Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 19.01.2005, Az.: S 14 RA 74/03
Anspruch eines Ingenieurs auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz; Erfüllung der Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der Altersversorgung der technischen Intelligenz aufgrund einer Beschäftigung im VEB Rationalisierung und Projektierung; Unterfallen eines Ingenieurs unter den Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG)
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 19.01.2005
- Aktenzeichen
- S 14 RA 74/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 36603
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2005:0119.S14RA74.03.0A
Rechtsgrundlage
- § 1 Abs. 1 AAÜG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte für den Kläger festzustellen.
Der 1940 geborene Kläger erwarb nach Abschluss seines Fachschulstudiums Landtechnik am 26. Juli 1963 das Recht die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Im Anschluss an sein Studium arbeitete er als Ingenieur im Kreisbetrieb für Landtechnik in G. und anschließend von Dezember 1964 bis März 1967 als Sicherheitsinspekteur bei der NVA Dienststelle in H ... Von März 1967 bis Dezember 1969 war er als technischer Direktor beim VEB Fleischkombinat H. beschäftigt und anschließend in der Zeit von Januar 1970 bis September 1975 als Hauptmechaniker im Metallurgiehandel BT I ... Vom 29. September 1975 bis 31. August 1991 arbeitete der Kläger als Generalprojektant und Abteilungsleiter im VEB Rationalisierung und Projektierung in I ...
Am 8. Oktober 2002 stellte der Kläger einen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 ab und verwies in ihrer Begründung darauf, dass eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG nicht entstanden sei. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, dass er die Voraussetzungen für die Anwendung des AAÜG erfülle sowohl von der Qualifikation als Ingenieur her, als auch von der vorwiegend ausgeübten Tätigkeit als Generalprojektant in einem volkseigenen Produktionsbetrieb.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Er habe im Juni 1990 als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung in einem Rationalisierungs- und Projektierungsbetrieb ausgeübt. Es handele sich hierbei jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb und es sei auch kein im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen. Die Rationalisierungsbetriebe seien aufgrund von Wirtschaftsverträgen mit den Produktionsbetrieben tätig gewesen. Soweit im Rahmen dieses Vertrages Rationalisierungsmittel nach den speziellen Wünschen der Auftraggeber konstruiert worden und außerhalb des Typenprogramms ohne Nullserie hergestellt worden seien, sei diese Aufgabe nachrangig gewesen.
Am 22. April 2003 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor, die VEB Rationalisierung und Projektierung I. sei kein normaler Rationalisierungsbetrieb gewesen im Sinne der von der Beklagten zitierten Vorschriften. Der Betrieb habe aufgrund seiner Aufgaben und seiner Stellung ein völlig anderes Produktionsprofil als typische Rationalisierungsbetriebe gehabt. Der VEB Rationalisierung und Projektierung Berlin habe als Generalauftragnehmer für vornehmlich Staatsplanvorhaben besondere und herausragende Investitionsvorhaben bearbeitet. Es habe sich hierbei z.B. um die Spezialklinik J. (Regierungskrankenhaus mit einem Investitionsumfang von ca. 3.000.000,- DDR-Mark) gehandelt, den Neubau des Bezirkskrankenhauses K. mit einem Investitionsaufwand von ca. 3.000.000,- DM oder den Neubau des Schlachthofes in L ... Er denke, es sei unstreitig, dass die Vorbereitung und Durchführung von Investitionen im genannten Umfang als Generalauftragnehmer auf der Grundlage der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure sowie auf der Basis der deutschen Bauordnung eine eindeutige Produktionsleistung darstelle.
Die Tätigkeit/Aufgabe eines Generalprojektanten und Generalauftragsnehmers beginne mit der Erarbeitung der Aufgabenstellung für die einzelnen Fachprojektanten, setze sich fort mit der Projektierung und Projektprüfung. Es schließe sich an die Projektkoordinierung, bei der der Generalprojektant dafür Sorge zu tragen habe, dass die in den einzelnen Fachprojektanten übergebenen Aufgabenstellungen den Anforderungen der Passfähigkeit entsprächen und Unverträglichkeiten und Kollisionen von vorneherein ausgeschlossen würden. Im Rahmen der Realisierung der Investitionsvorhaben seien in Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Außenhandelsbetrieb sowie mit international bekannten Firmen und Konzernen Vorbereitungs- und Realisierungsverträge geschlossen worden.
