Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 29.09.2021, Az.: 1 A 130/21

Anwendungsbestimmung; Nichtzielpflanzen; Pflanzenschutzmittel

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
29.09.2021
Aktenzeichen
1 A 130/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71031
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Berücksichtigung von Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen auf der Behandlungsfläche bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels steht nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 entgegen, dass die EFSA noch keine anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung derartiger Auswirkungen festgelegt hat.

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, die Dauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels I. auf den 31. Oktober 2023 festzulegen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Befristung einer ihr erteilten Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel.

Am 15. August 2018 erteilte die Tschechische Republik (im Folgenden: Tschechien) der L. mit Sitz in M. auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel I. mit Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2019. Bei dem Pflanzenschutzmittel handelt es sich um ein Herbizid mit dem Wirkstoff N. zur Anwendung im Ackerbau zur Bekämpfung von zweikeimblättrigen Unkräutern. Die Geltungsdauer der tschechischen Zulassung wurde in der Folgezeit verlängert, zuletzt bis zum 31. Oktober 2022. Die Genehmigung des Wirkstoffs N. hat derzeit ebenfalls eine Laufzeit bis 31. Oktober 2022.

Entsprechend des Bewertungsberichts nahm Tschechien im Zulassungsverfahren hinsichtlich der Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen eine Bewertung auf der Grundlage der Leitlinien zur terrestrischen Ökotoxikologie (Guidance Document on Terrestrial Ecotoxocology under Council Directive 91/414/EEC vom 17.10.2002, SANCO/10329/2020 rev 2 final, im Folgenden: Guidance Document) vor. Diese beschränkte es auf die Betrachtung von Auswirkungen außerhalb des Feldes („off-field situations“), weil Nichtzielpflanzen nur Nichtkulturpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche seien (vgl. Registration Report, Core Assessment vom November 2017, Part B, Section 9 - Ecotoxicology -, Ziff. 9.10.2.2). Wegen der sich bei der Bewertung ergebenden Risiken für Nichtzielpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche (TER-Wert < 5 im Tier-2 risk assessment) sah es als Risikominderungsmaßnahme die Einhaltung einer Pufferzone von 10 m zu nicht landwirtschaftlichen Flächen oder von 5 m bei Verwendung mindestens 50 % abdriftmindernder Düsen oder den Einsatz von 90 % abdriftmindernden Düsen ohne Pufferzone vor. Unter dieser Risikominderungsmaßnahme sei ein potentielles Risiko für Nichtzielpflanzen außerhalb der behandelten Fläche nicht zu erwarten (Registration Report, a. a. O., Ziff. 9.1.1.7 und 9.10.3). In die von ihm erteilte Zulassung für das Pflanzenschutzmittel nahm es eine entsprechende Risikominderungsmaßnahme auf.

Mit Antrag vom 23. November 2018 beantragte die Klägerin beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel I. im Wege der gegenseitigen Anerkennung.

Das Umweltbundesamt (UBA) erklärte mit Schreiben vom 25. Februar 2019 sein Einvernehmen mit der Zulassung des Pflanzenschutzmittels unter anderem unter der Voraussetzung, dass die Zulassung für die Zeit ab 1. Januar 2020 mit den Anwendungsbestimmungen Biodiv1, Biodiv 2 und NT(neu) versehen wird. Wesentlicher Gehalt dieser Anwendungsbestimmungen war, dass das Pflanzenschutzmittel zum Schutz der biologischen Vielfalt nur zur Anwendung gelangen sollte, wenn auf der Gesamtackerfläche des Betriebes ein ausreichender Anteil an Biodiversitätsflächen von mindestens 10 % der Gesamtackerfläche vorhanden ist. Zur Begründung verwies das UBA darauf, Pflanzenschutzmittel dürften nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 infolge ihrer Verwendung keine unannehmbaren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben.

Das Julius Kühn-Institut (JKI) erklärte mit Schreiben vom 1. März 2019 sein Benehmen für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in Deutschland, wobei es geltend machte, dass für Winter- und Sommerhartweizen weder Wirksamkeits- noch Selektivitätsversuche vorgelegt worden seien und in Tschechien eine Bewertung der beiden Kulturen nicht erfolgt sei, weshalb diese aus den Anwendungen gestrichen werden sollten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) übermittelte mit Schreiben vom 29. März 2019 sein Benehmen.

Mit Bescheid vom 7. Mai 2019 erteilte das BVL der Klägerin die beantragte Zulassung für das Pflanzenschutzmittel versehen mit Nebenbestimmungen, jedoch ohne die Anwendungsbestimmungen Biodiv1, Biodiv 2 und NT(neu) mit Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2019. Die Zulassung zur Anwendung in Winter- und Sommerhartweizen wurde nicht ausgesprochen. Hinsichtlich der Befristung führte es aus, das UBA habe sein Einvernehmen mit der Bedingung verknüpft, dass für den Zeitraum ab 1. Januar 2020 Biodiversitäts-Anwendungsbestimmungen erteilt werden müssten. Diese Anwendungsbestimmungen erachte es als rechtswidrig. Obgleich es die Dauer der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels regelmäßig nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 so festlege, dass sie mindestens die Dauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr betrage, könne es mangels vorbehaltloser Einvernehmenserklärung des UBA die Zulassung ohne die Biodiversitäts-Anwendungsbestimmungen nur befristet bis zum 31. Dezember 2019 erteilen.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 6. Juni 2019, insbesondere hinsichtlich der Beschränkung der Geltungsdauer der Zulassung auf den 31. Dezember 2019, Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 und vom 25. Februar 2021 stellte das BVL fest, dass dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukomme, zuletzt nach Verlängerung der Wirkstoffgenehmigung zu diesem Zeitpunkt bis zum 31. Oktober 2021 bis längstens zum 31. Oktober 2022.

Mit Urteilen vom 4. September 2019 (9 A 11/19 und 9 A 18/19) entschied das Gericht, dass der in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) der Berücksichtigung indirekter Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegensteht, solange die EFSA noch keine anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt hat. Den vom UBA geforderten Anwendungsbestimmungen Biodiv1, Biodiv 2 und NT(neu) fehle damit die Grundlage.

Im Hinblick darauf aktualisierte das UBA mit Schreiben vom 9. Januar 2020 sein Einvernehmen für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels. Zeitlich unbefristet erklärte es sein Einvernehmen insbesondere unter der Voraussetzung der Festsetzung der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) mit folgendem Wortlaut:

 „Zum Schutz der nicht zu bekämpfenden Arten der Ackerbegleitflora darf die Anwendung des Pflanzenschutzmittels [A] nur auf maximal 9/10 der zu behandelnden Anbaufläche erfolgen. Die unbehandelte Teilfläche dient diesen Arten als Überlebensraum und ist daher während des Kulturverlaufs auch von der Behandlung mit anderen Mitteln mit dieser Anwendungsbestimmung und der NT(neu-Ackerarthropoden) auszunehmen.

Die Anwendung des Mittels muss in einer Breite von mindestens 20 m zur angrenzenden unbehandelten Teilfläche mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis "Verlustmindernde Geräte" vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse … % eingetragen ist.

Die unbehandelte Teilfläche vorzugsweise als Randstreifen mit Mindestbreiten von 5 m und einem reduzierten Düngereinsatz vorsehen.“

Zur Bestimmung der Abdriftminderungsklasse verwies es auf die Anlage „Risikominderungsmaßnahmen zum Schutz von Nichtziel-Pflanzen und Nichtziel-Arthropoden auf Anbauflächen vor Auswirkungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“ (Anlage RMM). Für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels ohne die genannte Anwendungsbestimmung erklärte es sein Einvernehmen nur bis zum 31. Dezember 2020.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Risikobewertung des Pflanzenschutzmittels habe unannehmbare Auswirkungen auf nicht zu bekämpfende Arten der Ackerbegleitflora auf den Anbauflächen aufgrund unmittelbarer Auswirkungen aufgezeigt, die durch Risikominderungsmaßnahmen auf ein annehmbares Maß gesenkt werden müssten. Gemäß Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 dürften Pflanzenschutzmittel keine unannehmbaren Auswirkungen auf Arten haben, die nicht bekämpft werden sollen, sog. Nichtzielarten, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten. Der etablierte und von der EFSA anerkannte Bewertungsansatz für Nichtzielpflanzen (non-target terrestrial plants - NTTP -) des Guidance Documents zur terrestrischen Ökotoxikologie beinhalte die Abschätzung der Risiken der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels für NTTP in angrenzenden Saumbiotopen, also außerhalb der Anwendungsfläche, nicht jedoch die Abschätzung des Risikos für Nichtzielpflanzen auf den Anwendungsflächen. Sowohl aus fachlichen als auch aus rechtlichen Gründen sei es allerdings geboten, ebenfalls die Auswirkungen auf den Anbauflächen zu berücksichtigen. Nach den allgemeinen Grundsätzen für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 hätten die Mitgliedstaaten bei der Entscheidungsfindung darauf zu achten, dass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel keine langfristigen Auswirkungen auf den Bestand und die Vielfalt der nicht zu den Zielgruppen gehörenden Arten hätten (Anhang, Teil I, Abschnitt C, Ziff. 1.5). Weder die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 noch die Verordnung (EU) Nr. 546/2011 unterschieden danach, ob sich die Auswirkungen auf Nichtzielarten auf der Anbaufläche oder außerhalb derselben ergäben. Trotz des Fehlens spezifischer Entscheidungsgrundsätze sprächen deshalb keine rechtlichen Gründe dagegen, auch Auswirkungen auf Pflanzen auf den Anbauflächen in die Entscheidungsfindung über die Zulassung einzubeziehen.

