Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 05.02.2002, Az.: 3 A 55/00
Auslegung; Ausweitung des geschützten Gebietes; Beitragspflicht; Beiträge; Deichlast; Deichpflicht; Deichschutz; Deichverband; Hochwasserstände; Insellage; Jahresbeitrag; maßgebliche Höhenlinien; Mitgliedschaft; Rückwirkung; Satzung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 05.02.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 55/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 41762
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 4 DeichG ND
- § 5 DeichG ND
- § 6 DeichG ND
- § 9 DeichG ND
- § 6 WVG
- § 28 WVG
- § 30 WVG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Wird das durch einen Deich geschützte Gebiet im Verlaufe des Jahres durch Verordnung ausgeweitet, so folgt hieraus für die "Neumitglieder" nicht automatisch auch ihre Pflicht zur Zahlung von Beiträgen. Hierzu bedarf es einer satzungsrechtlichen Regelung. - Zur Frage, ob die Satzung die Beitragspflicht der Neumitglieder für das gesamte Jahr oder für kürzere Zeiträume regeln kann.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Heranziehung zu Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 1999.
Der Beklagte ist ein Deichverband, der u. a. die Aufgabe hat, die Jeetzeldeiche auszubauen, zu erhalten und zu verteidigen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Rückstaudeiche, welche die Aufgabe haben, gegen Hochwasser zu schützen, welches bei höchsten Hochwasserständen der Elbe in die Jeetzel zurückdrückt und auf die zeitgleich auflaufenden Hochwässer aus der Jeetzel aufläuft.
Nach dem Ausbau der Deiche in diesem Gebiet wurden die Verbandsflächen sowie die Mitglieder mit ihren anteiligen Beitragslasten am 5. November 1960 durch den Regierungspräsidenten in Lüneburg bestimmt (Satzung und Umgestaltungsverfügung). Die Satzung und Umgestaltungsverfügung regelten seinerzeit u. a. die Mitgliedschaft und die Beitragspflicht der Städte Lüchow und Dannenberg sowie der im betroffenen Gebiet liegenden vier Wasser- und Bodenverbände.
Im Jahre 1999 wurde der Verband neu strukturiert: Am 29. Januar 1999 erließ die Bezirksregierung Lüneburg eine Verordnung über die Bestimmung der Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes und über die Festlegung der Grenze zwischen dem Dannenberger Deichverband und dem Jeetzeldeichverband (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg 1999 S. 34). Danach wurde das Verbandsgebiet erweitert. Es wird jetzt - in groben Umrissen - im Norden von der Landesstraße 256 zwischen Dannenberg und Gorleben begrenzt, von den beiden nördlichen Eckpunkten westlich von Dannenberg und westlich von Gorleben verläuft das Gebiet in Richtung Süden in annähernd dreieckiger Form und umfasst im südlichen Bereich die Stadt Lüchow. Das Gebiet der Stadt Lüchow lag zuvor nicht im Verbandsgebiet. Nach schriftlicher Auskunft der Bezirksregierung Lüneburg (Schriftsatz vom 17.12.2001) wurde bei der neuen Bestimmung des Verbandsgebietes für den Bereich der Stadt Lüchow ein Wasserstand von NN + 16,50 m (Schiffsschleuse) bis NN +17,00 m (Flügeldeiche) zugrunde gelegt. Die Verordnung trat am 16. Februar 1999 in Kraft. Bereits im Januar 1969 hatte der Regierungspräsident in Lüneburg die Sollhöhe der Flügeldeiche an der Jeetzel in Lüchow auf 17,50 m und am Wehr Lüchow auf 16,70 m festgesetzt (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg 1969 S. 31).
Der Beklagte erließ seine Verbandssatzung neu. Mitglieder des Verbandes sind nunmehr nicht mehr die Städte Dannenberg und Lüchow sowie die Wasser- und Bodenverbände, sondern die Grundstückseigentümer im Verbandsgebiet. Die Beitragslast verteilt sich auf die Eigentümer aller im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke im Verhältnis der Grundsteuermessbeträge. Die Satzung trat mit ihrer Bekanntmachung am 19. Mai 1999 in der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Kraft.
Der Beklagte zog die verschiedenen Grundstückseigentümer mit Bescheiden vom Oktober/November 1999 zu Verbandsbeiträgen heran, wobei er den Steuermessbetrag für das jeweilige Grundstück mit dem Hebesatz von 31 % vervielfältigte. Die jeweiligen Widersprüche wurden vom Beklagten zurückgewiesen.
In den von den verschiedenen Grundstückseigentümern daraufhin erhobenen Klagen wird im Wesentlichen vorgetragen: Die von der Bezirksregierung ermittelte Höhenlinie von NN +17,00 m sei fehlerhaft. Die Höhe beruhe auf einem "Störfallszenario" und nicht auf dem höchsten bekannten Hochwasser, das 1941 mit 16,50 m gemessen worden sei. Selbst wenn man von der Richtigkeit dieser Höhenlinie ausgehen wolle, sei zu berücksichtigen, dass das Stadtgebiet von Lüchow eine Insellage oder Halbinsellage habe. Deshalb sei den Grundstücken in diesem Bereich ein Vorteil vom Deichbau nicht gegeben, zumindest sei er geringer, was im Beitragssatz berücksichtigt werden müsse. Denn die über der Deichhöhe gelegenen Bereiche würden von einem Hochwasser nicht betroffen. Große Teile von Lüchow lägen oberhalb der Höhenlinie von 17 m über NN. Bei einem Hochwasser von NN +16,50 m sei es kein Problem, aus der Stadt Lüchow auf verschiedenen Straßen herauszukommen. Auch bei einem Hochwasser von NN + 17 m sei es möglich, die Stadt trockenen Fußes über verschiedene Straßen zu verlassen. Eine Unterspülung der Straßen sei nicht zu befürchten, weil deren Unterbau wesentlich fester verdichtet und damit stabiler sei als ein aus Erdreich aufgeschütteter Deich. Die denkbare Zerstörung von Strom-, Wasser- und Abwasserleitungen könne eine Beitragspflicht nicht rechtfertigen, weil auch außerhalb des Verbandsgebietes wohnende Bürger hiervon betroffen sein würden. Statt der früheren sechs Mitglieder habe der Verband jetzt rund 5.200 Mitglieder, die an der neuen Satzung nicht hätten mitwirken können. Die Verordnung der Bezirksregierung sei auf Betreiben des Beklagten zustande gekommen, dem aufgrund der finanziellen Verhältnisse und künftigen Verpflichtungen die Brückenrestaurierungen - die ohnehin nicht umlagefähig seien - daran gelegen sei, ein möglichst großes Verbandsgebiet mit vielen Beitragszahlern zu haben. Die Ist-Deichhöhe liege in Teilbereichen des Verbandsgebietes setzungsbedingt deutlich unter dem Sollwert, so dass die Jeetzeldeiche das Gebiet nicht ausreichend schützten. Diese gelte insbesondere deshalb, weil wegen Sturm und Wellenschlages keine höheren Wasserstände als 50 cm unter den Deichkronen auftreten dürften.
