Landgericht Stade
Beschl. v. 04.01.2022, Az.: 2 O 262/21
Bestimmen der Zuständigkeit des Gerichts i.R.e. landwirtschaftlichen Nachbarschaftshilfe als Arbeitssache
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 04.01.2022
- Aktenzeichen
- 2 O 262/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 53742
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, d ArbGG
Amtlicher Leitsatz
Die landwirtschaftliche Nachbarschaftshilfe kann eine Arbeitssache i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG darstellen.
Die landwirtschaftliche Nachbarschaftshilfe im Rahmen einer Urlaubsvertretung kann eine Arbeitssache i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG darstellen.
In dem Rechtsstreit
des Herrn XXX,
Kläger
XXX
XXX
gegen
Herrn XXX,
Beklagter
Prozessbevollmächtigte: XXX,
Geschäftszeichen: 20/21 VO17 js
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter beschlossen:
Tenor:
- 1.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt, § 17 a GVG.
- 2.
Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Verden (Aller) verwiesen.
Gründe
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet, weil es sich vorliegend um eine Arbeitssache handelt, für die die Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und 3 d ArbGG ausschließlich zuständig sind.
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines Werkunternehmers maßgeblich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Danach ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Dagegen ist der Werkunternehmer selbständig. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Gemessen an diesen Voraussetzungen und unter Gesamtabwägung sämtlicher Umstände ist der Kläger als Arbeitnehmer des Beklagten zu qualifizieren. Der Kläger hatte die ihm vom Beklagten auferlegten Melkarbeiten auf dem Hof des Beklagten jeweils morgens und abends zu verrichten. Hierbei war er so in den Betrieb des Beklagten eingegliedert, dass er dort seine Arbeit persönlich nach den Vorgaben und Weisungen des Beklagten zu erbringen hatte, die sowohl hinsichtlich des Ortes als auch der Arbeitszeit festgelegt war, die Arbeitsmittel stellte der Beklagte ebenfalls. Entgegen der Ansicht des Beklagten war der Kläger gerade nicht "völlig selbständig", sondern wie ein Arbeitnehmer in seinen Betrieb eingebunden. Die Dauer seiner Tätigkeit ist hierbei ohne Belang.
Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche des Beklagten gegenüber dem Kläger beruhen auf einer behaupteten schuldhaften Pflichtverletzung der Arbeitstätigkeit des Klägers auf dem Hof des Beklagten und stehen damit ebenfalls mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang.