Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.04.1998, Az.: VI 27/95
Sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft; Neutralisierung ausschüttungsbedingter bzw. abführungsbedingter Teilwertabschreibung; System der Ermittlung des Gewerbeertrags im Organkreis; Veräußerung von Wirtschaftsgütern durch die Organgesellschaft; Aufdeckung stiller Reserven
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.04.1998
- Aktenzeichen
- VI 27/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 20336
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1998:0421.VI27.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG
- § 14 Nr. 1 u. 2 KStG
- § 8 Abs. 1 KStG
- § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG
- § 7 GewStG
Fundstellen
- DStRE 1998, 672-675 (Volltext mit amtl. LS)
- DStRE 1999, 109-111 (Volltext mit amtl. LS)
- GmbH-StB 1998, 305-306 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- GmbHR 1998, 1094-1096 (Volltext mit red. LS)
- ZKF 2000, 203
Verfahrensgegenstand
Gewerbesteuermeßbetrag 1990
Redaktioneller Leitsatz
Die Neutralisierung von einem Organträger vorgenommener ausschüttungs- bzw. abführungsbedingter Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft ist mit dem System der Ermittlung des Gewerbeertrags im Organkreis unvereinbar, weil sie insoweit zu einer im Ergebnis unzutreffenden und übermäßigen Besteuerung führt, als sie den von dem Organträger für den Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft getragenen Aufwand außer Acht lässt.
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 21. April 1998, an der mitgewirkt haben:
Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender
Richter am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ... Regierungs-Oberamtsrätin
ehrenamtlicher Richter ... Malermeister
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Änderung des Gewerbesteuermeßbescheids 1990 vom 14. September 1994 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 21. Dezember 1994 wird der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag auf 1.830 DM herabgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Aufwendungen abwenden, wenn diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die von einem Organträger vorgenommene gewinnabführungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft den Gewinn des Organkreises mindert.
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der I. Gesellschaft ... mbH (Gemeinschuldnerin), die in H. die. Übernahme und Durchführung schlüsselfertiger Bauten und alle damit im Zusammenhang stehenden Geschäfte und Handlungen sowie die Unternehmensberatung in allen Bereichen, insbesondere auch Existenzgründungsberatungen, betrieb. Im Jahr 1989 erwarb sie 96 v.H. der Anteile an der K. C. C. Gesellschaft mbH (KCC), deren wesentliches Vermögen aus einem zur Veräußerung bestimmten Grundstück bestand. Die Anschaffungskosten (einschließlich von der Erwerberin getragener Nebenkosten) beliefen sich auf 2.886.245,40 DM. Am 30. November 1989 schloß die Gemeinschuldnerin mit Wirkung vom 01. Dezember 1989 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit der KCC.
Im Wirtschaftsjahr 1989/90, das am 30. November 1990 endete, veräußerte die KCC das in ihrem Umlaufvermögen befindliche Grundstück. Dabei erzielte sie einen an die Gemeinschuldnerin abzuführenden Gewinn von 2.307.893,38 DM. Da sich das nach der Gewinnabführung verbleibende Eigenkapital der KCC nur noch auf 46.502,87 DM belief, schrieb die Gemeinschuldnerin ihre Geschäftsanteile auf den Nennwert von 48.000 DM ab. Um eine Überschuldung der Gemeinschuldnerin zu vermeiden, erklärten sich die Veräußerer der Geschäftsanteile an der KCC bereit, gegen Besserungsschein auf einen Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe von 591.684 DM zu verzichten.