Die verschiedenen Kläger beantragen jeweils,
die an sie gerichteten Bescheide des Beklagten über die Festsetzung von Deichverbandsbeiträgen in der Fassung der entsprechenden Widerspruchsbescheide aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er entgegnet u. a.: Die Grundstücke aller Kläger lägen im deichgeschützten ausgeweiteten Verbandsgebiet. Die Bezirksregierung Lüneburg habe ihre Verordnung 1999 nicht vom grünen Tisch aus erlassen, sondern unter Begehung der 17-m-Linie. Die aus Lüchow herausführenden Straßen seien auf künstlichen Aufschüttungen errichtet und bei der Festlegung des Verbandsgebietes nicht zu berücksichtigen. Die Insellage von Teilen der Stadt Lüchow werde deshalb nicht beseitigt. Hinzu komme, dass der Kern eines Deiches aus anderem Material als der Untergrund von Straßen bestehe. Die unterschiedlichen Materialeigenschaften erleichterten den Wasserangriff über grobkörniges Material im Unterbau von Straßenkörpern; Straßen- und Bahndämme seien häufig mit Durchlässen versehen, die dem Wasser gute Ansatzpunkte für Abbrüche böten. Der Hebesatz von 31 % sei nicht in der Satzung festgesetzt worden. Der Hebesatz werde im Rahmen der Haushaltsplanung durch Beschluss des Ausschusses über den Haushaltsplan festgesetzt. Das Inkraftsetzen der Satzung erst im Mai 1999 hindere nicht die Beitragserhebung für das gesamte Jahr 1999 gegenüber den Bürgern. Bei Eintritt von neuen Mitgliedern im laufenden Kalenderjahr sei keine Neukalkulation der Beiträge nötig, weil die Kosten für die Aufgaben des Verbandes nicht monatsmäßig ermittelt würden, sondern auf den Jahresdurchschnitt abstellten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten über die Festsetzung von Deichverbandsbeiträgen für das Jahr 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtwidrig und ist deshalb - wie es konkret im Tenor ausgesprochen worden ist - aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Allerdings sind alle Kläger, die sich gegen ihre Beitragsveranlagung wenden, seit dem 16. Februar 1999 deichpflichtige Mitglieder des beklagten Deichverbandes (1). Daraus folgt jedoch noch nicht automatisch auch ihre Betragspflicht, hierzu bedarf es einer satzungsmäßigen Grundlage, die hier für das Jahr 1999 nicht gegeben ist. Deshalb erweist sich die Heranziehung für das Jahr 1999 als rechtswidrig (2).
1. Zur Mitgliedschaft im beklagten Verband seit dem 16. Februar 1999:
Nach § 9 Abs. 1 Niedersächsisches Deichgesetz - NDG - sind Mitglieder des Deichverbandes die nach § 6 NDG Deichpflichtigen. Nach § 6 Abs. 1 NDG sind die Eigentümer aller im Schutz der Deiche und Sperrwerke gelegenen Grundstück zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet (Deichpflicht). Werden die Grenzen des geschützten Gebietes geändert, so geschieht dies gemäß § 6 Abs. 3 NDG durch Verordnung; gleiches gilt, wenn der Verlauf der Grenze zwischen nebeneinander liegenden Verbänden geändert wird (§ 9 Abs. 3 NDG). Dabei bestimmt die obere Deichbehörde die Grenzen des geschützten Gebietes, und zwar bei Hauptdeichen und Sperrwerken nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes und bei Hochwasserdeichen nach dem höchsten bekannten Hochwasser (§ 6 Abs. 2 NDG).
Aufgrund des § 6 Abs. 2 und 3 und des § 9 Abs. 3 NDG hat die Bezirksregierung Lüneburg mit Verordnung vom 29. Januar 1999 die Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes im Bereich des Jeetzeldeichverbandes geändert und neu bestimmt. Diese Änderung des geschützten Gebietes hat am Tage nach der Verkündung der Verordnung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Lüneburg vom 15. Februar 1999 Wirksamkeit erlangt. Seitdem - d.h. seit dem 16. Februar 1999 - sind alle Kläger der verschiedenen Verfahren, die im "Neugebiet" liegen, deichpflichtige Mitglieder des Beklagten. Ob im "Altgebiet" die Grundstückseigentümer entsprechend §§ 9 Abs. 1, 6 Abs. 2 NDG Verbandsmitglieder waren oder wegen der abweichenden Regelung der Bezirksregierung die zwei Städte und die vier Verbände, bleibt offen. Denn alle Kläger haben ihre Grundstücke im ausgedehnten "Neugebiet", so dass ihre Mitgliedschaft erstmals durch die Ausweitung und mit dem Inkrafttreten der Verordnung vom Januar 1999 begründet werden konnte.
Die Verordnung vom Januar 1999, die die Mitgliedschaft begründet, ist weder mit Erfolg angefochten worden noch nichtig.
a) Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwGO hätte die Verordnung innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung in einem Normenkontrollverfahren vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht auf ihre Gültigkeit überprüft werden können. Ein solcher Antrag ist nicht gestellt worden, und das Nds. Oberverwaltungsgericht hat keine Entscheidung über die (teilweise) Unwirksamkeit getroffen.
b) Der Ablauf der Zweijahresfrist hindert das Verwaltungsgericht allerdings nicht, die Mitgliedschaft aufgrund der Verordnung "inzident" zu überprüfen, wenn sich dies wie hier in einem Abgabenverfahren als Vorfrage der Beitragspflicht rechtlich als notwendig erweist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2000, § 47 Rdnr. 83 mit weiteren Nachweisen).
Die Verordnung der Bezirksregierung über die Ausweitung des Verbandsgebietes lässt sich indessen rechtlich nicht beanstanden.
Es bestand für die Bezirksregierung kein Anlass, die Neumitglieder vor Erlass der Verordnung zu hören. Denn nach dem Niedersächsischen Deichgesetz ist eine solche Anhörung vor Erlass der Verordnung nicht vorgesehen. Dies ist folgerichtig, da es für die Ausweitung eines Verbandsgebietes nicht darauf ankommen kann, ob einzelne Grundstückseigentümer diese Ausweitung für sinnvoll halten oder nicht. Die Ausweitung ist nach der Höhe des maßgebenden Sturmflutwasserstandes oder nach dem höchsten bekannten Hochwasser vorzunehmen (§ 6 Abs. 2 NDG); dies kann ohne Bürgerbeteiligung festgestellt werden.
