Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 30.11.2016, Az.: 9 A 28/16

gegenseitige Anerkennung; Pflanzenschutzmittel; Pflanzenschutzrecht; zonale Zulassung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
30.11.2016
Aktenzeichen
9 A 28/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43361
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das zonale Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel und die gegenseitige Anerkennung erteilter Zulassungen beruhen auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens. Jedenfalls solange sich nicht aufdrängt, dass der Referenzmitgliedstaat das Zulassungsrecht systematisch verletzt, besteht im Anerkennungsverfahren kein Raum für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Referenzzulassung.

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29. August 2016 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer pflanzenschutzmittelrechtlichen Zulassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel im Wege der gegenseitigen Anerkennung.

Am 3. Juni 2014 erhielt die Klägerin im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden kurz: Großbritannien) auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Zulassung für das von ihr hergestellte Pflanzenschutzmittel „F. G.“ mit dem Wirkstoff „G.“ in einer Konzentration von 50 g/l mit Geltungsdauer bis 31. Dezember 2016. Bei der Bewertung des Pflanzenschutzmittels stützte sich die britische Zulassungsbehörde auf die Ergebnisse der Bewertung des in Großbritannien erstmals am 5. November 1999 für die Firma H. zugelassenen Pflanzenschutzmittels „I.“, dessen Zulassung zuletzt bis zum 31. Dezember 2016 verlängert wurde. Großbritannien erachtete beide Pflanzenschutzmittel als stofflich übereinstimmend und hielt die Bewertung des Pflanzenschutzmittels „I.“ für übertragbar auf das von der Klägerin hergestellte Pflanzenschutzmittel, zumal die im Zulassungsverfahren für das Pflanzenschutzmittel „I.“ von der Firma H. eingereichten Studien und Daten zeitlich nicht mehr unter Verwertungsschutz standen. Eigene Studien zur Darlegung der Zulassungsvoraussetzungen musste die Klägerin nicht vorlegen. Wegen der angenommenen stofflichen Übereinstimmung und der Übertragbarkeit der Bewertung des Pflanzenschutzmittels „I.“ erstellte Großbritannien für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin einen Bewertungsbericht (Registration Report), der neben Teil A (allgemeine Informationen) und Teil C (vertrauliche Informationen) zur eigentlichen in Teil B vorzunehmenden Bewertung lediglich Abschnitt 7 enthält. Im zonalen Zulassungsverfahren für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin verzichtete Großbritannien darauf, den anderen Mitgliedstaaten der Zone mittels eines sog. Kommentierungsaufrufs Gelegenheit zur Stellungnahme zur Bewertung des Pflanzenschutzmittels zu geben. Dies hielt die britische Zulassungsbehörde mangels Bewertung neu vorgelegter Daten und Studien nicht für erforderlich. Das Pflanzenschutzmittel „I.“ ist im Bundesgebiet von der Beklagten im Juli 2015 unter der Bezeichnung „J.“ für die Firma K. zugelassen worden.

Unter dem 22. Mai 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „F. G.“ im Wege der gegenseitigen Anerkennung der ihr in Großbritannien erteilten Zulassung. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) der Klägerin die beabsichtigte Ablehnung des Zulassungsantrags mit. Zur Begründung führte es an, die gegenseitige Anerkennung der in Großbritannien erteilten Zulassung sei nicht möglich, weil die britische Zulassungsbehörde weder einen vollständigen Bewertungsbericht erstellt noch Gelegenheit zur Stellungnahme zu der vorgesehenen Bewertung des Pflanzenschutzmittels gegeben habe. Dem pauschalen Verweis auf Unterlagen aus dem Zulassungsverfahren für ein anderes Pflanzenschutzmittel könne nicht gefolgt werden. Die Klägerin machte demgegenüber mit Schreiben vom 27. November 2015 geltend, einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zulassung zu haben. Im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung einer bereits erteilten Zulassung sei die Beklagte an die Bewertung des die Zulassung erteilenden Mitgliedstaates gebunden und habe eine eigene Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen nicht vorzunehmen. Die von ihr vorgelegten Unterlagen seien für die Anerkennung der in Großbritannien erteilten Zulassung ausreichend. Unabhängig davon könne die Beklagte auf den von ihr erstellten Bewertungsbericht für das stoffgleiche Pflanzenschutzmittel „J.“ zurückgreifen. Die ökologischen und landwirtschaftlichen Bedingungen in Großbritannien und Deutschland seien vergleichbar und Anhaltspunkte für ein aus den spezifischen ökologischen oder landwirtschaftlichen Bedingungen im Bundesgebiet folgendes unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt nicht gegeben.

