Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 04.09.2019, Az.: 9 A 11/19
Anwendungsbestimmungen; Biodiversität; Pflanzenschutzmittel
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 04.09.2019
- Aktenzeichen
- 9 A 11/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 70017
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 36 PflSchG
- Art 29 EGV 1107/2009
- Art 31 EGV 1107/2009
- Art 4 EGV 1107/2009
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Der vom europäischen Verordnungsgeber in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) steht der Berücksichtigung indirekter Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegen, solange die EFSA noch keine anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt hat.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Juli 2021 im Umfang und mit den Maßgaben des Zulassungsbescheides vom 21. Februar 2019 zu erteilen.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,-- EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel mit einer längeren Geltungsdauer als von der Beklagten vorgesehen.
Im November 2015 beantragte die Firma I. mit Sitz in J. bei der Beklagten die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ im Rahmen des zonalen Zulassungsverfahrens mit der Tschechischen Republik als prüfendem bzw. berichterstattendem Mitgliedstaat (zRMS) und Deutschland als beteiligtem Mitgliedstaat (cMS). Die Wirkstoffgenehmigung der Europäischen Union für den in dem Insektizid enthaltenen Wirkstoff K. war zunächst bis zum 31. Juli 2019 gültig und wurde zwischenzeitlich bis zum 31. Juli 2020 verlängert. Im Oktober 2017 trat die Klägerin in das Zulassungsverfahren ein und zeigte der Beklagten die Übernahme der Rechte der bisherigen Zulassungsantragstellerin an. Nachdem Tschechien die Prüfung abgeschlossen hatte, erteilte es am 2. Juli 2018 eine nationale Zulassung für das Pflanzenschutzmittel.
Das Julius Kühn-Institut (JKI) erklärte mit Schreiben vom 20. September 2018 sein Benehmen für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in Deutschland, wobei es lediglich die Anwendungen L. als zulassungsfähig ansah, die gleichfalls beantragten Anwendungen M. hingegen nicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) übermittelte mit Schreiben vom 25. September 2018 sein uneingeschränktes Benehmen.
Das Umweltbundesamt (UBA) erklärte sein Einvernehmen mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 unter der Voraussetzung, dass die Zulassung mit bestimmten Kennzeichnungsauflagen sowie mit der Festsetzung verschiedener Anwendungsbestimmungen versehen werde. Unter anderem bat es gemäß § 36 Abs. 1 PflSchG um die Festsetzung der folgenden Anwendungsbestimmungen:
„Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´:
Zum Schutz der biologischen Vielfalt darf das Mittel nur angewendet werden, wenn auf der Gesamtackerfläche (ackerbaulich genutztes und brachliegendes Ackerland) des Betriebes ein ausreichender Anteil an Biodiversitätsflächen vorhanden ist. Der Anteil ist ausreichend, wenn der Summenwert der gewichteten Biodiversitätsflächen in [ha] mindestens 10% des Zahlenwertes der Gesamtackerfläche des Betriebes in [ha] beträgt. Die Ermittlung des Anteils an Biodiversitätsflächen ist gemäß der Darstellung in der Begleitveröffentlichung [Fundstelle Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit] vorzunehmen.
Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.
Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´
Zusätzlich zu den Aufzeichnungen nach § 11 Abs. 1 PflSchG ist vom Anwender zu dokumentieren, dass zum Zeitpunkt der Anwendung der erforderliche Regelanteil an Biodiversitätsflächen vorhanden war. Hierfür hat der Anwender folgende Angaben zu machen:
- Den für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels zum Zeitpunkt der Anwendung gemäß Anwendungsbestimmung ´Biodiv1´ erforderlichen Anteil an Biodiversitätsflächen bezogen auf die Ackerfläche des Betriebes in [ha]
- Lage der in Anspruch genommenen Ackerfläche/n gemäß Liegenschaftskataster (Gemarkung, Flur, Flurstücknummer) einschließlich der Größe der als Biodiversitätsfläche genutzten Teilfläche in ha, des diesen jeweils zugeordneten Biodiversitätsflächentyps und seiner ökologischen Wertigkeit als Gewichtungsfaktor/ha
Auf Verlangen ist die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf den mit der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ formulierten Anwendungsvorbehalt gegenüber der zuständigen Kontrollbehörde durch Vorlage der vorgenannten Dokumentation nachzuweisen.
Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmungen sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.
Anwendungsbestimmung NT(neu)
Die Anwendung des Mittels muss in einer Breite von mindestens 20 m zu angrenzenden Biodiversitätsflächen mit einem verlustmindernden Gerät erfolgen, das in das Verzeichnis „Verlustmindernde Geräte“ vom 14. Oktober 1993 (Bundesanzeiger Nr. 205, S. 9780) in der jeweils geltenden Fassung, mindestens in die Abdriftminderungsklasse [90] % eingetragen ist.
Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.1.2020 an einzuhalten.“
Zur Begründung führte es insoweit im Wesentlichen aus, Pflanzenschutzmittel dürften nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 infolge ihrer Verwendung keine unannehmbaren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Nach der Verordnung (EG) Nr. 283/2013 seien darunter auch indirekte Auswirkungen über die Störung von Nahrungsnetzen zu verstehen. Diese ergäben sich, wenn die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels auf der behandelten Fläche aufgrund der geringen Spezifität der direkten toxikologischen Wirkung nicht nur die Schadorganismen, sondern in erheblichem Maße auch Nichtzielpflanzen oder Nichtzielarthropoden (Gliederfüßer) im Auftreten reduziere. Indirekte Auswirkungen könnten unter den spezifischen landwirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen in Deutschland unannehmbare Ausmaße annehmen und seien insoweit in der Umweltrisikobewertung im Rahmen von Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel in Deutschland grundsätzlich zu berücksichtigen. Dass noch keine in der Europäischen Union harmonisierten Methoden zur Bewertung dieser Art von Auswirkungen verfügbar seien, entbinde die Mitgliedstaaten nicht von der Verpflichtung, die möglichen Auswirkungen mit geeigneten vorläufigen Methoden zu bewerten und, wenn nötig, Maßnahmen zur Risikominderung durchzuführen. Für das Pflanzenschutzmittel „E.“ ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen ein sehr großes Schädigungspotenzial für terrestrische Nichtzielarthropoden. Zu erwarten seien sehr hohe Effektraten bei den auf den Anwendungsflächen vorkommenden Arthropoden, wobei ein Quotient von 1 aus Effektrate und Anwendungsrate weit unterschritten werde. Dieser Wert bezeichne nach dem angewandten Bewertungskonzept unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen in Deutschland den Grenzwert für die Annehmbarkeit von Auswirkungen auf die Arthropoden-Ackergemeinschaft und davon ausgehende Auswirkungen über die Störung des Nahrungsnetzes auf höhere trophische Ebenen, insbesondere Arthropoden und Vögel. Damit seien Auswirkungen auf die biologische Vielfalt gegeben, denn es seien mehrere trophische Ebenen und eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten betroffen. Um die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt auf ein annehmbares Maß zu senken und die Zulassungsvoraussetzungen herzustellen, seien Risikominderungsmaßnahmen erforderlich. Dazu seien nach dem derzeitigen Stand des Wissens nur sogenannte Biodiversitätsflächen bzw. ökologische Ausgleichsflächen ausreichend wirksam und praktikabel, auf denen Pflanzenschutzmittel nicht angewandt werden dürften. Solche Flächen böten alternativen Lebensraum und Nahrungsangebot für die von den Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels betroffenen Arten. Die rechtliche Zulässigkeit der Forderung, dass die Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf der Ackerfläche eines Betriebes nur zulässig sei, wenn auf einem bestimmten Anteil der Gesamtackerfläche des Betriebes Biodiversitätsflächen angelegt werden, sei durch ein von ihr eingeholtes Rechtsgutachten bestätigt worden (Klinger/Borwieck/Douhaire, Rechtsgutachten zum Schutz von terrestrischen Nichtzielarten einschließlich der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln vom November 2017). Durch weitere Untersuchungen seien auch die fachliche Notwendigkeit, die Wirksamkeit und die Verhältnismäßigkeit des mindestens erforderlichen Flächenanteils von 10 % Biodiversitätsflächen bestätigt worden. Die Anforderungen an die Qualität der Biodiversitätsflächen seien in der Begleitveröffentlichung zur Umsetzung der Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 1´und ´Biodiv 2´ zum Schutz der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln unter größtmöglicher Abstimmung auf andere Rechtsbereiche und insbesondere landwirtschaftsrechtliche Fördermöglichkeiten festgelegt worden. Die Anwendungsbestimmungen sollten unmittelbar mit der zu erteilenden Zulassung festgeschrieben, jedoch erst zum 1. Januar 2020 wirksam werden, um unter anderem den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben hinreichend Zeit für das Anlegen entsprechender Flächen einzuräumen. Die Anwendungsbestimmung ´NT(neu)´ sei erforderlich, um die vorzuhaltenden Biodiversitätsflächen vor Einträgen des Pflanzenschutzmittels über Abdrift zu schützen und damit eine ausreichende Funktionalität der Biodiversitätsflächen zu gewährleisten. Soweit für die gleichen Verwendungen bereits Produkte anderer Hersteller mit gleichem biodiversitätsschädigenden Potenzial zugelassen seien, werde das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) um Prüfung der Übertragung der Anwendungsbestimmungen auf diese Produkte gemäß § 36 Abs. 3 Satz 2 PflSchG gebeten.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2019 wies das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) das UBA darauf hin, dass die geforderten Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität aus seiner Sicht rechtswidrig sowie fachlich nicht angemessen seien. Soweit sich das UBA auf Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. der Verordnung (EU) Nr. 283/2013 stütze, verkenne es, dass sich die zuletzt genannte Verordnung nicht auf die Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel, sondern auf die Datenanforderungen für Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln beziehe. In der Verordnung (EU) Nr. 284/2013, welche die Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel regele, spielten Nahrungsnetzeffekte als indirekte Auswirkungen keine Rolle. Rechtliche Grundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen bei Pflanzenschutzmitteln seien Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und § 36 PflSchG. Nach diesen Normen seien nur Bestimmungen zulässig, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche hätten und sich unmittelbar auf das Anwendungsgebiet, die Zeit, die Frequenz oder die Geräte der Ausbringung, die Verpackung, das Etikett, die Anforderungen an den Anwender etc. bezögen. Von der Anwendung losgelöste Pflichten, wie die Forderung nach der Bereitstellung von Ausgleichsflächen, seien nicht vorgesehen. Die vom UBA angestrebten Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität stellten einen gravierenden Eingriff in die Grundrechtspositionen der Anwender dar, insbesondere das nach Art. 14 GG geschützte Eigentum, weil die Anwender faktisch an der Nutzung ihres Eigentums im Umfang von mindestens 10 % ihrer Ackerflächen gehindert würden. Ein solch wesentlicher Eingriff sei nach der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie nur bei Vorliegen einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zulässig. Sowohl das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) als auch das Bundesministerium des Innern (BMI) und das Bundesministerium der Justiz (BMJ) seien der Auffassung, dass derartige Auflagen wegen Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt rechtswidrig seien. Das BMEL und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hielten die Auflagen auch für gemeinschaftsrechtswidrig, weil sie der gemeinschaftsrechtlich angestrebten Harmonisierung zuwiderliefen und deutsche Landwirte massiv gegenüber Landwirten in anderen Mitgliedstaaten benachteiligten. Zudem verstoße die Auflage gegen Art. 4 Abs. 3 Buchst. e i. V. m. Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, denn danach sei die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority - EFSA -) für die Bewertung von Methoden zur Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Biodiversität zuständig. Erst wenn die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung derartiger unannehmbarer Auswirkungen auf die Umwelt festgelegt habe, seien diese Bewertungen für Verfahren um die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln maßgeblich. Die Einschätzung nationaler Behörden könne bis dahin keine Berücksichtigung finden. Darüber hinaus müsse die Kausalität des jeweiligen Pflanzenschutzmittels für negative Effekte auf die Biodiversität hinreichend dargelegt werden, woran es bislang ebenso wie an einer eingehenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit der vorgeschlagenen Risikominderungsmaßnahmen fehle. Entsprechend einer vom UBA in Bezug genommene Studie sei der in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachtende starke Rückgang der Biodiversität im Agrarbereich wesentlich nicht nur auf die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch auf hohe Düngergaben, dichte Pflanzenbestände, den Rückgang von Brach- und Dauergrünlandflächen sowie Verschiebungen im Spektrum der angebauten Kulturen zurückzuführen. Daneben spielten der Verlust von Saumstrukturen und nicht zuletzt der Klimawandel eine Rolle. Welchen Anteil der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln am Rückgang der Biodiversität habe, sei vom UBA nicht annähernd belegt worden. Neben weiteren Aspekten sei zudem zu berücksichtigen, dass die Forderung, stets mindestens 10 % der Gesamtackerfläche des Betriebes als Biodiversitätsfläche vorzuhalten, unverhältnismäßig sei, weil Betriebe, die nur einen kleinen Teil ihrer Flächen mit dem Pflanzenschutzmittel behandeln wollten, stärker belastet werden würden als Betriebe, die einen Großteil ihrer Flächen mit dem Mittel behandelten. Für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 2´ fehle in Ansehung von Art. 67 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. § 11 PflSchG gleichfalls eine Rechtsgrundlage.
Das UBA teilte dem BVL daraufhin mit Schreiben vom 17. Januar 2019 mit, die Bedenken an der Rechtmäßigkeit und Angemessenheit der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität nicht zu teilen. Unter anderem verwies es darauf, die Berechtigung und Notwendigkeit, indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität sowie die Vielfalt und Abundanz von Nichtzielarten durch Nahrungsnetzeffekte zu berücksichtigen, ergebe sich aus Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, weil insoweit Auswirkungen auf das Schutzgut der Umwelt im Sinne der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 13 der Verordnung gegeben seien. Die Verordnung (EU) Nr. 283/2013 sei lediglich ergänzend angeführt worden. Auch wenn die EFSA als zuständige EU-Bewertungsbehörde Methoden für die Bewertung derartiger Auswirkungen noch nicht zur Verfügung gestellt habe, folge aus Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel nur dann erfüllt seien, wenn unannehmbare Risiken für die Umwelt ausgeschlossen werden könnten, was hier Risikominderungsmaßnahmen in Bezug auf indirekte Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels durch Nahrungsnetzeffekte erfordere. Generell folge aus den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein Vorrang des Bewertungsmaßstabs des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik für die Risikobewertung eines Pflanzenschutzmittels. Dementsprechend dürften sich die Mitgliedstaaten bei ihren Bewertungen nicht auf das Fehlen von Bewertungsleitlinien der EFSA zurückziehen, wenn sich bestimmte Umweltauswirkungen nach aktuellstem Stand von Wissenschaft und Technik als unannehmbar erwiesen. Dafür spreche auch die in Abschnitt C, Ziff. 1.5, Verordnung (EU) Nr. 546/2011 getroffene Regelung. Mit Art. 36 Abs. 3 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und § 36 PflSchG seien sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene die erforderlichen Rechtsgrundlagen für Beschränkungen der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels wegen nachteiliger Auswirkungen auf die Umwelt, einschließlich der darunter zu fassenden Biodiversität und der Auswirkungen auf Nichtzielarten, gegeben. Einschränkungen auf bestimmte Arten von Verwendungsbestimmungen ließen sich diesen Normen nicht entnehmen. Darüber hinaus räume das erkennende Gericht in seiner Rechtsprechung der Zulassungsbehörde bei der Entscheidung über die Ausgestaltung nationaler Risikominderungsmaßnahmen nach Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einen Ermessensspielraum ein. Die Forderung nach Biodiversitätsflächen sei vergleichbar zu den schon lange etablierten und rechtlich für zulässig erachteten Anwendungsbestimmungen zur Vermeidung von Einträgen in Gewässer durch Abschwemmung, welche die Anwendung des Pflanzenschutzmittels unter den Vorbehalt eines mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsenen Randstreifens stellten, dessen Schutzfunktion nicht durch den Einsatz von Arbeitsgeräten beeinträchtigt werden dürfe. Sei ein solcher zur Expositionsreduzierung notwendiger Randstreifen nicht bereits vorhanden, müsse er vor der Anwendung des Pflanzenschutzmittels ebenfalls zunächst geschaffen werden. Die vorgesehenen Anwendungsbestimmungen seien auch verhältnismäßig, zumal nur durch sie die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel gewährleistet werden könne. Weniger belastende Maßnahmen, die zur Zweckerreichung geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Anwendungsbestimmungen würden auch nicht pauschal für alle Pflanzenschutzmittel gefordert, sondern lediglich dann, wenn die Bewertung ein hohes Risiko für Störungen der Nahrungskette ergebe. Selektiv wirkende Pflanzenschutzmittel oder solche mit geringem Risiko für negative Auswirkungen auf Nichtzielpflanzen oder -arthropoden würden im Gegensatz zu breitbandig wirkenden Herbiziden oder Insektiziden voraussichtlich nicht von der Forderung nach Aufnahme der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität in zu erteilende Zulassungen betroffen. Die Bewertung des Risikos von Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels durch Nahrungsnetzeffekte erfolge in Abhängigkeit von dem Ausmaß zu erwartender Auswirkungen auf Pflanzen und/oder Arthropoden auf den Anwendungsflächen und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Selektivität der Wirkung auf Pflanzen und/oder Arthropoden. Den chemischen Insektiziden und Herbiziden lägen in der Regel Wirkmechanismen zugrunde, die nicht auf eine selektive, auf die Schadorganismen begrenzte Wirkung schließen ließen. Aktuelle wissenschaftliche Studien zu indirekten Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln durch Störungen des Nahrungsnetzes unterstützten die Annahme, dass die Auswirkungen auf die Umwelt ohne Risikominderungsmaßnahmen zur Kompensation der Nahrungsnetzeffekte als unannehmbar beurteilt werden müssten und die Pflanzenschutzmittel nicht zulassungsfähig wären. Das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte für das Auftreten unannehmbarer Auswirkungen auf die Umwelt sei insoweit ausreichend. Eines weitergehenden Nachweises der Kausalität bedürfe es nicht. Vielmehr obliege es bei einer derartigen Sachlage dem Zulassungsantragsteller den Nachweis zu führen, dass es auch ohne den Anwendungsvorbehalt nicht zu unannehmbaren Auswirkungen komme. Auch der Forderung nach einem Anteil der Biodiversitätsflächen in Höhe von mindestens 10 % der Gesamtackerfläche lägen wissenschaftliche Studien zugrunde, in denen teilweise sogar ein noch höherer Gesamtanteil von 14 bis 15 % abgeleitet worden sei, ab dem sich Populationen verschiedener Feldvogelarten stabilisierten. Auf die Interessen der Anwender sei insoweit hinreichend Rücksicht genommen worden, als diesen mit dem Ziel der Einräumung größtmöglicher Flexibilität die Möglichkeit gegeben werde, aus einem Katalog von anerkennungsfähigen Biodiversitätsflächentypen frei zu wählen, welche Flächen sie als Biodiversitätsflächen zur Verfügung stellen wollten. Soweit unabhängig von der Größe der mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Fläche stets ein Anteil von 10 % der Gesamtackerfläche als Biodiversitätsfläche gefordert werde, sei dies nicht unverhältnismäßig. Denn in konventionell wirtschaftenden Betrieben würden im Jahresverlauf in der Regel in allen Ackerbaukulturen und somit auch auf allen Ackerflächen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mindestens einmal biodiversitätsschädigende Mittel angewandt.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2019 erteilte das BVL der Klägerin die beantragte Zulassung für das Pflanzenschutzmittel für die Anwendungen L. hinsichtlich der Schadorganismen N.bzw. O. bezogen auf die Pflanzenarten P., Q., R., S., T. und U. mit Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2019. Hinsichtlich der Befristung der Zulassung führte es zur Begründung aus, das UBA habe sein Einvernehmen für die Erteilung einer nationalen Zulassung an die Bedingung geknüpft, dass Biodiversitäts-Anwendungsbestimmungen festgesetzt werden müssten, die ab dem 1. Januar 2020 gelten sollten. Die geforderten Anwendungsbestimmungen seien jedoch rechtswidrig, weil sie in der Regel zu einer faktischen Enteignung führten und es keine gesetzliche Grundlage gebe. Nachdem das UBA dennoch im Rahmen seines Einvernehmens an der Forderung entsprechender Anwendungsbestimmungen festhalte, fehle es für die Erteilung einer über den 31. Dezember 2019 hinaus geltenden Zulassung an der erforderlichen vorbehaltlosen Einvernehmenserklärung. Obwohl die Geltungsdauer von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 regelmäßig so festgelegt werde, dass sie mindestens die Laufzeit der Wirkstoffgenehmigung plus ein Jahr umfasse, könne die Zulassung dementsprechend nur befristet bis zum 31. Dezember 2019 erfolgen.