Es ist allerdings richtig, dass Verordnungen nicht mit gesetzlichen Regelungen in Widerspruch stehen dürfen und ihr Inhalt bestimmt sein muss. Ein Verstoß gegen diese allgemeinen Rechtsgrundsätze ist hier nicht gegeben. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die Grenzen des geschützten Gebietes 1999 fehlerhaft festgesetzt worden sind. Die Bezirksregierung hat hierzu im Schreiben vom 17. Dezember 2001 mitgeteilt:
Die Grenzen des geschützten Gebietes im Bereich des Jeetzeldeichverbandes wurden entsprechend § 6 Abs. 2 NDG nach dem höchsten bekannten Hochwasser bestimmt. Gleichzeitig bedurfte es aber auch der Betrachtung des maßgeblichen Hochwasserereignisses in der Jeetzel.
Dem geschützten Gebiet liegen folgende höchste (eisfreie) Hochwasserstände zugrunde:
Elbe: Hitzacker HHW (1895) NN+14,93 m
Damnatz HHW (1895) NN+16,51 m
Kl. Wootz/Gorleben HHW (1895) NN+18,88 m
Jeetzel: Lüchow (Schiffsschleuse) HHW (1941) NN+16,50 m
Lüchow (Flügeldeiche) HHW 100 NN+17,00 m
Aus diesen Hochwasserereignissen wurden durch Interpolation (auf entsprechenden Verbindungslinien) idealisierte Hochwasserhöhengleichen abgeleitet und mit den Geländehöhen der DKG 5 geschnitten.
Durch die besondere Situation kann im Katastrophenfall die Stadt Lüchow von einem Elbehochwasser über die Dannenberger Landgrabenniederung und gleichzeitig von einem Jeetzelhochwasser betroffen sein. Für den Bereich der Stadt Lüchow wurde daher von der Bezirksregierung Lüneburg ein Wasserstand von NN+16,50 m bis NN+17,00 m zugrunde gelegt.
Die rechtliche Grundlage für die Einbeziehung des Stadtgebietes Lüchow einschließlich des Kolborner Berges stellt § 6 Abs. 1 NDG dar, wonach zum geschützten Gebiet auch die Bodenerhebung innerhalb dieses Gebietes gehören. Bereiche der Stadt Lüchow sowie der Kolborner Berg stellen eine "Insellage" innerhalb des Gebietes dar. Es ist unstrittig, dass bei der Höhenlage die Flächen durch Wasserangriff keinen Schaden erleiden, aber indirekt dennoch einen Vorteil durch den Deichschutz erfahren. Im Überflutungsfall ist zwar eine Verkehrsanbindung über die L 261 möglich, dessen künstlich aufgehöhter Straßendamm südlich der Spötzingstraße kann jedoch durch Hochwassereinwirkungen zerstört werden. Auch die Stromversorgung könnte im Falle einer Überschwemmung ausfallen, mit der Folge, dass Heizungsanlagen, Gefriertruhen usw. nicht mehr funktionieren. Sofern das Wasserwerk nicht mit Notstromaggregaten ausgerüstet ist, bricht auch die Wasserversorgung zusammen. Die zentrale Abwasserbehandlungsanlage liegt im tieferliegenden Gebiet, so dass eine gesicherte Abwasserentsorgung im Überflutungsfall nicht mehr gewährleistet ist.
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, bestehen hier ohne Zweifel Vorteile durch den Deichschutz. Die rückwärtige Grenze ist nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 27.03.1986 unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse so genau wie möglich zu ermitteln, wobei eine Festlegung im Gelände auf Dezimeter genau allerdings nicht erforderlich ist. Die örtlichen Verhältnisse ergeben sich hinreichend genau aus dem vorhandenen Kartenmaterial im Maßstab 1 : 5 000 (DGK 5 N). Der Abstand der Höhenlinien beträgt in diesen Karten 0,5 m. Es ist somit ausreichend auch das Hochwassergefälle, hier die Hochwasserhöhengleichen, in 0,5 m-Schritten zu ermitteln.
Für die Erfassung und Abgrenzung des geschützten Gebietes wurden zudem die Erkenntnisse aus einer Begehung verwandt, nachdem die vollständigen Kartenunterlagen mit einem Verordnungsentwurf am 11.08.1998 an den Landkreis Lüchow-Dannenberg, die Samtgemeinden und die Verbände zur Stellungnahme vorgelegt wurden.
Die Festsetzung der Hochwasserstände von NN+16,50m und NN+17,00m ist nach Überzeugung der Kammer zutreffend.
Allerdings ist für die Beitragspflichtigen vorgetragen worden: Die Höhe von NN+17,00m sei untauglich als Anknüpfungspunkt für die Bildung des Deichverbandsgebietes. Die Höhe beruhe auf einem "Störfallszenario": Die Behörden gingen von einem Bruch des Elbdeiches bei Pretzetze aus und davon, dass dann das Hochwasser aus der Elbe komme und sich mit dem Hochwasser aus der Jeetzel bei Lüchow treffe. Nach dem Gesetz sei ein solches Störfallszenario kein tauglicher Anknüpfungspunkt für die Bildung des Verbandsgebietes. Anknüpfungspunkt sei vielmehr das höchste bekannte Hochwasser, so stehe es eindeutig in § 6 Nds. Deichgesetz. Das höchste bekannte Hochwasser sei aber 1941 mit NN+16,50m gemessen worden und nicht mit NN+17,00m. Schon deshalb sei das Verbandsgebiet fehlerhaft gebildet worden.