In Deutschland seien spezifische ökologische und landwirtschaftliche Bedingungen gegeben, die bei der Bewertung der Risiken für NTTP Beachtung finden müssten. Diese folgten aus der räumlichen Struktur der intensiv genutzten deutschen Agrarlandschaft, die sich vor allem ausdrücke in einem hohen Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen im Verhältnis zur Gesamtlandschaft, der Intensität ihrer Nutzung mit einem im Vergleich der Mitgliedstaaten der zentralen Zulassungszone überdurchschnittlich hohen Anteil an Ackerflächen, die zumeist mit hoher Intensität bewirtschaftet würden, und einem im Vergleich mit anderen europäischen Mitgliedstaaten überproportionalen Anteil großer Ackerschläge. Mit 9,9 % sei der Anteil extensiv genutzten Grünlands bezogen auf die Gesamtnutzungsfläche in Deutschland gering. Ein weiterer Indikator für die Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung sei der Anteil der Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert (high nature value farmland - HNVF -) an der gesamten Landwirtschaftsfläche. Trotz Fehlens einer einheitlichen Methodik zur Erfassung in den einzelnen Mitgliedstaaten erlaube der HNVF-Indikator einen näherungsweisen Vergleich der Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung bzw. der Agrar-Landschaftsstruktur zwischen den Mitgliedstaaten. Die Europäische Umweltagentur (EEA) habe eine europaweite Analyse zu den HNVF-Anteilen durchgeführt mit dem Ziel deren bestmöglicher Vergleichbarkeit. Deutschland zähle nach der Erhebung aus dem Jahre 2012 zu den fünf Mitgliedstaaten mit dem geringsten HNVF-Anteil. Seit dem Jahre 2009 sei für Deutschland zudem ein kontinuierlicher Rückgang von landwirtschaftlichen Flächen mit hohem Naturwert zu beobachten bzw. ein Stagnieren auf niedrigem Niveau. Der Anteil ungenutzter Flächen bzw. von Brachflächen sei im Vergleich zum Durchschnitt der Länder der zentralen Zulassungszone gering. Der Anteil im Rahmen der Greening-Anforderungen von deutschen Landwirten gemeldeter ökologischer Vorrangflächen falle gleichfalls gering aus. Mit der Intensität des chemischen Pflanzenschutzes, die in Deutschland im Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten der zentralen europäischen Zulassungszone insgesamt als hoch einzustufen sei, lägen spezifische landwirtschaftliche Bedingungen vor. Auf der Umwelt laste in Deutschland ein hoher „toxischer Druck“. Statistische Auswertungen aus dem Jahr 2016 wiesen die jährlich in Deutschland verkaufte Menge an Pflanzenschutzmitteln im Vergleich der Mitgliedstaaten als am vierthöchsten nach Spanien, Frankreich und Italien aus, die nicht zur zentralen, sondern zur südlichen Zulassungszone gehörten. Werde die Verkaufsmenge auf die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche bezogen, liege Deutschland an achter Stelle in Europa, mit höheren Mengen nur in den Niederlanden und Belgien im Vergleich der Mitgliedstaaten der zentralen Zulassungszone. Erhebungen des JKI zeigten für Deutschland weiterhin einen leichten Anstieg des Behandlungsindex, d. h. der Anzahl angewandter Pflanzenschutzmittel bezogen auf die maximal zulässige Aufwandmenge und die Anbaufläche. Für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union fehlten vergleichbar detaillierte Statistiken.

Zugleich sei ein kritischer Erhaltungszustand von NTTP in der deutschen Agrarlandschaft zu verzeichnen, aus dem ein höheres Gefährdungsrisiko abzuleiten sei. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen belegten, dass viele der ehemals für Agrarlandschaften typischen Pflanzenarten bereits verschwunden oder in ihrem Vorkommen bedroht seien. Eine Studie aus dem Jahre 2014 zeige beispielsweise auf, dass viele ehemals typische Ackerwildpflanzen, die als einjährige Arten an die landwirtschaftliche Nutzung auf den Ackerflächen mehr oder weniger angepasst seien, seit Mitte des 20. Jahrhunderts in ihrer Abundanz um 90 bis 95 % abgenommen hätten. Die kontinuierliche Anwendung von Herbiziden habe zu einem drastischen Rückgang in der Samenbank vieler Ackerböden geführt. Der Rückgang der Diversität bei den Pflanzengemeinschaften sowohl auf den Äckern als auch in den benachbarten Saumbiotopen habe auch gravierende Auswirkungen auf die von ihnen lebenden Arten, wie z. B. Bestäuber- und andere Arthropoden, Vögel und Säugetiere, und verursache damit eine Kettenreaktion indirekter Effekte in Agrarökosystemen. Gerade Breitbandherbiziden komme hinsichtlich der Gefährdung von Wildpflanzen der Ackerbegleitflora und von Saumbiotopen eine besonders hohe Relevanz zu, weil sie nicht spezifisch auf die Ziel- bzw. Schadpflanzen wirkten. Eine Beschränkung der Betrachtung von Auswirkungen der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf im Saumbereich vorkommende NTTP werde den ökologischen Bedingungen in Deutschland nicht gerecht, denn eine Erholung der an Ackerflächen gebundenen NTTP sei hier wegen des Mangels an geeigneten ausreichend ungestörten Habitatflächen in der Agrarlandschaft und der mangelnden Vernetzung der Habitate nicht gewährleistet. Die bislang vorgenommenen Schutzmaßnahmen für Pflanzen in Saumbiotopen reichten deshalb nicht aus, um unannehmbare Auswirkungen auf NTTP in Agrarlandschaften insgesamt zu verhindern.

Für Deutschland seien deshalb in der Risikobewertung auch die Auswirkungen auf NTTP auf den Anbauflächen zu betrachten. Dazu bedürfe es keiner neuen Bewertungsmethode. Vielmehr könnten die Ergebnisse der Abschätzung von Auswirkungen auf Pflanzen im Saumbereich anhand der europäischen Leitlinie zur terrestrischen Ökotoxikologie (Guidance Document) auf die Auswirkungen auf Pflanzen auf den Anwendungsflächen extrapoliert werden, denn die Exposition auf den behandelten Flächen sei 18- bis 36-fach höher als die Exposition im Saumbereich. Zeige die Bewertung nach dem Guidance Document für den Saumbereich starke Auswirkungen auf NTTP, seien solche Auswirkungen mithin erst recht für die Anwendungsfläche selbst anzunehmen. Risikominderungsmaßnahmen zum Schutz des Segetalflora seien dementsprechend immer dann notwendig, wenn sich aus der Bewertung der Auswirkungen auf NTTP gemäß Guidance Document die Notwendigkeit für das Ergreifen risikomindernder Maßnahmen für Pflanzen in Saumbiotopen ergebe. Die mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) vorgesehene Teilflächenbehandlung diene der Reduzierung der unmittelbaren Auswirkungen auf NTTP auf den Behandlungsflächen auf ein annehmbares Maß. Zugleich reduziere sie damit zwangsläufig auch die mittelbaren Auswirkungen auf Organismen höherer trophischer Ebenen. Mit der von der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auszusparenden Teilfläche solle sichergestellt werden, dass zumindest ein Teil der Feldpopulationen der Nichtzielpflanzen von einer Abtötung verschont werde. Auf diese Weise solle vermieden werden, dass aus der Verwendung des Pflanzenschutzmittels längerfristige Auswirkungen auf die Abundanz und Diversität von NTTP auf der behandelten Fläche folgten.

Bereits vor Bekanntgabe des Zulassungsbescheides für das Pflanzenschutzmittel hat die Klägerin am 7. Mai 2019 Untätigkeitsklage auf Bescheidung ihres Zulassungsantrags erhoben, die sie nach Erteilung der Zulassung als gegen die Befristung der Zulassung gerichtete Klage fortsetzt. Zur Begründung trägt sie hinsichtlich der zuletzt streitgegenständlichen Verknüpfung des Einvernehmens des UBA mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) vereinzelt im Wesentlichen vor: Für den mit der neuen Anwendungsbestimmung verfolgten sog. Teilflächenansatz des UBA fehle eine Rechtsgrundlage. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erlaube die Berücksichtigung von Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, wie NTTP, nur, soweit es von der EFSA hierfür anerkannte wissenschaftliche Methoden gebe. Die EFSA habe allerdings bisher für die Bewertung von Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf NTTP im Feld keine wissenschaftliche Methode anerkannt. Eine entsprechende Veröffentlichung im amtlichen Bekanntmachungsorgan, dem EFSA Journal, sei nicht erfolgt. Damit verbiete es sich, Nebenbestimmungen auf angenommene Auswirkungen auf NTTP im Feld zu stützen. Soweit sich das UBA auf die „Scientific Opinion addressing the state of the science on risk assessment of plant protection products for non-target terrestrial plants“ der EFSA (im Folgenden: Scientific Opinion) stütze, handele es sich lediglich um eine Literaturstudie zum aktuellen Kenntnisstand, die ausdrücklich keine Methode für die Bewertung von Auswirkungen auf NTTP auf der Behandlungsfläche anerkenne, sondern nur unverbindliche Vorschläge zur Verbesserung der gegenwärtigen Richtlinien enthalte. Die Scientific Opinion stelle einen bloßen Vorbereitungs-/Zwischenschritt auf dem Weg zur Anerkennung wissenschaftlicher Methoden durch die EFSA dar. Der Ansatz des UBA umfasse zudem über die Scientific Opinion der EFSA hinaus auch NTTP, die als Segetalflora bzw. Ackerbegleitflora zu den Pflanzenarten gehörten, die vom Landwirt zielgerichtet bekämpft würden. Das vom UBA ebenfalls in Bezug genommene Guidance Document stamme nicht von der EFSA. Es handele sich um ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und nicht um eine förmliche Willensbetätigung der EFSA, die für die Anerkennung einer wissenschaftlichen Methode durch die EFSA erforderlich sei. Darüber hinaus habe das Dokument lediglich empfehlenden Charakter und liege nur als Entwurf vor (Draft Working Document). Wie die darin enthaltene Definition von Nichtzielpflanzen verdeutliche, berücksichtige es als solche nur Nichtkulturpflanzen außerhalb des Behandlungsgebiets. Kein anderer Mitgliedstaat beziehe dementsprechend NTTP auf der Behandlungsfläche in die Risikobewertung ein. Das UBA weite seinen Prüfungsumfang ohne entsprechende rechtliche Grundlage über den Ansatz des Guidance Documents hinaus aus.