Das Julius Kühn-Institut (JK I) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) versagten mit Schreiben vom 27. Mai und 1. Juni 2016 ihr Benehmen für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels der Klägerin. Das Umweltbundesamt (UBA) versagte sein Einvernehmen mit Schreiben vom 8. Juni 2016.

Mit Bescheid vom 29. August 2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Zulassung des Pflanzenschutzmittels „F. G.“ im Wege der gegenseitigen Anerkennung ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag genüge bereits nicht den formellen Erfordernissen, denn die Klägerin habe einen vollständigen Bewertungsbericht des Referenzmitgliedstaats Großbritannien nicht vorgelegt. Der Anerkennungsfähigkeit der in Großbritannien erteilten Zulassung stehe im Übrigen entgegen, dass bei Erteilung der dortigen Zulassung wesentliche Rechtsvorschriften des Zulassungsverfahrens nicht eingehalten worden seien. Die Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens sei aber Voraussetzung für die erleichterte Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung. Entgegen dem einzuhaltenden Verfahrensrecht habe Großbritannien eine Bewertung nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik nicht vorgenommen, indem es die bei Erteilung der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin bereits 15 Jahre alte Bewertung des Pflanzenschutzmittels „I.“ zugrunde gelegt habe und eine Prüfung, ob die Bewertung aktuellen rechtlichen Vorgaben und Leitlinien sowie dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspreche, nicht erkennbar sei. Sämtliche seit dem Jahre 1999 neu eingeführten Leitlinien (Guidance Documents) seien entgegen Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 unberücksichtigt geblieben. Unter Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sei ein Kommentierungsaufruf nicht erfolgt. Großbritannien habe auch keinen Bewertungsbericht erstellt, der dem vorgeschriebenen Format entsprechend vollständig sei. Weil der Wirkstoff G. mit Wirkung vom 1. Januar 2016 neu genehmigt worden sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die bereits zuvor erteilte Zulassung des Pflanzenschutzmittels der Klägerin der aktuellen Wirkstoffgenehmigung widerspreche. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne die Bewertung für das im Bundesgebiet zugelassene Pflanzenschutzmittel „J.“ nicht herangezogen werden. Zum einen sei das Mittel nicht zu 100 % identisch mit dem Pflanzenschutzmittel der Klägerin, sondern allenfalls identisch im Sinne der Kriterien des Parallelhandels. Zum anderen würde die Berücksichtigung der Unterlagen für dieses Pflanzenschutzmittel zu einer Vermischung verschiedener Antragsarten und zu einer Verletzung der Verwertungsrechte der Zulassungsinhaberin führen. Da vor diesem Hintergrund eine anerkennungsfähige Zulassung nicht gegeben sei, sei nicht entscheidend, ob eine Versagung der Zulassung nach Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 möglich gewesen wäre. An der Erteilung der beantragten Zulassung sei sie schließlich auch deshalb gehindert, weil das Umweltbundesamt sein Einvernehmen versagt habe.