Jedoch führt dieser Vortrag nicht zur Fehlerhaftigkeit des Wertes von NN+17,00 m. Zum einen ist die Verordnungsbehörde nicht verpflichtet, die Grenzen des Verbandsgebietes nach Dezimeterlinien in Gelände festzulegen, weil dies praktisch kaum durchführbar ist. Die Verordnungsbehörde ist daher berechtigt, eine auf volle Meter gerundete Höhenlinie als Grenzlinie zu bestimmen und festzulegen (vgl. Lüders/Leis, Nds. Deichgesetz, 1964, § 6 Anm. 7). Dabei ist sie nicht verpflichtet, auf volle Meter abzurunden, sondern im Interesse eines effektiven Deichschutzes berechtigt, auf volle Meter aufzurunden. Zum anderen ist Hochwasserschutz nur dann sinnvoll, wenn er auf einen künftigen Schutz gegen Hochwasser abstellt und nicht (allein) auf den Schutz von Hochwasser, welches in der Vergangenheit zu beobachten gewesen ist. Es würde dem Gedanken des Hochwasserschutzes entgegenlaufen, künftige berechenbare Hochwässerstände zu ignorieren und ausschließlich auf das historisch bekannte höchste beobachtete Hochwasser abzustellen. Hochwasserschutz ist zukunftsgerichtet und nicht vergangenheitsorientiert. Ergibt sich etwa infolge gestiegener Wasserstände in den Flüssen die Gefahr höherer Hochwasserstände in der Zukunft, gehören zum geschützten Gebiet auch solche Flächen, die bisher aufgrund des historisch beobachteten Hochwassers der Überflutungsgefahr noch nicht ausgesetzt waren. Solchen überschaubaren künftigen Gefahren muss vorgebeugt und dadurch der Gebietsschutz auch bei ungünstiger Entwicklung für die Zukunft sichergestellt werden. Eine solche "pessimistische Einschätzung künftiger Gefahren" durch die Festlegung entsprechender Verbandsgrenzen ist als Bemessungswert geboten und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Urt. v. 29.7.1959 - 1 BvR 394/58 -, DÖV 1959 S. 698, 699 - Erftverband -). In diesem Zusammenhang ist auf § 4 Abs. 2 NDG hinzuweisen, wonach die Höhe der Hochwasserdeiche nach dem "zu erwartendenden höchsten Hochwasser" zu bestimmen ist. Aus dieser Vorschrift kann nicht der Schluss gezogen werden, die Abmessungen der Deiche müssten nach dem erwarteten Hochwasser bemessen werden (§ 4 Abs. 2 NDG), das geschützte Gebiet im Sinne des § 6 Abs. 2 NDG werde aber (lediglich) nach dem höchsten historisch bekannten Hochwasser bemessen. Das wäre widersprüchlich. Vielmehr ist der Begriff des höchsten bekannten Hochwassers im Sinne des § 6 Abs. 2 NDG übereinstimmend mit dem des zu erwartenden höchsten Hochwassers im Sinne des § 4 Abs. 2 NDG auszulegen. Denn der durch die Deiche bewirkte Vorteil erfasst nicht nur diejenigen Grundstücke, die in der Vergangenheit durch Hochwasser geschützt waren, sondern auch diejenigen Grundstücke, die künftig gegen jedes Hochwasser geschützt werden. Deshalb ist es nur konsequent, dass auch diese Grundstückseigentümer der Deichpflicht unterliegen.
Wenn die Beitragspflichtigen vortragen, bei einem Hochwasser von NN+16,50 m könne nicht von einer Insellage der Stadt Lüchow ausgegangen werden, so dass von vornherein ein Vorteil für die dortigen Grundstückseigentümer nicht gegeben sei, ist dies wegen der maßgeblichen Höhenlinie von NN+17,00m unerheblich.
Wenn weiter vorgetragen wird, selbst bei einem Hochwasser von NN+17 m sei es möglich, auf der Landesstraße Richtung Jeetzel-Klennow-Dolgow aus Lüchow herauszukommen, gleiches gelte für die Bahnlinie und andere Strecken, führt dieser Gesichtspunkt ebenfalls nicht dazu, die Deichpflicht der Grundstückseigentümer von Lüchow zu verneinen.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 NDG gehören zum geschützten Gebiet auch die Bodenerhebungen innerhalb des Gebietes: Das durch einen Deich geschützte Gebiet ist regelmäßig nicht eben wie ein Tisch, vielmehr befinden sich in ihm Flächen von oftmals nur geringer Ausdehnung, die mit ihren oberen Teilen höher liegen als die zur Abgrenzung der geschützten Gebiete dienenden Bemessungswerte in § 6 Abs. 2 NDG. Solche inselartigen Auftragungen sind entweder naturgegeben (Hügel), oder sie sind von Menschenhand hergestellt (künstliche Aufschüttungen für Wege, Straßen, Eisenbahnen und einzelne Grundstücke). Da alle diese Bodenerhebungen ohne Deichschutz bei hohen Wasserständen im überfluteten Gebiet liegen würden, würden sie durch Wasserangriff Schaden erleiden oder zumindest zeitweise keine Verbindung mit dem Hinterland haben. Sie haben mithin durch den Deichschutz Vorteile, gehören also zum geschützten Gebiet, und ihre Eigentümer unterliegen der Deichpflicht. Dies folgt aus dem Gesetz - § 6 Abs. 1 Satz 3 NDG - unmittelbar.
Die aus Lüchow herausführenden Straßen und die Bahnlinie machen das Stadtgebiet nicht zu einer "Halbinsel", für die ein Deichschutz nicht erforderlich wäre. Die Bahnlinie, die möglicherweise eine über NN+17,00m hinausgehende Höhe hat, muss in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben, weil diese Strecke etwa für Rettungsfahrzeuge der Katastrophendienste unbefahrbar wäre. Die aus Lüchow herausführende Landesstraße 261 ist auf einer künstlichen Aufschüttung angelegt. Hiervon hat sich die Kammer durch Einblick in diejenigen Pläne (Maßstab 1 : 5.000) einen Eindruck verschafft, die die Bezirksregierung im Zusammenhang mit der Verordnung vom Januar 1999 erstellt hat: An der Sprötzingstraße hat das Gelände eine Höhe von rund NN+16,50m, südlich davon ist es tiefer bis zu NN+15,60m (nahe des Umleitungsgrabens), der Umleitungsgraben an der Landesstraße hat eine Höhe von NN+16,00m; die Landesstraße selbst liegt erhöht auf einer Aufschüttung, die genaue Höhe ist in den Karten nicht exakt angegeben. Wenn die Straße in ihrem gesamten Verlauf über der Bemessungsgrenze liegt, ist Lüchow bei Hochwasser von NN+17,00m hier über einen künstlichen Straßendamm zu erreichen. Die aus Lüchow westlich nach Dannenberg herausführende Straße (B 248) liegt ebenfalls auf einem künstlichen Damm, wobei sie im Stadtgebiet westlich der Leibnitzstraße streckenweise wohl unter NN+17,00m liegt. Der Plater Weg Richtung Norden liegt eindeutig unter NN+17,00m, nämlich z.T. nur auf NN+16,40m. Die Bundesstraße 493 Richtung Woltersdorf liegt ebenfalls klar unter der Bemessungsgrenze, etwa östlich von Loge an der Abgrenzung nach Kolborn auf NN+16,80m. Die B 248 in südliche Richtung liegt jenseits der Polizeikaserne und des Königsberger Kanals zwar knapp über NN+17,00m, verläuft aber auf einer künstlichen Aufschüttung bis kurz vor Saaße. Die nördlich der Polizeikaserne zu den Bahngleisen herumführende Straße liegt zum einen Teil nur auf NN+16,80m und ist zum anderen Teil auf einer künstlichen Aufschüttung errichtet.
