Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 18.06.2003, Az.: 2 K 408/00
Steuerliche Behandlung der Entnahme einer leer stehenden Wohnung; Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen; Eigenbedarf als Wohnung für den Betriebsleiter; Objektbeschränkung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 18.06.2003
- Aktenzeichen
- 2 K 408/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 12832
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2003:0618.2K408.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG
- § 10 e EStG
- § 34 f Abs. 3 EStG
Fundstelle
- EFG 2003, 1476-1478
Amtlicher Leitsatz
Einkommensteuer 1992 - 1993.
Zur entsprechenden Anwendung von § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG bei späterer Nutzung einer im Jahre 1986 leer stehenden Wohnung durch den Betriebsleiter
Die Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG ist im Falle des Leerstandes entsprechend anwendbar. Es besteht insoweit eine Gesetzeslücke, als der Fall der leer stehenden Wohnung ungeregelt geblieben ist. 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG ist auch insoweit entsprechend anzuwenden, als eine das ganze Jahr 1986 leer stehende Altenteiler- oder Betriebsleiterwohnung später vom Betriebsleiter bezogen wird.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Entnahme einer leer stehenden Wohnung (X-Straße 4 a) aus dem Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs steuerfrei ist.
Der Kläger (Ehemann) übernahm im Juli 1990 den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern. Zum Betriebsvermögen gehörten u.a. zwei Wohnhäuser, namentlich eines in der X-Straße 4, eines in der X-Straße 4a sowie eine weitere Altenteilerwohnung an anderer Stelle (Y-Straße). Das Wohnhaus X-Straße 4 bewohnten die Eltern - bis 1993 mit der Familie des Klägers zusammen, das Wohnhaus X-Straße 4a bis 1984 die Großeltern des Klägers. Die Eltern des Klägers hatten nach dem Inhalt der Hofübergabevereinbarung das Recht, ein Wohn- und ein Schlafzimmer zu nutzen sowie Küche, Bad, Toilette und Flure mitzubenutzen. Für die Familie des Klägers stand ebenfalls je ein Wohn- und Schlafzimmer sowie ein kleines Kinderzimmer zur Verfügung. Das Wohnhaus X-Straße 4 hat der Kläger während der Übergangszeit der Nutzungswertbesteuerung nicht vorzeitig, sondern erst mit Ablauf des 31.12.1998 entnommen.
Nach dem Tod der Großeltern im Jahre 1984 stand des Haus X-Straße 4a leer. Der Kläger bezog das Haus im Dezember 1993 mit seiner Familie (Ehefrau und 3 Kinder), nachdem er im Frühjahr 1992 mit der Bebauung begonnen hatte. Er verzichtete für die Wohnung mit Abgabe der Steuerklärung für das Jahr 1992 im Februar 1994 unwiderruflich auf die Durchführung der Nutzungswertbesteuerung. Ab dem Jahre 1993 machte er für das Haus Abzugsbeträge nach§ 10e EStG geltend. Seit Ableben der Großeltern war für das Wohnhaus X-Straße 4a kein Nutzungswert mehr angesetzt worden.
Im Rahmen der bei den Klägern durchgeführten Außenprüfung nahm die Betriebsprüfung und ihr folgend das Finanzamt eine steuerpflichtige Entnahme des Wohnhauses X-Straße 4a auf Grund der Nutzung als Betriebsleiterwohnung seit Dezember 1993 an und setzte im Wirtschaftsjahr 1992/1993 einen Entnahmegewinn für den Grund und Boden in Höhe von 8.000,00 DM und für das Gebäude in Höhe von 50.000,00 DM an.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, der aus der Entnahme resultierende Gewinn sei steuerfrei. Die Übergangsregelung in § 52 Abs. 15 EStG enthalte eine durch Analogie zu schließende Lücke, weil der Gesetzgeber den Fall einer leer stehenden Betriebsleiterwohnung nicht gesehen habe. Diese Lücke sei durch entsprechende Anwendung von § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG zu schließen, da eine leer stehende Wohnung wie eine vermietete Wohnung behandelt werden müsse. Jedenfalls sei die Entnahme der Wohnung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO steuerfrei. Zu den weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Sie beantragen,
die Einkommensteuer unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom 03.08.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2000 unter Berücksichtigung einer steuerfreien Entnahme des Wohnhauses festzusetzen und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1992 und 1993 jeweils um 29.000,00 DM zu vermindern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Auffassung, die Entnahme des Wohnhauses sei steuerpflichtig. Das Wohnhaus habe auf Grund des Leerstandes in 1986 nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, sodass § 52 Abs. 15 EStG nicht anwendbar sei. Die Vorschrift setze grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen voraus.
