Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 23.08.2006, Az.: 5 T 299/06
Abschiebehaftantrag; Abschiebehaftverfahren; Abschiebungshaftantrag; Abschiebungshaftverfahren; Analogie; Antragsrücknahme; Antragstellung; Auslagenentscheidung; Ausländerbehörde; Betroffener; Entscheidungszeitpunkt; entsprechende Anwendung; fehlender Anlass; fehlender begründeter Anlass; Freiheitsentziehungsverfahren; freiwillige Ausreise; Gefahr; Gefährdung; Kostenentscheidung; notwendige Auslagen; Pauschalbehauptung; pauschale Behauptung; Rechtsanwendung; Tatsachenbehauptung; Weigerung
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 23.08.2006
- Aktenzeichen
- 5 T 299/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 53283
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 30.07.2006 - AZ: 4 XIV 1944 B
Rechtsgrundlagen
- § 16 FrhEntzG
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Der Antragsteller hat dem Beschwerdeführer seine aufgrund des Antrags vom 29. 3. 2006 entstandenen Auslagen zu ersetzen.
Die Erstattungspflicht betrifft auch die Auslagen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren.
Gründe
Der Landkreis G. hat am 29. 3. 2006 beantragt, gegen den Betroffenen Abschiebehaft anzuordnen. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Betroffene habe deutlich gemacht, dass er nicht freiwillig ausreisen wolle. Erst nachdem ein Abschiebeersuchen gestellt worden sei, habe er erklärt, dass er freiwillig ausreisen wolle. Es sei jedoch weiterhin zu befürchten, dass er vor der Abschiebung untertauchen werde.
Nachdem das OVG Lüneburg mit Beschluss vom 31. 3. 2006 eine Abschiebung zur Zeit untersagt hat, hat der Landkreis Holzminden am 4. 4. 2006 den Haftantrag zurückgenommen.
Der Betroffene hat beantragt, dem Landkreis G. seine notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Holzminden diesen Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde musste in der Sache Erfolg haben.
Nach § 16 FEVG hat das Gericht, wenn es den Antrag auf Freiheitsentziehung ablehnt, dem Antragsteller die notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen, wenn kein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages vorgelegen hat.
Der Landkreis G. hat seinen Haftantrag zurückgenommen, ehe das Gericht darüber entschieden hat. In einem solchen Fall ist die Bestimmung des § 16 FEVG sinngemäß anzuwenden (BayObLGZ 1979, 211; KG in FGPrax 1998, 199 [BGH 25.06.1998 - V ZB 7/98]; OLG Celle in InfAuslR 1999, 463).
Ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages durch den Landkreis bestand jedoch nicht. Der Landkreis hat lediglich pauschal behauptet, dass die Gefahr bestehe, der Betroffene werde nicht freiwillig ausreisen und sogar vor einer Abschiebung untertauchen, wie es bei gleichgelagerten Fällen in der Vergangenheit vorgekommen sei. Diese unsubstantiierte Prognose, die auf das spezifische Verhalten des Betroffenen in keiner Weise eingeht, wird zudem noch durch das weitere Vorbringen des Landkreises erschüttert, der darauf hinweist, dass der Betroffene nunmehr eine freiwillige Ausreise ankündigt. Mangels hinreichender Anhaltspunkte ist daher der Inhalt des Haftantrages für eine Haftanordnung nicht ausreichend. Auch der Hinweis auf die Straffälligkeit des Betroffenen begründet nicht ausreichend das Vorliegen von Haftgründen.
Im Rahmen der Prüfung nach § 16 FEVG ist zur Beurteilung der Erforderlichkeit der Haftanordnung auf den Erkenntnisstand des Antragstellers bei Antragstellung abzustellen, wenn er alle zumutbaren Ermittlungen angestellt hätte (OLG Celle im Beschluss 22 W 51/05 vom 25. 8. 2005). Unter Berücksichtigung dieses Beurteilungsmaßstabes hat am 29. 3. 2006 kein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrages bestanden.
Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Kostenentscheidung nach § 16 FEVG zu Lasten des Landkreises G. zu treffen.