Bereits vor Erlass des ablehnenden Bescheides hat die Klägerin am 4. April 2016 Untätigkeitsklage erhoben, die sie nach Erlass des Bescheides der Beklagten vom 29. August 2016 als auf die Erteilung der begehrten Zulassung gerichtete Verpflichtungsklage aufrechterhält. Zur Begründung trägt sie ergänzend insbesondere vor: Nach Art. 42 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 seien im Verfahren auf gegenseitige Anerkennung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel nur die Unterlagen vorzulegen, die Gegenstand der Erteilung der Referenzzulassung gewesen seien. Diesen Anforderungen habe sie genügt, indem sie den von Großbritannien konkret erstellten Bewertungsbericht für das von ihr hergestellte Pflanzenschutzmittel „F. G.“ eingereicht habe. Die vorliegenden Teile des Bewertungsberichts seien für eine umfassende Beurteilung des Pflanzenschutzmittels ausreichend. Gegebenenfalls sei die Beklagte gehalten, etwaige fehlende Unterlagen von Großbritannien anzufordern. Wegen der festzustellenden Stoffidentität sei es der Beklagten auch möglich, die von ihr selbst vorgenommene Bewertung des Pflanzenschutzmittels „J.“ heranzuziehen. Soweit die Beklagte die Bewertungsunterlagen für die Pflanzenschutzmittel „I.“ und „J.“ unberücksichtigt gelassen habe, begründe dies einen erheblichen Ermessensfehler im Rahmen von Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Die Verweigerung des Einvernehmens durch das Umweltbundesamt stehe einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Zulassung nicht entgegen. Gleiches gelte für das Benehmen des Julius Kühn-Instituts und des Bundesamtes für Risikobewertung.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verpflichten, ihr die am 22. Mai 2015 beantragte pflanzenschutzrechtliche Zulassung im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 40 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 für das Pflanzenschutzmittel „F. G.“ zu erteilen,

hilfsweise, die Zulassung nach erneuter Prüfung durch das Julius Kühn-Institut, das Bundesamt für Risikobewertung und das Umweltbundesamt bis spätestens 31. Januar 2017 zu erteilen,

weiter hilfsweise, festzustellen, dass die erfolgte Verweigerung des Benehmens bzw. Einvernehmens durch das Julius Kühn-Institut, das Bundesamt für Risikobewertung und das Umweltbundesamt jeweils rechtswidrig ist und die Beklagte verpflichtet ist, die Zulassung auch ohne das Benehmen bzw. Einvernehmen zu erteilen, sollten diese Erklärungen nicht bis spätestens 16. Januar 2017 vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt zur Erwiderung im Wesentlichen die Gründe des angegriffenen Bescheides.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO zulässig. Gemäß § 75 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Liegt nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Monaten seit Antragstellung (§ 75 Satz 2 VwGO) ein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheidung des Antrags durch die Behörde vor, setzt das Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ohne eine derartige Aussetzung des Verfahrens bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Kläger während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1991 - 1 C 42/88 -, BVerwGE 88, 254 = NVwZ 1992, 180; Urt. v. 13.1.1983 - 5 C 114/81 -, BVerwGE 66, 342 = DVBl. 1983, 849; Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 75 Rn. 26; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser u.a., VwGO, 6. Aufl., § 75 Rn. 26). Die Klägerin hat ihre Klage erst nahezu 11 Monate nach Antragstellung erhoben. Die Beklagte hat selbst eingeräumt, die Bearbeitungsfrist von 120 Tagen für einen Antrag auf Erteilung einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel im Wege der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 42 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 309 S. 1) nicht eingehalten zu haben. Eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO ist nicht erfolgt. Die Klage ist daher ohne Rücksicht darauf zulässig, dass ein Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2016 nicht durchgeführt wurde.