Das Stadtgebiet von Lüchow ist damit auf den Deichschutz angewiesen. Die künstlichen Straßendämme der L 261, der B 248 in westliche und südliche Richtung aus Lüchow hinaus und der Damm der Straße um die Polizeikaserne, falls sie über der 17-m-Grenze liegen sollten, bieten keinen wirksamen Hochwasserschutz und führen nicht zu einer "Halbinsellage" der Stadt Lüchow ohne Vorteil von den Deichen. Die Straßen sind ungeeignet, im Falle eines Hochwasserstandes von NN+17,00m einen dauerhaften gesicherten Zu- und Abgangsverkehr auch mit Schwerlastfahrzeugen zu gewährleisten. Es besteht die Gefahr, dass die Straßen , wenn sie im Unterbau mit Wasser vollgesogen sind, aufweichen und für einen mehr als nur geringfügigen Fahrzeugverkehr von und nach Lüchow unbrauchbar werden. Damit ist ihre Tauglichkeit als Verbindung etwa für Rettungsfahrzeuge und Fahrzeuge der Katastrophendienste nicht gewährleistet. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte in einigen der Verfahren schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt:
"Solche Straßen und Bahndämme sind nicht dafür geschaffen, Wasserangriff bei Hochwasser zu begegnen. Straßen- und Bahndämme bestehen zum größeren Teil aus grobkörnigen Materialien im Unterbau des Straßenkörpers, die relativ wasserdurchlässig sind. Eine Verdichtung dieser Materialien bei längerem Bestehen der Straße oder der Bahnlinie wirkt sich nicht auf den gesamten Unterbau aus, sondern erfolgt nur in Teilbereichen. Damit kommt es zu unterschiedlichen Materialeigenschaften im Damm, so dass ein Wasserangriff noch erleichtert wird. Darüber hinaus sind Straßen- und Bahndämme häufig mit Durchlässen versehen, die dem Wasser gute Ansatzpunkte für Abbrüche bieten. Außerdem sind Straßen- und Bahndämme häufig mit Büschen oder Bäumen bewachsen, wobei das Wurzelwerk bei Überflutung verstärkt Lockerungen im Damm entstehen lässt, die zu seinem Einbruch führen können. Nicht umsonst ist es bei Hochwasserdeichen erstes Gebot, diese von jeder Bebauung und jedem Bewuchs außer Gras freizuhalten."
Unerheblich für die Grenzen des durch die Deiche geschützten Gebietes ist es, ob die Ist-Höhen der Deiche den Soll-Höhen entsprechen. Sind die Deiche - aus welchen Gründen auch immer - abgesackt oder aus anderen Gründen nicht hoch genug, würde dies allenfalls einen Anspruch auf Durchführung von Unterhaltungsmaßnahmen geben - nach § 5 Abs. 2 NDG sind Deichstrecken entsprechend zu erhöhen, wenn sie mehr als 20 cm von ihrer vorgeschriebenen Höhe verloren haben -, dieser Umstand würde jedoch nicht zur Folge haben, dass die Festsetzung des deichgeschützten Gebietes nicht nach dem höchsten bekannten Hochwasser vorgenommen werden dürfte: wegen unzureichender Ist-Höhen der Deiche auf die Unwirksamkeit des Schutzgebietes und auf die Unwirksamkeit der Verbandsausweitung zu schließen, würde den Gedanken des Deichschutzes, wie er in § 6 Abs. 2 NDG zum Ausdruck kommt, aufgeben.
Wenn vorgetragen wird, die Umstellung der Mitgliedschaft auf die Bürger sei unzulässig, und eine Entlassung der Städte sowie Wasser- und Bodenverbände sehe das Gesetz nicht vor, führt dieses Argument nicht dazu anzunehmen, die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer im Neugebet des Verbandes sei nicht wirksam zustande gekommen. Nach dem eindeutigen und nicht näher auslegbaren Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 1 NDG sind die Eigentümer aller im Schutz der Deiche gelegenen Grundstücke zur gemeinschaftlichen Deicherhaltung verpflichtet, und sie sind gem. § 9 Abs. 1 NDG Mitglieder der Verbände. Die Mitgliedschaft von Städten und Verbänden sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Nur bei Hauptdeichen, die dem Schutz eines Gebietes vor Hochwasser zu dienen bestimmt sind (§ 2 Abs. 1 NDG), obliegt die Deicherhaltung dem Lande und damit nicht den Grundstückseigentümern (vgl. § 7 NDG). Ein solcher Ausnahmefall, in dem die Mitgliedschaft den Kommunen und Verbänden obliegt, ist hier nicht gegeben, so dass die jetzt geltende Rechtslage beim beklagten Jeetzeldeichverband mit dem Gesetz übereinstimmt. Die Bürger haben jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass die frühere faktische "Mitgliedschaft" der Städte und Wasser- und Bodenverbände, die nach dem Deichgesetz nicht begründet werden konnte und mit dem Gesetz deshalb nicht in Übereinklang gestanden hat, beibehalten wird. Diese faktische Mitgliedschaft hat sich räumlich ohnehin nur auf das "Altgebiet" bezogen, so dass sich die Neumitglieder im ausgedehnten Gebiet darauf nicht berufen können: hinsichtlich ihrer Grundstücke liegt ein "Wechsel" der Mitgliedschaft nicht vor.
c) Der Umstand, dass die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom Januar 1999 über die Ausweitung des Verbandgebietes erst durch die Satzung des Beklagten vom Mai 1999 umgesetzt worden ist, hat nicht zur Folge, dass die Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer erst im Mai 1999 begründet worden ist. Denn von dem Mitgliederverzeichnis und dem Hinweis in § 1 Abs. 4 der Satzung vom Mai 1999 auf das Verbandsgebiet hängt das Bestehen einer Mitgliedschaft nicht ab. Wird die Aktualisierung der Satzung im Hinblick auf das Verbandsgebiet und des Mitgliederverzeichnisses versäumt, so ist dies für die Mitgliedschaft als solche ohne Bedeutung. Denn die Festschreibung des Verbandsgebietes in der Satzung und das Mitgliederverzeichnis wirken nicht konstitutiv, d. h. die Aufnahme des Verbandsgebietes in die Satzung und das Mitgliederverzeichnis sind kein Mittel, um die Mitgliedschaft erst zu begründen oder zu beenden. Die Mitgliedschaft wird nicht durch Satzung und Verzeichnis begründet, sondern durch andere, äußere Umstände. Insbesondere bei behördlichen Regelungen über die Ausweitung des Verbandsgebietes wird die Mitgliedschaft schon zu diesem Zeitpunkt begründet und nicht erst bei interner Umsetzung der behördlichen Verfügung oder Verordnung durch die Verbandssatzung (vgl. Rapsch, Kommentar zur WVVO, 1989, § 11 Rdnr. 7; Rapsch, Wasserverbandsrecht, 1993, Rdnr. 150; Tönnesmann, WVVO, 1941, § 11 Anmerkung 2 und 3).
