Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.01.1995, Az.: II 22/91
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 19.01.1995
- Aktenzeichen
- II 22/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 34210
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0119.II22.91.0A
Tenor:
Unter Änderung der Gewinnfeststellungsbescheide 1987 und 1988 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 10.01.1991 und unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1985 vom 05.02.1990 und 1986 bis 1988, jeweils vom 12.03.1990, sowie Aufhebung der Einspruchsentscheidung in der Umsatzsteuersache vom 16.01.1991 werden die Gewinne aus Gewerbebetrieb auf 134. 588 DM für 1987 und auf 132. 311 DM für 1988 festgestellt und die Umsatzsteuer 1985 auf 17.681,65 DM, 1986 auf 14.473,11 DM, 1987 auf 27.552,96 DM und 1988 auf 34.596,94 DM herabgesetzt.
Die nach Verbindung der Klageverfahren entstandenen Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 22 v.H. und der Beklagte zu 78 v. H. zu tragen; die vor Verbindung entstandenen Kosten in der Gewinnfeststellungssache haben der Kläger zu 32 v. H. und der Beklagte zu 68 v. H. zu tragen, in der Umsatzsteuersache hat sie der Beklagte allein zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an den Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im wesentlichen darüber, ob und in welchem Umfang im Einspruchsverfahren eine sog. tatsächliche Verständigung über die Höhe der nach einer Fahndungs- und Außenprüfung (Ap.) festgestellten Gewinne aus Gewerbebetrieb stattgefunden hat, hilfsweise, sofern es zu einer solchen tatsächlichen Verständigung nicht gekommen sein sollte, in welcher Höhe Zuschätzungen bei Umsatz und Gewinn gerechtfertigt sind.
Der Kläger (Kl.) betrieb in den Streitjahren die Speisegaststätte "P. I." in B.. Außerdem war er Mitgesellschafter mehrerer Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), die ebenfalls Speisegaststätten betrieben, u.a. der M./K. GbR, die die Speisegaststätte "P. II." in W. betrieb; die Gewinnanteile des Kl. hieran sind vom Finanzamt W. einheitlich und gesondert festgestellt worden und nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Im Jahr 1989 fanden beim Kl. (Restaurant "P. I.") und der M./K. GbR (Restaurant "P. II."), veranlaßt durch eine Anzeige des ehemaligen Schwiegersohns des Kl., Fahndungsprüfungen statt, bei denen u.a. sog. "Schwarzeinkäufe" des Kl. festgestellt wurden. Im Zeitpunkt der Prüfung lagen beim Kl. (Restaurant "P. I.") bis einschl. 1986 Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide vor, wobei für 1985 die Besteuerungsgrundlagen geschätzt waren, weil weder eine Gewinnermittlung erstellt noch Jahressteuererklärungen abgegeben waren; für 1987 und 1988 sind vom Kl. ebenfalls die Gewinne nicht ermittelt und die Steuererklärungen nicht abgegeben worden, waren Schätzungen aber noch nicht durchgeführt worden. Umsatzsteuervoranmeldungen waren für alle Streitjahre abgegeben.
Der Beklagte (das beklagte Finanzamt - FA -) nahm aufgrund der Prüfungsfeststellungen für 1983 bis 1989 Zuschätzungen zu den erklärten Umsätzen und Gewinnen, für 1987 und 1988 Vollschätzungen, vor und erließ entsprechend geänderte Gewinnfeststellungs- und Umsatzsteuerbescheide bzw. für 1987 und 1988 Erstbescheide. Zu diesem Zwecke verdoppeltedas FA den erklärten Wareneinsatz und errechnete hieraus den jeweiligen Umsatz, indem es den aus der Buchführung abgeleiteten Aufschlagsatz hierauf anwendete. Die erklärten Gewinne wurden entsprechend um die sich ergebende Umsatzdifferenz erhöht und den zusätzlichen Wareneinsatz vermindert. Da für die Streitjahre 1987 und 1988 keine Gewinnermittlungen vorlagen, mithin es an einem erklärten Gewinn und damit an ermittelten Betriebsausgaben fehlte, schätzte das FA den Reingewinn in Anlehnung an die sich aufgrund der vorgenommenen Gewinnerhöhungen ergebenden Reingewinnsätze der Vorjahre mit 35 v.H. der nach obigen Grundsätzen erhöhten Umsätze. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 11-13 des Ap.-Berichts vom 28.12.1989 (Bl. 32 ff. Bilanzakte) verwiesen.
