, in dem auf Versetzung zu entscheiden ist (vgl. dazu Nr. 3 Satz 3 der Ergänzenden Bestimmungen zur DVVO). Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Leistungen in vier Fächern „nicht mit voll ausreichend“ bewertet worden sind. Für eine positive Leistungsentwicklung gibt es entgegen der Behauptung der Antragsteller keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Konferenz in der dafür erforderlichen Gesamtbetrachtung eine positive Entwicklung nicht erkennen konnte. Soweit die Antragsteller geltend machen, die Leistungen ihre Tochter im Fach Mathematik hätten sich im zweiten Halbjahr verbessert, trifft dies ausweislich der Stellungnahme der Fachlehrerin nicht zu (s. oben). Dass die Leistungen H. in zwei Fächern mit „gut“ (Spanisch und Kunst) und in fünf Fächern mit „befriedigend“ bewertet wurden, begründet keine rechtlichen Zweifel an der auf einer Gesamtbetrachtung beruhenden und auf die gravierenden Defizite in anderen Fächern abstellende Entscheidung der Klassenkonferenz.

Auch der Vortrag der Antragsteller, ihre Tochter habe bislang stets solide Leistungen gezeigt und bisher das Klassenziel immer erreicht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zum einen ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Leistungen in der Vergangenheit stets solide gewesen sind; Einzelheiten dazu haben die Antragsteller nicht vorgetragen. Zum anderen kommt es hierauf für die Überprüfung der Konferenzentscheidung aber auch nicht maßgeblich an. In der Vergangenheit gezeigte, konstante Leistungen sind für sich betrachtet ebenso wenig geeignet, die dem Beurteilungsspielraum der Konferenz unterliegende Entscheidung in Frage zustellen, wie die Tatsache, dass F. bisher stets versetzt wurde. Die Prognoseentscheidung der Klassenkonferenz hat sich an den Anforderungen des nächsthöheren Schuljahrgangs zu orientieren und muss dabei vom aktuellen Leistungsstand und vom aktuellen Leistungsvermögen der Schülerin oder des Schülers ausgehen. Positive Leistungen in früheren Schuljahren zwingen nicht zu einer positiven Beurteilung der Erfolgschancen. Die Beurteilung darf vielmehr auch bei ehemals „soliden“ Leistungen des Schülers negativ ausfallen, soweit die Leistungsentwicklung der jüngeren Vergangenheit hierzu Anlass gibt. So ist es hier.

Rechtsfehlerhaft ist die Entscheidung der Klassenkonferenz auch nicht deswegen, weil Nicole - wie die Antragsteller vortragen - sich bemüht habe, am Unterricht mitzuwirken. Maßgeblich sind die gezeigten Leistungen. Dass sich die Schülerin um bessere Leistungen bemüht hat, reicht für eine positive Beurteilung der Erfolgschancen im höheren Schuljahrgang nicht aus.

Die Prognoseentscheidung ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie nicht positiv berücksichtigt hat, dass die zwischen 4 und 5 liegende rechnerische Gesamtnote im Fach Englisch auf die Note „mangelhaft“ „aufgerundet“ wurde. Der Fachlehrer hat die Jahresendnote rechtsfehlerfrei nicht rein arithmetisch ermittelt (s. oben). Es besteht daher auch kein Anlass, bei der im Übrigen pädagogisch-fachlich ausgewogenen Prognoseentscheidung eine Art „Nachteilsausgleich“ durchzuführen: Negative Tendenzen der Lernentwicklung dürfen sowohl bei der Vergabe der Einzelnoten als auch bei der späteren Prognoseentscheidung zur Mitarbeit im nächsthöheren Jahrgang berücksichtigt werden (VG Braunschweig, B. v. 01.08.2010 - 6 B 182/10 -, a. a. O.).

Auch die Dauer der Versetzungskonferenz deutet nicht auf rechtliche Fehler der Konferenzentscheidung hin. Zeitliche Vorgaben für die Versetzungsentscheidungen der Klassenkonferenz finden sich weder im Niedersächsischen Schulgesetz noch in der Durchlässigkeits- und Versetzungsverordnung. Dass die Konferenz unter Zeitdruck stattgefunden hat und daher nicht alle entscheidungsrelevanten Umstände berücksichtigen konnte, ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Die Begründung der Konferenz für die negative Prognoseentscheidung, die auf die nicht voll ausreichenden Leistungen in vier weiteren Fächern abstellt und insoweit rechtlich nicht zu beanstanden ist, ergibt sich aus dem Konferenzprotokoll.

Durch welche Bewertungen die mangelhaften Leistungen in den Fächern Englisch und Chemie ausgeglichen werden könnten, braucht die Kammer nicht zu entscheiden. Die Ausgleichsregelung kommt nur dann zur Anwendung, wenn eine erfolgreiche Mitarbeit im höheren Schuljahrgang erwartet werden kann (§ 4 Abs. 2 DVVO). Dies hat die Klassenkonferenz nach gegenwärtigem Sachstand rechtsfehlerfrei verneint.

3. Nach den vorliegenden Unterlagen bestehen auch keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Konferenzentscheidung. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller ist davon auszugehen, dass die Klassenkonferenz die Nichtanwendung der Ausgleichsregel ordnungsgemäß beschlossen hat. Soweit im Protokoll der Klassenkonferenz vom 28. Juni 2011 unter Nr. 3.2, Spalte 4 das Abstimmungsverhältnis mit einer Stimme für und zehn Stimmen gegen die Nichtanwendung der Ausgleichsregelung angegeben ist, handelt es sich um einen bloßen Schreibfehler, der bei einem Abgleich mit den anderen Angaben im Protokoll ohne Weiteres als solcher zu erkennen ist. Ein derartiger Fehler begründet keinen Zweifel an der ordnungsgemäßen Beschlussfassung der Konferenz und führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Nichtversetzungsentscheidung: Der Verwaltungsakt - die Entscheidung der Konferenz - wird vielmehr mit seinem wirklichen Inhalt wirksam; die Antragsgegnerin kann den Fehler jederzeit nach § 42 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG berichtigen (vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 29.10.2010 - 7 B 1293/10 -, juris Rn. 5 ff. m. w. N.). Dafür, dass ein Beschluss über die Nichtanwendung der Ausgleichsregelung gefasst wurde, spricht bei lebensnaher Betrachtung schon die dem Protokoll als Anlage beigefügte Begründung. In dieser wird dargelegt, warum die Konferenz die Ausgleichsregelung nicht angewendet hat. Diese Ausführungen wären im Falle einer anderen Beschlusslage sinnlos gewesen. Auf die Anlage wird auch unter Nr. 3.2 des Protokolls verwiesen. Im Übrigen ist der Name H. nicht unter Nr. 1.2 des Konferenzprotokolls eingetragen; dort sind diejenigen Schüler aufgeführt, für die die Klassenkonferenz die Anwendung der Ausgleichsregelung beschlossen hat.