Für Breitbandherbizide existierten auf der Behandlungsfläche von vornherein nur Zielpflanzen und keine Nichtzielpflanzen. Selektiv wirkende Herbizide - wie das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel - würden in der landwirtschaftlichen Praxis in Kombination mit anderen Pflanzenschutzmitteln oder in Sprühprogrammen verwendet, um ebenfalls alle Kulturpflanzenbegleitkräuter zu beseitigen. Auf der Behandlungsfläche gebe es mithin keine Nichtzielpflanzen. Vor dem Hintergrund des insoweit bestehenden Zielkonflikts zwischen der erlaubten Bekämpfung jeder anderen Pflanzenart auf der Zielfläche zum Schutz der Kulturpflanze und dem Schutz eigentlich nicht zu bekämpfender Arten auf derselben Fläche sei im Guidance Document bewusst von der Betrachtung der Auswirkungen auf NTTP im Feld abgesehen worden. Dieser Zielkonflikt sei einer der Diskussionspunkte im Verfahren der EFSA zur Entwicklung einer Methode im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Für die Bewertung von Risiken für NTTP auf der Behandlungsfläche denselben Maßstab wie für Risiken außerhalb der Behandlungsfläche anzulegen, sei entgegen dem Vorgehen des UBA vor diesem Hintergrund keinesfalls zwingend.

Die einheitlichen Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 546/2011 enthielten für die Bewertung von Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen ebenfalls keine Vorgaben. Letztlich verfolge das UBA mit der streitigen Anwendungsbestimmung weiterhin den Schutz der Biodiversität, obgleich es auch für dieses Schutzziel keine von der EFSA anerkannte Bewertungsmethode gebe. Dies verdeutlichten die mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) verknüpfte Forderung, dass auf der von der Behandlung mit dem Pflanzenschutzmittel auszusparenden Teilfläche weder andere Pflanzenschutzmittel mit dieser Anwendungsbestimmung noch Pflanzenschutzmittel mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerarthropoden) zum Einsatz kommen dürften, und die mit der Anwendungsbestimmung verbundene Empfehlung zu einem reduzierten Düngereinsatz. Das UBA verkenne, dass der zu beobachtende Rückgang der Artenvielfalt durch eine Reihe von Faktoren über die Bodenstruktur und den Einsatz von Düngemitteln bis hin zum Klimawandel verursacht werde. Welchen Anteil das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel daran haben solle, habe das UBA weder dargelegt noch bewiesen. Unter dem Teilflächenansatz des UBA seien erhebliche Ernteausfälle und eine Verschlechterung der Qualität des Ernteguts zu erwarten. In der Praxis liefe das Teilflächenanwendungsverbot faktisch auf ein Teilflächenbewirtschaftungsverbot hinaus, weil eine Bewirtschaftung der vom Einsatz des Pflanzenschutzmittels auszusparenden Teilflächen aufwändig und unwirtschaftlich wäre.

Die streitige Anwendungsbestimmung finde in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und in § 36 PflSchG keine rechtliche Grundlage, denn ihr komme mangels konkreten Bezugs zur Anwendung des Pflanzenschutzmittels, der Forderung nach einem Verzicht auf den Einsatz anderer mit den neuen Anwendungsbestimmungen belegten Pflanzenschutzmitteln und wegen des Ziels der Schaffung von Ausgleichsflächen kompensatorischer Charakter zu, wodurch sie sich von den ausdrücklich geregelten Anwendungsbestimmungen unterscheide. Einziger Unterschied zu den zuvor geforderten Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität sei, dass sich die unbehandelte Teilfläche nunmehr zwingend auf dem betreffenden Ackerschlag und nicht lediglich auf der Gesamtackerfläche befinden müsse, weshalb der Verdacht bestehe, dass mit dem neuen Ansatz des UBA die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts umgangen werden solle. Gegenstand sei nicht die Minderung von Auswirkungen für NTTP auf der Behandlungsfläche, sondern der Ausgleich derartiger Auswirkungen durch die Schaffung einer Fläche, die durch flankierende Auflagen zur Minderung von Abdrift von der restlichen Ackerfläche getrennt werde. Entgegen bisher bekannter Risikominderungsmaßnahmen, bei denen es um den Schutz bestehender Strukturen neben der Ackerfläche gehe, solle hier eine solche zu schützende Fläche erst geschaffen werden. Zudem seien die in Frage kommenden Rechtsgrundlagen nicht hinreichend konkret, um den mit der Anwendungsbestimmung verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriff stützen zu können.

Die Anwendungsbestimmung sei darüber hinaus unverhältnismäßig. In fachlicher Hinsicht sei bereits zweifelhaft und nicht hinreichend belegt, dass die Anwendungsbestimmung zum Schutz von NTTP geeignet sei, um ein nennenswertes und nachhaltiges Wiederbesiedlungspotenzial in der Agrarlandschaft zu erreichen. Die Anwendungsbestimmung sei als Risikominderungsmaßnahme auch weder erforderlich noch angemessen. Die zu erwartenden Ertragsrückgänge seien deutlich höher als vom UBA angenommen. Der vom UBA im nationalen Alleingang entgegen der Verwaltungspraxis der übrigen europäischen Mitgliedstaaten entwickelte Teilflächenansatz widerspreche dem Ziel der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu harmonisieren. Im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung sei das UBA an die Bewertung des Referenzmitgliedstaats gebunden, die zu einer positiven Beurteilung betreffend Nichtzielpflanzen ohne eine vergleichbare Anwendungsbestimmung geführt habe. Den Ausführungen des UBA zu spezifischen Verwendungsbedingungen bzw. spezifischen ökologischen oder landwirtschaftlichen Bedingungen im Sinne von Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 tritt sie vereinzelt entgegen. Die Gefährdung einzelner Arten der Ackerbegleitflora stelle sich zudem als gesamteuropäisches Problem dar. Soweit das UBA nicht von vornherein ausschließe, dass die angenommenen Risiken für NTTP auf der Behandlungsfläche durch höherstufige Studien unter Berücksichtigung der spezifischen landwirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen in Deutschland widerlegt werden könnten, führe dies zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, die hinsichtlich der Ausnahmevorschrift des Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 bei der Beklagten liege. Die Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) verletze Anwender und Hersteller in ihren Grundrechten aus Art. 14, Art. 12 und Art. 3 GG bzw. den entsprechenden Unionsgrundrechten. Letztlich versuche das UBA Gesetzesinitiativen, wie die sog. Insektenschutzstrategie und die Ackerbaustrategie, ohne hinreichende Rechtsgrundlage vorwegzunehmen. Zur Unterstützung der Darlegung der Rechtswidrigkeit der Anwendungsbestimmung legt sie ergänzend ein Rechtsgutachten des Prof. Dr. Fischer, Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz, vom 30. Juni 2020 vor. Der Rechtsauffassung des UBA, Risikominderungsmaßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 seien unabhängig vom Vorliegen spezifischer Verwendungsbedingungen bzw. spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen zulässig, könne nicht gefolgt werden. Insoweit stützt sie sich ergänzend auf das von ihr vorgelegte Rechtsgutachten des Prof. Dr. Koenig, Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, vom 8. September 2021. Darüber hinaus handele es sich bei der streitigen Anwendungsbestimmung nicht um eine Risikominderungsmaßnahme im Sinne von Art. 31 Abs. 3 oder Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Schließlich begehre sie ausdrücklich keine unbefristete Zulassung, sondern lediglich eine Zulassung mit einer der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten entsprechenden Geltungsdauer von einem Jahr nach Ablauf der Wirkstoffgenehmigung.

Die Klägerin beantragt,

1. den Zulassungsbescheid der Beklagten vom 7. Mai 2019 teilweise aufzuheben, soweit die Gültigkeitsdauer bis zum 31. Dezember 2019 die Gültigkeitsdauer von einem Jahr nach Ablauf der Genehmigung des im streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffs verkürzt,

2. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die Zulassung für das Pflanzenschutzmittel unter Abänderung des Bescheides vom 7. Mai 2019 mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr nach Ablauf der Genehmigung des im streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffs zu erteilen, gegenwärtig mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 31. Oktober 2023,

3. weiter hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2019 insoweit rechtswidrig gewesen ist, als die Befristung der Geltungsdauer der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel I. vom 31. Oktober 2020 auf den 31. Dezember 2019 verkürzt worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für sie erwidert das BVL insbesondere: Die im geänderten Einvernehmen des UBA vorgesehene Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) begegne rechtlichen Bedenken. Unter Berücksichtigung der Datenanforderungen für Zulassungsanträge nach den Verordnungen (EU) Nr. 283/2013 und Nr. 284/2013 sowie den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 sei zwar nicht infrage zu stellen, dass im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel die Auswirkungen auf Nichtzielarten zu bewerten seien. Bei Herbiziden ergebe sich hinsichtlich des neuen Ansatzes des UBA allerdings ein Zielkonflikt, weil einerseits auf der Zielfläche als unerwünscht definierte Pflanzen mit hohem Wirkungsgrad bekämpft werden sollen, dieses Ziel andererseits aber mit dem gleichzeitigen Schutz von als weniger schädlich eingestuften Pflanzen kollidiere. Das Guidance Document beschränke seine Anwendbarkeit konsequenterweise ausdrücklich auf Flächen außerhalb des Ackers. Vor diesem Hintergrund würden Nichtzielpflanzen auf der Zielfläche von keinem anderen EU-Mitgliedstaat in die Schutzbetrachtung einbezogen. Dies sei auch in Deutschland bis zur Entwicklung des Biodiversitätsflächenansatzes nicht der Fall gewesen. Eine Ausweitung des Prüfungsumfangs über das Guidance Document hinaus bedürfe einer Anerkennung der EFSA. Mit der Vorgehensweise des UBA führe Deutschland wiederholt einseitig neue Prüfaspekte ohne europäische Abstimmung in das Zulassungsverfahren ein und isoliere sich von den anderen Mitgliedstaaten, statt die Harmonisierung weiter voranzutreiben. Überlegungen zur Bedeutung von Nichtzielpflanzen auf der behandelten Fläche fänden sich zwar in der Scientific Opinion der EFSA, in der darauf hingewiesen werde, dass „in-field NTTPs“ sehr wichtige Ökosystemleistungen im Hinblick auf die Unterstützung des Nahrungsnetzes böten. Derartige Dokumente der EFSA gingen aber lediglich der Entwicklung von Leitliniendokumenten voraus und seien nicht rechtsverbindlich. Darüber hinaus zeige die Scientific Opinion lediglich die Lücken des geltenden Guidance Documents auf, beinhalte aber keine Methoden für die in-field-Bewertung von Nichtzielpflanzen. Rechtlich verbindliche Regelungen, die eine Bewertung bzw. Bewertungsmethode für Nichtzielpflanzen auf der Anwendungsfläche vorsähen, existierten nicht. Die Vorgehensweise des UBA verstoße damit gegen den Methodenvorbehalt des Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009.