Im Einspruchsverfahren gegen die aufgrund der Ap. erlassenen Änderungs- und Erstbescheide (1983 bis 1989) einigte man sich in einer Besprechung am 16.10.1990zur Erledigung der Rechtsbehelfe dahin, daß der - durch die Ap. verdoppelte - Wareneinsatz lediglich um geringere Zuschläge, und zwar um 30 v.H. (1983-1985), 50 v.H. (1986), 60 v.H. (1987) und 75 v.H. (1988) erhöht wurde, auf die so erhöhten Wareneinsätze ein Aufschlagsatz von 160 v.H. für 1983 und 1984 und von 170 v. H. für die Übrigen Veranlagungszeiträume angewendet werden sollte und der erklärte Gewinn aus Gewerbebetrieb um die sich hiernach ergebenden Mehrgewinne (Erhöhung der Umsätze abzüglich Erhöhung des Wareneinsatzes) erhöht werden sollte, wobei noch eine Gewerbesteuerrückstellung abzuziehen sei. Wegen der Einzelheiten und des Teilnehmerkreises wird auf den über diesen Besprechungstermin angefertigten Aktenvermerk(vom 16.10.1990,Bl. 79, 80 Einspruchsakte) verwiesen.
Für die Streitjahre 1987und 1988errechnete das FA entsprechend dieser Einigung niedrigere Erlöse von 560. 784 DM (1987) und 551. 296 DM (1988) und unter Berücksichtigung des nach dem Ap.-Bericht angesetzten Reingewinnsatzes von 35 v. H. und unter Abzug der Zuführungen zur Gewerbesteuerrückstellung einen Gewinn von 170. 401 DM für 1987 und von 167. 067 DM für 1988, und erließ es entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide; ebenso ergingen entsprechend dem Aktenvermerk zugunsten des Kl. geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 1983 bis 1986. Dem Einigungsergebnis entsprechende Umsatzsteueränderungsbescheide erließ das FA zunächst noch nicht. Gegen die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1987 und 1988 legte der Kl. erneut Einspruch ein mit der Begründung, das FA hätte nicht einen Reingewinnsatz von 35 v. H. anwenden dürfen, sondern den sich nunmehr aus der Gesamteinigung für die Vorjahre ergebenden durchschnittlichen Reingewinnsatz. Diesen Reingewinnsatz errechnete der Kl. mit rd. 11 v. H. (Bl. 5 Schr. v. 21.01.1991, GABl. 4).
Die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 1983 bis 1986 wurden bestandskräftig.
Bei der M./K. GbR hat die Ap. gleiche Feststellungen getroffen. Insbesondere hat die Ap. ursprünglich ebenfalls die Wareneinsätze verdoppelt, hierauf die aus der Buchführung abgeleiteten Rohgewinnaufschlagsätze angewendet und die erklärten Gewinne um die sich so ergebenden Umsatzdifferenzen erhöht und um zusätzlichen Wareneinsatz vermindert; ebenso schätzte das FA für 1987 und 1988, da Steuererklärungen und Gewinnermittlungen für diese Jahre nicht vorlagen, den Reingewinn in Anlehnung an die sich aufgrund der vorgenommenen Gewinnerhöhungen ergebenden Reingewinnsätze der Vorjahre mit 40 v. H. der nach obigen Grundsätzen erhöhten Umsätze.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Ap.-Berichts für die M./K. GbR vom 28.12.1989 (St.-Nr. 231/48600/Ab-Nr. 513/10/89) Bezug genommen (Bl. 153 ff. rote Hilfsakte "Strafbefehl").
