Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 18.08.2010, Az.: 7 A 254/09
Berechnung der Jubiläumsdienstzeit; Dienstjubiläum; Dienstjubiläumsverordnung; Diskriminierungsverbot; Gleichheitssatz; Studium; Wehrdienst; Zivildienst
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 18.08.2010
- Aktenzeichen
- 7 A 254/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 40913
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2010:0818.7A254.09.0A
Rechtsgrundlagen
- 141 Art EGV
- 3 Art GG
- 3 DJubV Nds
- 7 DJubV Nds
Fundstelle
- ZBR 2011, 288
Amtlicher Leitsatz
Die Zeit des Zivil- bzw. Wehrdienstes und die Zeit des Studiums an einer Hochschule sind bei der Berechnung der Jubiläumsdienstzeit nach § 3 DJubV nicht zu berückschtigen. Die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit ist nicht an die Berechnung des Besoldungsdienstalters gebunden.
Die Regelung des § 3 DJubV und die des § 7 DJubV, nach der nur vor dem In-Kraft-Treten der Dienstzeitjubiläumsverordnung bekanntgegebener Berechnungen nach der alten Verordnungslage unverändert bleiben, verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz und das Diskriminierungsverbot.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 5000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Festlegung seiner Jubiläumsdienstzeit.
Der am B. geborene Kläger ist Beamter des Landes Niedersachsen. Er absolvierte seinen Zivildienst in der Zeit vom 05.08.1974 bis zum 30.11.1975. Am 01.04.1976 begann er das Studium der Wirtschaftspädagogik. Am 06.05.1981 wurde ihm der akademische Grad eines Diplom Handelslehrers verliehen. Er wurde mit Wirkung zum 01.11.1981 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Studienreferendar und mit Wirkung zum 01.08.1983 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienassessor ernannt. Mit Schreiben vom 24.08.1983 wurde sein Besoldungsdienstalter auf den 01.10.1976 festgesetzt. Mit Wirkung zum 01.08.1986 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Studienrat (Besoldungsgruppe A 13) ernannt.
Mit Schreiben vom 05.07.2008 bat der Kläger die Beklagte um Auskunft, wann ihm die Urkunde zum 25-jährigen Dienstjubiläum überreicht wird. Mit Schreiben vom 05.08.2008 teilte die Beklagte ihm mit, dass er aus Anlass seines 25-jährigen Dienstjubiläums am 01.11.2006 eine Dank- und Glückwunschurkunde erhalten werde. Sie bat darum, die verspätete Berechnung und Ehrung des 25-jährigen Dienstjubiläums zu entschuldigen.
Gegen die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2008 Einwände. Er trug vor, dass die Beklagte die Berechnung seiner Jubiläumsdienstzeit spätestens zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Studienrat hätte vornehmen müssen. Die Berechnung hätte daher auf Grundlage der damals geltenden Verordnung über die Ehrung von Beamten für langjährige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst vom 26.03.1971 berechnet werden müssen. Der Zivildienst und das Studium seien dann zu berücksichtigten. Er verwies auf einen ihm bekannten Lehrer, der zeitgleich mit ihm die Ausbildung absolvierte und ernannt wurde. Dessen 25-jähriges Dienstjubiläum habe die Beklagte früher festgesetzt. Er fühle sich ungleich behandelt.
Gegen die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2008 Einwände. Er trug vor, dass die Beklagte die Berechnung seiner Jubiläumsdienstzeit spätestens zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Studienrat hätte vornehmen müssen. Die Berechnung hätte daher auf Grundlage der damals geltenden Verordnung über die Ehrung von Beamten für langjährige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst vom 26.03.1971 berechnet werden müssen. Der Zivildienst und das Studium seien dann zu berücksichtigten. Er verwies auf einen ihm bekannten Lehrer, der zeitgleich mit ihm die Ausbildung absolvierte und ernannt wurde. Dessen 25-jähriges Dienstjubiläum habe die Beklagte früher festgesetzt. Er fühle sich ungleich behandelt.