Aus fachlicher Sicht erscheine der Teilflächenansatz des UBA nicht geeignet, um ein nennenswertes und nachhaltiges Wiederbesiedlungspotenzial in der Agrarlandschaft zu erreichen. Entgegen dem Guidance Document und der Handhabung durch andere Mitgliedstaaten akzeptiere das UBA darin vorgesehene höherwertige Prüfstufen zur Entlastung sich darstellender Risiken grundsätzlich nicht. Es verdichte sich der Eindruck, dass eine Alternative zum bisherigen Biodiversitätsansatz gesucht worden sei, um im Endeffekt doch die Auswirkungen auf die Biodiversität bewerten zu können. Der zu beobachtende deutliche Rückgang der Biodiversität in der Agrarlandschaft sei neben der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln durch viele andere Ursachen bedingt. Welchen Anteil am Rückgang der Biodiversität die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln habe, sei nicht annähernd belegt worden. Nur ein umfassender Ansatz, der sowohl die Ausstattung der Landschaft mit naturnahen Elementen, eine Reduzierung der Einträge aus Düngung und Pflanzenschutz und mögliche weitere Faktoren berücksichtige, könne zu einer nachhaltigen und spürbaren Verbesserung der Situation führen. Dies sei in der Ackerbau- und Insektenschutzstrategie vorgesehen, deren rechtsverbindliche Umsetzung durch den Gesetzgeber erfolge. Eine vorzeitige Festlegung von Maßnahmen durch eine nachgeordnete Behörde in einem Teilrechtsgebiet sei nicht angemessen. Die Richtigkeit der vom UBA angestellten Abschätzung möglicher Ertragsverluste erscheine unter Berücksichtigung der Datengrundlage, die auf 25 Jahre alte Daten zurückgreife, zweifelhaft. Die vom UBA geforderte Anwendungsbestimmung sei als unverhältnismäßig zu betrachten.

Im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung sei Deutschland zudem an die Bewertung des Referenzmitgliedstaats Tschechien gebunden, dessen Bewertung hinsichtlich Nichtzielpflanzen zu einem positiven Ergebnis geführt habe. Tschechien habe entsprechend des Guidance Documents die Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen allein für Bereiche außerhalb der Anwendungsfläche geprüft. Die Bewertung habe ergeben, dass ein Risiko für Nichtzielpflanzen in den Säumen gegeben sei, weshalb Tschechien als berichterstattender Mitgliedstaat (zonal Rapporteur Member State - zRMS -) eine Risikominderungsmaßnahme festgesetzt habe, die in Deutschland etablierten Risikominderungsmaßnahmen zum Einhalten eines Abstandes bzw. zum Einsatz verlustmindernder Geräte entspreche, durch die ökologisch wertvolle Randflächen, sogenannte Saumbiotope, nicht hingegen die Anwendungsfläche selbst geschützt werden sollten. Zu etwaigen Gründe nach Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die eine Abweichung von der Risikobewertung des Referenzmitgliedstaats rechtfertigen könnten, lege das UBA lediglich die Situation in Deutschland dar, ohne einen aussagekräftigen Vergleich mit der Situation in anderen Mitgliedstaaten anzustellen. Indem das UBA aus den Ausführungen des zRMS zur Toxizität des Pflanzenschutzmittels für Nichtzielpflanzen außerhalb der Anwendungsfläche auf mindestens genauso hohe toxische Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen innerhalb der Anwendungsfläche schließe, nehme es ohne rechtliche Grundlage eine eigene Risikobewertung vor und überschreite seine durch Art. 36 Abs. 2 und Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 beschränkte Prüfungskompetenz. Zudem nehme es eine Bewertung von Umständen vor, die – wäre sie etabliert – nicht nur für Deutschland, sondern auch für die anderen Mitgliedstaaten der EU maßgeblich und deshalb vom zRMS anzustellen wäre, nicht aber von einem nur beteiligten Mitgliedstaat im Rahmen der nationalen Bewertung berücksichtigt werden dürfe.

Soweit das UBA die Rechtsauffassung vertrete, vom berichterstattenden Mitgliedstaat abweichende Maßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 seien nicht an das Vorliegen spezifischer Verwendungsbedingungen bzw. spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen gebunden, sei diese Frage letztlich nicht entscheidungserheblich, weil es sich bei der streitigen Anwendungsbestimmung nicht um eine Maßnahme in diesem Sinne handele. Die vom UBA verfolgte Zielsetzung, mit der unbehandelten Teilfläche einen Überlebensraum für Nichtzielpflanzen zu schaffen, verdeutliche, dass es weniger um die Vermeidung von Risiken auf einer bestimmten, im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels stehenden Fläche gehe als vielmehr um die Schaffung von Ausgleichsflächen im Sinne einer Kompensationsmaßnahme. Ein solcher Kompensations- bzw. Ausgleichsgedanke sei weder der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 noch dem Pflanzenschutzgesetz zu entnehmen. Letztlich verfolge das UBA den Schutz der Artenvielfalt, wie insbesondere die mit der Anwendungsbestimmung verbundene Forderung nach dem Verzicht auf den Einsatz auch von solchen Pflanzenschutzmitteln auf der unbehandelten Teilfläche verdeutliche, die nicht mit der streitgegenständlichen Anwendungsbestimmung, sondern mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerarthropoden) versehen werden sollten, die nicht dem Schutz von Nichtzielpflanzen, sondern von Nichtzielarthropoden diene.

Die Erteilung einer Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel mit einer Geltungsdauer über den 31. Dezember 2020 hinaus sei dennoch nicht möglich, weil die Umsetzung der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) für unvertretbar erachtet werde und die Beklagte damit an das lediglich befristet erteilte Einvernehmen des UBA gebunden sei.

Die von der Klägerin hilfsweise verfolgte Verpflichtungsklage sei bereits unzulässig, weil die Verkürzung der in Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 normierten Zulassungsdauer als belastende Nebenbestimmung isoliert anfechtbar sei.

Das UBA äußert sich mit ergänzenden Stellungnahmen, mit denen es seine bisherige Auffassung wiederholt und vertieft. Ergänzend verweist es insbesondere darauf, hinsichtlich der Argumentation der Klägerin, bei dem Guidance Document handele es sich nicht um eine von der EFSA anerkannte Methode, sei zu beachten, dass der Methodenvorbehalt des Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht festlege, in welcher Weise die EFSA eine bestimmte Methode anerkennen müsse. Die EFSA selbst wende das Guidance Document im Rahmen der Wirkstoffbewertung an. Zu unterscheiden sei zudem zwischen der offiziellen Anerkennung durch die EFSA erarbeiteter wissenschaftlicher Leitlinien und einer Bewertung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik. Letztere könne erfordern, dass neue Erkenntnisse und damit auch Methoden der Bewertung zur Anwendung kommen, um mögliche Umweltschäden zu vermeiden. Dies folge auch aus der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Mai 2018 (Rs. T-429/13 und T-451/13), nach der die EFSA im Rahmen der Bewertung der Risiken für Bienen durch die Freilandverwendung bestimmter Neonikotinoid-Wirkstoffe als berechtigt angesehen worden sei, in Ermangelung der Anerkennung der von ihr zu diesem Zeitpunkt bereits erarbeiteten Leitlinie zur Bienenbewertung (Guidance Document) auf ihre eigene vorbereitende Stellungnahme (Scientific Opinion) zurückzugreifen, um die bestehenden Risiken sowie die Lücken und Unsicherheiten der bisherigen Bewertung nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik bestmöglich zu bewerten. Dies spreche dafür, bereits von der EFSA im Zuge ihrer vorbereitenden Stellungnahmen und Gutachten anerkannte Methoden als anerkannt im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 anzusehen. Unterstützt werde diese Betrachtung durch das in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hervorgehobene Vorsorgeprinzip. Im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel komme nicht der Kommission, sondern den Mitgliedstaaten die Rolle zu sicherzustellen, dass die Risikobewertung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik durchgeführt werde. Auch Tschechien hätte in seiner Bewertung diesen Stand berücksichtigen können. Obgleich es sich bei seiner Entscheidung nicht auf die Scientific Opinion der EFSA bezogen habe, sei dieser darin zu folgen, dass der Schutz von Nichtzielpflanzen auch die Anwendungsfläche selbst umfasse. Die EFSA verweise insoweit auf die Datenanforderungen für Wirkstoffe und Pflanzenschutzmittel nach den Verordnungen (EU) Nr. 283/2013 und Nr. 284/2013, in denen nicht nach verschiedenen räumlichen Bereichen differenziert werde. Einem ersten Entwurf der Kommission bei der letzten Revision der Datenanforderungen, der vorgesehen habe die Definition des Guidance Documents für Nichtzielpflanzen zu übernehmen, sodass darunter nur Nichtkulturpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche zu verstehen gewesen wären, sei verworfen worden. Dies verdeutliche, dass die im Guidance Document vorgeschlagene Definition, bei der es sich ohnehin nur um eine vorläufige Definition („working definition“) handele, von den Mitgliedstaaten als unvereinbar mit dem geltenden Pflanzenschutzrecht abgelehnt worden sei. Die endgültige Überarbeitung des Guidance Documents, an der es sich selbst in vorbereitenden EFSA-Arbeitsgruppen beteiligt habe, sei derzeit stark verzögert, weil die EFSA von der Europäischen Kommission noch kein Mandat für die Arbeiten erhalten habe.