Die Klage ist auch teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2016 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat Anspruch auf erneute Bescheidung des von ihr gestellten Antrags auf Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „L. G.“ im Wege der gegenseitigen Anerkennung durch die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Mangels Spruchreife ist eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Zulassung nicht möglich und die Klage insoweit abzuweisen (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Auch im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel im Wege der gegenseitigen Anerkennung ist Art. 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 40 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Nach Art. 40 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung kann der Inhaber einer nach Art. 29 der Verordnung gewährten Zulassung unter anderem dann eine Zulassung für dasselbe Pflanzenschutzmittel, für dieselben Verwendungen und unter vergleichbaren landwirtschaftlichen Bedingungen in einem anderen Mitgliedstaat im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beantragen, wenn die Zulassung von einem Mitgliedstaat (Referenzmitgliedstaat) erteilt wurde, der zur selben Zone gehört. Der Mitgliedstaat, dem ein Antrag gemäß Art. 40 der Verordnung vorgelegt wird, erteilt gemäß Art. 41 Abs. 1 der Verordnung nach Prüfung des Antrags und gegebenenfalls der in Art. 42 Satz 1 genannten Begleitdokumente im Hinblick auf die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet für das betreffende Pflanzenschutzmittel eine Zulassung unter den gleichen Bedingungen wie der den Antrag prüfende Mitgliedstaat; hiervon ausgenommen sind die Fälle, in denen Art. 36 Abs. 3 der Verordnung Anwendung findet. Art. 42 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sieht vor, dass dem Antrag beizufügen sind eine Kopie der vom Referenzmitgliedstaat erteilten Zulassung sowie eine Übersetzung der Zulassung in eine Amtssprache des Mitgliedstaats, für den die Zulassung bestimmt ist (Buchst. a), eine förmliche Erklärung, dass das Pflanzenschutzmittel mit dem vom Referenzmitgliedstaat zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch ist (Buchst. b), ein vollständiges Dossier oder eine Kurzfassung davon gemäß Art. 33 Abs. 3 der Verordnung, falls dies vom Mitgliedstaat beantragt wird (Buchst. c) und ein Bewertungsbericht des Referenzmitgliedstaats mit Informationen über die Bewertung des Pflanzenschutzmittels und die diesbezügliche Entscheidung (Buchst. d). Nach Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 können abweichend von Absatz 2 und vorbehaltlich des Gemeinschaftsrechts geeignete Bedingungen in Bezug auf die Anforderungen gemäß Art. 31 Abs. 3 und 4 der Verordnung und andere Maßnahmen zur Risikominderung, die sich aus den spezifischen Verwendungsbedingungen ergeben, festgelegt werden (Unterabs. 1). Können die Bedenken eines Mitgliedstaats in Bezug auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt nicht durch die Festlegung nationaler Maßnahmen zur Risikominderung gemäß Unterabs. 1 ausgeräumt werden, so kann ein Mitgliedstaat die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in seinem Gebiet verweigern, wenn er angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass das betreffende Produkt noch immer ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellt (Unterabs. 2).

Entgegen der Auffassung der Beklagten entspricht der Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung den formellen Anforderungen von Art. 42 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Im Zulassungsverfahren hat die Klägerin eine Kopie der von Großbritannien als Referenzmitgliedstaat derselben Zone erteilten Zulassung und eine förmliche Erklärung vorgelegt, dass das Pflanzenschutzmittel, auf das sich der Zulassungsantrag bezieht, mit dem von Großbritannien zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch ist (Art. 42 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung). Ein vollständiges Dossier oder eine Kurzfassung davon gemäß Art. 33 Abs. 3 der Verordnung hat die Beklagte nicht angefordert (Art. 42 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung). Soweit der Beklagten lediglich ein Bewertungsbericht der britischen Zulassungsbehörde vorliegt, der neben den Teilen A und C nur Abschnitt 7 von Teil B umfasst, rechtfertigt dies eine Beanstandung des Antrags der Klägerin in formeller Hinsicht nicht. Die Klägerin hat den Bewertungsbericht vorgelegt, den Großbritannien für das Pflanzenschutzmittel „F. G.“ erstellt hat und damit den Anforderungen von Art. 42 Abs. 1 Buchst. d Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genügt. Ob die Erstellung eines Bewertungsberichts durch Großbritannien, der nicht sämtliche grundsätzlich vorgesehenen Abschnitte umfasst, die Beklagte berechtigt, die Erteilung einer Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung zu versagen, ist eine Frage der materiell-rechtlichen Beurteilung und berührt die an einen Antrag auf gegenseitige Anerkennung zu stellenden Formerfordernisse nicht. Von der Klägerin kann in formeller Hinsicht nicht mehr erwartet werden, als den vom Referenzmitgliedstaat konkret erstellten Bewertungsbericht vorzulegen, zumal die Ausgestaltung des Bewertungsberichts durch den Referenzmitgliedstaat grundsätzlich nicht in ihrer Hand liegt.