Der VEB Rationalisierung und Projektierung habe auch über eigene Arbeitsbrigaden verfügt, die Aufgaben durchgeführt hätten, die von den beauftragten Fachprojektanten nicht hätten ausgeführt werden können.
Er empfinde es als eine große Ungerechtigkeit, wenn der Ingenieur, der die gleiche Ausbildung absolviert habe wie er und vom Umfang und von der Verantwortung her eine geringer zu bewertende Tätigkeit ausgeübt habe, in den Genuss der Regelungen des AAÜG komme, und er nicht, weil sein Arbeitgeber einen zur damaligen Zeit in Mode gekommenen Namen als Rationalisierungsbetrieb trage. Der VEB Rationalisierung und Projektierung I. habe als ein international agierender und produzierender Generalauftragnehmer eine einmalige Sonderstellung im Wirtschaftsgefüge der DDR inne gehabt und er habe somit einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage erworben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeiten der Beschäftigung vom 1. September 1963 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz und die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Vorverfahren.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz in dem beantragten Zeitraum sowie auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte. Denn die Vorschriften des AAÜG finden auf den Kläger keine Anwendung, da die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 AAÜG nicht vorliegen.
Wie das BSG in seiner grundlegenden Entscheidung vom 10. April 2002, Az: B 4 RA 34/01 R ausgeführt hat, ist vor Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem zu prüfen, ob die Vorschriften des AAÜGüberhaupt Anwendung finden. Einschlägig ist das AAÜG nur, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 1. August 1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden haben bzw. die Voraussetzungen hierfür am 30. Juni 1990 vorgelegen haben, oder wenn einmal vor dem 30. Juni 1990 nach den Gegebenheiten in der DDR in deren Systemen eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden war, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfiel (§ 1 Abs.1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG).
Hierzu führt das BSG Folgendes aus:
"Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz "für Ansprüche und Anwartschaften", die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. "Erworben worden sind" in diesem Sinne aus der Perspektive des am 1. August 1991 in Kraft getretenen AAÜG (Art 3 RÜG) vom 25. Juli 1991 solche Versorgungsanwartschaften, wenn die Nichteinbezogenen rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit diese aufgrund des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 am 3. Oktober 1990 zu Bundesrecht geworden sind, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30. Juni 1990 (vgl. EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8, § 22 Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990, GBl I S 495) hätten einbezogen werden müssen; hierzu gehören Rechtspositionen ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag), wenn aus bundesrechtlicher Sicht ein Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebots bestanden hätte
(1.1).
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gilt das AAÜG auch in Fällen, in denen nach dieser Vorschrift eine Versorgungsanwartschaft fingiert wird. Das ist der Fall, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt einmal eine durch Einzelfallregelung konkretisierte Aussicht bestand, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber auf Grund der Regelungen der Versorgungssysteme vor dem 1. Juli 1990 wieder entfallen war (1.2).1.1.1
Eine Versorgungsanwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatten grundsätzlich all diejenigen, die am 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage hatten, die - wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten - Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beziehen können. Denn gemäß Art 19 Satz 1 EV blieben vor dem Beitritt (3. Oktober 1990) ergangene Verwaltungsakte der ehemaligen DDR, zu denen auch die Versorgungszusage zählt (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr.1 S. 5) wirksam, es sei denn, sie seien mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.1.1.2
Eine Versorgungsanwartschaft hatten darüber hinaus auch diejenigen, denen vor dem 30. Juni 1990 eine solche durch Einzelfallregelung zuerkannt worden war, die mangels tatsächlicher oder rechtlicher Änderungen auch noch bis zum 30. Juni 1990 hätte fortbestehen müssen, die jedoch vor dem 30. Juni 1990 rechtsstaatswidrig zurückgenommen worden war. Im Hinblick auf Art 19 Satz 2 EV war eine derartige "Rücknahme" nicht beachtlich (und aufzuheben).1.1.3
Darüber hinaus hatten nach den o.g. Kriterien auch alle diejenigen eine Versorgungsanwartschaft "erworben", denen aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h. nach den insoweit vom EV noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebots umgesetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30. Juni 1990 hätte zuerkannt werden müssen. Hierzu zählen alle diejenigen, die, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 1. Juli 1990 im (jetzt) rechtsstaatlichen Umfeld ("kraft Gesetzes") Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten beanspruchen können. Unter den Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG fallen somit auch diejenigen, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme obligatorisch i.S. einer "gebundenen Verwaltung" und ohne Entscheidung des Versorgungsträgers in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätten einbezogen werden müssen, weil sie die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit erfüllt hatten. Dies war der Fall bei denjenigen, die am 30. Juni 1990 (und deswegen auch am 1. August 1991) nach der Art der ausgeübten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der "Beschäftigungsstelle" aus bundesrechtlicher Sicht in das Versorgungssystem einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Aus bundesrechtlicher Sicht waren hingegen zu diesem Zeitpunkt nicht einbezogen diejenigen, die nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung hätten einbezogen werden können. Denn eine derartige (Ermessens-)Entscheidung, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens diente, könnte allein aus der Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden. Sie darf infolgedessen mangels sachlicher, objektivierbarer, bundesrechtlich nicht nachvollziehbarer Grundlage nicht rückschauend ersetzt werden.1.2