Auch die Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG sei nicht - auch nicht analog - anwendbar. Zwar könne die Vorschrift aus sachlichen Billigkeitsgründen analog angewendet werden, wenn eine Altenteilerwohnung im Veranlagungszeitraum 1986 leer stand und danach für Wohnzwecke eines Altenteilers genutzt werde. Diese spezielle Billigkeitsregelung sei indes auf Grund des Ausnahmecharakters der Vorschrift nicht auf die Fallgestaltung der späteren Nutzung als Betriebsleiterwohnung übertragbar.
Einer Steuerfreiheit stehe zudem ein Objektverbrauch entgegen. Der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass nicht mehr Wohnungen steuerfrei entnommen werden können, als dies bei unterstellter Selbstnutzung möglich gewesen wäre. Eine Steuerfreiheit komme daher nur in Frage, wenn keine andere Wohnung der gleichen Nutzungsart im Zeitpunkt der Entnahme vorhanden ist oder war, die unter die Übergangsregelung nach § 52 Abs. 15 S. 2 - 7 EStG falle. Das Wohnhaus X-Straße 4 hätten aber die Eltern des Klägers schon bis 1990 als Betriebsleiterwohnung genutzt, da die Nutzung als Altenteilerwohnung von untergeordneter Bedeutung gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat die Entnahme des Objekts zu Unrecht als steuerpflichtig behandelt.
1.
Der Kläger hat die Wohnung X-Straße 4a entsprechend§ 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG steuerfrei entnommen. Mit § 52 Abs. 15 EStG hat der Gesetzgeber eineÜbergangsvorschrift geschaffen, um die mit der Einführung der seit dem Veranlagungszeitraum 1987 grundsätzlich geltenden Konsumgutlösung verbundenen Härten für die Land- und Forstwirtschaft zu mildern. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, dass der Land- und Forstwirt die Wohnung, deren Nutzungswert ihm zuzurechnen ist (§ 13 Abs. 2, § 13 a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG), mit dem Ende der Nutzungswertbesteuerung entnehmen kann, ohne die darin enthaltenen stillen Reserven versteuern zu müssen. Dabei kann gemäß § 52 Abs. 15 EStG grundsätzlich nur eine Wohnung entnommen werden, die im Jahr 1986 zum notwendigen Betriebsvermögen gehört hat, also eine Wohnung, die für eigene Wohnzwecke des Betriebsinhabers oder eines Altenteilers - tatsächlich - genutzt worden ist (BFH-Urteil v. 06.08.1998, IV R 61/98, BFH/NV 1999, 175 [BFH 06.08.1998 - IV R 6/98]). Allerdings hat der Gesetzgeber die Abhängigkeit der Begünstigung der Entnahme von der Selbstnutzung im Jahr 1986 (auf Initiative des Agrarausschusses des Deutschen Bundestages) in bestimmten Fällen beim Bezug der Wohnung durch den Steuerpflichtigen oder einen Altenteiler nach dem 31.12.1986 gelöst, u.a. durch die Sonderregelung in § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG, wenn nämlich der Steuerpflichtige eine vor dem 01.01.1987 einem Dritten entgeltlich zur Nutzung überlassene Wohnung für eigene Wohnzwecke oder Wohnzwecke eines Altenteilers entnimmt. Hintergrund dieser Sonderregelung war der Fall, dass der spätere Hoferbe vor 1987 die Wohnung lediglich als Pächter, als mitarbeitender Familienangehöriger oder als Mitgesellschafter, wobei der Vater Eigentümer der Wohnung ist, bewohnte und nach 1986 Eigentümer des Hofes wird, sodass dann Eigennutzung vorliegt. Dabei geht die Sonderregelung allerdings über diese Fallgestaltung hinaus, da sie auch solche Fälle erfasst, in denen zunächst ein fremder Pächter, ein fremder Mieter oder ein Mitarbeiter die Wohnung bewohnt und der Eigentümer nach Beendigung des Rechtsverhältnisses selbst in die Wohnung einzieht (vgl. Kieschke, DStR 1986, 533; Schmidt-Drenseck, § 10e EStG, Rn. 248).