2. Aus der Mitgliedschaft der Grundstückseigentümer im ausgedehnten Neugebiet des Verbandes seit Januar 1999 folgt jedoch nicht automatisch und ohne Weiteres auch ihre Pflicht zu Zahlung von Beiträgen (a). Hierzu bedarf es einer rechtmäßigen und vollständigen und satzungsmäßigen Grundlage, die hier für die Zeit bis zum Inkrafttreten der Satzung im Mai 1999 und im Hinblick auf die Neumitglieder nicht gegeben ist; aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage ist dir Heranziehung insoweit rechtswidrig und die entsprechenden Bescheide unterliegen der Aufhebung (b). Für die Zeit nach Inkraftsetzen der Satzung vom Mai 1999 bis zum Jahresende 1999 ist die Heranziehung der Neumitglieder ebenfalls rechtswidrig. Das Vorbringen des Beklagten vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern (c).
a) Die mit der Mitgliedschaft im Verband einhergehende Deichpflicht ist finanziell neutral. Sie ist von der ihr folgenden Beitragspflicht oder Deichlast zu trennen (so ausdrücklich Lüders/Leis, Nds. Deichgesetz, Kommentar, 1964, § 9 Anmerkung 2). Das Nds. Deichgesetz unterscheidet deutlich zwischen der Deichpflicht als Mitgliedschaftspflicht in § 6 Abs. 1 NDG und der Deichlast als finanzieller Folge in § 9 Abs. 2 NDG. Die Mitgliedschaft in einem Deichverband verhält sich nur zur Deichpflicht, nicht aber auch zur Deichlast (Beitragslast). Auch im Recht der Wasser- und Bodenverbände, das für die Deichverbände nach § 9 Abs. 2 NDG gilt, wird zutreffenderweise unterschieden zwischen der Mitgliedschaft als solcher und der Pflicht, Beiträge zu zahlen (vgl. für den speziellen Fall der Ausdehnung von Verbänden Tönnesmann, a.a.O., § 174 Anmerkung 4 und 6).
b) Die bis zum Mai 1999 geltende Satzung des Beklagten ist für die Erhebung von Beiträgen gegenüber den Neumitgliedern eine untaugliche Rechtsgrundlage, weil diese Satzung jedenfalls auf die Grundstückseigentümer im ausgedehnten Gebiet nicht anwendbar ist: Es kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die frühere Satzung und das frühere Verbandsgebiet die Grundstücke der Eigentümer im ausgedehnten Gebiet nicht erfassen konnte, da das Verbandsgebiet erst 1999 ausgedehnt worden ist. Die neue Satzung ist erst im Mai 1999 in Kraft getreten und damit keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für eine Beitragserhebung für die Zeit bis Mai 1999.
Hierzu ist auszuführen:
Wenn § 9 Abs. 2 NDG darauf verweist, dass sich Gegenstand und Maßstab der Beitragslast nach dem Recht der Wasser- und Bodenverbände richten, bedeutet dies im Ergebnis, dass es einer Satzung bedarf, aus der (einerseits) die Deichpflichtigen und (andererseits) die Beitragspflichtigen hervorgehen, und in der weiter geregelt ist, nach welchen Grundsätzen die Beiträge zu leisten sind. Denn gemäß § 6 Abs. 1 WVG werden die Rechtsverhältnisse des Verbandes und die Rechtsbeziehungen zu den Mitgliedern durch eine Satzung geregelt.
Die Satzung ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wesentliche und unverzichtbare Grundlage für Ansprüche des Verbandes zu seinen Mitgliedern, auch und gerade soweit es die Heranziehung zu Geldbeiträgen betrifft. Unabhängig von der Rechtsnatur der Deichbeiträge gilt der Grundsatz, dass diese nur nach inhaltlich bestimmten Normen erhoben werden dürfen, so dass der einzelne Abgabenpflichtige die ihn treffende Belastung in etwa vorab grob abschätzen kann. Die Satzung ist deshalb nicht Selbstzweck, sondern unverzichtbare Voraussetzung für die Erhebung von Verbandsbeiträgen. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Nur durch eine Satzung, in der gemäß § 9 Abs. 2 NDG und § 6 Abs. 2 Nr. 3, 4 und 6 WVG Verbandsgebiet, Mitgliedschaft und Gegenstand Maßstab der Beitragslast festgeschrieben sind, ist sichergestellt, dass der Eingriff in die Freiheitssphäre des Deichpflichtigen, den die Abgabenerhebung darstellt, gerechtfertigt ist.
Der Mindestinhalt von Satzungen ergibt sich aus § 6 Abs. 2 WVG. Nicht alle Merkmale müssen in eine Satzung aufgenommen werden, um eine rechtmäßige Beitragserhebung zu ermöglichen. So sind etwa Bestimmungen über eine Verbandsschau (§ 6 Abs. 2 Nr. 7 WVG) für die Deichlast unerheblich. Wesentlich sind jedoch zunächst Bestimmungen über Verbandsgebiet und Mitgliedschaft (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 und 4 WVG). Hieraus ergibt sich die örtliche und personelle Anwendbarkeit der Beitragsbestimmungen. Auch wenn sich die Abgabenhoheit des Verbandes auf das gesamte Verbandsgebiet bezieht, muss die Begründung der Deichlast doch durch Satzung für die Mitglieder des Gebietes umgesetzt werden, da Beiträge nach Wortlaut und Sinn der gesetzlichen Regelungen nicht allein aufgrund des Gesetzes erhoben werden dürfen. Für den einzelnen Grundstückeigentümer muss durch die Satzung erkennbar sein, ob sein Grundstück innerhalb des Verbandsgebietes liegt und er selbst die Deichlast mitzutragen hat. Nur wenn dies der Fall ist, muss er überhaupt mit einer Heranziehung zu Beiträgen rechnen. Wesentlich sind daneben Bestimmungen über Gegenstand und Maßstab der Beitragslast (§ 9 Abs. 2 NDG, § 6 Abs. 2 Nr. 6 WVG), damit der Deichpflichtige die Höhe der finanziellen oder sonstigen Lasten absehen kann: Deichverbände können, müssen aber keine Geldbeiträge erheben. Sie können neben oder anstelle von Geldbeiträgen auch Sachbeiträge erheben, nämlich Sachen, Werke, Dienste und andere Leistungen fordern. Es ist auch möglich, dass der Finanzbedarf eines Verbandes durch staatliche oder sonstige Zuweisungen gedeckt ist, so dass ein Bedarf für die Erhebung von Beiträgen deshalb nicht gegeben ist. Wegen der unterschiedlichen Möglichkeiten der Sicherstellung der Aufgaben eines Deichverbandes müssen Regelungen hierüber, insbesondere über die Beitragslast der einzelnen Mitglieder, zwingend in einer Satzung enthalten sein.