Einen vom V. gegen die Erteilung der Zulassung mit Schreiben vom 10. April 2019 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2019 als unzulässig und als unbegründet zurück.
Bereits vor Erlass des Zulassungsbescheides hat die Klägerin am 31. Januar 2019 Untätigkeitsklage erhoben, die sie nach Erteilung der Zulassung als Verpflichtungsklage fortsetzt, mit dem Ziel der Verpflichtung der Beklagten, die Zulassung über den 31. Dezember 2019 hinaus mit Geltungsdauer bis zum 31. Juli 2021 zu erteilen. Zur Begründung trägt sie insbesondere vor: Nach Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 habe sie Anspruch auf Erteilung der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel mit einer Geltungsdauer von einem Jahr gerechnet ab dem Datum des Ablaufs der Wirkstoffgenehmigung. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung entspreche es der ständigen Verwaltungspraxis des BVL, an die es auch hier gebunden sei, die Dauer der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels auf mindestens ein Jahr über die Laufzeit der Wirkstoffgenehmigung hinaus festzulegen. Im zonalen Zulassungsverfahren sei die Beklagte an die Bewertung des Pflanzenschutzmittels durch den berichterstattenden Mitgliedstaat Tschechien gebunden und dürfe lediglich in den Fällen des Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 von dessen Bewertung abweichen. Gründe im Sinne von Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die der Zulassung des Pflanzenschutzmittels für die Zeit ab 1. Januar 2020 entgegenstünden, seien nicht gegeben. Von dem Pflanzenschutzmittel gehe kein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt aus. Dagegen spreche unter anderem, dass in Deutschland ein weiteres Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff K. zugelassen sei und weitere vier Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Parallelhandelsgenehmigungen bis zum Jahr 2024 besäßen. Für die Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität, die im Ergebnis darauf hinausliefen, Landwirte zu verpflichten, eine konventionelle Bewirtschaftung von 10 % ihrer gesamten Betriebsfläche zu unterlassen, fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die nationalen Behörden seien bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln schon nicht berechtigt, Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem zu berücksichtigen. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sehe die Berücksichtigung derartiger Auswirkungen nur vor, wenn und soweit die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung unannehmbarer Auswirkungen entwickelt habe, an denen es bislang fehle. Nationale Behörden seien nicht berechtigt, eigene wissenschaftliche Bewertungsmethoden zu kreieren. Dem stehe die mit der Verordnung beabsichtigte Harmonisierung der Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln entgegen. Die nationalen Behörden dürften zwar prüfen, ob das Pflanzenschutzmittel unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt entfalte. Darunter könnten aber wegen des ausdrücklichen Vorbehalts in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 nicht Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem verstanden werden, denn für diese habe der Verordnungsgeber der EFSA die vorherige Entwicklung von Bewertungsmethoden übertragen. Darüber hinaus biete die Verordnung allein die Möglichkeit, auf direkte toxikologische Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels zu reagieren, nicht aber auf lediglich indirekte Auswirkungen, wie sie hier durch die Einschränkung der Nahrungsgrundlage von Tieren als lediglich mittelbarer Effekt in Rede stünden. Auch fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage für die vom UBA vorgeschlagenen flächenbezogenen Anwendungsbestimmungen. Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gestatte lediglich Anforderungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Verwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche. Ausgleichsmaßnahmen und/oder Dokumentationspflichten seien an keiner Stelle vorgesehen. Gleiches gelte für Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1007/2009, denn auch hier sei allein von Verwendungsbestimmungen die Rede. Der Verordnung sei eine rein kompensatorische Risikominderung fremd. Soweit das UBA einen Vergleich mit einer Anwendungsbestimmung zur Vermeidung von Einträgen von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässer durch Abschwemmung anstelle, verkenne es, dass diese Anwendungsbestimmung in § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG gesetzlich ausdrücklich geregelt sei. Die genannte Anwendungsbestimmung sei zudem unmittelbar auf die Anwendung des Pflanzenschutzmittels bezogen. Die Ermächtigungsgrundlage des § 36 PflSchG gestatte ebenso allenfalls auf die Anwendung bezogene Nebenbestimmungen, wobei dieser Begriff wie der Begriff „Verwendung“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu verstehen sei. Im Übrigen dürfe das nationale Recht nicht dem Unionsrecht zuwiderlaufen, indem es über die Vorschrift des § 36 PflSchG zur Grundlage weitergehender Nebenbestimmungen gemacht werde als sie nach Art. 36 Abs. 3 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zulässig seien. Die Verordnung treffe insoweit eine abschließende harmonisierte Regelung. Eine Verpflichtung zur Schaffung von Ausgleichsflächen bedürfe in Anbetracht der Wesentlichkeit des Eingriffs jedoch einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Nach der sog. Wesentlichkeitstheorie müsse der Gesetzgeber selbst die wesentliche Entscheidung zum Grundrechtseingriff treffen und nicht die Exekutive. Auch für die mit den Anwendungsbestimmungen angeordnete Dokumentationspflicht fehle eine gesetzliche Grundlage. Aufzeichnungspflichten seien abschließend in Art. 67 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 i. V. m. § 11 PflSchG geregelt. Unabhängig davon sei die vom UBA vorgeschlagene Bewertungsmethode, die nach dessen Ankündigung für einen Großteil der Herbizide und Insektizide zur Forderung nach der Festlegung entsprechender Anwendungsbestimmungen führen werde, unbestimmt und willkürlich. Für Anwender sei nicht eindeutig erkennbar, welche Flächen als Biodiversitätsflächen anerkannt werden könnten. Eine nur in Deutschland durchgesetzte Rechtspflicht zur Schaffung von Biodiversitätsausgleichsflächen würde für Anwender zu einer erheblichen Benachteiligung gegenüber Anwendern in anderen europäischen Mitgliedstaaten führen. Die Einführung der vorgesehenen Anwendungsbestimmungen verletze Anwender und Hersteller in ihrer grundrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 17 EUGrdRCh), ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 15, 16 EUGrdRCh) und ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG). Der vorgesehene Eingriff sei unverhältnismäßig, weil der Umfang der geforderten Biodiversitätsausgleichsflächen ohne Rücksicht auf die Größe der Fläche festgelegt werde, auf der das Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden solle. Weil nach den Verlautbarungen des UBA voraussichtlich fast alle Herbizide und Insektizide sowie etwa 1/3 der Fungizide von den Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität betroffen wären, gehe es letztlich nicht um produktspezifisches Risikomanagement, sondern um eine generelle Einschränkung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland. Vor diesem Hintergrund habe das UBA sein Einvernehmen rechtswidrig unter die Bedingung der Festlegung von Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität mit Geltung ab 1. Januar 2020 gestellt. Schon das BVL sei bei gemeinschaftskonformer Auslegung verpflichtet, das rechtswidrig verweigerte Einvernehmen des UBA zu übergehen und eine verordnungskonforme Zulassungsentscheidung zu treffen. Ergänzend verweist die Klägerin auf verschiedene Rechtsgutachten, welche die Rechtswidrigkeit der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität gleichfalls belegten.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Juli 2021 im Umfang und mit den Maßgaben des Zulassungsbescheides vom 21. Februar 2019 zu erteilen, und den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über die Dauer der Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Für sie erwidert das BVL über das bereits im Verwaltungsverfahren erfolgte Vorbringen hinaus ergänzend im Wesentlichen: Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Zulassung für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel über den 31. Dezember 2019 hinaus sei nicht begründet. Zwar sei es ebenso wie die Klägerin der Auffassung, dass die vom UBA geforderten Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität
eklatant rechtswidrig seien. Weil das UBA sein Einvernehmen für die Zeit ab 1. Januar 2020 aber an die Bedingung entsprechender Anwendungsbestimmungen geknüpft habe, fehle es ab diesem Zeitpunkt an einem vorbehaltlosen Einvernehmen, sodass die Erteilung einer Zulassung mit längerer Geltungsdauer nicht möglich sei. In Übereinstimmung mit der Klägerin gehe es davon aus, dass es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verwehrt sei, einzelstaatliche Lösungsansätze betreffend die Implementierung der Biodiversität in das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel zu entwickeln. Dies würde der Zielsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zuwiderlaufen, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Europa zu harmonisieren. Als Ausdruck des Harmonisierungsbestrebens sei in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) der Verordnung konsequenterweise bestimmt, dass die Prüfung der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem - zumindest soweit nicht spezifische Teilaspekte durch bereits existierende Regelungen explizit adressiert würden - erst möglich sei, wenn die insoweit zuständige EFSA wissenschaftliche Methoden für die Bewertung solcher Effekte anerkannt habe, an denen es bisher fehle. Den Mitgliedstaaten sei es damit verwehrt, die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln von entsprechenden Bewertungen abhängig zu machen. Unabhängig davon, dass keine Nebenbestimmungen zu Prüfbereichen erlassen werden dürften, die (noch) nicht Gegenstand des Zulassungsverfahrens seien, seien nach den für den Erlass von Nebenbestimmungen allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen des Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und des § 36 PflSchG allenfalls Bestimmungen zulässig, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche aufwiesen und sich unmittelbar auf das Anwendungsgebiet, die Zeit, die Frequenz oder die Geräte der Ausbringung, die Verpackung, das Etikett, die Anforderungen an den Anwender etc. bezögen. Von der Anwendung losgelöste Pflichten, wie das Vorhalten unbehandelter Flächen, seien weder in der Verordnung noch im Pflanzenschutzgesetz vorgesehen. Maßnahmen betreffend das Vorhalten von Biodiversitätsflächen unterschieden sich ihrem Charakter nach von herkömmlichen Risikominderungsmaßnahmen betreffend den Naturhaushalt. Letztere schränkten die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der beschriebenen Art und Weise ein, um unvertretbare Auswirkungen – in der Regel außerhalb der Anwendungsfläche – zu unterbinden. Dabei gehe es etwa um Auswirkungen auf angrenzende Bereiche, wie Nichtzielflächen oder Gewässer. Die vom UBA vorgesehenen Anwendungsbestimmungen liefen hingegen faktisch auf eine Kompensation für Auswirkungen hinaus, die örtlich auch an anderer Stelle erfolgen könne. Dieser Kompensationsgedanke, der im Ausgangspunkt letztlich den Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutz- bzw. Baurecht vergleichbar sei, sei dem Zulassungsrecht für Pflanzenschutzmittel bisher fremd. Es handele sich um eine Maßnahme neuer Qualität, die einer klaren Rechtsgrundlage bedürfe. Der Eingriffsintensität nach gehe es um die bisher am schwersten wiegende Nebenbestimmung im Pflanzenschutzrecht, die einen erheblichen Eingriff in das Eigentum betroffener Landwirte darstelle. Ein solcher Eingriff sei allenfalls zulässig, soweit der Gesetzgeber die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür schaffe. Des Weiteren überschreite das UBA die ihm zugewiesenen Kompetenzen, indem es Landschaftsstrukturpolitik betreibe. Bei einem Zulassungsverfahren, bei dem Deutschland – wie hier – die Rolle des beteiligten Mitgliedstaats einnehme, verstoße die Erteilung von Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität auch gegen Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Das UBA habe bislang zur sachlichen Rechtfertigung einer Abweichung der vom prüfenden Mitgliedstaat angestellten Bewertung des Pflanzenschutzmittels nicht dargelegt, dass und ggf. welche spezifischen Verwendungsbedingungen in Deutschland vorliegen bzw. wodurch sich die Art und Weise der Verwendung in Deutschland von der im Referenzmitgliedstaat unterscheide. Kein anderer Mitgliedstaat der EU sehe vergleichbare Anwendungsbestimmungen vor. In der Kommentierungsphase des von Tschechien geführten Zulassungsverfahrens habe das UBA keine Kommentierungen zur Berücksichtigung von Nahrungsnetzeffekten in der Risikobewertung an die anderen Mitgliedstaaten weitergeleitet. Mit Stand Mitte August 2019 habe das UBA die Erteilung des Einvernehmens bereits in insgesamt 66 Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel an die Festlegung der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität geknüpft.