a)
Die Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG ist im Falle des Leerstandes entsprechend anwendbar. Es besteht insoweit eine Gesetzeslücke, als der Fall der leer stehenden Wohnung ungeregelt geblieben ist. Offenbar hat der Gesetzgeber den Fall der das ganze Jahr 1986 leer stehenden und danach vom Betriebsinhaber oder Altenteiler bezogenen Wohnung übersehen. Hier wird, soweit diese Fallgestaltung überhaupt angesprochen wird, zwar nicht ausdrücklich, aber zumindest stillschweigend eine Gesetzeslücke angenommen, soweit nämlich der Regelung in Abschnitt III 2 b a.E. des BMF-Schreibens v. 12.11.1986 (a.a.O.) gefolgt wird, wonach § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG entsprechend anzuwenden ist, wenn eine Altenteilerwohnung im gesamten Veranlagungszeitraum 1986 leer stand und nach dem 31.12.1986 für Wohnzwecke eines Altenteilers genutzt wird (Schmidt-Drenseck § 13 EStG Rn. 190 "leer stehende Wohnungen", § 10e EStG Rn. 249 a.E.; Feldhaus, Inf. 1987, 16; Felsmann/Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A 179 u, der allerdings in der im o.a. BMF-Schreiben vorgesehenen entsprechenden Anwendung eine Billigkeitsmaßnahme sieht). Es besteht auch eine vergleichbare Interessenlage mit dem in § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG geregelten Fall, da sowohl bei der Vermietung als auch im Falle des Leerstandes eine Nutzungswertbesteuerung nicht vorzunehmen ist. Liegen die übrigen Voraussetzungen der Vorschrift vor, besteht aber kein sachlicher Grund dafür, die Vorschrift im Fall des Leerstandes nicht anzuwenden.
b)
§ 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG ist auch insoweit entsprechend anzuwenden, als eine das ganze Jahr 1986 leer stehende Altenteiler- oder Betriebsleiterwohnung später vom Betriebsleiter bezogen wird. Denn es kann entgegen der Auffassung des Finanzamtes - keinen Unterschied machen, ob die Wohnung nun für einen Altenteiler oder den Betriebsleiter zu Wohnzwecken benötigt wird. Dies zeigt bereits der Wortlaut der Vorschrift, der nicht nur die Entnahme für Wohnzwecke des Altenteilers, sondern auch des Betriebsleiters erfasst. Wenn die Vorschrift im Falle des Leerstands entsprechend anzuwenden ist (s.o.), muss die entsprechende Anwendung beide in § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG geregelte Fälle erfassen. § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG 1987 ist betriebsbezogen, nicht personenbezogen (Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Stand Sept. 2002, Kap. 17 Rz. 217, Kap. 18 Rz. 44). Dies wird deutlich, wenn man Objektbeschränkung betrachtet. Die Gewinn-Neutralität des Entnahmegewinns hängt nach § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG 1987 davon ab, dass für Wohnzwecke des Betriebsinhabers und des oder der Altenteiler keine Wohnungen vorhanden waren, die unter Satz 6 fielen, für die also die Möglichkeit zur steuerfreien Entnahme nach den allgemeinen Regeln bestand, oder die nach Satz 8 Nr. 1 steuerfrei hätten entnommen oder veräußert werden können. Es kommt für die Anwendbarkeit der Regelung in Satz 8 Nr. 2 also darauf an, ob im Betrieb während der Übergangszeit (1987 bis 1998) für den