Nach dem Rechtsstaatsprinzip ist eine Satzung mit den genannten Merkmalen deshalb zwingendes Gebot, damit die Belastung für die einzelnen Beitragspflichtigen gleichmäßig, voraussehbar, messbar und berechenbar ist. Sind die Satzungsbestimmungen fehlerhaft oder haben sie für den Deichpflichtigen aus anderen Gründen keine Wirkung, fehlt dem darauf fußenden Abgabenbescheid eine taugliche Rechtsgrundlage und dieser ist aufzuheben.
Einer satzungsrechtlichen Grundlage bedarf es nicht erst zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides, vielmehr muss der gesamte Zeitraum, für den Beiträge erhoben werden sollen, von einer Satzung umfasst sein. Es genügt also nicht, etwa erst am Ende eines Jahres eine Satzung in Kraft zu setzen, aber durch Bescheid Beiträge für das ganze Jahr rückwirkend zu erheben. Denn die Geltung einer Satzung ist nicht Voraussetzung für die Hebung des Beitrages, sondern für die Begründung der Deichlast. Nur wenn die Deichlast das ganze Jahr über aufgrund satzungsrechtlicher Regelungen bestanden hat, können auch Beiträge für das ganze Jahr erhoben werden. Dies gilt auch und gerade für den Fall der Erweiterung des Verbandsgebietes in Hinblick auf die neu hinzugekommenen Verpflichteten der Deichlast. Deichpflichtige brauchen mit anderen Worten nur für die Zeit mit einer Heranziehung zur Deichlast zu rechnen, in der eine dies regelnde Satzung in Kraft ist. In einer für sie "satzungsfreien Zeit" müssen die Deichpflichtigen damit nicht rechnen. Deswegen kann die Deichlast nicht rückwirkend in eine "satzungslose Zeit" hinein begründet werden, und die Mitglieder können nicht mit Beiträgen belastet werden für eine Zeit, in der eine Satzung für sie nicht anwendbar gewesen ist (vgl. Rapsch, WVVO, a. a. O., § 78 Rdnr. 14; Tönnesmann a. a.O., § 78 Anm. 7). Einem Deichverband bleibt es unbenommen, Satzungsbestimmungen rückwirkend zu erlassen, wenn dies nicht gegen höheres Recht verstößt, um so die Deichlast für eine Zeit vor Änderung und Veröffentlichung der Satzung zu begründen. Normen können insbesondere dann mit Rückwirkung in Kraft gesetzt werden, wenn dies zur Schaffung von Rechtsklarheit erforderlich ist, die betroffenen Verbandsmitglieder mit der rückwirkenden Regelung der Deichlast rechnen mussten oder wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses die Rückwirkung rechtfertigen (vgl. Rapsch, Wasserverbandsrecht, a.a.O., Rdnr. 71; Rapsch, WVVO, a.a.O., § 10 Rdnr. 20, § 9 Rdnr. 16, § 13 Rdnr. 17).
Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass für die Zeit vor Inkrafttreten der Satzung im Mai 1999 im Hinblick auf die neuen Mitglieder Beiträge nicht rechtmäßig festgesetzt werden können. Dies wäre nach den hier aufgestellten Grundsätzen eine unzulässige rückwirkende Begründung der Deichlast in eine für die neuen Verbandsmitglieder "satzungsfreie Zeit". Der Beklagte hat erst ab Mai 1999 mit interner Wirkung gegenüber den neuen Deichpflichtigen die Deichlast begründet, indem er Regelungen über das erweiterte Verbandsgebiet erlassen und auch die neuen Mitglieder als beitragspflichtig im Sinne der Deichlast aufgenommen hat. Da die Satzungsneufassung erst mit dem Tage der Bekanntmachung in der Elbe-Jeetzel-Zeitung in Kraft getreten ist, verbietet sich für die neuen Deichpflichtigen die Annahme einer Rückwirkung der Deichlast. Aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage ist der Heranziehungsbescheid deshalb insoweit rechtswidrig.
c) Die Heranziehung der Neumitglieder zu Beiträgen für die Zeit von Mai bis Ende Dezember 1999 ist ebenfalls nicht rechtmäßig. Das Vorbringen des Beklagten vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
Verbandsbeiträge in Geld dienen der ordentlichen Haushaltsführung und zählen zu den Einnahmen des Haushaltsjahres. Da gemäß § 28 Abs. 1 Satzung 1999 i.V.m. § 4 LHO Haushaltsjahr das Kalenderjahr ist (vgl. auch § 29 Satzung 1999), sind Beiträge Jahresbeiträge.
Regelungen darüber, wie zu verfahren ist, wenn im Laufe des Kalenderjahres Verbandsmitglieder neu der Deichlast (der Beitragspflicht) unterfallen sollen, fehlen in der Satzung völlig.
(1) Obgleich die Satzung des Beklagten Regelungen nur über "Jahresbeiträge" trifft, ist eine Beitragserhebung für kürzere Zeiträume als ein Kalenderjahr rechtlich nicht allgemein und schlechthin ausgeschlossen. Jedoch fehlt im Satzungsrecht des Beklagten eine entsprechende Regelung über die Erhebung von "Teiljahresbeiträgen" oder "Monatsbeiträgen" gegenüber Deichpflichtigen, die erst im Laufe eines Kalenderjahres deichpflichtig werden und auch der Deichlast unterfallen. Deshalb kann die Beitragserhebung für die Zeit ab Mai 1999 unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt werden.