Das UBA äußerte sich mit Schriftsatz vom 12. August 2019, mit dem es seine bisherige Rechtsauffassung wiederholt und vertieft. Ergänzend verweist es insbesondere darauf, die mit der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 getroffene Entscheidung zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat verdeutliche in Anhang I, dass auch auf Ebene der EU Auswirkungen auf die Biodiversität als berücksichtigungsfähig angesehen würden. Mit dieser Entscheidung sei nämlich die Aufforderung an die Mitgliedstaaten verbunden worden, bei ihrer Gesamtbewertung für Glyphosat-Produkte insbesondere auch die Bedrohung der Vielfalt und Abundanz von Nichtziel-Landarthropoden und -Landwirbeltieren durch trophische Wechselwirkungen zu berücksichtigen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikoreduzierung zu ergreifen. Die Notwendigkeit der Beachtung indirekter Auswirkungen sei als eine Bedingung zur erneuten Genehmigung aufgenommen und besonders hervorgehoben worden, obwohl bislang kein entsprechender EU-Leitfaden vorliege. Der Rückgriff auf eigene Methoden und Modelle der Risikobewertung stelle daher für die Mitgliedstaaten bis zur Vorlage eines EU-Leitfadens die einzige Möglichkeit zur Umsetzung dieser Anforderungen dar. Auch andere Mitgliedstaaten seien mit der Aufforderung zur Berücksichtigung von Nahrungsnetzeffekten bei der Überprüfung der erneuten Zulassung von Glyphosat-Produkten konfrontiert und hätten deshalb bereits Interesse an der von ihm entwickelten Bewertungsmethode gezeigt. Für das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel habe die vereinzelt angestellte Bewertung wegen der Höhe der zu erwartenden Auswirkungen und der geringen Selektivität bzw. breiten Wirkung des Mittels berechtigte Bedenken für ein Risiko unannehmbarer Auswirkungen durch Störung des Nahrungsnetzes ergeben. Aus den ökotoxikologischen Daten leite sich ein sehr hohes Gefährdungspotenzial für Insekten und andere Arthropoden ab. Die für das Pflanzenschutzmittel vorgesehenen Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität seien vor diesem Hintergrund keineswegs rein politisch motiviert, sondern Folge des Ergebnisses der von ihm angestellten Bewertung des konkreten Pflanzenschutzmittels. Letztlich seien auch spezifische ökologische und landwirtschaftliche Bedingungen im Sinne von Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gegeben. Ein Großteil der Agrarlandschaften in Deutschland sei durch eine intensive Nutzung der Ackerflächen geprägt und weise nur geringe Anteile ökologisch wertvoller Ackerlebensräume auf, wie z. B. Brachen oder unbehandelte Ackerrandstreifen. Aufgrund dessen sei das Potenzial der Agrarlandschaften vielerorts nicht mehr ausreichend, um die durch ein biodiversitätsschädigendes Pflanzenschutzmittel verursachten Nahrungsnetzeffekte auszugleichen. Bei Bedarf könnten die Ausführungen insoweit noch ergänzend substantiiert werden. Flächenbezogene Anwendungsbedingungen seien nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. a i. V. m. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zulässig, denn es handele sich im Sinne dieser Vorschriften um Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung des Mittels. Ohne den Anwendungsvorbehalt könne das betroffene Mittel eine Zulassung nicht erhalten, weil infolge seiner Verwendung in empfindlichen Gebieten, in denen die zu erwartenden Nahrungsnetzeffekte nicht ausreichend ausgeglichen würden, unannehmbare Auswirkungen auf Populationen von Nichtzielarten zu besorgen wären. Mit dem Anwendungsvorbehalt werde gegenüber der vollständigen Versagung der Zulassung ein milderes Mittel gewählt. Das Pflanzenschutzmittel bleibe dort anwendbar, wo die Effekte auf das Nahrungsnetz ausreichend ausgeglichen würden. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei des Weiteren bewusst auf die Vorgabe verzichtet worden, einen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zwischen dem Ort der Anwendung des biodiversitätsschädigenden Mittels und dem Ort der notwendigen Ausgleichsflächen herzustellen. Die auf die Gesamtackerfläche des Betriebs bezogene Forderung nach Biodiversitätsausgleichsflächen eröffne einerseits den Anwendern hohe Flexibilität in der betrieblichen Planung und gewährleiste andererseits, dass die Risikominderungsmaßnahme trotz räumlicher Entkopplung vom Ort der Verwendung des Pflanzenschutzmittels auf Betriebsebene wirksam werden könne. Potentiell betroffene Arten seien, wie zum Beispiel Bestäuberinsekten und Feldhasen, in bestimmtem Umfang mobil und könnten auftretende Nahrungsnetzeffekte durch ein Ausweichen auf die Biodiversitätsflächen oder andere geeignete Ackerlebensräume auf Betriebsebene an anderer Stelle kompensieren. Die Ausweisung einer Fläche als Biodiversitätsfläche schließe die weitere landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Fläche auch nicht von vornherein aus. Zulässig sei es auch, produktionsintegrierte Biodiversitätsflächen vorzuhalten, auf denen eine Bewirtschaftung mit Einschränkungen weiterhin erfolgen könne. Das Einräumen einer Übergangszeit bis zum 1. Januar 2020 bezwecke, die Einführung des Anwendungsvorbehalts dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend so auszugestalten, dass sich die Anwender in ihrer betrieblichen Planung auf den Anwendungsvorbehalt vorbereiten könnten. Die vom BVL ohne die Anwendungsbestimmungen erteilte befristete Zulassung sei vor diesem Hintergrund rechtswidrig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO statthaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen belastende Nebenbestimmungen jeder Art grundsätzlich die Anfechtungsklage gegeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, juris; Urt. v. 19.1.1989 - 7 V 31/87 -, juris). Ist die Klage indes auf einen anderen oder weitergehenden Inhalt des Verwaltungsakts gerichtet, kann dies nicht dadurch erreicht werden, dass auf eine Anfechtungsklage hin nur ein Teil des Verwaltungsakts isoliert aufgehoben wird. Der Kläger muss vielmehr die Verpflichtung zur Erteilung eines Verwaltungsakts beantragen, dessen Gestattungswirkung über den bisherigen Erlaubnisinhalt hinausgeht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2007 - 6 C 1/07 -, juris; Urt. v. 17.6.1999 - 3 C 20/98 -, juris; Wysk in: ders., VwGO, 2. Aufl., § 42 Rn. 36). Nach diesen Maßgaben scheidet eine isolierte Aufhebung der Befristung der erteilten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung als Nebenbestimmung im Sinne der Legaldefinition des § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG aus. Bei der Befristung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung handelt es sich um eine von Rechts wegen zwingend vorgeschriebene inhaltliche Ausgestaltung der Zulassung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in anderem Zusammenhang: OVG Hamburg, Urt. v. 22.6.2017 - 4 Bf 160/14 -, juris). Nach Art. 32 Abs. 1 Unterabs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 309 S. 1) wird die Geltungsdauer der zonalen Zulassung eines Pflanzenschutzmittels für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt. Die Befristung begrenzt die inhaltliche Reichweite der Zulassung. Eine weiter reichende Geltungsdauer der pflanzenschutzrechtlichen Zulassung kann dementsprechend nur mit einer Verpflichtungsklage verfolgt werden.