Betriebsinhaber oder für einen, aber auch für mehrere Altenteiler neuer Wohnbedarf entstand (BFH-Urteil vom 23.11.2000, IV R 82/99, BStBl. II 2001, 232; ähnlich BMF-Schreiben vom 12. November 1986, BStBl I 1986, 528, III. 2.). Die Objektbeschränkung ist nicht so zu verstehen, dass steuerfreie Entnahmen nach S. 8 Nr. 2 ausgeschlossen sind, wenn je Betrieb eine Betriebsinhaber und eine Altenteilerwohnung vorhanden sind (Kanzler in Leingärtner, a.a.O., 17. Kp. Rn. 216). Der im Felsmann/Giere (a.a.O., A 173 e) vertretenen Auffassung, wonach Objektverbrauch eintritt, wenn keine andere Wohnung der gleichen Nutzungsart, die unter dieÜbergangsregelung nach § 52 Abs. 15 S. 2 - 7 EStG fällt, im Zeitpunkt der die Entnahme veranlassenden Nutzungsänderung vorhanden ist oder war, folgt der Senat im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesfinanzhofes im Urteil vom 23.11.2000 (a.a.O. unter 4 b), nach denen darauf abzustellen ist, ob neuer Wohnbedarf entstanden ist, nicht. Die Objektbeschränkung ist vielmehr einheitlich und nicht getrennt auf Betriebsinhaber - und Altenteilerwohnungen anzuwenden (Kanzler in Leingärtner, a.a.O., 17. Kap. Rn. 216). Es kann keinen rechtlichen Unterschied bedeuten, ob die Familie des Klägers oder ob dessen Eltern als Altenteiler in die Wohnung X-Straße 4a eingezogen sind. Die Kläger lebten bis 1993 mit den Eltern des Klägers in dem Gebäude X-Straße 4 aber gemeinsam in nur einer Wohnung. Dahinstehen kann daher, ob die Wohnung X-Straße 4 bis zum Umzug als Betriebsleiter- oder Altenteilerwohnung zu qualifizieren ist. Entscheidend ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG, dass neuer Wohnbedarf entstanden ist und dass für Altenteiler (Eltern des Klägers) und Betriebsleiter bis 1993 nur eine Wohnung, nicht zwei Wohnungen nutzten. Neuer Wohnbedarf in diesem Sinne ist entstanden, zumal die Familie des Klägers sich 1992 durch die Geburt eines weiteren Kindes auf 5 Personen vergrößerte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass das Wohnhaus X-Straße 4a bis zum Umbau wegen dessen Alters und schlechten Zustands noch nicht nutzbar war und die Familie des Klägers hierdurch gezwungen war, in dem Wohnhaus X-Straße 4 mitzuwohnen, obwohl der Wohnraum für ein Bewohnen mit insgesamt 7 Personen eng bemessen war.
Der BMF hat im Erlass vom 12.11.1986 (BStBl. I 1986, 528) offenbar nicht an den Fall einer leer stehenden Wohnung gedacht, die später als Betriebsleiterwohnung genutzt werden soll. Dieser Fall dürfte auch nicht derüblicherweise auftretenden Konstellation entsprechen, bei der der Altenteiler aus seiner ehemaligen Betriebsleiterwohnung auszieht und sich auf sein Altenteil zurückzieht. Eine "leer stehende Betriebsleiterwohnung" kann es überdies grundsätzlich nicht geben, sofern der Betriebsleiter sein Wohnhaus beim landwirtschaftlichen Betrieb hat. Es entspricht indes auf Grund der planwidrigen Regelungslücke und der - zu einer im Jahre 1986 leer stehenden oder vermieteten Altenteilerwohnung - vergleichbaren Interessenlage, die Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG im Fall des Leerstands im Jahre 1986 und der späteren Nutzung als Betriebsleiterwohnung entsprechend anzuwenden.