Am 24.08.2009 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass seine Dienstjubiläumszeit auf der Grundlage der Verordnung über die Ehrung von Beamten für langjährige Tätigkeiten im öffentlichen Dienst zu berechnen sei. Dies wäre zumindest der Fall, wenn die Beklagte die Berechnung vor dem In-Kraft-Treten der Dienstjubiläumsverordnung vorgenommen hätte. Deren Versäumnis sei ihm aber nicht zuzurechnen. Daher sei er nicht schlechter zu stellen. Er fühle sich durch dieses Verhalten gegenüber seinen Kollegen zurückgesetzt. Seine Dienstjubiläumszeit müsste seiner Besoldungsdienstzeit entsprechen. Im Übrigen sei die Nichtberücksichtigung des Zivildienstes gleichheitswidrig und verstoße gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 141 EGV.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Tag des 25-jährigen Dienstjubiläums des Klägers auf den 01.10.2001 festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihr Schreiben vom 01.09.2009. Sie führt weiterhin aus, es bestehe kein Vertrauensschutz, dass sich die Verordnungslage nicht ändere. Es liege auch keine Ungleichbehandlung vor, denn der Zivildienst werde auch bei anderen Beamten gemäß der Dienstjubiläumsverordnung nicht berücksichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit des Klägers in dem Schreiben der Beklagten vom 05.08.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine Berechnung der Dienstjubiläumszeit nach der Verordnung über die Ehrung der Beamten und Richter für langjährige Tätigkeit im öffentlichen Dienst vom 26.03.1971 (Nds.GVBl. S. 130), zuletzt geändert durch Verordnung vom 08.12.1994 (Nds.GVBl. S. 509) und damit der Berücksichtigung seiner Zivildienstzeit und seiner Studienzeit (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Festlegung der Jubiläumsdienstzeit ist hier die Dienstjubiläumsverordnung vom 23.04.1996 (Nds.GVBl. S. 214) - DJubVO - . Gemäß § 1 Abs. 1 DJubVO können Beamte anlässlich ihres Dienstjubiläums bei Vollendung einer 25-jährigen, 40-jährigen und 50-jährigen Jubiläumsdienstzeit von ihrem Dienstherrn durch eine Dank- und Glückwunschurkunde geehrt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 DJubVO beginnt die Jubiläumsdienstzeit mit dem Tag des erstmaligen Eintritts in ein Ausbildungs- oder hauptberufliches Beschäftigungsverhältnis bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn im Sinne des § 29 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG); § 30 BBesG ist sinngemäß anzuwenden.
Die Beklagte hat die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit zutreffend nach den Vorgaben des § 3 Abs. 1 DJubVO vorgenommen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 1 DJubVO werden für die Jubiläumsdienstzeit nur Ausbildungszeiten und Zeiten eines hauptberuflichen Beschäftigungsverhältnisses bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn berücksichtigt. Die Zeit des Zivildienstes und die Zeit des Studiums an einer Hochschule sind daher bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 14.08.2009 - 6 A 2381/07 -; VG Lüneburg, Urteil vom 18.06.2003 - 1 A 86/01 -).
Die Beklagte ist bei der Berechnung der Jubiläumsdienstzeit nicht an die Festsetzung des Besoldungsdienstalters auf den 01.10.1976 gebunden. Bei dem Besoldungsrecht einerseits und der Dienstjubiläumsverordnung andererseits handelt es sich um zwei eigenständige Normenbereiche, die deutlich unterschiedlich ausgestaltet sind und auch unterschiedlichen Zwecken dienen. Eine Bindung an die Berechnung des Besoldungsdienstalters ist in der Dienstjubiläumsverordnung gerade nicht (mehr) festgelegt worden und wegen der unterschiedlichen Zweckrichtung auch nicht erforderlich. Eine Anerkennung eines Bescheides aus dem Bereich des Besoldungsrechts im Gebiet des Dienstjubiläumsrechts ist daher weder möglich noch geboten (VG Lüneburg, aaO).
Auch § 7 DJubVO ist hier nicht anzuwenden. Danach bleiben zwar Berechnungen der Jubiläumsdienstzeit, die vor In-Kraft-Treten der Dienstjubiläumsverordnung bekannt gegeben worden sind, unverändert. Zutreffend ist auch, dass nach der Verordnung über die Ehrung der Beamten und Richter für langjährige Tätigkeit im öffentlichen Dienst, die der Dienstjubiläumsverordnung vorausging, die Zeiten des Zivildienstes und des Studiums berücksichtigt wurden. Diese Übergangsvorschrift ist im Falle des Klägers aber nicht einschlägig, weil die Beklagte die Jubiläumsdienstzeit für ihn nicht vor Inkrafttreten der Dienstjubiläumsverordnung berechnet hat.
Da eine derartige Berechung, auf die der Kläger vertrauen konnte, vorliegend nicht erfolgt ist, kann der Kläger sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen (vgl. VG Lüneburg, aaO).
Dass die Beklagte die Jubiläumsdienstzeit des Klägers nach § 3 DJubVO anders berechnet, als die Dienstjubiläumszeit der Beamten, die bereits vor den In-Kraft-Treten der Dienstjubiläumsverordnung berechnet wurde, verletzt auch nicht den in Art. 3 GG geregelten Gleichheitsgrundsatz. Mit der Dienstjubiläumsverordnung wollte der Verordnungsgeber für die Berechnung der Jubiläumsdienstzeit eine einfache und klare Regelung schaffen, die von der Berechnung der Besoldungsdienstzeit bewusst abgekoppelt wurde, weil diese häufig rechtlichen Überprüfungen unterlag. Beim Dienstjubiläum sollten daher auch nur noch diejenigen Zeiten Berücksichtigung finden, in denen der Beamte bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn hauptberuflich beschäftigt war oder sich in der Ausbildung befunden hat. Die Heranführung der Jubiläumsdienstzeit an die tatsächlichen Dienstzeiten in der öffentlichen Verwaltung ist rechtlich nicht zu beanstanden und lässt insbesondere angesichts des eng begrenzten persönlichen Gewichts der Regelung für den Kläger ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht erkennen (vgl. VG Lüneburg, aaO).
