Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.01.1995, Az.: V 99/94
Tatbestandsvoraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG); Voraussetzungen für die Anerkennung derÄhnlichkeit eines Berufes mit anderen Heilberufen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 12.01.1995
- Aktenzeichen
- V 99/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17874
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0112.V99.94.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 14 UStG
- § 18 Abs. 1 EStG
Fundstellen
- EFG 1995, 735-736 (Volltext mit amtl. LS)
- UR 1995, 481 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Januar 1993 bis Juni 1993
Der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 12. Januar 1995,
an der mitgewirkt haben:
1. Vizepräsidentin des Finanzgerichts ...
2. Richter am Finanzgericht ..
3. Richter am Landgericht ...
4. ehrenamtlicher Richter ...
5. ehrenamtliche Richterin ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 19.737 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist seit 1. Januar 1993 als selbständige Heilmagnetiseurin tätig, ohne eine Prüfung als Heilpraktikerin abgelegt zu haben. Mit den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden für Januar 1993 bis Juni 1993 unterwarf der Beklagte die Umsätze der Klägerin dem Regelsteuersatz.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Die Klägerin vertritt die Ruffassung, daß die von ihr ausgeführten Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) von der Umsatzsteuer befreit seien. Sie übe eine der Tätigkeit eines Heilpraktikers oder eines Krankengymnastenähnliche heilberufliche Tätigkeit aus, weil sie sich unmittelbar der Behandlung kranker Menschen widme.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Umsatzsteuervorauszahlungen für
- Januar 1993,
- Februar 1993,
- März 1993,
- April 1993,
- Mai 1993 und
- Juni 1993
auf jeweils 0 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung, die Vergleichbarkeit eines Berufes mit einem der in § 4 Nr. 14 UStG genannten Katalogberufe setze neben der Vergleichbarkeit der Tätigkeit auch eine Vergleichbarkeit im Hinblick auf bestehende Ausbildungsvoraussetzungen und Berufsausübungsregelungen voraus. Die Tätigkeit der Klägerin erfolge aber weder auf der Grundlage einer gesetzlich vorgesehenen Prüfung oder Erlaubnis noch stehe sie unter der Überwachung durch die Gesundheitsbehörden.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer 15/137/04793 sowie die Gerichtsakten verwiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte die Umsätze der Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen, weil die von ihr ausgeführten Leistungen nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG sind nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Dentist, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei. Die Klägerin übt keine ähnliche heilberufliche Tätigkeit in diesem Sinne aus. Der Umstand, daß die Klägerin sich der Behandlung kranker Menschen widmet, reicht insoweit nicht aus. Die Anerkennung der Ähnlichkeit eines Berufes mit anderen Heilberufen setzt neben der Vergleichbarkeit der Tätigkeiten die Erfüllung weiterer Voraussetzungen voraus. Es reicht nicht aus, daß die zu beurteilende Tätigkeit als Ausübung der Heilkunde angesehen werden kann. Erforderlich ist vielmehr, daß ein ähnlicher Beruf in wesentlichen Punkten einem der im Gesetz genannten Heilberufe entsprechen muß. Zu diesen wesentlichen Berufsmerkmalen gehören u.a. auch die Bedingungen, an die das Gesetz die Ausübung des zu vergleichenden Berufes knüpft. Hierzu gehört bei Heilberufen auch, daß deren Ausübung einer Erlaubnis bedarf und der Überwachung durch die Gesundheitsämter unterliegt (Urteile des BFH vom 21. Juni 1990 V R 97/84, BStBl II 1990, 804, 805; vom 21. September 1989 IV R 117/87, BStBl. II 1990, 153, 154; vom 25. März 1977 V R 144/74, BStBl. II 1977, 579, 580; vom 7. Juli 1976 I R 218/74, BStBl II 1976, 621). Andere, im Gesetz nicht genannte Heilberufe können daher erst in den Genuß der Umsatzsteuerbefreiung kommen, wenn der Gesetzgeber sie entweder in den Katalog des § 4 Nr. 14 UStG aufnimmt oder ihnen durch eine Berufsregelung die Ähnlichkeit mit den Katalogberufen verleiht (Urteil des BFH vom 21. Juni 1990 V R 97/84, BStBl II 1990, 804, 805).
Für die Tätigkeit als Heilmagnetiseur ist keine staatliche Genehmigung erforderlich. Es besteht auch keine sonstige staatliche Berufsausübungsregelung. Im Hinblick auf diese wesentlichen Berufsmerkmale ist die Tätigkeit der Klägerin deshalb nicht mit den in § 4 Nr. 14 UStG genannten Katalogberufen vergleichbar. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin insoweit auf das Urteil des BFH vom 30. Juli 1953 (IV 459/52 U, BStBl. III 1953, 269). Der BFH hat in dieser Entscheidung Lediglich zum Ausdruck gebracht, daß sich die Tätigkeit als Heilmagnetiseur im Gegensatz zu der in jenem verfahren im Streit stehenden Tätigkeit als medizinisch-technischer Assistent, unmittelbar der Behandlung erkrankter Menschen widmet. Das allein aber erfüllt aus den o.g. Gründen nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG.
Das von der Rechtsprechung des BFH im Rahmen der Auslegung des § 4 Nr. 14 UStG aufgestellte Erfordernis der Vergleichbarkeit der Berufszulassungs- und der Berufsausübungsregelungen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Voraussetzungen dienen der Sicherstellung einer fachgerechten Berufsausübung und stellen deshalb einen hinreichenden sachlichen Grund für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung verschiedener Heilberufe dar (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. August 1988 1 BvR 695/88, BStBl II 1988, 975).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 19.737 DM festgesetzt.
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).