In den Grenzen des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG können die Vorschriften des AAÜG auch auf solche Personen Anwendung finden, die in der Vergangenheit in der DDR zwar nicht zum 30. Juni 1990 aber zu irgendeinem Zeitpunkt davor eine - konkrete - Versorgungszusage (oder auch eine Einzelentscheidung oder eine einzelvertragliche Regelung zur Einbeziehung in das Versorgungssystem) und damit eine rechtliche Position hatten, die aus bundesrechtlicher Sicht einer Versorgungsanwartschaft entsprach. Sofern sie diese nach den Regelungen des Versorgungssystems - etwa infolge Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses - wieder verloren hatten, fingiert § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG insoweit das Fortbestehen der Versorgungsanwartschaft, "soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei Ausscheiden vor dem Leistungsfall" vorsahen. Der Verlust gilt als nicht eingetreten. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG knüpft somit - anders als § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG - ausdrücklich an eine formale Rechtsposition in der ehemaligen DDR an, bestimmt jedoch bundesrechtlich, dass ein nach den Regelungen der Versorgungssysteme eingetretener Verlust der Anwartschaft unbeachtlich und daher davon auszugehen ist, dass am 30. Juni 1990 (und deshalb zum 1. August 1991) eine Versorgungsanwartschaft bestand."
Nur wenn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG vorliegen, gelangen die Vorschriften des AAÜG zur Anwendung.
Diese in den zitierten Urteilen dargelegte Rechtsauffassung schließt sich die entscheidende Kammer aus eigener Überzeugung an.
Geht man von den Grundsätzen des BSG aus, so zeigt sich, dass der Kläger bereits nicht die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt und somit nicht unter den Anwendungsbereich des AAÜG fällt. Denn er hatte am 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 1 Satz 2 AAÜG "erworben". Weder war ihm eine Versorgungszusage erteilt, noch war zu seinen Gunsten eine Ermessensentscheidung ergangen, noch eine einzelvertragliche Abrede getroffen worden. Er hatte nach der hier als Anknüpfung allein in Betracht kommenden Versorgungsordnung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) aus bundesrechtlicher Sicht auch keine Versorgungsanwartschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG).
Mit seiner Beschäftigung im VEB Rationalisierung und Projektierung I. erfüllte der Kläger nicht die betriebliche Voraussetzung für einen fiktiven bundesrechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Zusage nach der Altersversorgung der technischen Intelligenz.
Für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz war Voraussetzung, dass eine Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb und nicht in irgendeinem volkseigenen Betrieb - ausgeübt wurde.
Nach der Verordnung über die Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sollte jedoch nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Im Hinblick hierauf war auch allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand hatte, von besonderer Bedeutung. Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 41/01 R).
Dass nur eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art für die DDR von maßgeblicher Bedeutung war, spiegelt sich nach Auffassung des BSG (Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R) auch in dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl II S 437) wider. Dort sei, so das BSG, auf die besondere Bedeutung des Bauwesens nach dem Produktionsprinzip u.a. unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Bauwesen hingewiesen worden. Mit der Konzentration der Baukapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten sollte ein neuer, selbstständiger Zweig der Volkswirtschaft geschaffen werden, der die Organisierung und Durchführung der kompletten Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken zum Gegenstand hatte. Die Bau- und Montagekombinate sollten danach u.a. den Bau kompletter Produktionsanlagen einschließlich der dazugehörigen Wohnkomplexe und Nebenanlagen durchführen und jeweils die betriebsfertigen Anlagen und schlüsselfertigen Bauwerke bei Anwendung der komplexen Fließfertigung und des kombinierten und kompakten Bauens übergeben. Von wesentlicher Bedeutung sei somit das (Massen-)"Produktionsprinzip" in der Bauwirtschaft gewesen. Demgemäß sei in dem o.g. Beschluss u.a. unterschieden zwischen der von den Bau- und Montagekombinaten durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in Massenproduktion einerseits und den Baureparaturbetrieben andererseits, die im Wesentlichen zuständig gewesen seien für die Erhaltung der Bausubstanz, die Durchführung von Um- und Ausbauten sowie von kleineren Neubauten; sie seien im Übrigen Baudirektionen unterstellt gewesen.