In der Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 1990 erklärte die Gemeinschuldnerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 40.558 DM. In die Ermittlung dieses Betrages waren der von der KCC abgeführte Veräußerungsgewinn und die Minderung des Kaufpreises für die von der Gemeinschuldnerin erworbenen Anteile an der KCC als Ertrag, die bei der Gemeinschuldnerin vorgenommene Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der KCC in Höhe von 2.838.245,40 DM als Aufwand eingeflossen. Durch Bescheid vom 29. Juni 1992 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Gewerbesteuermeßbetrag - unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs von 3.792 DM - erklärungsgemäß auf 1.835 DM fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Anschluß an eine erneute Prüfung des Steuerfalls stellte sich das FA auf den Standpunkt, daß die Teilwertabschreibung, die die Gemeinschuldnerin auf ihre Anteile an der KCC vorgenommen habe, den Gewinn des Organkreises nicht mindern dürfe, soweit sie auf die Gewinnabführung an die Gemeinschuldnerin zurückzuführen sei (Hinweis auf Abschn. 42 Abs. 1 Satz 7 und 11 der Gewerbesteuerrichtlinien - GewStR - 1990). Den gewinnabführungsbedingten Teil der Teilwertabschreibung ermittelte das FA wie folgt:
DM | ||
---|---|---|
Gewinnabführung der KOC | 2.307.893,- | (79,59 %) |
Verzicht der Verkäufer der GmbH-Anteile gegen Besserungsschein | 591.684 - | (20.41 %) |
Summe | 2.899,577,- | (100,00%) |
Teilwertabschreibung lt. Handelsbilanz | 2.838.245,40 | |
davon entfallen auf die Gewinnabführung 79.59 % = | 2.258.959,- |
Durch Änderungsbescheid vom 14. September 1994 setzte es den Gewerbesteuermeßbetrag daher auf 114.785 DM fest. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte nur zum Teil Erfolg. Durch Einspruchsbescheid vom 21. Dezember 1994 setzte das FA den Gewerbesteuermeßbetrag unter Berücksichtigung der sich aus der Hinzurechnung der gewinnabführungsbedingten Teilwertabschreibung ergebenden Erhöhung des Gewerbesteueraufwandes auf 94.985 DM herab. Im übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Gemeinschuldnerin mit einem am 23. Januar 1995 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage, mit der sie die erklärungsgemäße Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages begehrte. Nachdem das Klageverfahren durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldner am 03. April 1995 unterbrochen worden war, nahm der Kläger als Konkursverwalter das Verfahren durch Schriftsätze vom 21. November 1996 (Bl. 49 der Gerichtsakte) bzw. vom 20. April 1998 (Bl. 95 der Gerichtsakte) auf.
Zur Begründung der Klage führt er - teilweise unter Bezugnahme auf die Darlegungen von Kohlhaas in DStR 1998, S. 5 ff. - aus, daß die Hinzurechnung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung im Widerspruch zu den von der Rechtsprechung im übrigen entwickelten Grundsätzen der Ermittlung des Gewerbeertrags im Organkreis stehe. Hiernach würden die Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaften zunächst getrennt ermittelt, die Einzelergebnisse addiert und die Summe sodann um eventuelle Doppel - oder Nichterfassungen ein und desselben wirtschaftlichen Vorganges korrigiert. Die von dem FA vorgenommene Hinzurechnung der gewinnabführungsbedingten Teilwertabschreibung stelle keine solche Korrektur des Gesamtergebnisses dar, sondern setze bereits bei der separaten Ermittlung des Gewerbeertrags der Organträgerin an.