Die Schlussfolgerungen des erstzulassenden Mitgliedstaats Tschechien zu den hohen Risiken des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels aufgrund der Pflanzentoxizität seien eindeutig (TER-Wert < 5). Dass Tschechien für sein Hoheitsgebiet nur die Notwendigkeit für zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Exposition von Nichtzielpflanzen neben der Anwendungsfläche gesehen habe, könne dahinstehen, da eine Überprüfung der Richtigkeit oder der Angemessenheit der Schlussfolgerungen des erstzulassenden Mitgliedstaats nicht anzustellen sei. Allerdings umfasse die Prüfung gemäß Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Betrachtung der Übertragbarkeit dieser Schlussfolgerungen auf die Bedingungen in Deutschland. Diese Prüfung habe ergeben, dass die vom erstzulassenden Mitgliedstaat vorgesehene Risikominderungsmaßnahme vor dem Hintergrund der spezifischen ökologischen und landwirtschaftlichen Bedingungen nicht auf Deutschland übertragbar sei, weil sie für den Schutz der wesentlich stärker exponierten Nichtzielarten auf den Ackerflächen ungeeignet sei. Es sei nicht von vornherein ausgeschlossen, die angenommenen Risiken im Hinblick auf die Bedingungen in Deutschland durch geeignete höherstufige Daten zu widerlegen. Die freiwillige Nachlieferung solcher Daten durch den Hersteller hätte vom BVL im Sinne einer Kulanz zugelassen werden können, denn eine solche Nachlieferung sei im streitgegenständlichen Verfahren nicht vorgesehen. Die Klägerin verkenne im Übrigen, dass es für die Bewertung der Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen auf den Anwendungsflächen keiner zusätzlichen oder neuen von der EFSA anerkannten Methode bedürfe. Aus der Bewertung des erstzulassenden Mitgliedstaats Tschechien, der ein so hohes Risiko für Nichtzielpflanzen in den Säumen festgestellt habe, dass expositionsmindernde Maßnahmen erforderlich seien, könne ohne jede weitere quantitative Risikoabschätzung geschlussfolgert werden, dass Nichtzielpflanzen auf der Ackerfläche einem ungleich höheren Risiko ausgesetzt würden. Der bloße Umstand, dass die Festsetzung der Anwendungsbestimmung auch zum Schutz der Biodiversität und des Ökosystems beitrage, belege nicht, dass eine Umgehung der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts zu den Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität vorliege, die von ihm nicht beabsichtigt sei. Die Vorgabe der Anwendungsbestimmung, dass auf der unbehandelten Teilfläche auch Pflanzenschutzmittel mit der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerarthropoden) nicht zum Einsatz kommen dürften, sei nicht zwingend notwendig und könne – falls dies aus rechtlichen Gründen erforderlich sei – aus der Anwendungsbestimmung entfernt und in eine fachliche Empfehlung für die Anwender umgewandelt werden. Gleiches gelte für die bloße Empfehlung zu einem reduzierten Düngereinsatz, die auch in eine Begleitveröffentlichung aufgenommen werden könne. Der Auffassung der Klägerin, alle Pflanzen außer der Kulturpflanze stellten bei der Ackerbewirtschaftung Zielarten dar, sei zu widersprechen. Pflanzen der Ackerbegleitflora, die das Wachstum der Kulturpflanzen nicht beeinträchtigten und damit kein unerwünschtes Schadkraut darstellten, gehörten vielmehr zu den Nichtzielpflanzen. Die vorgesehene Anwendungsbestimmung finde ihre rechtliche Grundlage in Art. 41 Abs. 1 und Art. 36 Abs. 3 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sowie § 36 PflSchG. Bei flächenbezogenen Anwendungsbestimmungen handele es sich um Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung des Pflanzenschutzmittels im Sinne der genannten Vorschriften. Die von der Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln auszusparende Teilfläche stelle keine Ausgleichsfläche dar, sondern gewährleiste das Überleben einer Teilpopulation der Nichtzielarten innerhalb dieses Teilbereichs der Ackerfläche. Ein direkter räumlicher Zusammenhang zwischen der Verwendung des Mittels und der einschränkenden Maßnahme zur Minderung des resultierenden Risikos sei gegeben. Ein Bewirtschaftungsverbot werde mit der Anwendungsbestimmung nicht ausgesprochen. Die Anwendungsbestimmung sei erforderlich, weil nur durch sie die Einhaltung der Voraussetzungen für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in Deutschland gewährleistet werde. Der Bereich des Risikomanagements sei noch nicht vollständig harmonisiert, weshalb es vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Bedingungen in den Mitgliedstaaten nicht ungewöhnlich sei, dass unterschiedliche Risikominderungsmaßnahmen Anwendung fänden. Für Minderungsmaßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sei rechtlich weder das Vorliegen spezifischer Verwendungsbedingungen noch das Vorliegen spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen Tatbestandsvoraussetzungen. Zu dieser Auslegung der Verordnung bezieht es sich auf das von ihr vorgelegte Rechtsgutachten von Douhaire, Kanzlei Geulen & Klinger, aus dem Jahr 2020. Zur Klärung der Rechtsfrage sei eine Vorlage an das zuständige EU-Gericht zu befürworten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag eine Anfechtungsklage erhoben hat, ist diese im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts als unzulässig abzuweisen. Mit Zeitablauf der von der Klägerin isoliert angefochtenen Befristung der Zulassung des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels hat sich die Nebenbestimmung erledigt und kann nicht mehr Gegenstand einer statthaften Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen jeder Art grundsätzlich die Anfechtungsklage gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, juris; Urt. v. 21.6.2007 - 3 C 39/06 -, juris). Ob die Anfechtungsklage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet (BVerwG, a. a. O.). Dies gilt auch bei der isolierten Anfechtung einer den Adressaten belastenden Befristung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.10.2019 - 10 ME 191/19 -, Rechtsprechungsdatenbank der nds. Justiz im Internet unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de). Eine isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung scheidet insoweit jedenfalls dann nicht offenkundig von vornherein aus, wenn der Kläger keine unbefristete Zulassung anstrebt, sondern sich nur gegen die Verkürzung der Frist nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 309 S. 1) wendet, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten regelmäßig auf ein Jahr nach Ablauf der Zulassung der Wirkstoffgenehmigung festgesetzt wird (vgl. Nds. OVG, a. a. O.).

Die Klägerin hat im Klageverfahren klargestellt, dass sie sich gerade gegen diese Verkürzung der Geltungsdauer der Zulassung wendet. Dass das BVL die Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel bei einem voraussetzungslos und unbefristet erteilten Einvernehmen des UBA mit einer Geltungsdauer von einem Jahr nach Ablauf der Wirkstoffgenehmigung erteilt hätte, ergibt sich im Wege der Auslegung bereits aus dem Zulassungsbescheid vom 7. Mai 2019, in dem ausgeführt ist, dass die Dauer der Zulassung regelmäßig nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 so festgelegt werde, dass sie mindestens die Dauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr betrage (vgl. dort Seite 8). Daran hat das BVL auch bis zuletzt festgehalten. Bei einem vorbehaltlos erteilten Einvernehmen des UBA wäre die Geltungsdauer der Zulassung mithin statt auf den 31. Dezember 2019 auf den 31. Oktober 2020 befristet worden, denn zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung am 7. Mai 2019 hatte die Genehmigung des Wirkstoffs N. eine Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2019 (vgl. Durchführungsverordnung [EU] 2018/1262 der Kommission vom 20.9.2018, ABl. L 238 S. 62).

Mit einer isolierten Anfechtungsklage kann der Kläger, dem es nicht um eine unbefristete Zulassung geht, die der Vorschrift des Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zuwiderlaufen würde, auch geltend machen, dass die Dauer der Befristung rechtswidrig zu kurz bemessen wurde (vgl. Nds. OVG, a. a. O.). In diesem Sinne ist Gegenstand der mit dem Hauptantrag der Klägerin erhobenen isolierten Anfechtungsklage mithin die isolierte Aufhebung der Befristung für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Oktober 2020 (vgl. Nds. OVG, a. a. O., das dementsprechend auch festgestellt hat, dass der in jenem Verfahren erhobene Widerspruch längstens bis zum 31.10.2020 aufschiebende Wirkung hat).

Dieser Gegenstand der Anfechtungsklage hat sich mit Ablauf des 31. Oktober 2020 als dem Zeitpunkt, bis zu dem die Zulassung von der Beklagten bei einem vorbehaltlosen Einvernehmen des UBA längstens erteilt worden wäre, durch Zeitablauf erledigt. Soweit das BVL in der mündlichen Verhandlung des Gerichts dargelegt hat, dass es auf nach Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel erfolgende Verlängerungen der Wirkstoffgenehmigung, die als Interimsentscheidungen gemäß Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfolgen, weil das Verfahren um die Erneuerung der Wirkstoffgenehmigung noch andauert, in der Weise reagiere, dass es die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels von Amts wegen dahingehend neu festlege, dass sie jeweils der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr entspricht, folgt daraus nichts anderes. Zwar ist auch die Genehmigung des Wirkstoffs des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels nach Erreichen der bei Erteilung der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung am 7. Mai 2019 festgelegten Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2019 nach Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verlängert worden, zuletzt bis zum 31. Oktober 2022 (vgl. Durchführungsverordnungen [EU] Nr. 2019/1589 vom 26.9.2019, ABl. L 248 S. 24, Nr. 2020/1511 vom 16.10.2020, ABl. L 344, S. 18 und Nr. 2021/1449 vom 3.9.2021, ABl. L 313 S. 20). Diese Verlängerungen hat das BVL aber nicht zum Anlass genommen, die Geltungsdauer der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel I. neu festzulegen. Mit an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 23. Oktober 2019 und vom 25. Februar 2021 hat es insbesondere nur Aussagen zur Dauer der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Klägerin, nicht aber zur Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung getroffen. Einer Ausweitung der Geltungsdauer der Zulassung über den Zeitpunkt hinaus, bis zu dem das vorbehaltlose Einvernehmen des UBA befristet war, hätte aus Sicht des BVL auch das fehlende Einvernehmen des UBA entgegengestanden. Eine gleichsam automatisch eintretende Verlängerung der Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung bei Verlängerung der Wirkstoffgenehmigung nach Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 kann nicht angenommen werden, weil das BVL Befristungen pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen in seiner Verwaltungspraxis mit einem kalendarisch bestimmten Datum vornimmt und - wie dargelegt - gegebenenfalls Bescheide über die Festlegung eines neuen Zulassungsendes erlässt.

II. Die von der Klägerin hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage ist demgegenüber im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts zulässig und begründet.

Nach Erledigung der von der Klägerin zunächst isoliert angefochtenen Befristung der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel I. steht der Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage nicht mehr entgegen, dass gegenüber Nebenbestimmungen grundsätzlich die Anfechtungsklage statthaft ist.