Nach Darstellung des Klägers handelte es sich bei dem VEB Rationalisierung und Projektierung I. um einen Betrieb, der als Generalauftragnehmer besondere Investitionsvorhaben von der Planungsphase bis zur Fertigstellung betreute. Bei den Projekten, die von der VEB begleitet wurden, handelte es sich um besonders herausragende Bauprojekte in der DDR sowie im Ausland wie bspw. den Schlachthof in L. sowie Lehr- und Ausbildungswerkstätten in M ... Als Generalprojektant war der Kläger verantwortlich für die Erarbeitung von Aufgabenstellungen für nachgeordnete Fachprojektanten, die Koordinierung der fachspezifischen Projekte in den einzelnen Leistungsphasen sowie die Überprüfung der Qualitätsanforderungen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Nach einer umfassenden Planungsphase war es auch Aufgabe des VEB Rationalisierung und Projektierung I. die Erstellung des Bauwerkes zu realisieren und die dafür notwendigen Fachprojektanten oder Bau- und Industriekombinate sowie auch ausländische Firmen zu koordinieren. Für bestimmte Aufgaben wurden auch eigene Bautrupps eingesetzt.
Unstreitig war der VEB Rationalisierung und Projektierung I. im Baubereich tätig. Dennoch handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb des Bauwesen, wie er von der Versorgungsordnung verstanden wurde. Denn der Schwerpunkt des VEB Rationalisierung und Projektierung I. lag nach der Darstellung des Klägers, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, gerade nicht in der Massenproduktion von Bauwerken, sondern in der Projektierung und Realisierung einzelner für besonders wichtig erachteter und großer Bauprojekte.
Bei dem VEB Rationalisierung und Projektierung I. handelte es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung. Keiner der dort aufgeführten Betriebe lässt sich mit dem VEB Rationalisierung und Projektierung I. in Übereinstimmung bringen. Es handelte sich weder um ein wissenschaftliches Institut noch um eine Forschungseinrichtung, noch um ein Konstruktionsbüro, noch um eine Hauptverwaltung oder ein Ministerium.
Der Kläger kann auch nicht im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie aufgrund seiner beruflichen Qualifikation als Diplomingenieur und der herausragenden Tätigkeiten, die er beim VEB Rationalisierung und Projektierung ausgeübt hat, den in § 1 Abs. 1 Satz 1 der zweiten Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung genannten Gruppen gleichgestellt werden. Den Gerichten ist es im Hinblick auf das Verbot von Neueinbeziehungen im Einigungsvertrag untersagt, eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den einzelnen Versorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus vorzunehmen. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme getroffenen Entscheidungen der DDR ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bundesrechtlich nicht erlaubt, auch soweit sie in sich willkürlich sind. Der Einigungsvertrag hat grundsätzlich nur die Übernahme zum 3. Oktober 1990 bestehender Versorgungsansprüche und Anwartschaften von "Einbezogenen" in das Bundesrecht versprochen und Neueinbeziehungen ausdrücklich verboten (BSG, Urteil vom 9.4.2002, B 4 RA 41/01 R). Das Verbot der Neueinbeziehung ist auch verfassungsgemäß; der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR ohne Willkür anknüpfen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 9. April 2002, Az: B 4 RA 31/01 R). Art 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen.
Der Kläger hatte somit am 1. August 1991 keine wirkliche oder fiktive Versorgungsanwartschaft, sodass er bereits nicht vom Anwendungsbereich des AAÜG erfasst wird. Infolgedessen hat er auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und der insoweit erzielten Arbeitsentgelte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Bei ihr war zu berücksichtigen, dass das Klagebegehren erfolglos blieb.