Davon abgesehen berge die Neutralisierung der gewinnabführungsbedingten Teilwertabschreibung die Gefahr erheblicher steuerlicher Überbelastungen in sich, die bis zu massiven Substanzeingriffen reichen könnten. Im Streitfall habe sich im Organkreis aus der Grundstücksveräußerung ein Gewinn von nur wenig mehr als 19.000 DM vor Steuern ergeben. Denn nur um diesen Betrag habe der von der KCC abgeführte Gewinn die von der Gemeinschuldnerin getragenen Anschaffungskosten der Anteile an der Organgesellschaft überstiegen. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen Gewerbesteuerhebesatzes von 425 v.H. werde dieser Vorgang Jedoch mit einer Gewerbesteuer von rund 395.000 DM belastet. Um eine derart übermäßige Belastung, die im Streitfall zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der Gemeinschuldnerin geführt habe, zu vermeiden, sei es geboten, Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern durch die Organgesellschaft bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für den Organkreis insoweit unberücksichtigt zu lassen, als sie auf die Aufdeckung stiller Reserven entfielen, die von der Organträgerin beim Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft bereits honoriert worden seien. Soweit dieser Gewinn - wie im Streitfall - an den Organträger abgeführt worden sei, habe dies durch die Berücksichtigung der Teilwertabschreibung auf die Beteiligung zu geschehen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Gewerbesteuermeßbescheids vom 14. September 1994 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 21. Dezember 1994 den Gewerbesteuermeßbetrag auf 1.830 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung fest, daß die Abführung des von der Organgesellschaft erzielten Gewinns an die Organträgerin den Gewinn des Organkreises nicht beeinflussen dürfe. Die dadurch veranlaßte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft sei daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für den Organkreis zu neutralisieren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Das FA hat den Gewerbeertrag der Gemeinschuldnerin zu Unrecht um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der KCC erhöht.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gelten Kapitalgesellschaften, die derart in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert sind, daß die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erfüllt sind (sog. Organgesellschaften), als Betriebsstätten des anderen Unternehmens (des sog. Organträgers). Die Voraussetzungen dieser sogenannten gewerbesteuerrechtlichen Organschaft liegen im Streitfall vor, weil die KCC seit Beginn des Wirtschaftsjahres 1989/90 finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Gemeinschuldnerin eingegliedert war.
Nach der Rechtsprechung des BFH bilden die Organgesellschaften und der Organträger zwar kein einheitliches Unternehmen, sondern bleiben selbständige Gewerbebetriebe, deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (BFH-Urteile vom 06. Oktober 1953 I 29/53 U. Bundessteuerblatt III 1953, 329; vom 17. Februar 1972 IV R 17/68, Bundessteuerblatt II 1972, 582; vom 06. November 1985 I R 56/82, Bundessteuerblatt II 1986, 73; vom 23. Januar 1992 XI R 47/89, Bundessteuerblatt II 1992, 630). Die Organschaft hat Jedoch zur Folge, daß die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaften für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet wird und der einheitliche Gewerbesteuermeßbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe, d.h. die Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en), allein gegenüber dem Organträger festzusetzen ist. Zur Ermittlung des für die Festsetzung des Steuermeßbetrages nach dem Gewerbeertrag maßgebenden Gewerbeertrags des Organkreises sind die getrennt ermittelten Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaft(en) zusammenzurechnen und die Summe um die sich aufgrund der Zusammenrechnung etwa ergebenden steuerlichen Doppelbelastungen oder ungerechtfertigten steuerlichen Entlastungen zu korrigieren.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die von der KCC aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages vom 30. November 1989 vorgenommene Gewinnabführung zwar den - selbständig ermittelten - Gewerbeertrag der Gemeinschuldnerin erhöht, den Gewerbeertrag des Organkreises aber nicht beeinflußt, weil der abgeführte Betrag wirtschaftlich mit dem von der KCC erzielten und in die Ermittlung ihres eigenen Gewerbeertrages eingeflossenen Veräußerungsgewinn identisch ist und die zusätzliche Berücksichtigung des abgeführten Betrages deshalb zu einer nicht gerechtfertigten Doppelerfassung ein und desselben wirtschaftlichen Vorgangs führen würde (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 1972 I R 171/68, BStBl II 1972, 358). Demgegenüber mindert die durch die Gewinnabführung veranlaßte Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und § 7 GewStG) auf die Beteiligung an der KCC - deren Berechtigung nach Grund und Höhe zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht nur den selbständig ermittelten Gewerbeertrag der Gemeinschuldnerin, sondern auch den Gewerbeertrag des Organkreises.