Nachdem das BVL in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, die Geltungsdauer einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung von Amts auf ein neues Datum festzulegen, wenn die Wirkstoffgenehmigung nach Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verlängert wird, und Zulassungsinhaber ausdrücklich dazu aufzufordern, in diesem Fall keine Verlängerungsanträge an das BVL zu richten, steht der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich nicht zunächst mit einem Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung an die Beklagte gewandt hat.

Die Verpflichtungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels I. auf den 31. Oktober 2023 festgelegt wird (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Festsetzung einer längeren Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung ist Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Verbindung mit der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten, an die es aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch gegenüber der Klägerin gebunden ist, die Geltungsdauer erteilter pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen bei Ausweitungen des Zeitraums der Genehmigung des Wirkstoffs gemäß Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von Amts auf das Datum des jeweils neuen Endes der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr festzulegen. Wie das BVL dargelegt hat, erlässt es derartige (Änderungs-)Bescheide in Anwendung von Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, wonach in der Zulassung die Zulassungsdauer festgelegt wird (Unterabs. 1), wobei unbeschadet des Art. 44 der Verordnung die Geltungsdauer einer Zulassung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt wird, und danach für so lange, wie die in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten genehmigt sind (Unterabs. 2).

Die Genehmigung des Wirkstoffs N. hat zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts - wie ausgeführt - eine Geltungsdauer bis zum 31. Oktober 2022. Gründe, die daran anknüpfend entsprechend der Verwaltungspraxis der Beklagten der Festlegung der Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels I. auf den 31. Oktober 2023 entgegenstehen würden, sind nicht gegeben.

Streitgegenständlich ist die gegenseitige Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung nach Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 40 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Nach Art. 40 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung kann der Inhaber einer nach Art. 29 der Verordnung gewährten Zulassung unter anderem dann eine Zulassung für dasselbe Pflanzenschutzmittel, für dieselben Verwendungen und unter vergleichbaren landwirtschaftlichen Bedingungen in einem anderen Mitgliedstaat im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beantragen, wenn die Zulassung von einem Mitgliedstaat (Referenzmitgliedstaat) erteilt wurde, der zur selben Zone gehört. Der Mitgliedstaat, dem ein Antrag gemäß Art. 40 der Verordnung vorgelegt wird, erteilt gemäß Art. 41 Abs. 1 der Verordnung nach Prüfung des Antrags und gegebenenfalls der in Art. 42 Satz 1 der Verordnung genannten Begleitdokumente im Hinblick auf die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet für das betreffende Pflanzenschutzmittel eine Zulassung unter den gleichen Bedingungen wie der den Antrag prüfende Mitgliedstaat; hiervon ausgenommen sind die Fälle, in denen Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Anwendung findet.

Ein Anspruch auf Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel besteht, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorliegen. Unbeschadet des Artikels 50 der Verordnung wird ein Pflanzenschutzmittel danach nur zugelassen, wenn es entsprechend den einheitlichen Grundsätzen gemäß Art. 29 Abs. 6 der Verordnung unter anderem unter Berücksichtigung des neuesten Stands von Wissenschaft und Technik die Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung erfüllt (Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Art. 4 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 lautet wie folgt:

 „Pflanzenschutzmittel müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:

 a) Sie müssen hinreichend wirksam sein.

 b) Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren — weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder durch andere indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt — noch auf das Grundwasser haben.

 c) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben.

 d) Sie dürfen bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen.

 e) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:

 i) Verbleib und Ausbreitung in der Umwelt, insbesondere Kontamination von Oberflächengewässern einschließlich Mündungs- und Küstengewässern, Grundwasser, Luft und Boden, unter Berücksichtigung von Orten in großer Entfernung vom Ort der Verwendung nach einem Ferntransport in der Umwelt;

 ii) Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten;

 iii) Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem.“

Auf dieser Grundlage liegen der Festsetzung der Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels I. auf den 31. Oktober 2023 entgegenstehenden Gründe nicht vor. Ebenso wenig sind Gründe gegeben, die es erfordern würden, die Festlegung einer längeren Geltungsdauer der Zulassung mit der nachträglichen Festsetzung einer Anwendungsbestimmung im Sinne der vom UBA für erforderlich gehaltenen Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) zu verbinden. Unannehmbare Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels auf die Umwelt im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind nicht gegeben. Soweit das UBA zuletzt geltend macht, die Verwendung des Pflanzenschutzmittels führe nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu unannehmbaren Auswirkungen auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten, ist Voraussetzung für die Berücksichtigung derartiger Auswirkungen, dass die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt.

Zu den vom UBA auch für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel zunächst für erforderlich gehaltenen Anwendungsbestimmungen Biodiv1, Biodiv2 und NT(neu) zum Schutz der biologischen Vielfalt gemäß Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hat das Gericht mit den Beteiligten bekannten Urteilen vom 4. September 2019 (9 A 11/19 und 9 A 18/19, juris) wie folgt ausgeführt:

„Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind als Teilaspekt möglicher Auswirkungen auf die Umwelt zwar auch Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem zu berücksichtigen. Dies aber nur, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Der Begriff der „Behörde“ im Sinne der Vorschrift bezieht sich auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Das lassen einerseits Erwägungsgrund 12 und Art. 6 Buchst. f Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erkennen, wo der Begriff „Behörde“ jeweils der EFSA zugeordnet wird. Die Behörden der Mitgliedstaaten, denen die Wahrnehmung der in der Verordnung vorgesehenen Aufgaben obliegt, werden andererseits in der Verordnung entsprechend der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 30 als „zuständige Behörde“ bezeichnet und können dementsprechend in Art. 4 Absatz 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht gemeint sein. Biologische Vielfalt bezeichnet gemäß Art. 3 Nr. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, einschließlich Land-, Meeres- und sonstigen aquatischen Ökosystemen und die ökologischen Wirkungsgefüge, zu denen sie gehören; diese Variabilität kann die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme umfassen. Die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die so zu verstehende biologische Vielfalt im Zulassungsverfahren für ein Pflanzenschutzmittel ist gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 daran gebunden, dass die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Auswirkungen festlegt, an denen es bislang fehlt. Die zu den Unterpunkten i) bis iii) in Art. 4 Abs. 3 Buchst e der Verordnung genannten Teilaspekte des Schutzgutes der Umwelt sind vom Verordnungsgeber ausdrücklich aus dem weit zu verstehenden Begriff der Umwelt, der nach der Legaldefinition von Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Gewässer (einschließlich Grundwasser und Oberflächengewässer, Übergangs-, Küsten- und Meeresgewässer), Sedimente, Boden, Luft, Land sowie wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen umfasst, hervorgehoben und unter den Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gestellt worden. Der ausdrückliche Wortlaut der Norm lässt insoweit ein anderes Verständnis nicht zu. Erst wenn die EFSA wissenschaftlich anerkannte Bewertungsmethoden festgelegt hat, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, Auswirkungen auf die in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu untersuchen und bei unannehmbaren Auswirkungen auf diese Teilbereiche des Schutzgutes Umwelt die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu versagen bzw. mit Nebenbestimmungen zu versehen, die geeignet sind, unannehmbare Auswirkungen auszuräumen. Dies gilt im zonalen Zulassungsverfahren sowohl für den berichterstattenden Mitgliedstaat als auch für beteiligte Mitgliedstaaten, die über die Erteilung einer nationalen Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu entscheiden haben. Zugleich folgt daraus, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, eigene Bewertungsmethoden zur Untersuchung der betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt zu entwickeln und anzuwenden. Sinn und Zweck des vom Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmten Vorbehalts der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA, der sich für Teilaspekte anderer Schutzgüter in gleicher Weise in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Art. 4 Abs. 3 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 findet, sind unter Berücksichtigung des mit der Verordnung verfolgten Harmonisierungsbestrebens (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 9 und 25 der Verordnung) darin zu sehen, gerade für Bereiche, deren Bewertung sich wegen einer Vielzahl einwirkender Faktoren schwierig gestaltet und verschiedenen Lösungsansätzen zugänglich ist, die Anwendung einheitlicher Bewertungsmethoden in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU zu gewährleisten.

Der vom UBA vertretenen Rechtsauffassung, indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität sowie die Vielfalt und Abundanz von Nichtzielarten durch Nahrungsnetzeffekte könnten auch ohne die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln Berücksichtigung finden, weil sie Auswirkungen auf das Schutzgut der Umwelt im Sinne der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 darstellten, kann nicht gefolgt werden. Auch wenn das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 voraussetzt, dass das Pflanzenschutzmittel keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat, wozu gemäß Art. 3 Nr. 13 der Verordnung insbesondere auch gehören wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen, unterstützt dies den vom UBA vertretenen rechtlichen Standpunkt im Ergebnis nicht. Denn die zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte werden - wie bereits ausgeführt - in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung gerade aus dem Schutzgut Umwelt herausgehoben und an die Festlegung von anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung darauf bezogener Effekte durch die EFSA gebunden. Der Verordnungsgeber hat damit für die betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt eine spezielle Regelung getroffen, die nicht durch den Rückgriff auf die allgemeine Legaldefinition des Schutzgutes Umwelt in Art. 3 Nr. 13 der Verordnung umgangen werden kann.

In gleicher Weise sind weder das in Art. 1 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Bezug genommene Vorsorgeprinzip noch der nach Art. 29 Abs. 1 Buchst e sowie Art. 36 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung geltende Bewertungsmaßstab des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik geeignet, eine andere Auslegung zu rechtfertigen. Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 verdeutlicht, dass mit dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik (lediglich) der Bewertungsmaßstab angesprochen ist, nicht aber der Gegenstand der anzustellenden Bewertung. Letzterer ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm den Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 zu entnehmen, nach denen die Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität unter der Voraussetzung der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht. Als allgemeiner Grundsatz kann auch das Vorsorgeprinzip (Art. 1 Abs. 4 der Verordnung) nur innerhalb des Bewertungsvorgangs bzw. bei der abschließenden Beurteilung des Bewertungsergebnisses zum Tragen kommen, ist aber nicht geeignet, den in der Verordnung speziell geregelten Bewertungsgegenstand zu erweitern.