Gegenstand der Besprechungen vom 10.07.1990 und 16.10.1990, an denen aber kein Vertreter des für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung zuständigen FA W. teilgenommen hatte, waren auch die Verhältnisse der GbR.
Allerdings hat das FA in der Aufstellung "Änderungen gegenüber dem Bp.-Bericht" als Ergebnis der Einigung Gewinnanteile des Kl. an der GbR (Betrieb "P. II.") in Höhe von 50. 545 DM (1987) und 38. 208 DM (1988) aufgeführt, denen - anders als bei den Gewinnen des Einzelunternehmens des Kl. "P. I." - nicht mehr der von der Ap. angewendete Reingewinnsatz von 40 v.H., sondern für 1987 ein solcher von 20,28 v. H. und für 1988 ein solcher von 16,74 v. H. zugrundeliegt.
Der Einspruch des Kl. hatte keinen Erfolg. Das FA ging in der Einspruchsentscheidung davon aus, daß aufgrund der Einwendungen des Kl. gar keine Einigung stattgefunden habe, und setzte die Gewinne betr. das Einzelunternehmen "P. I." nach entsprechendem Verböserungshinweis wieder in der Höhe der aufgrund der Ap. ergangenen Gewinnfeststellungsänderungsbescheide fest. Da es das Einigungsergebnis nicht mehr für verbindlich hielt, erließ es auch nicht mehr diesem entsprechende Umsatzsteueränderungsbescheide und wies die gegen die aufgrund der Ap. ergangenen Umsatzsteueränderung- bzw. Erstbescheide eingelegten Einsprüche zurück.
Mit der Klage verfolgt der Kl. in erster Linie das Ziel, ausgehend von der Verbindlichkeit des Einigungsergebnisses, die Umsatzsteuer 1986 bis 1988diesem entsprechend auf die in der Anlage zu den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 1986 bis 1988 unter "II. Umsatzsteuer" errechneten Beträge herabzusetzen und die Gewinne 1987 und 1988unter Zugrundelegung der in dieser Anlage (dem Einigungsergebnis entsprechend) aufgeführten Erlösen von 560. 784 DM (1987) und 551. 296 DM (1988) unter Anwendung eines geringeren Reingewinnsatzes (11 v.H.) herabzusetzen.
Der Kl. ist der Auffassung, in der Besprechung vom 16.10.1990 habe man sich bindend über die Höhe des Wareneinsatzes und des Rohgewinnaufschlagsatzes und damit der Erlöse als Grundlagen für die Gewinnermittlung geeinigt mit der Folge, daß sowohl er als auch das FA hieran gebunden seien. Aufgrund dieser Einigung müsse zwangsläufig der Berechnung der Reingewinne der beiden Streitjahre nicht mehr der aus den ursprünglichen Zuschätzungen abgeleitete Reingewinnsatz von 35 v.H., sondern der aus den Änderungen der Vorjahre abgeleitete niedrigere durchschnittliche Reingewinnsatz von rd. 11 v.H. zugrundegelegt werden. Der vom FA angewandte Reingewinnsatz von 35 v.H. falle nicht nur aus dem betriebsexternen Rahmen der Richtsatzsammlung, nach der Reingewinnsätze zwischen 8 und 24 v.H. für Gast- und Speisewirtschaften mit einem Küchenwarenanteil von über 25 v.H. des Wareneinsatzes ermittelt seien, sondern nunmehr auch aus dem betriebsinternen Vergleich zu den Vorjahren. Dies könne nicht richtig sein. Man habe bei der Einigung zwar den für die Streitjahre 1987 und 1988 anzuwendenden Reingewinnsatz nicht ausdrücklich festgelegt, dieser ergebe sich aber aus der Logik und Konsequenz des Ermittlungsschemas der Ap. in Verbindung mit den in der Besprechung vom 16.10.1990 einvernehmlich geänderten Grunddaten (11 nach Gewerbesteuerrückstellung).