Auch die Übergangsregelung des § 7 DJubVO lässt insoweit einen Verstoß gegen Art. 3 GG nicht erkennen. In pauschalierender Weise wird nämlich nur jeder bereits tatsächlich erfolgten Berechnung der Jubiläumsdienstzeit eine der Bestandskraft von Verwaltungsakten vergleichbare Rechtsqualität zugemessen. Der diese Regelung rechtfertigende Grund ist letztlich der der Verwaltungsökonomie. Der Verordnungsgeber sah offensichtlich die Rechtsfolgen der Festsetzung der Jubiläumsdienstzeit nicht so gewichtig an, dass die Rechtsänderung Anlass für den Beamten geben sollte, generell noch eine Berechnung nach der alten Verordnungslage beantragen zu können (vgl. im Hinblick auf die Berücksichtigung von Teilzeiten VG Hannover, Urteil vom 27.11.2007 - 2 A 4413/06 -, juris).
Soweit eine Ungleichbehandlung darin gesehen werden könnte, dass Frauen keinen Wehr- oder Zivildienst leisten müssen und daher ihre Erwerbstätigkeit früher als Männer beginnen könnten und dementsprechend auch ihre Dienstjubiläumszeit früher beginnen könnte, verstößt die Nichtberücksichtigung des Zivildienstes ebenfalls nicht gegen den in Art. 3 GG geregelten Gleichheitsgrundsatz. Die Heranführung der Jubiläumsdienstzeit an die tatsächlichen Dienstzeiten in der öffentlichen Verwaltung ist aus den oben genannten Gründen rechtlich nicht zu beanstanden und lässt auch unter diesem Aspekt ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht erkennen (vgl. VG Lüneburg, aaO, im Ergebnis auch VG Oldenburg, aaO).
Die Nichtberücksichtigung des Zivildienstes verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Artikel 141 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - (vormals Artikel 119 EGV) verpflichtet die Mitgliedsstaaten zwar, den Grundsatz des gleichen Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anzuwenden und zu gewährleisten.
Zunächst ist aber im Falle des Klägers und der mit ihm vergleichbaren Beamtinnen überhaupt kein Entgelt im Sinne des Art. 141 EGV betroffen, denn die Beamtinnen und Beamten , die wie der Kläger der Besoldungsgruppe A 13 angehören, erhalten keine Jubiläumszuwendung. Gemäß § 2 DJubVO erhalten nur Beamtinnen und Beamte der Besoldungsgruppe A 1 bis A 11 eine Jubiläumszuwendung. Hinzukommt, dass eine derartige Jubiläumszuwendung kein Entgelt im Sinne des Artikel 141 EGV darstellt, weil es bei der Jubiläumszuwendung nicht um eine Gegenleistung für geleistete Arbeit geht, sondern der Dienstherr die Treue und Aufopferung der für ihn tätig werdenden Beamten würdigen und ehren will (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.02.1994 - 4 S 2410/93 -, juris; offen gelassen dagegen vom BVerwG, Urteil vom 26.10.1995 - 2 C 18/94 -, NVwZ-RR 1996, 277; Nds. OVG, Urteil vom 10.06.1998 - 2 L 7973 -, www.dbovg.niedersachsen.de; VG Hannover, aaO).
Im Übrigen ist die Nichtberücksichtigung des Zivildienstes durch die Dienstjubiläumsverordnung durch die oben genannten objektiven Gründe gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Indem die Dienstjubiläumsverordnung an die tatsächlichen Dienstzeiten in der öffentlichen Verwaltung anknüpft vereinfacht und pauschalisiert sie diese in nicht zu beanstandender Weise (vgl. auch im Hinblick auf die Berücksichtigung von Teilzeiten: BVerwG, aaO; Nds. OVG, aaO; VG Hannover, aaO).
Auch ein Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie des Rates vom 9. 2. 1976 (Richtlinie Nr. 76/207/EWG) liegt nicht vor. In Art. 5 wird davon gesprochen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung auch gleiche Arbeitsbedingungen einschließlich gleicher Leistungsbedingungen beinhaltet. Weder eine Ehrung wegen der 25-jährigen Dienstzeit noch eine Jubiläumszuwendung hat von ihrem Umfang her nennenswerte Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen in den vorangegangenen 25 Jahren (vgl. Nds. OVG, aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vor-läufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Bei der Streitwertfestsetzung berücksichtigt das Gericht, dass die Ehrung durch das Dienstjubiläum einen immateriellen Wert darstellt, den es mit dem Regelstreitwert ansetzt (vgl. VG Hannover, aaO).
Gründe, die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 zuzulassen, liegen nicht vor.