Dies gilt umso mehr, als die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Annahme stützt, dass der Verordnungsgeber die Bewertung von Effekten auf die biologische Vielfalt bewusst an die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gebunden hat. So enthielt der erste Vorschlag der Kommission für die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 den Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA für die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt noch nicht. Darin war vorgesehen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben darf, und zwar unter besonderer Berücksichtigung unter anderem des Aspekts der Auswirkung auf die biologische Vielfalt (vgl. Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln vom 12.7.2006 - COM/2006/388/Final -, S. 25). Das Europäische Parlament begehrte daraufhin die Erweiterung des Teilaspekts der biologischen Vielfalt in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) des Verordnungsentwurfs um den Begriff des Ökosystems (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 5.10.2007 - A6/2007/359 -, S. 41 zu Änderungsantrag 64, sowie Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23.10.2007 - TC1-COD[2006]0136 -, S. 29). Der gemeinsame Standpunkt des Rates vom 15. September 2008 berücksichtigte diesen Änderungsantrag nicht, sondern hielt an der ursprünglichen Formulierung fest (vgl. ABl. C 266 E S. 9). Das Europäische Parlament verfolgte sein Begehren weiter, indem es den Änderungsantrag 64 als Änderungsantrag 45 erneut einbrachte (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 12.11.2008 - A6/2008/444 -, S. 32 f.). Der Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. Januar 2009 (TC2-COD[2006]0136, S. 32), dessen Änderungen am Text der Verordnung von der Kommission (vgl. Stellungnahme vom 30.3.2009 - COM/2009/145/Final -) und vom Rat in zweiter Lesung am 24. September 2009 angenommen worden sind, enthält dann die vom Europäischen Parlament gewünschte Ergänzung der biologischen Vielfalt um das Ökosystem zu Unterpunkt iii) von Art. 4 Abs. 3 Buchst e der Verordnung, lässt die Berücksichtigung der Teilaspekte zu den Unterpunkten i) bis iii) aber nunmehr nur noch zu, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Bei dem konsolidierten Text handelt es sich entsprechend der Stellungnahme der Kommission vom 30. März 2009 (COM/2009/145/Final, S. 3) um das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission. Die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verdeutlicht damit, dass der Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gezielt in die Bestimmung des Art. 4 Abs. 3 Buchst. e aufgenommen wurde, um eine Einigung zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission herstellen zu können. Eine Umgehung des speziellen Vorbehalts von der EFSA anerkannter wissenschaftlicher Bewertungsmethoden durch den Rückgriff auf andere Prinzipien und Bestimmungen der Verordnung würde damit nicht nur dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung, sondern auch dem Willen des Verordnungsgebers widersprechen.

Soweit das UBA der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 vom 10. Juni 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (ABl. L 155 S. 1) Hinweise darauf zu entnehmen meint, dass Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels auf die biologische Vielfalt dennoch von den Mitgliedstaaten auch ohne Bewertungsmethoden der EFSA berücksichtigt werden müssten, weil dort ausgeführt ist, die Mitgliedstaaten hätten darauf zu achten, dass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel keine langfristigen Auswirkungen auf den Bestand und die Vielfalt der nicht zu den Zielgruppen gehörenden Arten hat (vgl. Anhang der Verordnung, Teil I, Abschnitt C, Ziff. 1.5; vgl. dazu auch: Klinger/Borwieck/Douhaire, Rechtsgutachten zum Schutz von terrestrischen Nichtzielarten einschließlich der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln vom November 2017, S. 20), ist zu beachten, dass es sich um eine Durchführungsverordnung der Kommission handelt, die nicht geeignet ist, die grundlegende Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates zu ändern oder ihr einen anderen Inhalt zu geben. Gleiches gilt für die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat (ABl. L 333 S. 10), soweit den Mitgliedstaaten in Anhang I aufgetragen wird, bei der Gesamtbewertung von Anwendungen als Herbizid unter anderem insbesondere die Bedrohung der Vielfalt und Abundanz von Nichtziel-Landarthropoden und -Landwirbeltieren durch trophische Wechselwirkungen zu beachten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung in Gestalt von Anwendungsbedingungen festzulegen.

Erst recht vermag der Bericht der Europäischen Kommission vom 31. Oktober 2016 über ein Audit in Deutschland vom 29. Februar bis 4. März 2016 und die Bewertung des Systems für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (DG [Sante] 2016-8780 - MR), auf den sich das UBA zur Bestätigung seiner Rechtsauffassung ebenfalls bezieht, der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einen anderen Gehalt nicht zu geben, denn es handelt sich bei diesem Auditbericht noch nicht einmal um eine Rechtsnorm.

Die Kammer verkennt nicht, dass es berechtigte sachliche Gründe geben mag, welche die Bewertung und Berücksichtigung indirekter Effekte der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität in Gestalt negativer Auswirkungen auf Nahrungsnetze im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel dringend geboten erscheinen lassen. Die Entwicklung einer eigenen Methode zur Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität durch das UBA ist zur Überzeugung der Kammer deshalb keineswegs als allein „politisch motiviert“ anzusehen, wie dies teilweise als Kritik geäußert wird. Vielmehr hält die Kammer dem UBA zugute, dass es ihm aus sachlichen Erwägungen nicht länger hinnehmbar erscheint, auf die Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA zu warten. Der vom europäischen Verordnungsgeber ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht aber gegenwärtig aus Rechtsgründen der Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegen.

Gehören Auswirkungen auf die biologische Vielfalt damit derzeit nicht zum zulässigen Prüfumfang bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit eines Pflanzenschutzmittels, können sie auch nicht die Erteilung von Nebenbestimmungen, wie den in Rede stehenden Anwendungsbestimmungen, rechtfertigen, deren Notwendigkeit das UBA damit begründet, dass nur durch sie die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel gewährleistet werden könne. Weil von der EFSA anerkannte Methoden für die Bewertung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt fehlen, kann auch nicht mit einem den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 genügenden Ansatz festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel negative oder gar unannehmbare Auswirkungen auf die Biodiversität hätte und seine Zulassung deshalb nur bei Festlegung von Risikominderungsmaßnahmen zulässig wäre.“

Wie das Gericht bereits in diesen Entscheidungen dargelegt hat, erstreckt sich der Vorbehalt der Festlegung anerkannter wissenschaftlicher Bewertungsmethoden auf alle in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt und damit nicht nur auf die Bewertung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt nach Unterpunkt iii), sondern auch auf die Bewertung von Auswirkungen auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, gemäß Unterpunkt ii). Erst wenn die EFSA wissenschaftlich anerkannte Bewertungsmethoden festgelegt hat, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, Auswirkungen auf die in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu untersuchen und bei unannehmbaren Auswirkungen auf diese Teilbereiche des Schutzgutes Umwelt die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu versagen bzw. mit Nebenbestimmungen zu versehen, die geeignet sind, unannehmbare Auswirkungen auszuräumen. Dies gilt für zonale Zulassungsverfahren ebenso wie für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung.

Für die Beurteilung von Auswirkungen der Verwendung eines Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen bzw. NTTP auf der Anwendungsfläche („in-field“) fehlt es allerdings bislang an anerkannten Bewertungsmethoden der EFSA. Das noch unter Geltung der Richtlinie 91/414/EWG von der Europäischen Kommission erstellte Guidance Document zur terrestrischen Ökotoxikologie vom 17. Oktober 2002, an dem die Europäische Kommission auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festhält (vgl. Mitteilungen der Kommission 2013/C 95/01 und 2013/C 95/02 mit Listen der für die Durchführung der Verordnungen [EU] Nr. 283/2013 und Nr. 283/2014 relevanten Prüfmethoden und Leitliniendokumente) und das als von der EFSA anerkannt angesehen werden kann, weil sie es selbst bei der Entscheidung über die Erteilung von Wirkstoffgenehmigungen anwendet, sieht einen stufenweisen Ansatz der Risikobewertung ausschließlich für Nichtzielpflanzen vor, die sich außerhalb der Behandlungsfläche befinden. Im Guidance Document ist dazu ausgeführt, dass die Definition von Nichtzielpflanzen ein Schlüsselelement bei der Bewertung darstelle. Sodann enthält das Guidance Document eine Arbeitsdefinition („working definition“) der Nichtzielpflanzen, nach der Nichtzielpflanzen nur Nichtkulturpflanzen sind, die sich außerhalb des Behandlungsgebiets („outside the treatment area“) befinden (vgl. Guidance Document, Ziff. 7). Die folgenden Ausführungen zu den Datenanforderungen und Tests, zur Bewertung der Exposition, zur Risikobewertung und zu Möglichkeiten der Risikominderung (Ziff. 7.1. bis 7.4) knüpfen an die einleitend dargelegte Arbeitsdefinition an. Dass es sich dabei - wie vom UBA hervorgehoben - um eine (bloße) Arbeitsdefinition handelt, ändert nichts daran, dass sich der vorgesehene stufenweise Bewertungsansatz (Tier 1 bis Tier 3) allein auf Nichtkulturpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche bezieht. Die einschränkende Definition des Begriffs der Nichtzielpflanzen im Guidance Document gestattet es nicht, die dargelegten Bewertungsansätze ohne Weiteres auf Nichtzielpflanzen innerhalb der Behandlungsfläche bzw. des Feldes zu übertragen. Auf dem Feld vorkommende NTTP sind vielmehr ausdrücklich vom Guidance Document ausgenommen.

Dementsprechend hat auch Tschechien die Betrachtung von Auswirkungen des streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen auf Grundlage des Guidance Documents ausdrücklich auf die Betrachtung von Auswirkungen außerhalb des Feldes („off-field situations“) beschränkt, weil Nichtzielpflanzen nur Nichtkulturpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche seien (vgl. Registration Report, Core Assessment vom November 2017, Part B, Section 9 - Ecotoxicology -, Ziff. 9.10.2.2). Dies entspricht nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin und des BVL auch der Praxis der übrigen EU-Mitgliedstaaten und der Bewertungspraxis Deutschlands bis zur Entwicklung des Biodiversitätsflächenansatzes durch das UBA. Das wissenschaftliche Gutachten (Scientific Opinion) des EFSA-Gremiums für Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände (EFSA Panel on Plant Protection Products and their Residues - PPR-Panel -) über den Stand der Wissenschaft zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln für terrestrische Nichtzielpflanzen aus dem Jahr 2014 (EFSA Journal 2014; 12[7]:3800) bringt das Fehlen von Bewertungsansätzen für Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen innerhalb der Behandlungsfläche ebenfalls zum Ausdruck, indem darin darauf hingewiesen wird, dass es aus verschiedenen Gründen wichtig sei, spezifische Schutzziele für im Feld vorkommende NTTP-Arten zu definieren und ihr Risiko auf dem Feld zu berücksichtigen, obwohl es im Falle des Herbizideinsatzes problematisch sei, Nichtzielarten unter den auf dem Feld vorkommenden Pflanzenarten zu definieren (vgl. Scientific Opinion, Ziff. 2.1). Die vom EFSA PPR-Panel aufgezeigte Problematik der Bestimmung von Nichtzielarten unter den auf dem Feld vorkommenden Pflanzenarten bei der Verwendung von Herbiziden verdeutlicht zugleich das Bedürfnis nach der Festlegung von Methoden und Bewertungsmaßstäben für die Beurteilung von Auswirkungen auf NTTP auf der Behandlungsfläche.

