Landgericht Hildesheim
Urt. v. 10.01.2006, Az.: 10 O 84/05
Erlöschen zukünftiger Versorgungsansprüche eines ehemaligen Geschäftsführers wegen verspäteter Insolvenzanmeldung
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 10.01.2006
- Aktenzeichen
- 10 O 84/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 35961
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:2006:0110.10O84.05.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Celle - 20.09.2006 - AZ: 9 U 16/06
- BGH - 15.10.2007 - AZ: II ZR 236/06
Redaktioneller Leitsatz
Enthält eine betriebliche Versorgungszusage eine Klausel, nach der der Anspruch auf Versorgungsleistungen erlischt, wenn der Versorgungsberechtigte durch seine Handlungen die Interessen der Firma beeinträchtigt oder schädigt, so begründet eine verspätete Anmeldung einer Insolvenz keinen Fall eines solchen Erlöschens der Versorgungszusage, wenn die Firma liquidiert wird.
In dem Rechtsstreit
...
hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hildesheim
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2005
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
- 2.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger bestreitet zukünftige Versorgungsansprüche des Beklagten.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter der xxx deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagte war. Zu Gunsten des Beklagten hatte die Gemeinschuldnerin unter dem 20.12.1989 eine Versorgungszusage gegeben, für die bei der xxx eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wurde. Die Ansprüche gegen die xxx Versicherung wurden an den Beklagten verpfändet. Die Zusage enthält folgende Klausel:
"Der Anspruch auf Versorgungsleistungen erlischt, wenn der Versorgungsberechtigte durch sein Verhalten in grober Weise gegen Treu und Glauben verstößt oder verstoßen hat. Als ein solcher Verstoß gelten sowohl ein Verhalten, das eine fristlose Entlassung rechtfertigen würde als auch alle Handlungen, die die Interessen der Firma beeinträchtigen oder schädigen können, insbesondere jede mittelbare oder unmittelbare Wettbewerbstätigkeit sowohl vor als auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses."
Der Kläger widerrief die Versorgungszusage unter dem 25.11.2004.
Der Kläger ist der Ansicht, die Versorgungszusage sei erloschen, da der Beklagte verspätet Insolvenzangemeldet und sich wettbewerbswidrig verhalten habe.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass der Beklagte keinen Anspruch aus der Versorgungszusage der Insolvenzgesellschaft vom 20.12.1989/5.1.1990 (Anlage zum Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 28.11.1998) hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bestreitet jegliches Fehlverhalten.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat nicht darlegen können, dass die Versorgungszusage erloschen ist.
Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe verspätet Insolvenz angemeldet, begründet dies keinen Fall des Erlöschens der Versorgungszusage. Es kann deshalb dahin stehen, ob der Beklagte tatsächlich schuldhaft verspätet den Insolvenzantrag gestellt hat.
Die Erlöschensklausel setzt einen groben Verstoß gegen Treu und Glauben voraus. Sie stellt hier Handlungen gegen die Interessen der Firma als Beispiel dar. Die reine Frage der fristlosen Kündigung kann so nicht anspruchvernichtend sein. Der Vorwurf des Klägers bezieht sich nicht auf eine Schädigung der Gemeinschuldnerin sondern der Gläubiger. Es ist kein Verhalten ersichtlich, woraus sich insoweit eine Schädigung der Gemeinschuldnerin ergibt. Die Vorschriften dienen dem Schutz der aktiven Gesellschaft. Die Klausel soll die Gesellschaft schützen. Sie beinhaltet so nur den Fall, dass die Vorwürfe im Rahmen der laufenden Gesellschaft erfolgen. Ein wegen groben Verstoßes entlassener Geschäftsführer soll nicht noch weitere Leistungen von der Gesellschaft erhalten. Hier wird die Gesellschaft jedoch liquidiert. Es geht so auch nicht um die Versorgungsleistungen selbst, die die Gemeinschuldnerin schon aus finanziellen Gründen nicht erbringen kann, sondern um die sichernde Lebensversicherung. Dieser Wert stand der Gemeinschuldnerin aber nicht zu, auch nicht bei rechtzeitiger Insolvenzanmeldung. Der Vorwurf des Klägers bezieht sich so nicht auf eine Schädigung der Gemeinschuldnerin, sondern der Gläubiger. Es ist kein Verhalten ersichtlich, woraus sich insoweit eine Schädigung der Gemeinschuldnerin ergibt. Die Vorschriften dienen dem Schutz der aktiven Gesellschaft.
Soweit der Kläger ein wettbewerbswidriges Verhalten behauptet, indem der Beklagte Mitarbeiter der Gemeinschuldnerin veranlasst haben soll, zu der Firma seiner Ehefrau zu wechseln, ist ein solches Verhalten nicht dargetan, worauf ausdrücklich hingewiesen wurde. Die Klausel im Versorgungsvertrag sieht ein Entfallen der Versorgung bei einer mittelbaren Wettbewerbstätigkeit zwar vor. Hierzu könnte das Abwerben von Personal gehören, dieses muss aber konkret dargelegt und unter Beweis gestellt werden. Hieran fehlt es.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gem. § 709 ZPO entschieden.