Art. 41 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verpflichtet den Mitgliedstaat, dem ein Antrag auf gegenseitige Anerkennung einer pflanzenschutzmittelrechtlichen Zulassung vorgelegt wird, mit Ausnahme von Fällen im Sinne von Art. 36 Abs. 3 der Verordnung zur Erteilung einer Zulassung unter den gleichen Bedingungen wie der den Antrag prüfende Mitgliedstaat. Sinn und Zweck der gegenseitigen Anerkennung pflanzenschutzmittelrechtlicher Zulassungen ist nach Erwägungsgrund 29 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Gewährleistung des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft. Zur Vermeidung von Doppelarbeit, Verringerung des Verwaltungsaufwands für Indus-trie und Mitgliedstaaten und zur Sicherstellung einer einheitlicheren Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln soll die von einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung von anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden, sofern die landwirtschaftlichen, pflanzengesundheitlichen und ökologischen Bedingungen (einschließlich der klimatischen Bedingungen) vergleichbar sind. Eine Ausnahme hiervon ist nur vorgesehen, wenn besondere ökologische oder landwirtschaftliche Bedingungen im Gebiet eines Mitgliedstaates eine Verweigerung der Zulassung erforderlich machen. Diesen Gesichtspunkt greift Art. 36 Abs. 3 Unterabsatz 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 auf, wonach ein Mitgliedstaat die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in seinem Gebiet verweigern kann, wenn er angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass das betreffende Produkt ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellt, dem nicht durch die Festlegung nationaler Maßnahmen zur Risikominderung genügt werden kann.

Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Gerichtshof für die Zulassung von Arzneimitteln, für die ein Verfahren der gegenseitigen Anerkennung ebenfalls mit der Zielsetzung des Abbaus von Handelshemmnissen, der Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft und der Vermeidung von Doppelarbeit europarechtlich in ähnlicher Weise vorgesehen ist (vgl. Art. 28 Richtlinie 2001/83/EG und § 25b Abs. 2 Arzneimittelgesetz - AMG -), festgestellt, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung in strikter Weise geregelt ist. Der unionsrechtlich ausdrücklich vorgesehene Tatbestand, bei dem ausnahmsweise die Zulassung verweigert werden dürfe, bilde den einzigen Grund, auf den sich ein Mitgliedstaat berufen dürfe, um einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Zulassung die Anerkennung zu versagen. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung lasse keinen Raum für eine Versagung der Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Zulassung durch eine nationale Zulassungsbehörde aus anderen als den unionsrechtlich ausdrücklich benannten Gründen. Der Prüfungsspielraum des mit einem Antrag auf gegenseitige Anerkennung befassten Mitgliedstaats sei sehr begrenzt. Insbesondere müsse sich der betroffene Mitgliedstaat im Hinblick auf jede Prüfung, die über die Gültigkeit des Antrags hinausgeht, grundsätzlich auf die Beurteilung und die wissenschaftliche Bewertung verlassen, die der Referenzmitgliedstaat vorgenommen hat (vgl. EuGH, Urt. v. 16.10.2008 - C-452/06, Synthon -, juris). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht für den Bereich der gegenseitigen Anerkennung einer Tierarzneimittelzulassung ausgeführt, dass es der deutschen Behörde genügen darf und muss, dass die Referenzzulassung wirksam erteilt und nicht angefochten worden ist. Sonstige Rechtmäßigkeitsmängel sind nicht maßgeblich. Eine (weitergehende) Rechtmäßigkeitskontrolle der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Referenzzulassung erfolgt nicht (BVerwG, Urt. v. 19.9.2013 - 3 C 22/12 -, NVwZ 2014, 457; Liebler, jurisPR-BVerwG 4/2014 Anm. 6). Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, namentlich die beschränkte Prüfpflicht des anerkennenden Mitgliedstaates, ist durch vernünftige Gemeinwohlgründe gerechtfertigt. Es dient dem Abbau von Handelshemmnissen und der Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft; zudem vermeidet es Doppelarbeit. Diese Zwecke würden nicht erreicht, wenn der anerkennende Staat eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Referenzzulassung vornehmen müsste. Die mit den Gemeinschaftskodizes verbundene Harmonisierung der Zulassung und das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beruhen auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens. Jedenfalls solange sich nicht aufdrängt, dass ein Referenzmitgliedstaat Vorschriften des Zulassungsverfahrens systematisch verletzt, besteht im Anerkennungsverfahren kein Raum für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Referenzzulassung (vgl. BVerwG, a. a. O., unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris; Urt. v. 29.1.2013 - C-396/11 -, juris).