Der Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO bedurfte es nicht. Gemäß § 75 Satz 1 VwGO ist die Verpflichtungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Liegt nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Monaten seit Antragstellung (§ 75 Satz 2 VwGO) ein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheidung des Antrags durch die Behörde vor, setzt das Gericht nach § 75 Satz 3 VwGO das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Ohne eine derartige Aussetzung des Verfahrens bleibt eine nach § 75 Satz 1 VwGO erhobene Untätigkeitsklage zulässig und erfordert die Durchführung des Vorverfahrens selbst dann nicht, wenn die Behörde den Kläger während des Rechtsstreits ablehnend bescheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.6.1991 - 1 C 42/88 -, juris; Urt. v. 13.1.1983 - 5 C 114/81 -, juris; Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Februar 2019, § 75 Rn. 26). Die Klägerin hat ihre Klage gut sechs Monate nach Erteilung der tschechischen Zulassung erhoben. Die Bearbeitungsfrist von 120 Tagen für einen Antrag auf Erteilung einer nationalen Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel durch einen im zonalen Zulassungsverfahren beteiligten Mitgliedstaat war im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen. Die Frist beginnt gemäß Art. 37 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 mit dem Erhalt des Bewertungsberichts und der Kopie der Zulassung durch den den Antrag prüfenden Mitgliedstaat. Nachdem diese Unterlagen beim BVL im Juli 2018 eingegangen waren, war die Frist bei Erhebung der Klage am 31. Januar 2019 bereits abgelaufen. Eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO ist nicht erfolgt. Die Klage ist daher ohne Rücksicht darauf zulässig, dass ein Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 nicht durchgeführt wurde.
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2019 ist insoweit rechtswidrig, als die Geltungsdauer der für das Pflanzenschutzmittel „E.“ erteilten Zulassung auf den 31. Dezember 2019 befristet wurde. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung einer bis zum 31. Juli 2021 geltenden Zulassung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung durch einen im zonalen Zulassungsverfahren beteiligten Mitgliedstaat ist Art. 29 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009.
Es handelt sich im vorliegenden Fall um ein zonales Zulassungsverfahren nach Art. 33 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. Dieses Verfahren untergliedert sich in zwei Arten. Zum einen kann der Antragsteller einen Zulassungsantrag nur in einem Mitgliedstaat oder parallel in mehreren Mitgliedstaaten stellen. In letzterem - hier vorliegenden – Fall, schlägt der Antragsteller den Mitgliedstaaten einer Zone vor, welcher Staat prüfender Mitgliedstaat (zonal Rapporteur Member State - zRMS) werden soll. Wird diesem Vorschlag entsprochen, so beantragt der Antragsteller bei diesem Mitgliedstaat für die betreffende Zone die Erteilung der zonalen Zulassung und gibt zugleich an, in welchen weiteren Mitgliedstaaten derselben Zone er eine Zulassung zu beantragen beabsichtigt (Art. 35 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Die übrigen Mitgliedstaaten derselben Zone, in welchen ebenfalls eine Zulassung beantragt werden soll, werden sodann beteiligte Mitgliedstaaten (concerned Member States - cMS). Neben dem Antrag beim gewünschten zRMS stellt der Antragsteller den Zulassungsantrag parallel bei sämtlichen gewünschten cMS. Die dem Antrag beizufügenden Unterlagen sind in Art. 33 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 aufgeführt. Die Prüfung des Antrags erfolgt sodann gemäß Art. 35 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 durch den zRMS. Nach Art. 36 Abs. 1 der Verordnung nimmt der Mitgliedstaat, der den Antrag prüft, eine unabhängige, objektive und transparente Bewertung unter Berücksichtigung des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik und unter Heranziehung der zum Zeitpunkt des Antrags verfügbaren Leitlinien vor. Er wendet die in Art. 29 Abs. 6 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genannten einheitlichen Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln an, um so weit wie möglich festzustellen, ob das Pflanzenschutzmittel bei Verwendung gemäß Art. 55 der Verordnung in derselben Zone und unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen die Anforderungen gemäß Art. 29 der Verordnung erfüllt (Satz 3). Die beteiligten Mitgliedstaaten setzen gemäß Art. 35 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Bearbeitung des Antrags aus, bis die Bewertung durch den prüfenden Mitgliedstaat vorliegt. Der prüfende Mitgliedstaat erstellt sodann im Zuge der Bewertung den Entwurf eines Bewertungsberichtes (draft Registration Report - dRR) in einem zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmten Format. Dieser Entwurf wird an sämtliche Mitgliedstaaten der Zone zur Kommentierung verschickt (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Nach Ablauf der Kommentierungsfrist erstellt der prüfende Mitgliedstaat unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Mitgliedstaaten den Finalen Registration Report (RR) und entscheidet für sein Hoheitsgebiet über die Zulassung des jeweiligen Pflanzenschutzmittels. Im Folgenden übermittelt er den Finalen Registration Report sowie seine Zulassungsentscheidung an die anderen Mitgliedstaaten derselben Zone. Die anderen betroffenen Mitgliedstaaten entscheiden sodann innerhalb von höchstens 120 Tagen nach Erhalt des Bewertungsberichts und der Kopie der Zulassung über den Antrag gemäß Art. 36 Abs. 2 und 3 der Verordnung (Art. 37 Abs. 4 Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Gemäß Art. 36 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gewähren oder verweigern sie die Zulassung auf der Grundlage der Schlussfolgerungen aus der Bewertung durch den Mitgliedstaat, der den Antrag gemäß den Artikeln 31 und 32 der Verordnung prüft.
Ein Anspruch auf Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel besteht, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorliegen. Unbeschadet des Artikels 50 der Verordnung wird ein Pflanzenschutzmittel danach nur zugelassen, wenn es entsprechend den einheitlichen Grundsätzen gemäß Art. 29 Abs. 6 der Verordnung unter anderem unter Berücksichtigung des neuesten Stands von Wissenschaft und Technik die Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung erfüllt (Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung [EG] Nr. 1107/2009). Art. 4 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 lautet wie folgt:
„Pflanzenschutzmittel müssen als Folge der Verwendung entsprechend der guten Pflanzenschutzpraxis und unter der Voraussetzung realistischer Verwendungsbedingungen folgende Anforderungen erfüllen:
a) Sie müssen hinreichend wirksam sein.
b) Sie dürfen keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, einschließlich besonders gefährdeter Personengruppen, oder von Tieren — weder direkt noch über das Trinkwasser (unter Berücksichtigung der bei der Trinkwasserbehandlung entstehenden Produkte), über Nahrungs- oder Futtermittel oder über die Luft oder Auswirkungen am Arbeitsplatz oder durch andere indirekte Effekte unter Berücksichtigung bekannter Kumulations- und Synergieeffekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt — noch auf das Grundwasser haben.
c) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse haben.
d) Sie dürfen bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen.
e) Sie dürfen keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte, soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt:
i) Verbleib und Ausbreitung in der Umwelt, insbesondere Kontamination von Oberflächengewässern einschließlich Mündungs- und Küstengewässern, Grundwasser, Luft und Boden, unter Berücksichtigung von Orten in großer Entfernung vom Ort der Verwendung nach einem Ferntransport in der Umwelt;
ii) Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, einschließlich des dauerhaften Verhaltens dieser Arten;
iii) Auswirkung auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem.“
Auf dieser Grundlage hat die Klägerin Anspruch auf Erteilung einer nationalen Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ über den 31. Dezember 2019 hinaus. Unannehmbare Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Absatz 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die dem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Zulassung mit längerer Geltungsdauer entgegenstünden, sind nicht gegeben. Soweit das UBA geltend macht, die Verwendung des Pflanzenschutzmittels führe zu unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt, weil es über Nahrungsnetzeffekte indirekte Auswirkungen auf die biologische Vielfalt bzw. die Biodiversität habe, ist Voraussetzung für die Berücksichtigung derartiger Auswirkungen, dass die EFSA zunächst anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte bestimmt.
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind als Teilaspekt möglicher Auswirkungen auf die Umwelt zwar auch Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und das Ökosystem zu berücksichtigen. Dies aber nur, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Der Begriff der „Behörde“ im Sinne der Vorschrift bezieht sich auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Das lassen einerseits Erwägungsgrund 12 und Art. 6 Buchst. f Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erkennen, wo der Begriff „Behörde“ jeweils der EFSA zugeordnet wird. Die Behörden der Mitgliedstaaten, denen die Wahrnehmung der in der Verordnung vorgesehenen Aufgaben obliegt, werden andererseits in der Verordnung entsprechend der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 30 als „zuständige Behörde“ bezeichnet und können dementsprechend in Art. 4 Absatz 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht gemeint sein. Biologische Vielfalt bezeichnet gemäß Art. 3 Nr. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Variabilität unter lebenden Organismen jeglicher Herkunft, einschließlich Land-, Meeres- und sonstigen aquatischen Ökosystemen und die ökologischen Wirkungsgefüge, zu denen sie gehören; diese Variabilität kann die Vielfalt innerhalb der Arten, zwischen den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme umfassen. Die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die so zu verstehende biologische Vielfalt im Zulassungsverfahren für ein Pflanzenschutzmittel ist gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 daran gebunden, dass die EFSA anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Auswirkungen festlegt, an denen es bislang fehlt. Die zu den Unterpunkten i) bis iii) in Art. 4 Abs. 3 Buchst e der Verordnung genannten Teilaspekte des Schutzgutes der Umwelt sind vom Verordnungsgeber ausdrücklich aus dem weit zu verstehenden Begriff der Umwelt, der nach der Legaldefinition von Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 Gewässer (einschließlich Grundwasser und Oberflächengewässer, Übergangs-, Küsten- und Meeresgewässer), Sedimente, Boden, Luft, Land sowie wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen umfasst, hervorgehoben und unter den Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gestellt worden. Der ausdrückliche Wortlaut der Norm lässt insoweit ein anderes Verständnis nicht zu. Erst wenn die EFSA wissenschaftlich anerkannte Bewertungsmethoden festgelegt hat, sind die Mitgliedstaaten berechtigt, Auswirkungen auf die in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu untersuchen und bei unannehmbaren Auswirkungen auf diese Teilbereiche des Schutzgutes Umwelt die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu versagen bzw. mit Nebenbestimmungen zu versehen, die geeignet sind, unannehmbare Auswirkungen auszuräumen. Dies gilt im zonalen Zulassungsverfahren sowohl für den berichterstattenden Mitgliedstaat als auch für beteiligte Mitgliedstaaten, die über die Erteilung einer nationalen Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu entscheiden haben. Zugleich folgt daraus, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, eigene Bewertungsmethoden zur Untersuchung der betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt zu entwickeln und anzuwenden. Sinn und Zweck des vom Verordnungsgeber ausdrücklich bestimmten Vorbehalts der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA, der sich für Teilaspekte anderer Schutzgüter in gleicher Weise in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und Art. 4 Abs. 3 Buchst. b Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 findet, sind unter Berücksichtigung des mit der Verordnung verfolgten Harmonisierungsbestrebens (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 9 und 25 der Verordnung) darin zu sehen, gerade für Bereiche, deren Bewertung sich wegen einer Vielzahl einwirkender Faktoren schwierig gestaltet und verschiedenen Lösungsansätzen zugänglich ist, die Anwendung einheitlicher Bewertungsmethoden in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU zu gewährleisten.