Die Scientific Opinion des EFSA PPR-Panels enthält solche von der EFSA anerkannten Bewertungsmethoden für die Beurteilung von Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels auf Nichtzielpflanzen auf der Anwendungsfläche nicht. Bei der Scientific Opinion handelt es sich - wie darin ausdrücklich ausgeführt - um ein auf Ersuchen der EFSA erstelltes Gutachten über die wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung eines Systems zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln für terrestrische Nichtzielpflanzen (vgl. Scientific Opinion, S. 1, Abstract). Das EFSA PPR-Panel legt dar, dass es von der EFSA gebeten worden sei, die Leitlinien zur terrestrischen Ökotoxikologie zu entwickeln und zu aktualisieren. Die Bewertung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt werde in den bestehenden Leitliniendokumenten nicht ausdrücklich behandelt und es müsse eine geeignete Methodik für die Risikobewertung entwickelt werden. Daher werde Fachwissen in den verschiedenen Bereichen der terrestrischen Ökotoxikologie, einschließlich der terrestrischen Nichtzielpflanzen (NTTPs), benötigt. Das erstellte wissenschaftliche Gutachten, bei dem es sich weitgehend um eine Literaturübersicht handele, sei als Vorläufer des Leitfadens für NTTPs verfasst worden (Scientific Opinion, S. 2, Summary). Das PPR-Panel stellt damit selbst heraus, dass es sich bei der Scientific Opinion lediglich um Vorarbeiten für die Erstellung von Leitlinien für NTTPs handelt. Eine endgültige Festlegung ist mit derartigen Vorarbeiten nicht verbunden. Hinzu kommt, dass die Scientific Opinion im Gegensatz zum Guidance Document – das sich allerdings nur auf Nichtzielpflanzen außerhalb der Behandlungsfläche bezieht –, keine Methoden der Erfassung und Bewertung von Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen, etwa in Gestalt eines mehrstufigen Bewertungsansatzes, enthält.

Soweit das UBA einwendet, die Bewertung von Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen auf den Anwendungsflächen bedürfe keiner zusätzlichen oder neuen von der EFSA anerkannten Methode, weil aus der Bewertung der Risiken für Nichtzielpflanzen in den Säumen nach dem Guidance Document die Auswirkungen auf Pflanzen auf den Anwendungsflächen abgeleitet werden könnten, zumal auf der Behandlungsfläche eine deutlich höhere Exposition erfolge, bedarf es jedenfalls einer Festlegung dazu, ob bzw. ggf. unter welchen ergänzenden Maßgaben trotz der vom EFSA PPR-Panel aufgezeigten Problematik der Bestimmung von Nichtzielarten unter den auf dem Feld vorkommenden Pflanzenarten beim Einsatz von Herbiziden bzw. dem von der Klägerin und dem BVL angesprochenen Zielkonflikt zwischen der beabsichtigten Wirkung von Herbiziden, Nichtkulturpflanzen zu bekämpfen, und dem gleichzeitigen Schutz von als weniger schädlich definierten Pflanzen, dieselben Methoden und Maßstäbe der Risikobewertung gelten sollen. An einer solchen Festlegung fehlt es bisher.

Würde der Auffassung der UBA folgend angenommen, dass es keiner zusätzlichen oder neuen Äußerung der EFSA bzw. keiner zusätzlichen oder neuen von ihr anerkannten Methode bedürfe, weil aus der Bewertung der Risiken für Nichtzielpflanzen in den Säumen nach dem Guidance Document die Auswirkungen auf Pflanzen auf den Anwendungsflächen abgeleitet werden könnten, wäre es unabhängig davon zudem Aufgabe des Referenzmitgliedstaats Tschechien gewesen, die Prüfung der Auswirkungen für Nichtzielpflanzen auf der Behandlungsfläche vorzunehmen, weil es sich insoweit um einen Gesichtspunkt handelt, dem auch für das Hoheitsgebiet Tschechiens und die weiteren Mitgliedstaaten der zentralen Zulassungszone Bedeutung zukommt. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung bietet mit seinem sehr begrenzten Prüfungsumfang keinen Raum für die Berücksichtigung von Umständen, welche die Risikobewertung des Referenzmitgliedstaats - hier wegen dann unvollständiger Bewertung der Risiken für Nichtzielpflanzen - generell als unzutreffend erscheinen lassen (vgl. Urt. des Gerichts v. 30.11.2016 - 9 A 28/16 -; und v. 28.5.2020 - 9 A 151/18 -).

Mangels entsprechender Vorgaben und Festlegungen in der Scientific Opinion des EFSA PPR-Panels bedarf es keiner Entscheidung, ob – wie vom UBA vertreten – aus der Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Mai 2018 zu verschiedenen Neonikotinoiden (Rs. T-429/13 und T-451/13, juris) allgemein darauf geschlossen werden kann, dass bereits vorbereitende Stellungnahmen und Gutachten als von der EFSA anerkannte Methoden betrachtet werden können, weil die EFSA in jenem Verfahren im Rahmen der Bewertung der Risiken für Bienen durch die Freilandverwendung der verfahrensgegenständlichen Wirkstoffe als berechtigt angesehen worden sei, in Ermangelung der Anerkennung der von ihr zu diesem Zeitpunkt bereits erarbeiteten Leitlinie zur Bienenbewertung (Guidance Document) auf ihre eigene vorbereitende Stellungnahme (Scientific Opinion) zurückzugreifen, um die bestehenden Risiken sowie die Lücken und Unsicherheiten der bisherigen Bewertung nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik bestmöglich zu bewerten. Anzumerken ist im Übrigen, dass dieses Verfahrens die Überprüfung von Wirkstoffgenehmigungen durch die Europäische Kommission nach Art. 21 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zum Gegenstand hatte und damit im Ausgangspunkt auf einer anderen rechtlichen Grundlage beruhte.

Das Vorbringen des UBA, dass die in den Verordnungen (EU) Nr. 283/2013 und 284/2014 der Kommission vom 1. März 2013 (ABl. L 93 S. 1 und S. 85) festgelegten Datenanforderungen für Wirkstoffe und für Pflanzenschutzmittel hinsichtlich der Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen nicht danach differenzierten, ob sich die Auswirkungen auf der Behandlungsfläche oder außerhalb derselben ergäben, vermag eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu stützen. Ebenso wie für die Verordnung (EU) Nr. 546/2011 vom 10. Juni 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (ABl. L 155 S. 1), die bestimmt, dass die Mitgliedstaaten bei der Entscheidungsfindung darauf zu achten haben, dass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel keine langfristigen Auswirkungen auf den Bestand und die Vielfalt der nicht zu den Zielgruppen gehörenden Arten haben (Anhang, Teil I, Abschnitt C, Ziff. 1.5) ist zu beachten, dass es sich um Durchführungsvorschriften bzw. ergänzende Bestimmungen zur grundlegenden Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates handelt, die nicht geeignet sind, die grundlegende Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu ändern oder ihr einen anderen Inhalt zu geben (vgl. zur Verordnung [EU] Nr. 546/2011 bereits Urt. des Gerichts v. 4.9.2019, a. a. O.). Wissenschaftliche Methoden zur Bewertung von Auswirkungen auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e ii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind darüber hinaus auch in diesen Verordnungen nicht enthalten.

Gehören Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen auf der Behandlungsfläche damit derzeit nicht zum zulässigen Prüfumfang bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit eines Pflanzenschutzmittels, können Sie auch nicht die Erteilung von Nebenbestimmungen, wie der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora), rechtfertigen, die das UBA für notwendig hält, um die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel I. zu gewährleisten. Dies gilt sowohl für den erstzulassenden Mitgliedstaat als auch für einen Mitgliedstaat, dem ein Antrag auf gegenseitige Anerkennung vorliegt.

Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob - wie vom UBA geltend gemacht - die Voraussetzungen des Art. 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfüllt sind. Ebenso wenig bedarf es der Entscheidung, ob Bedingungen in Bezug auf die Anforderungen gemäß Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nach Art. 36 Abs. 3 der Verordnung das Vorliegen mindestens spezifischer Verwendungsbedingungen voraussetzen, oder ob diese Anforderung nur für andere Maßnahmen zur Risikominderung gilt, und ob die Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) einer Anforderung nach Art. 31 Abs. 3 oder Abs. 4 der Verordnung entspricht.

Im Übrigen hat die Beklagte Gründe, die einer Festlegung der Geltungsdauer der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel auf den 31. Oktober 2023 entgegenstehen könnten, nicht geltend gemacht und solche sind auch für die Kammer nicht ersichtlich.

Das zuletzt vorbehaltlos nur zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2020 erteilte und im Übrigen an die Festsetzung der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) gebundene Einvernehmen des UBA steht dem Anspruch der Klägerin auf Verpflichtung der Beklagten, die Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung auf den 31. Oktober 2023 festzusetzen, nicht entgegen. Denn die Versagung des vorbehaltlosen Einvernehmens ist mangels diese Entscheidung tragender Gründe rechtswidrig. Die Rechtmäßigkeit des vom UBA an die Festsetzung der Anwendungsbestimmung NT(neu-Ackerbegleitflora) geknüpften Einvernehmens ist im Streitverfahren um die Zulassungsentscheidung mit zu prüfen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.4.1999 - 7 M 577/99 -, NVwZ 2000, 209, unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 17.10.1985 - 2 C 25/82 -, BVerwGE 72, 165 = DVBl. 1986, 152).

III. Über den von der Klägerin weiterhin hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag (Klageantrag zu 3) ist bei dieser Sachlage nicht mehr zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.