Der gegenteiligen Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 2. Februar 1994 I R 10/93 (BStBl II 1994, 768) vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Sie beruht im wesentlichen auf der Erwägung, daß die gewerbesteuerrechtliche Organschaft - im Gegensatz zur körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft (vgl. § 14 Satz 1 und § 14 Nr. 4 KStG) - keinen Gewinnabführungsvertrag voraussetzt und es daher für die Ermittlung des Gewerbeertrags des Organkreises ohne Bedeutung sei, ob eine Organgesellschaft ihren Gewinn abführe oder ob sie ihn thesauriere. Da die Gewinnabführung ohne Einfluß auf den Gewerbeertrag des Organkreises sei, dürften weder die auf ihr beruhenden bilanziellen Vermögensmehrungen noch die auf ihr beruhenden bilanziellen Vermögensminderungen den Gewerbeertrag des Organkreises beeinflussen (a.a.O., S. 770 unter II 3 Buchst. e).
Im Schrifttum ist dieses Urteil bzw. die hierdurch bestätigte Verwaltungsauffassung in Abschnitt 42 Abs. 1 Satz 11 GewStG überwiegend auf Ablehnung gestoßen (Pöllath/Wenzel, DB 1989, 797 ff.; Goutier, DB 1989 244 ff.; Kausemann, DB 1989, 2450 ff.; Herzig, DB 1990, 133 ff.; Knobbe - Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht. 9. Auflage 1993, § 21 II 7 c; Blumers DB 1994, 1110 f.; Kohlhaas, DStR 1998, 5 ff.). Kritisiert wird zum einen, daß die Neutralisierung der ausschüttungs- bzw. abführungsbedingten Teilwertabschreibung mit dem von der Rechtsprechung selbst entwickelten System der Ermittlung des Gewerbeertrags im Organkreis unvereinbar sei, weil sie nicht darauf ziele, eine aus der Zusammenrechnung der gewerbesteuerlichen Teilergebnisse der Organgesellschaft und des Organträgers resultierende Doppel- oder Nichterfassung zu korrigieren, sondern auf eine Korrektur der vorausgegangenen selbständigen Ermittlung der Gewerbeerträge im Organkreis ziele (Blumers a.a.O.). Zum anderen wird darauf hingewiesen, daß die Neutralisierung der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung zu einer im Ergebnis unzutreffenden und übermäßigen Besteuerung führe, weil sie den von dem Organträger für den Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft getragenen Aufwand außer acht lasse (Kohlhaas, a.a.O., S. 10 f.).
Diesen Gesichtspunkt hält der Senat für entscheidend. Soweit die Organgesellschaft bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern stille Reserven aufdeckt, die der Organträger beim Erwerb der Beteiligung an der Organgesellschaft bereits honoriert hat, darf dieser Vorgang den gewerbesteuerpflichtigen Gewinn des Organkreises nicht erhöhen. Würde man die in § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG enthaltene Betriebsstättenfiktion im buchstäblichen Sinne verstehen, d.h. den Organträger und die Organgesellschaft als einheitliches Unternehmen auffassen, für das der Gewerbeertrag von vornherein einheitlich zu ermitteln ist, würde sich dies schon daraus ergeben, daß in der Bilanz des Organträgers ein Wirtschaftsgut Beteiligung überhaupt nicht anzusetzen wäre, sondern die einzelnen zum Betriebsvermögen der Organgesellschaft gehörenden Wirtschaftsgüter mit ihren sich aus dem Gesamtkaufpreis für die Beteiligung ableitenden Anschaffungskosten zu aktivieren wären (Herzig, a.a.O., S. 136). In diesem Fall wäre es offensichtlich, daß die Aufdeckung stiller Reserven, die von dem Organträger beim Erwerb der Beteiligung bereits honoriert wurden, den gewerbesteuerpflichtigen Gewinn nicht erhöhen kann, sondern zu einem erfolgsneutralen Aktivtausch führt. An diesem Ergebnis kann sich auch dann nichts ändern, wenn man den Gewerbeertrag des Organkreises auf der Grundlage der gewerbesteuerlichen Teilergebnisse der einzelnen zum Organkreis gehörenden Gesellschaften ermittelt. Auch in diesem Fall bleibt die mit der gewerbesteuerlichen Organschaft verbundene Rechtsfolge bestehen, daß die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft für die Dauer der Organschaft suspendiert und der für den Organkreis zu ermittelnde Gewerbeertrag als Ganzes dem Organträger zugerechnet wird. Mit dieser subjektiven Zurechnung zum Organträger wäre es unvereinbar, wenn Vorgänge bei einer Organgesellschaft, die sich aus der Sicht des Organträgers als gewinneutral darstellen, den Gewinn des Organkreises erhöhen würden. Eben dies ist aber bei der Aufdeckung stiller Reserven durch die Organgesellschaft, die der Organträger beim Erwerb der Beteiligung bereits honoriert hat, der Fall.