Der vom UBA vertretenen Rechtsauffassung, indirekte Auswirkungen auf die Biodiversität sowie die Vielfalt und Abundanz von Nichtzielarten durch Nahrungsnetzeffekte könnten auch ohne die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln Berücksichtigung finden, weil sie Auswirkungen auf das Schutzgut der Umwelt im Sinne der Legaldefinition des Art. 3 Nr. 13 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 darstellten, kann nicht gefolgt werden. Auch wenn das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchst. e i. V. m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 voraussetzt, dass das Pflanzenschutzmittel keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat, wozu gemäß Art. 3 Nr. 13 der Verordnung insbesondere auch gehören wild lebende Arten von Pflanzen und Tieren und ihre gegenseitigen Beziehungen sowie die Beziehung zwischen ihnen und anderen lebenden Organismen, unterstützt dies den vom UBA vertretenen rechtlichen Standpunkt im Ergebnis nicht. Denn die zu den Unterpunkten i) bis iii) genannten Teilaspekte werden - wie bereits ausgeführt - in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung gerade aus dem Schutzgut Umwelt herausgehoben und an die Festlegung von anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung darauf bezogener Effekte durch die EFSA gebunden. Der Verordnungsgeber hat damit für die betroffenen Teilaspekte des Schutzgutes Umwelt eine spezielle Regelung getroffen, die nicht durch den Rückgriff auf die allgemeine Legaldefinition des Schutzgutes Umwelt in Art. 3 Nr. 13 der Verordnung umgangen werden kann.
In gleicher Weise sind weder das in Art. 1 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Bezug genommene Vorsorgeprinzip noch der nach Art. 29 Abs. 1 Buchst e sowie Art. 36 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung geltende Bewertungsmaßstab des neuesten Standes von Wissenschaft und Technik geeignet, eine andere Auslegung zu rechtfertigen. Art. 29 Abs. 1 Buchst. e Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 verdeutlicht, dass mit dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik (lediglich) der Bewertungsmaßstab angesprochen ist, nicht aber der Gegenstand der anzustellenden Bewertung. Letzterer ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm den Anforderungen gemäß Art. 4 Abs. 3 zu entnehmen, nach denen die Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität unter der Voraussetzung der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht. Als allgemeiner Grundsatz kann auch das Vorsorgeprinzip (Art. 1 Abs. 4 der Verordnung) nur innerhalb des Bewertungsvorgangs bzw. bei der abschließenden Beurteilung des Bewertungsergebnisses zum Tragen kommen, ist aber nicht geeignet, den in der Verordnung speziell geregelten Bewertungsgegenstand zu erweitern.
Dies gilt umso mehr, als die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Annahme stützt, dass der Verordnungsgeber die Bewertung von Effekten auf die biologische Vielfalt bewusst an die vorherige Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gebunden hat. So enthielt der erste Vorschlag der Kommission für die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 den Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA für die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt noch nicht. Darin war vorgesehen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben darf, und zwar unter besonderer Berücksichtigung unter anderem des Aspekts der Auswirkung auf die biologische Vielfalt (vgl. Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln vom 12.7.2006 - COM/2006/388/Final -, S. 25). Das Europäische Parlament begehrte daraufhin die Erweiterung des Teilaspekts der biologischen Vielfalt in Art. 4 Abs. 3 Buchst. e iii) des Verordnungsentwurfs um den Begriff des Ökosystems (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 5.10.2007 - A6/2007/359 -, S. 41 zu Änderungsantrag 64, sowie Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23.10.2007 - TC1-COD[2006]0136 -, S. 29). Der gemeinsame Standpunkt des Rates vom 15. September 2008 berücksichtigte diesen Änderungsantrag nicht, sondern hielt an der ursprünglichen Formulierung fest (vgl. ABl. C 266 E S. 9). Das Europäische Parlament verfolgte sein Begehren weiter, indem es den Änderungsantrag 64 als Änderungsantrag 45 erneut einbrachte (vgl. Bericht des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 12.11.2008 - A6/2008/444 -, S. 32 f.). Der Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. Januar 2009 (TC2-COD[2006]0136, S. 32), dessen Änderungen am Text der Verordnung von der Kommission (vgl. Stellungnahme vom 30.3.2009 - COM/2009/145/Final -) und vom Rat in zweiter Lesung am 24. September 2009 angenommen worden sind, enthält dann die vom Europäischen Parlament gewünschte Ergänzung der biologischen Vielfalt um das Ökosystem zu Unterpunkt iii) von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung, lässt die Berücksichtigung der Teilaspekte zu den Unterpunkten i) bis iii) aber nunmehr nur noch zu, „soweit es von der Behörde anerkannte wissenschaftliche Methoden zur Bewertung solcher Effekte gibt“. Bei dem konsolidierten Text handelt es sich entsprechend der Stellungnahme der Kommission vom 30. März 2009 (COM/2009/145/Final, S. 3) um das Ergebnis von Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission. Die Entstehungsgeschichte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 verdeutlicht damit, dass der Vorbehalt der Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA gezielt in die Bestimmung des Art. 4 Abs. 3 Buchst. e aufgenommen wurde, um eine Einigung zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission herstellen zu können. Eine Umgehung des speziellen Vorbehalts von der EFSA anerkannter wissenschaftlicher Bewertungsmethoden durch den Rückgriff auf andere Prinzipien und Bestimmungen der Verordnung würde damit nicht nur dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 3 Buchst. e der Verordnung, sondern auch dem Willen des Verordnungsgebers widersprechen.
Soweit das UBA der Verordnung (EU) Nr. 546/2011 vom 10. Juni 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (ABl. L 155 S. 1) Hinweise darauf zu entnehmen meint, dass Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels auf die biologische Vielfalt dennoch von den Mitgliedstaaten auch ohne Bewertungsmethoden der EFSA berücksichtigt werden müssten, weil dort ausgeführt ist, die Mitgliedstaaten hätten darauf zu achten, dass die Verwendung der Pflanzenschutzmittel keine langfristigen Auswirkungen auf den Bestand und die Vielfalt der nicht zu den Zielgruppen gehörenden Arten hat (vgl. Anhang der Verordnung, Teil I, Abschnitt C, Ziff. 1.5; vgl. dazu auch: Klinger/Borwieck/Douhaire, Rechtsgutachten zum Schutz von terrestrischen Nichtzielarten einschließlich der biologischen Vielfalt vor den Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln vom November 2017, S. 20), ist zu beachten, dass es sich um eine Durchführungsverordnung der Kommission handelt, die nicht geeignet ist, die grundlegende Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates zu ändern oder ihr einen anderen Inhalt zu geben. Gleiches gilt für die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2324 der Kommission vom 12. Dezember 2017 zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat (ABl. L 333 S. 10), soweit den Mitgliedstaaten in Anhang I aufgetragen wird, bei der Gesamtbewertung von Anwendungen als Herbizid unter anderem insbesondere die Bedrohung der Vielfalt und Abundanz von Nichtziel-Landarthropoden und -Landwirbeltieren durch trophische Wechselwirkungen zu beachten und gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung in Gestalt von Anwendungsbedingungen festzulegen.
Erst recht vermag der Bericht der Europäischen Kommission vom 31. Oktober 2016 über ein Audit in Deutschland vom 29. Februar bis 4. März 2016 und die Bewertung des Systems für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (DG [Sante] 2016-8780 - MR), auf den sich das UBA zur Bestätigung seiner Rechtsauffassung ebenfalls bezieht, der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einen anderen Gehalt nicht zu geben, denn es handelt sich bei diesem Auditbericht noch nicht einmal um eine Rechtsnorm.
Die Kammer verkennt nicht, dass es berechtigte sachliche Gründe geben mag, welche die Bewertung und Berücksichtigung indirekter Effekte der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität in Gestalt negativer Auswirkungen auf Nahrungsnetze im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel dringend geboten erscheinen lassen. Die Entwicklung einer eigenen Methode zur Bewertung von Auswirkungen auf die Biodiversität durch das UBA ist zur Überzeugung der Kammer deshalb keineswegs als allein „politisch motiviert“ anzusehen, wie dies teilweise als Kritik geäußert wird. Vielmehr hält die Kammer dem UBA zugute, dass es ihm aus sachlichen Erwägungen nicht länger hinnehmbar erscheint, auf die Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA zu warten. Der vom europäischen Verordnungsgeber ausdrücklich geregelte Vorbehalt der vorherigen Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA steht aber gegenwärtig aus Rechtsgründen der Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Biodiversität bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln entgegen.
Gehören Auswirkungen auf die biologische Vielfalt damit derzeit nicht zum zulässigen Prüfumfang bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit eines Pflanzenschutzmittels, können sie auch nicht die Erteilung von Nebenbestimmungen, wie den in Rede stehenden Anwendungsbestimmungen, rechtfertigen, deren Notwendigkeit das UBA damit begründet, dass nur durch sie die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das Pflanzenschutzmittel gewährleistet werden könne. Weil von der EFSA anerkannte Methoden für die Bewertung von Auswirkungen auf die biologische Vielfalt fehlen, kann auch nicht mit einem den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1107/2009 genügenden Ansatz festgestellt werden, dass das streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel negative oder gar unannehmbare Auswirkungen auf die Biodiversität hätte und seine Zulassung deshalb nur bei Festlegung von Risikominderungsmaßnahmen zulässig wäre.