(2) Ob es für das Jahr 1999 möglich gewesen wäre, eine Art "getrennter Kalkulation" der durch Beiträge festzusetzenden Deichlast durchzuführen - neben oder anstelle der Regelung von Teiljahresbeiträgen - , mag ebenfalls offenbleiben: Der Beklagte hat die Verbindlichkeiten des Verbandes, zu deren Erfüllung Beiträge geleistet werden, für die Zeit vor und nach Ausweitung des Verbandes und der faktischen Auswechslung aller Mitglieder nicht - auch nicht überschlägig monatsmäßig - getrennt ermittelt und nicht getrennt auf die verschiedenen Gruppen der Beitragspflichtigen umgelegt. Denn es ist für das gesamte Jahr 1999 nur ein einheitlicher Hebesatz festgesetzt worden.
(3) Die Satzung enthält auch keine sogenannte Stichtagsregelung, die für die Deichlast dem Grunde und der Höhe nach maßgeblich wäre. Gerade bei Veränderungen der für Abgaben maßgebenden Berechnungseinheiten kann sich die Regelung eines Stichtages im Interesse der Rechtsklarheit anbieten. Stichtagsregelungen sind im Abgabenrecht üblich, bei dem früher zulässigen Personenmaßstab im Recht der Müllgebühren konnte etwa für die Jahresgebühr darauf abgestellt werden, wie viele Personen am 1. Januar eines Jahres auf dem Grundstück gemeldet waren. Eine Stichtagsregelung hätte auch den Vorteil, die Person des Beitragspflichtigen festzulegen, falls sich die Eigentumsverhältnisse im Kalenderjahr ändern. Dabei muss der Stichtag nicht zwingend datumsmäßig festgesetzt werden, auch die Verhältnisse im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Abgabenbescheides können für maßgeblich bestimmt werden.
Beim beklagten Verband wäre eine Stichtagsregelung für das Beitragsjahr 1999 allerdings nicht unproblematisch. Würde der Verband auf den 1. Januar als Stichtag abheben, hätte das für das Jahr 1999 zur Folge, dass keiner der Bürger beitragspflichtig wäre: Zum Jahresanfang waren die Städte Lüchow und Dannenberg sowie vier Wasser- und Bodenverbände faktisch beitragspflichtig. Bei einem Stichtag ab Ende Mai 1999 wären rund 5.200 Bürgerinnen und Bürger beitragspflichtig. Eine Stichtagsregelung bei einem kompletten Austausch aller Beitragspflichtigen, wie er für das Jahr 1999 beim Beklagten faktisch zu verzeichnen ist, wäre rechtlich überaus bedenklich.
(4) Regelungen über Jahresteilbeiträge, eine Art "getrennter Kalkulation" oder eine Stichtagsregelung für 1999 wären entbehrlich, wenn der Beklagte die Deichlast rückwirkend zum 1. Januar 1999 begründet hätte. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Norm, die zur Erhebung von Verbandsbeiträgen ermächtigt, durch ihre Rückwirkung die rechtsstaatlichen Grenzen nicht überschreitet, wenn die finanzielle Belastung voraussehbar, die Rückwirkung durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt oder im Einzelnen unbedeutend ist (so ausdrücklich für Verbandsbeiträge Rapsch, WVvO, a.a.O., § 9 Rdnr. 16). Diese Möglichkeit der Regelung einer rückwirkenden Deichlast zum 1. Januar 1999 war im vorliegenden Fall aber deshalb von vornherein nicht gegeben, weil die Neumitglieder erst mit Ausweitung des Verbandes und Veröffentlichung der Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg im Februar 1999 deichpflichtig geworden sind.
(5) Eine sich auf das gesamte Jahr 1999 rückwirkend erstreckende Beitragslast der Neumitglieder kann auch nicht mit dem Gedanken gerechtfertigt werden, die Neumitglieder hätten von den vor Begründung ihrer Deichlast durchgeführten Aufgaben des Verbandes Vorteile. Richtig ist sicherlich, dass die Neumitglieder von den Arbeiten des Verbandes profitieren, die dieser im Laufe des Haushaltsjahres 1999 vor Begründung ihrer Deichlast durchgeführt hat. Die Neumitglieder profitieren aber auch von den Arbeiten, die in den Haushaltsjahren zuvor durchgeführt worden sind. Dem Verbandsbeitragsrecht ist es fremd, für diese Vorteile - etwa wie im Kanalbaubeitragsrecht - eine Art "Anschlussbeitrag" für Aufwendungen in der Vergangenheit gegenüber Neumitgliedern festzusetzen und anzufordern; es ist rechtlich nur eine Kostenbeteiligung an den laufenden Aufwendungen ab Begründung der Deichlast möglich.
(6) Die Heranziehung der Neumitglieder für das gesamte Jahr 1999 oder für Teilzeiträume kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass nach § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG für die Festlegung des Beitragsmaßstabes eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten ausreicht. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Beitragspflichtigen auch deichpflichtig sind und der Deichlast unterfallen. Die Vorschrift rechtfertigt es nicht, die Gesamtheit der Grundstückseigentümer, die erst ab Mai 1999 der Deichlast unterfallen, so zu behandeln, als unterlägen sie der Last bereits ab Anfang des Jahres 1999. Entscheidend ist, dass die Neumitglieder nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) nur mit den Kosten belastet werden können, die nach Begründung ihrer Deichlast entstehen. Daran ändert § 30 Abs. 1 Satz 2 WVG nichts.
(7) Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 28 Abs. 3 WVG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift können Nichtmitglieder eines Verbandes wie Mitglieder zu Geldbeiträgen herangezogen werden, wenn sie von dem Unternehmen des Verbandes einen Vorteil haben. Jedoch setzt diese Vorschrift voraus, dass die Aufsichtsbehörde dem zustimmt und der Nutznießer vorher angehört wird. Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
(8) Der Hinweise des Beklagten auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 26. Januar 1998 (3 L 2217/95) führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Fall, den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, war dadurch gekennzeichnet, dass die Verbandssatzung im laufenden Haushalts- und Kalenderjahr neu gefasst worden ist, ohne dass sich der Kreis der Beitragspflichtigen oder sonstige für die Höhe des Beitrages maßgebliche Komponenten wesentlich geändert hätten. In jenem Fall war der Kläger vor und nach der Änderung der Satzung pflichtiges Mitglied. Eine Veränderung der Beitragsverhältnisse war in jenem Fall vom Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt worden. Damit lässt sich der Fall mit dem vorliegenden, in welchem die Beitragspflichtigen im Altgebiet vollständig ausgewechselt und im Neugebiet Deichpflicht und Deichlast erstmals begründet worden sind, nicht vergleichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.