Anhaltspunkte für eine in diesem Sinne systematische Verletzung von Rechtsvorschriften des Zulassungsverfahrens durch den Referenzmitgliedstaat Großbritannien sind nicht erkennbar und von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Nicht jede Verletzung von Rechtsvorschriften des Zulassungsverfahrens kann zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens beruhenden Vermutung, die vom Referenzmitgliedstaat erteilte Zulassung entspreche den europarechtlichen Vorgaben, als genügend angesehen werden. Andernfalls würde das europäische Instrument der gegenseitigen Anerkennung, das auf gegenseitigem Vertrauen und einer Vermutung der Beachtung des Unionsrechts durch die anderen Mitgliedstaaten gründet, grundlegend in Frage gestellt. Nach diesen Maßgaben kann dahinstehen, ob Großbritannien den rechtlichen Anforderungen von Art. 36 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 entsprochen hat, indem es der von ihm erteilten Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „F. G.“ die Bewertung des von ihm erstmals im Jahr 1999 zugelassenen Pflanzenschutzmittels „I.“ zu Grunde gelegt und von der Erstellung eines in vollem Umfang eigenständigen Bewertungsberichts für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin abgesehen hat. Denn vereinzelte Rechtsverstöße in einem oder einigen wenigen pflanzenschutzrechtlichen Zulassungsverfahren sind nicht geeignet, systematische Mängel des Zulassungsverfahrens in Großbritannien darzulegen. Dies gilt umso mehr, als der von Großbritannien erstellte Bewertungsbericht für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin erkennen lässt, dass Großbritannien zum einen zunächst einen Vergleich der Formulierungen der Pflanzenschutzmittel vorgenommen hat und zum anderen Erwägungen dazu angestellt hat, ob die Übertragung der Bewertung des Pflanzenschutzmittels „I.“ auf das Pflanzenschutzmittel der Klägerin vertretbar erscheint (vgl. etwa Part A Ziff. 1 des Bewertungsberichts). Dabei hat es sich unter anderem davon leiten lassen, dass „I.“ in Großbritannien bereits unter „PPPR“ (Plant Protection Products Regulations) zugelassen worden sei und damit eine unionsrechtlichen Grundsätzen entsprechende Bewertung in Großbritannien schon vorliege (vgl. Part A Ziff. 3.1 des Bewertungsberichts). Soweit die Beklagte dieser Annahme entgegenhält, die Zulassung des Pflanzenschutzmittels „I.“ sei im Jahre 1999 und damit noch vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erteilt worden, weist die Klägerin unter Bezugnahme auf die im Internet verfügbaren Informationen der britischen Zulassungsbehörde zu Recht darauf hin, dass Großbritannien jedenfalls nach Inkrafttreten der Verordnung am 12. Juni 2012 eine neue Zulassung unter Verlängerung der Zulassungsdauer erteilt hat (vgl. im Internet abrufbare Informationen der britischen Zulassungsbehörde zur Zulassung von „I.“ unter „https://secure.pesticides.gov.uk/ pestreg/ProdSearch.asp“). Unabhängig davon verdeutlicht der vorliegende Bewertungsbericht jedenfalls, dass Großbritannien von einer eigenständigen, aktuellen Bewertung des Pflanzenschutzmittels der Klägerin nicht etwa willkürlich abgesehen hätte, sondern Erwägungen zur Zulässigkeit eines solchen Vorgehens angestellt hat. Ob sich diese Erwägungen letztlich als rechtlich tragfähig erweisen würden, ist nicht maßgeblich. Dass Großbritannien gestützt auf die Annahme, die Bezugnahme auf den bereits vorliegenden Bewertungsbericht für das Pflanzenschutzmittel „I.“ lasse das Erfordernis eines Kommentierungsaufrufs im Rahmen der Bewertung des Pflanzenschutzmittels „F. G.“ entfallen (vgl. E-Mail der britischen Zulassungsbehörde an das BVL vom 19.8.2006), der Bundesrepublik Deutschland keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2 Verordnung <EG> Nr. 1107/2009), lässt dementsprechend eine systematische Verletzung von Rechtsvorschriften des Zulassungsverfahrens gleichfalls nicht erkennen. Auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Wirkstoff G. mit Wirkung vom 1. Januar 2016 neu genehmigt worden sei, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die bereits zuvor erteilte Zulassung des Pflanzenschutzmittels der Klägerin der aktuellen Wirkstoffgenehmigung widerspreche, rechtfertigt es nicht, der Beklagten einen erweiterten Prüfungsspielraum einzuräumen. Denn insoweit wäre es Aufgabe des Referenzmitgliedstaats Großbritannien, gegebenenfalls Maßnahmen zur Aufhebung oder Änderung der Zulassung zu ergreifen (Art. 44 Verordnung <EG> Nr. 1107/2009). Das der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zugrundeliegende Prinzip gegenseitigen Vertrauens bedingt auch in dieser Hinsicht die Vermutung, dass Großbritannien unter Beachtung des geltenden Unionsrechts eine Änderung oder Aufhebung der Zulassung veranlassen würde, wenn dies aufgrund neuerer Erkenntnisse geboten wäre.