Fehlt es für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ hinsichtlich der Forderung von Biodiversitätsflächen an einer rechtlich tragenden Grundlage, steht zugleich fest, dass auch die auf diese Anwendungsbestimmung bezogenen weiteren Anwendungsbestimmungen ´Biodiv 2´und ´NT(neu)´ rechtlich nicht gefordert werden können. Die Klägerin hat Anspruch auf die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus ohne die entsprechenden Anwendungsbestimmungen.
Ergänzend und ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass es auch an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für die Forderung nach Biodiversitätsflächen als Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität fehlt.
Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 enthält insoweit keine hinreichende Rechtsgrundlage. Die Norm bestimmt in den Absätzen 2 bis 4:
„(2) In der Zulassung werden die Anforderungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung des Pflanzenschutzmittels festgelegt. Dazu gehören zumindest die Bedingungen für die Verwendung, die notwendig sind, um die in der Genehmigungsverordnung für die Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegten Bedingungen und Anforderungen zu erfüllen.
(…)
(3) Aus den in Absatz 2 genannten Anforderungen muss gegebenenfalls zudem Folgendes hervorgehen:
a) die Höchstdosis pro Hektar bei jeder Verwendung;
b) der Zeitraum zwischen der letzten Verwendung und der Ernte;
c) die Höchstzahl der Verwendungen pro Jahr.
(4) Die in Absatz 2 genannten Anforderungen können Folgendes umfassen:
a) eine Einschränkung in Bezug auf Vertrieb und Verwendung des Pflanzenschutzmittels, die dem Schutz der Gesundheit der Vertreiber, Verwender, umstehenden Personen, Anrainer, Verbraucher oder betroffenen Arbeitnehmer oder der Umwelt dienen sollen, unter Berücksichtigung der Anforderungen aufgrund anderer Gemeinschaftsvorschriften; eine entsprechende Einschränkung ist auf dem Etikett anzugeben;
b) die Verpflichtung, Nachbarn vorab zu unterrichten, die der Sprühnebelabdrift ausgesetzt sein könnten, sofern diese eine Unterrichtung gefordert haben;
c) Angaben über die ordnungsgemäße Verwendung gemäß den in Artikel 14 und Anhang III der Richtlinie 2009/128/EG festgelegten Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes;
d) Festlegung von Verwenderkategorien (z. B. beruflich oder nicht beruflich);
e) das genehmigte Etikett;
f) die Intervalle zwischen den Anwendungen;
g) gegebenenfalls den Zeitraum zwischen der letzten Anwendung und dem Verzehr des Pflanzenerzeugnisses;
h) die Wiederbetretungsfrist;
i) Größe und Material der Verpackung.“
Im Ausgangspunkt gestattet Art. 31 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 die Festlegung von Anforderungen für die beiden Bereiche des Inverkehrbringens und der Verwendung eines Pflanzenschutzmittels. Die in den Absätzen 3 und 4 beispielhaft genannten Anforderungen beziehen sich in Absatz 4 Buchst. e und i auf den Bereich des Inverkehrbringens bzw. des Vertriebs. Im Übrigen knüpfen sie jeweils an den Vorgang der Anwendung des Pflanzenschutzmittels an, indem sie
(1) ein Tun, Dulden oder Unterlassen im Hinblick auf die Art und Weise der Verwendung vorschreiben, das im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Vorgang der Verwendung zu beachten ist (Maßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 Buchst. a sowie nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. b und c),
(2) den Kreis der verwendungsberechtigten Personen bestimmen (Art. 31 Abs. 4 Buchst. d),
(3) ein Tun, Dulden oder Unterlassen im Hinblick auf den weiteren Umgang mit der konkret behandelten Fläche bzw. den behandelten Pflanzen vorschreiben (Maßnahmen nach Art. 31 Abs. 3 Buchst. b und c sowie nach Art. 31 Abs. 4 Buchst. f, g und h).
Anforderungen dieser Art sind die Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität nicht zuzuordnen. Insbesondere trägt der Vergleich mit Nebenbestimmungen zu Gewässerrandstreifen nicht, weil es sich dabei um Maßnahmen der ersten Kategorie handelt, welche die Art und Weise der Verwendung betreffen, indem sie vorgeben, auf der zu behandelnden Fläche Abstand zu halten bzw. einen Randstreifen anzulegen und bei der Anwendung auszusparen (vgl. dazu auch § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG). Das mit der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ geforderte Vorhalten von mindestens 10 % Biodiversitätsflächen bezogen auf die Gesamtackerfläche des Betriebes stellt demgegenüber keine Anforderung dar, die vom Anwender stets im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten Vorgang der Verwendung beachtet werden müsste, denn die Biodiversitätsflächen können sich auch an ganz anderer Stelle befinden und müssen einen räumlichen Zusammenhang zu der Anwendungsfläche nicht aufweisen. Auch ihre Zielsetzung entspricht nicht den beispielhaft ausdrücklich genannten Anforderungen, denn dort sind Maßnahmen der kompensatorischen Risiko-minderung nicht erwähnt. Der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ liegt demgegenüber ein kompensatorischer Ansatz zugrunde. Durch die Ausgleichsflächen sollen die nicht vermeidbaren direkten Effekte des Einsatzes betroffener Pflanzenschutzmittel in den Behandlungsflächen so weit kompensiert werden, dass indirekte Effekte reduziert werden, indem gewährleistet wird, dass Wildtiere den für sie mindestens erforderlichen Raum zum Nahrungserwerb und Rückzug erhalten (vgl. zu dieser Zielsetzung: UBA, 5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz vom Januar 2016, S. 24). Eine solche kompensatorische Zielsetzung ist den in Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausdrücklich genannten Maßnahmen fremd.
Als generalklauselartige Ermächtigungsgrundlage kommt damit nur noch Art. 31 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 in Betracht, der unter anderem Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung des Pflanzenschutzmittels gestattet, die dem Schutz der Umwelt dienen sollen. Weil der Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ als Kompensationsmaßnahme aber - wie ausgeführt - ein gänzlich anderer Charakter als den in Art. 31 Abs. 3 und Abs. 4 der Verordnung beispielhaft genannten Anforderungen zukommt und diesen inhaltlich nicht vergleichbar ist, stellt Art. 31 Abs. 4 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie insoweit keine hinreichende Rechtsgrundlage dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur sog. Wesentlichkeitstheorie gebieten das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip, dass der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen selbst regelt. Ob eine Frage wesentlich ist, bestimmt sich nach dem jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes. Verfassungsrechtliche Anhaltspunkte sich dabei die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG und die Grundrechte. Wesentlich bedeutet danach zum einen wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte. Der Gesetzgeber ist zum anderen zur Regelung der Fragen verpflichtet, die für Staat und Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 -, juris; Urt. v. 19.9.2018 - 2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15 -, juris). In gleicher Weise normiert Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dass jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein muss. Es gilt somit in vergleichbarer Weise auf Ebene der Europäischen Union, dass der europäische Gesetzgeber hinreichend genaue Regelungen treffen muss, um seiner Verantwortung für die Festlegung der Grenzen von Grundrechtseinschränkungen gerecht zu werden (vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl., Art. 52 Rn. 27; Kingreen in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5 Aufl., Art. 52 EU-GRCharta, Rn. 62). Nach diesen Maßgaben bedürfen Kompensationsmaßnahmen der hier in Rede stehenden Art einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, die erkennen lässt, dass auch kompensatorische Anordnungen vom Willen des Gesetzgebers gedeckt sind, und die der Exekutive insoweit ein hinreichend bestimmt umrissenes Handlungsprogramm vorgibt. Es handelt sich um eine vom Gesetzgeber zu treffende wesentliche Entscheidung, denn Kompensationsmaßnahmen sind bislang bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nicht vorgesehen und betreffen in besonderer Weise die Freiheitsgrundrechte, insbesondere der Anwender betroffener Pflanzenschutzmittel (insbesondere Art. 14 GG bzw. Art. 17 EU-GRCharter). Vor diesem Hintergrund setzen Kompensationsanordnungen regelmäßig explizite Ermächtigungsnormen voraus, wie sie nicht umsonst in den meisten Fachgesetzen im Umwelt- und Planungsrecht enthalten sind (vgl. Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999, S. 360). Insoweit bietet auch Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen, die dort nicht ausdrücklich genannt sind.
Die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ findet auch in § 36 PflSchG keine ausreichende Rechtsgrundlage. Die gesetzliche Regelung lautet zu den Absätzen 1 bis 3:
„(1) In der Zulassung kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ergänzend zu den in Artikel 31 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vorgeschriebenen Bestimmungen insbesondere Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und zum Schutz vor sonstigen schädlichen Auswirkungen, insbesondere auf den Naturhaushalt, einschließlich solcher über
1. den bei sachgerechter und bestimmungsgemäßer Anwendung zum Schutz von Gewässern erforderlichen Abstand und Maßnahmen bei der Anwendung,
2. die zur Anwendung berechtigten Personen und
3. spezifische Risikominderungsmaßnahmen in bestimmten Gebieten
festlegen. In der Zulassung kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit außerdem
1. die Art der Verpackung,
2. die Eignung des Pflanzenschutzmittels für nichtberufliche Anwender unter Berücksichtigung insbesondere der Eigenschaften der Wirkstoffe, der Dosierfähigkeit, der Anwendungsform und der Verpackungsgröße oder
3. die Eignung des Pflanzenschutzmittels zur Anwendung auf Flächen im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 2 Nummer 2 und § 17 Absatz 1
festlegen.
(2) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit kann auf Antrag festlegen, dass ein für berufliche Anwender zugelassenes Pflanzenschutzmittel auf Grund seiner Eigenschaften auch im Haus- und Kleingartenbereich angewendet werden darf, soweit sich das für berufliche Anwender zugelassene Pflanzenschutzmittel nur durch Packungsgröße oder Darreichungsform von einem für nichtberufliche Anwender zugelassenen Pflanzenschutzmittel unterscheidet.