Wolle man davon ausgehen, daß der anzuwendende Reingewinnsatz von der Einigung losgelöst sei/sei jedenfalls kein Grund ersichtlich, den Mittelwert von 16 v.H. der Richtsatzsammlung zu überschreiten.
Für den Fall, daß es überhaupt an einer tatsächlichen Verständigung, selbst in Teilbereichen, fehle, sei die Schätzung des FA zu hoch.
Zum einen enthalte die Aussage des Anzeigenerstatters, wonach die Hälfte des Fleisches schwarz eingekauft sei, Brüche, da er einerseits ausgesagt habe, er wisse dies so genau, weil er die Einkäufe im allgemeinen auch bezahlt habe, später aber habe einräumen müssen, nur zu wissen, wer die Lieferanten gewesen seien, sie aber gar nicht persönlich zu kennen.
Auch dessen Glaubwürdigkeit sei anzuzweifeln, weil es sich um den geschiedenen Ehemann der Tochter des Kl. handele, der noch dazu Türke sei und sich Griechen und Türken nicht verstünden.
Der vom FA angenommene Rohgewinnaufschlag sei zu hoch. Der mittlere Rohgewinnaufschlag lt. Richtsatzsammlung für Gaststätten mit Küchenwarenanteil von mehr als 25 v.H. betrage 178 v.H.; diesen könne der Kl. gar nicht erreichen, weil griechische Gaststätten besonders preiswert seien und daher schon mit geringeren Aufschlagsätzen arbeiteten, zudem der Küchenwarenanteil mit 70 v. H. sehr hoch sei. Nach Kalkulation des Kl., gestützt auf die ab 01.01.1986 gültigen Preise, habe er einen Rohgewinnaufschlagsatz bei den Hauptgerichten Souvlaki und Giros von 103 bzw. 111 . Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.01.1991 (Bl. 4-15 GA) Bezug genommen.
Der Kl. beantragt,
den Gewinn aus Gewerbebetrieb auf 61. 686 DM für 1987 und auf 60. 642 DM für 1988 festzustellen und die Umsatzsteuer auf
1985 | 17.681,65 DM, |
---|---|
1986 | 14.473,11 DM, |
1987 | 27.552,96 DM, |
1988 | 34.596,94 DM |
festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Auffassung, in der Besprechung am 09.07.1990 habe man sich über den anzuwendenden Reingewinnsatz nicht verständigt, sondern lediglich über die Höhe des Wareneinsatzes und der Rohgewinnaufschlagsätze, ferner darüber, daß noch eine Gewerbesteuerrückstellung zu berücksichtigen sei. Dies habe zur Folge, daß es entweder bei dem bisher berücksichtigten Reingewinnsatz von 35 v.H. verbleiben müsse, da man über die Höhe des anzuwendenden Reingewinnsatzes für die Jahre 1987 und 1988 keine Abreden getroffen habe, oder aber, daß die Einigung insgesamt, da man eine Gesamtbereinigung habe erzielen wollen, nicht wirksam sei, wenn man diesen Punkt nunmehr hiervon ausklammern wolle. Denn man habe sich nicht nur über einzelne Punkte (Besteuerungsgrundlagen, Jahre) einigen und andere Fragen offenlassen wollen. Ergebnis könne deshalb nur eine Gesamteinigung oder keine Einigung sein. In letzterem Falle müsse es bei den Besteuerungsgrundlagen der Ap. und Einspruchsentscheidung verbleiben.
Ausgangspunkt der Verhandlungen sei es gewesen, sich etwa auf der Hälfte zu einigen. Nach dem Inhalt der Einigung, wie sie das FA verstanden habe und sie ihren Niederschlag in den nach der Besprechung am 16.10.1990 ergangenen geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden gefunden habe, seien die Gewinne auf etwa 38 (535. 395 DM zu 1.374. 430 DM) der Gewinne lt. Ap. herabzusetzen gewesen. Nach dem im Aussetzungsbeschluß vom 10.11.1994 (Az. II 209/91 V) für möglich gehaltenen Ergebnis (Reingewinnsatz 11 v.H.) verblieben dagegen nur noch rd. 23 der Gewinne lt. Bp. Auf ein solches Einigungsergebnis hätte sich das FA nie eingelassen.