c)
Auch die Voraussetzungen der bei einer entsprechenden Anwendung zu beachtenden Objektbeschränkung des § 52 Abs. 15 S. 8 Hs. 2 EStG liegen danach im Streitfall vor. Denn für den Kläger war keine - weitere - Wohnung vorhanden, für die die Möglichkeit zur steuerfreien Entnahme nach den allgemeinen Regeln des § 52 Abs. 15 S. 6 EStG bestand oder besteht oder die nach S. 8 Nr. 1 steuerfrei entnommen oder veräußert worden ist. Eine steuerfrei entnommene Altenteilerwohnung (Y-Straße) war von Altenteilern bewohnt, die (frühere Betriebsleiter-) Wohnung X-Straße 4 war (spätestens ab Auszug der Familie des Klägers) als Altenteilerwohnung von den Eltern bewohnt. Offen bleiben kann entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG, ob diese Wohnung ab Übergabe des Hofes an den Kläger als Betriebsleiter- oder Altenteilerwohnung zu beurteilen ist. Der Familie des Klägers stand jedenfalls keine unter die Objektbegrenzung fallende Wohnung zur Verfügung, er war auf die von ihm bezogene (ehemalige) Altenteilerwohnung X-Straße 4a angewiesen. Selbst Giere in Felsmann (a.a.O., A Anm. 173 f, S. 134/51) - der § 52 Abs. 15 S. 8 Nr. 2 EStG eher restriktiv auslegt - stellt bei der Qualifikation als Betriebsleiter oder Altenteilerwohnung auf die Perspektive des Betriebsleiters zum Zeitpunkt der Entnahme, nicht aber die Qualifikation zum früheren Zeitpunkt ab. Aus der Sicht des Klägers zum Zeitpunkt der Entnahme handelt es sich bei der Wohnung X-Straße 4 aber auf Grund der Nutzung durch seine Eltern um eine Altenteilerwohnung, nicht um eine Betriebsleiterwohnung.
2.
Darüber hinaus ist die Entnahme bereits dem Wirtschaftsjahr 1993/1994, nicht - wie vom Finanzamt vorgenommen - dem Wirtschaftsjahr 1992/1993 zuzuordnen. Der Ansatz im Wirtschaftsjahr 1992/1993 kam nicht in Betracht, da die Wohnung nicht mehr der Nutzungswertbesteuerung unterlag. Der Kläger hatte nach seinem Schriftsatz vom 17.06.2003 die Selbstnutzung von vornherein mit Baubeginn im Frühjahr 1992 geplant, aber nicht dem Finanzamt gegenüber offenkundig gemacht oder buchmäßig erfasst. Nach der Rechtsprechung des BFH stellt die Bebauung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks mit einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus eine schlüssige Entnahmehandlung dar (z.B. Urteile vom 11. Oktober 1979, IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; vom 24. November 1982, I R 51/82 BFHE 137, 317, BStBl II 1983, 365; vom 30. Juni 1987, VIII R 353/82, BFHE 151, 360, BStBl II 1988, 418, und vom 18. Oktober 1989, X R 99/87, BFH/NV 1990, 424). Spätester Zeitpunkt ist der tatsächliche Beginn der Eigennutzung zu Wohnzwecken (vgl. auch Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl., § 4 Rdnr. 360 Stichwort: "Bebauung"). Dieser Zeitpunkt ist jedenfalls dann maßgebend, wenn der Steuerpflichtige die Entnahme des Grundstücks und (ggf.) des Gebäudes - wie hier - nicht bereits zuvor buchmäßig dokumentiert hat (vgl. auch BFH-Urteil vom 18.10.1989, X R 99/87, BFH/NV 1990, 424) Im Übrigen wäre, sähe man dies anders, die Entnahme bereits mit Beginn der Umbauarbeiten zu erfassen, also im Wirtschaftsjahr 1991/1992, nicht im Wirtschaftsjahr 1992/1993.
Unabhängig davon, welchem Wirtschaftsjahr die - steuerfreie - Entnahme zugerechnet wird, kann der Kläger im Übrigen ab 1993 Abzugsbeträge nach § 10e EStG geltend machen.
3.
Das Finanzamt muss - nach entsprechender Korrektur der Einkommensteuerbescheide nach § 34 f Abs. 3 S. 3 - 5 EStG den Verlustrücktrag beim Baukindergeld neu berechnen und den in 1993 nicht verbrauchten Betrag von 3.000,00 DM unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 in 1991 ansetzen. Eine Klagefortführung für das Jahr 1991 war angesichts der Änderungsvorschrift in § 34 Abs. 3 S. 5 EStG nicht erforderlich.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5.
Die Revision war nicht zuzulassen. Einer Rechtsfrage, die - wie hier § 52 Abs. 15 Satz 8 EStG - ausgelaufenes Recht betrifft, kommt regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (BFH-Beschlüsse vom 22. November 1999, III B 58/99, BFH/NV 2000, 748; vom 29. Mai 2000, III B 11/00, BFH/NV 2001, 209; vom 23. Februar 2001, III B 99/00, BFH/NV 2001, 1033).