(3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit verbindet die Zulassung mit den Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, die
1. für die bestimmungsgemäße und sachgerechte Anwendung sowie
2. zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier und zum Schutz vor sonstigen erheblichen schädlichen Auswirkungen, insbesondere für den Naturhaushalt,
erforderlich sind, soweit Regelungen nach Absatz 1 nicht getroffen werden. Ferner verbindet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Zulassung mit dem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Anwendungsbestimmungen oder Auflagen. Unbeschadet des § 31 hat der Zulassungsinhaber die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzungen von Anwendungsbestimmungen oder Auflagen sowie sonstige Änderungen in der Gebrauchsanleitung unverzüglich in geeigneter Weise bekannt zu machen. Geeignet ist auch eine Veröffentlichung auf einer Internetseite des Zulassungsinhabers.“
Die Norm ermöglicht die Festsetzung von Anwendungsbestimmungen (Abs. 1) und sonstigen Auflagen (Abs. 3). Sowohl Anwendungsbestimmungen als auch Auflagen sind vom Anwender eines Pflanzenschutzmittels zu beachten; im Unterschied zu Auflagen sind Verstöße gegen Anwendungsbestimmungen allerdings bußgeldbewehrt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 68 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 PflSchG). Die in § 36 Abs. 1 bis 3 PflSchG beispielhaft ausdrücklich genannten Anforderungen sind wie die nach Art. 31 Abs. 2 bis 4 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zulässigen Maßnahmen entweder auf das Inverkehrbringen bezogen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 PflSchG) oder einer der zu Art. 31 der Verordnung oben beschriebenen drei Kategorien hinsichtlich des Vorgangs der Anwendung des Pflanzenschutzmittels zuzuordnen (Zu (1): § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 sowie § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1; zu (2): § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sowie Abs. 2). Die Zuordnung zu den genannten Kategorien und der Umstand, dass Ausgleichsmaßnahmen auch in § 36 Abs. 1 bis 3 PflSchG nicht ausdrücklich vorgesehen sind, verdeutlichen, dass die generalklauselartigen Ermächtigungsgrundlagen des § 36 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. bzw. § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PflSchG, nach denen Anwendungsbestimmungen bzw. Nebenbestimmungen, wie Auflagen, unter anderem zum Schutz vor sonstigen (erheblichen) schädlichen Auswirkungen, insbesondere auf bzw. für den Naturhaushalt zulässig sind, unter Berücksichtigung der Wesentlichkeitstheorie keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Anwendungsbestimmung ´Biodiv 1´ bilden, der ein gänzlich anderer Charakter mit anderer Zielsetzung zukommt. Die Ausführungen zu Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 gelten insoweit sinngemäß. Vor diesem Hintergrund bedarf keiner Entscheidung, ob über die Norm des § 36 PflSchG überhaupt Anforderungen gestellt werden können, die in Art. 31 Abs. 2 bis 4 bzw. Art. 36 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 als höherrangigem Gemeinschaftsrecht keine hinreichende Rechtsgrundlage finden.
Die Klägerin hat Anspruch auf die Erteilung einer Zulassung für das Pflanzenschutzmittel „E.“ mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Juli 2021. Gemäß Art. 32 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 wird in der Zulassung die Zulassungsdauer festgelegt (Unterabs. 1). Unbeschadet des Artikels 44 der Verordnung wird die Geltungsdauer einer Zulassung für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Ablauf der Zulassung der in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten festgelegt, und danach für so lange, wie die in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffe, Safener und Synergisten genehmigt sind (Unterabs. 2). Auf dieser Grundlage schöpft das BVL nach eigenem Vorbringen in ständiger Verwaltungspraxis grundsätzlich die längst mögliche Zulassungsdauer aus, indem es die Geltungsdauer der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel generell auf einen Zeitraum von einem Jahr nach Ablauf der Geltungsdauer der Wirkstoffgenehmigung befristet. An diese Verwaltungspraxis ist es aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auch hier gebunden. Die Genehmigung für den in dem streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoff K. war im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten bis zum 31. Juli 2019 gültig (vgl. DVO [EU] 2018/917 vom 27.6.2018, ABl. L 163 S. 13). Mit Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2019/707 der Kommission vom 7. Mai 2019 (ABl. L 120 S. 16) ist sie bis zum 31. Juli 2020 verlängert worden. Dementsprechend kann die Klägerin die Erteilung einer Zulassung für das in Rede stehende Pflanzenschutzmittel mit Geltungsdauer bis zum 31. Juli 2021 beanspruchen.
Dass die vom prüfenden Mitgliedstaat Tschechien erteilte nationale Zulassung bislang lediglich bis zum 31. Juli 2020 gültig ist, weil die Verlängerung der Wirkstoffgenehmigung offenbar noch nicht zu einer Anpassung der Geltungsdauer der Zulassung des Pflanzenschutzmittels geführt hat, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung des Wirkstoffs K. ist nach Art. 17 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfolgt (vgl. Erwägungsgrund 7 der DVO [EU] Nr. 2019/707). Ist zu erwarten, dass die Genehmigung aus Gründen, die der Antragsteller nicht zu verantworten hat, vor einer Entscheidung über die Erneuerung ausläuft, so wird nach dieser Vorschrift eine Entscheidung angenommen, mit der der Ablauf des Genehmigungszeitraums für den betreffenden Antragsteller um einen Zeitraum hinausgeschoben wird, der für die Prüfung des Antrags ausreicht. Jedenfalls bei einer auf dieser Grundlage erfolgenden Verlängerung der Geltungsdauer der Genehmigung des Wirkstoffs, die als Interimsentscheidung nicht auf der Grundlage einer neuen Bewertung des Wirkstoffs erfolgt, die gegebenenfalls zu neuen Maßgaben für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit dem jeweiligen Wirkstoff führen kann, welche gemäß Art. 43 Abs. 3 der Verordnung eine Überprüfung sämtlicher zugelassener Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff unter Koordination des prüfenden Mitgliedstaats erforderlich machen können, sind keine Gründe erkennbar, die eine Bindung an die zeitliche Geltungsdauer der vom prüfenden Mitgliedstaat erteilten nationalen Zulassung geboten erscheinen lassen würden.
Im Übrigen hat die Beklagte Gründe, die einem Anspruch auf Erteilung einer pflanzenschutzrechtlichen Zulassung mit Geltungsdauer bis zum 31. Juli 2021 entgegenstehen könnten, nicht geltend gemacht und solche sind für die Kammer auch sonst nicht ersichtlich.
Das an die Festsetzung der Anwendungsbestimmungen zum Schutz der Biodiversität geknüpfte Einvernehmen des UBA steht der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Zulassung mit Geltungsdauer über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Juli 2021 ohne die Anwendungsbestimmungen nicht entgegen. Denn die Versagung des vorbehaltlosen Einvernehmens ist – wie ausgeführt – rechtswidrig. Das Gericht ist durch die rechtswidrige Versagung des gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG im Verwaltungsverfahren erforderlichen Einvernehmens des Umweltbundesamtes nicht an einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel gehindert. Die Rechtmäßigkeit des vom UBA an die Festsetzung der Anwendungsbedingungen zum Schutz der Biodiversität geknüpften Einvernehmens wird vielmehr im Streitverfahren um die Zulassungsentscheidung mitgeprüft (Nds. OVG, Beschl. v. 12.4.1999 - 7 M 577/99 -, NVwZ 2000, 209 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 17.10.1985 - 2 C 25/82 -, BVerwGE 72, 165 = DVBl. 1986, 152).
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BVL entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung auch in Fällen, in denen es selbst der Ansicht ist, das UBA habe sein Einvernehmen rechtswidrig versagt, weder berechtigt noch verpflichtet ist, eine Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel ohne das erforderliche Einvernehmen des UBA zu erteilen. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PflSchG entscheidet das BVL über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels nach Art. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 im Einvernehmen mit dem UBA hinsichtlich der Vermeidung von Schäden durch Belastung des Naturhaushalts sowie durch Abfälle des Pflanzenschutzmittels. Ist die Beteiligung einer anderen Behörde in einem Verwaltungsverfahren, der auf diese Weise Gelegenheit gegeben werden soll, ihre Sachkenntnis und ihren Sachverstand in das Verfahren einzubringen, nicht nur als Herstellung des Benehmens (so für das BfR und das JKI gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 PflSchG), sondern als Erfordernis des Einvernehmens ausgestaltet, handelt es sich um die stärkste Form der Mitwirkungsbedürftigkeit eines Verwaltungsakts. Die für die Erteilung der Zulassung zuständige Behörde ist an die Entscheidung der zu beteiligenden Behörde über die Erteilung bzw. die Versagung des Einvernehmens gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn die zu beteiligende Behörde das Einvernehmen rechtswidrig versagt. Übergeordnetes Gemeinschaftsrecht und der Grundsatz der Effektivität des Europarechts erfordern eine andere Auslegung bzw. Anwendung des nationalen Rechts nicht. Entscheidend zu berücksichtigen ist insoweit, dass die Ausgestaltung des nationalen Verfahrensrechts nicht von vornherein im Widerspruch zu den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 steht, die vorsehen, dass die Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel zu erteilen ist, wenn die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen. Denn bei nicht lösbaren Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Behörden über die Erteilung oder die Ausgestaltung der Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel ist es Aufgabe der weisungsbefugten höheren Behörde und hier letztlich der Bundesregierung, die Streitfragen zu entscheiden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt in anderem Zusammenhang: Berendes in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 19 Rn. 17). Dieser kommt die Möglichkeit zu, durch Erteilung einer Weisung auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens hinzuwirken. Hinzu kommt, dass bei einer Ersetzung des Einvernehmens bzw. Umgehung des versagten Einvernehmens im Verwaltungsverfahren die Gefahr bestünde, dass die in die Zuständigkeit der Einvernehmensbehörde gestellten fachlichen Aspekte nicht, nicht vollständig oder nicht hinreichend sachgerecht geprüft werden können, was vor dem Hintergrund der mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln potenziell einhergehenden Gefahren und Risiken nicht hingenommen werden kann.
Über den von der Klägerin gestellten Hilfsantrag war nach alledem nicht mehr zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 52 Abs. 1 GKG.