Die Überlegung in dem BFH-Urteil vom 02. Februar 1994 (a.a.O.), daß die Höhe des im Organkreis zu ermittelnden Gewinns nicht von der Ausschüttung oder der Einbehaltung des von der Organgesellschaft erzielten Gewinns abhängig sein dürfe, trifft zwar zu. Sie rechtfertigt es nach dem oben Gesagten aber nicht, die im Fall der Ausschüttung vorzunehmende Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsansatz des Organträgers zu neutralisieren, sondern verlangt umgekehrt, im Fall der Thesaurierung des Veräußerungsgewinns die sich aus der Zusammenrechnung der Einzelergebnisse des Organträgers und der Organgesellschaft ergebende Summe um den Betrag der von dem Organträger beim Erwerb der Beteiligung bereits honorierten stillen Reserven zu vermindern (so im Ergebnis auch Kohlhaas, a.a.O., S. 10 f.).
Aus der Regelung des § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG können keine gegenteiligen Schlußfolgerungen gezogen werden. Hiernach sind Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft entstanden sind, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts auf Gewinnausschüttungen der Körperschaft zurückzuführen ist und die Gewinnausschüttungen selbst nach § 9 Nr. 2 a, 7 oder 8 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrages außer Betracht bleiben. Diese Vorschrift ist auf Fälle der Organschaft aber weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BFH-Urteil vom 2. Februar 1994, a.a.O., S. 770 unter II 3 d). Ihre Einführung durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 (Bundesgesetzblatt I 1988, 1093) mag zwar den Anstoß dazu gegeben haben, daß die Finanzverwaltung in Abschnitt 42 Abs. 1 Satz 11 GewStR 1990 erstmals auch für Fälle der Organschaft die Hinzurechnung gewinnausschüttungs- bzw. -abführungsbedingter Teilwertabschreibungen zur Summe der gewerbesteuerlichen Teilergebnisse angeordnet hat. Sie kann eine solche Hinzurechnung wegen der völlig unterschiedlichen Rechtsfolgen aber auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht rechtfertigen. Während sich die aus § 8 Nr. 10 GewStG ergebende Rechtsfolge im Zusammenspiel mit § 9 Nr. 2 a, 7 oder 8 GewStG darin erschöpft, daß weder die Gewinnausschüttung als solche noch die dadurch ausgelöste Teilwertabschreibung den Gewerbeertrag der Obergesellschaft beeinflußt, hat die Hinzurechnung der ausschüttungs- bzw. abführungsbedingten Teilwertabschreibung in Organschaftsfällen zur Folge, daß der Organträger die bei der Organgesellschaft vorgenommene Aufdeckung stiller Reserven versteuern muß, obwohl dieser Vorgang für ihn weder zu einer wirtschaftlichen noch zu einer bilanziellen Vermögensmehrung geführt hat.
Hiernach konnte der angefochtene Bescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung keinen Bestand haben. Der Gewerbesteuermeßbetrag war entsprechend dem Klageantrag auf den Betrag herabzusetzen, der sich unter Berücksichtigung der von der Gemeinschuldnerin vorgenommenen Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der KCC ergibt (§ 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozeßordnung i.V.m. § 151 Abs. 1 und 3 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, weil die Entscheidung des Senats von dem BFH-Urteil vom 02. Februar 1994 abweicht und auf dieser Abweichung beruht.