Die von der Beklagten angeführten Gründe rechtfertigen damit zusammengenommen die Versagung der beantragten Zulassung für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin im Wege der gegenseitigen Anerkennung nicht. Die von der Klägerin beantragte Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „F. G.“ ist dennoch mangels Spruchreife nicht möglich (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Das Umweltbundesamt hat die Versagung seines Einvernehmens mit Schreiben vom 8. Juni 2016 im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine Prüfung, ob nach Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zum Ausgleich von Unterschieden in den spezifischen Bedingungen der Mitgliedstaaten gegebenenfalls besondere Anwendungs- und Risikominderungsauflagen für eine Zulassung des Pflanzenschutzmittels im Bundesgebiet erforderlich sind, mangels Vorliegen eines vollständigen Bewertungsberichts der britischen Zulassungsbehörde nicht möglich sei. Nach Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wäre sogar eine Verweigerung der Zulassung möglich, wenn angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigter Grund zu der Annahme bestünde, dass das Pflanzenschutzmittel der Klägerin trotz möglicher Anwendungs- und Risikominderungsauflagen noch immer ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellt. Zwar ist das Gericht durch die Versagung des gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PflSchG erforderlichen Einvernehmens des Umweltbundesamtes nicht an einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel gehindert. Denn die Rechtmäßigkeit des vom Umweltbundesamt verweigerten Einvernehmens wird im Streitverfahren um die Zulassungsentscheidung mitgeprüft (Nds. OVG, Beschl. v. 12.4.1999 - 7 M 577/99 -, NVwZ 2000, 209 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 17.10.1985 - 2 C 25/82 -, BVerwGE 72, 165 = DVBl. 1986, 152). Das Schreiben des Umweltbundesamtes vom 8. Juni 2016 zeigt aber auf, dass die Beklagte die nach Art. 41 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 im Verfahren auf gegenseitige Anerkennung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gebotene Prüfung des Vorliegens eines Falles nach Art. 36 Abs. 3 der Verordnung noch nicht abgeschlossen hat. Soweit das Umweltbundesamt sich wegen des Fehlens eines vollständigen Bewertungsberichts des Referenzmitgliedstaats Großbritannien für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin an einer entsprechenden Prüfung gehindert gesehen hat, wäre es der Beklagten jedenfalls möglich gewesen und auch weiterhin möglich, von Großbritannien den Bewertungsbericht für das Pflanzenschutzmittel „I.“ anzufordern und dem Umweltbundesamt zuzuleiten sowie dem Julius Kühn-Institut und dem Bundesinstitut für Risikobewertung, die gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 PflSchG im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ebenfalls zu beteiligen sind. Nachdem sich Großbritannien für die Bewertung des Pflanzenschutzmittels der Klägerin ausdrücklich auf die Bewertung des Pflanzenschutzmittels „I.“ gestützt hat, weil es die Ergebnisse dieser Bewertung auch für das Pflanzenschutzmittel der Klägerin als aussagekräftig erachtet hat, sind die Einvernehmens- bzw. Benehmensbehörden gehalten, die Prüfung des Vorliegens von Gesichtspunkten im Sinne von Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ebenfalls auf die entsprechende Bewertung zu stützen. Um insbesondere dem Umweltbundesamt Gelegenheit zu dieser Prüfung zu geben, ist die Beklagte zur erneuten Bescheidung des Antrags der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten. Mangels abschließender Prüfung des Vorliegens von Umständen im Sinne von Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die der Erteilung einer Zulassung gegebenenfalls entgegenstehen können, ist eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten Zulassung derzeit nicht möglich.

Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Gerichts vertretenen Rechtsauffassung folgt aus dem Verstreichen der in Art. 42 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehenen Frist von 120 Tagen für die Entscheidung über einen Antrag auf gegenseitige Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung nichts anderes. Der Verordnungsgeber hat an die Überschreitung der vorgegebenen Bearbeitungsfrist durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union eine konkrete Rechtsfolge nicht geknüpft. Dementsprechend kann aus dem Ablauf der Frist weder ein Anspruch auf Erteilung der streitgegenständlichen Zulassung noch eine Präklusion des Mitgliedstaats mit Gründen abgeleitet werden, die er nicht innerhalb der Frist geltend gemacht hat, wie es die Klägerin für sachgerecht hält. Der nicht fristgerechten Bescheidung eines Antrags auf gegenseitige Anerkennung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung kann allenfalls bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen entgangenen Gewinns Bedeutung zukommen.

Eine Berücksichtigung der Bewertung des von der Beklagten für das Bundesgebiet zugelassenen Pflanzenschutzmittels „J.“ ist entgegen der Rechtsansicht der Klägerin im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 41 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht vorgesehen.

Da eine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der begehrten pflanzenschutzmittelrechtlichen Zulassung - wie ausgeführt - nicht möglich ist, kann die Klägerin auch mit den von ihr gestellten Hilfsanträgen nicht durchdringen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 4 VwGO. Soweit mangels Spruchreife lediglich eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Bescheidung der Klägerin erfolgen kann, beruht dies auf Umständen, die der Sphäre der Beklagten zuzurechnen sind, und es rechtfertigen, ihr auch insoweit die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (vgl. allg.: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 155 Rn. 2).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1 GKG.