Im übrigen kämen, wolle man die in der Besprechung vom 16.10.1990 verbliebene Lücke durch Auslegung schließen, mehrere Lösungsmöglichkeiten in Betracht. Jedenfalls scheide hierfür der aus den Vorjahren abgeleitete Reingewinnsatz, wie ihn der Kl. erstrebe, aus; denn einerseits seien für 1985 die Betriebeausgaben geschätzt und andererseits habe man bei der Festlegung der Aufschlagsätze dem im Hinblick auf das Strafverfahren geäußerten Wunsch des Kl. entsprochen und steigende Aufschläge auf den Wareneinsatz sowie steigende Rohgewinnaufschlagsätze vereinbart.
Letztlich sei die Vereinbarung vom 16.10.1990 aber auch schon deshalb nicht bindend, weil mit ihr auch Rechtsfragen verbunden gewesen seien; der Kl. habe nämlich die Berichtigungsmöglichkeit für 1983 aus verfahrensrechtlichen Gründen angezweifelt - das FA hätte Steuerhinterziehung nachweisen müssen -, sich dann aber mit einer Berichtigung auch für 1983 einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des FA vom 15.12.1994 mit Anlagen Bezug genommen (Bl. 36-60 GA).
In der mündlichen Verhandlung wies der Vertreter des FA unter Vorlage von 3 Bänden Steuerfahndungsakten nebst 7 Beiheften darauf hin, daß nach einer darin enthaltenen Vermögenszuwachsrechnung ungeklärte Vermögenszuwächse in Höhe von 192 TDM (1987) und 111 TDM (1988) festgestellt worden seien. Auch deshalb könne die Vereinbarung vom 16.10.1990, weil zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führend, nicht verbindlich sein. Der Vertreter des FA stellte den Antrag, über den ungeklärten Vermögenszuwachs Beweis zu erheben.
Gründe
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.
Die Beteiligten sind an den Inhalt der Vereinbarung vom 16.10.1990, soweit sie sich darin über Sachverhaltsunklarheiten und -ungewißheiten verständigt haben, gebunden. Die für die Streitjahre 1987 und 1988 offengebliebene Frage des anzuwendenden Reingewinnsatzes war, da man sich hierüber nicht verständigt hat, nach den allgemeinen Regeln zu entscheiden, wonach Schätzungen von Besteuerungsgrundlagen an einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu orientieren sind, wirtschaftlich vernünftig und möglich und in sich schlüssig sein müssen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18.12.1984 VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226).
1. Nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Steuervereinbarungen, d.h. Vereinbarungen über den Steueranspruch (Steuerverträge, Steuervergleiche, Steuerabsprachen) in Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung unzulässig.
Gleichwohl sind entgegen einem Teil der Literatur (vgl. die Nachweise im BFH-Urteil vom 5. Okt. 1990 III R 19/88, BStBl II 1991, 45, [BFH 05.10.1990 - III R 19/88] und bei Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 201 Abgabenordnung - AO - Fußnote 15) Absprachen im Bereich der Sachverhaltsermittlung, sog. sachverhaltskonkretisierende Absprachen, zulässig (ständige Rechtsprechung: BFH-Urteile vom 11.12.1984 VIII R 131/76, BStBl II 1985, 354 mit Hinweisen auf ältere Rechtsprechung; vom 05.10.1990 III R 19/88, BStBl II 1991, 45; vom 06.02.1991 I R 13/86, BStBl II 1991, 673; vom 31.07.1991 I R 5/89, BStBl II 1992, 264; vom 23.05.1991 V R 1/88, BFH/NV 1991, 846; zuletzt vom 28.07.1993 XI R 68/92, Betriebsberater - BB - 1994, 633 mit Anm. Bilsdorfer), soweit hierfür ein Bedürfnis besteht und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht verletzt werden.
2. Es kann offenbleiben, ob die Bindungewirkung der im Grundsatz anerkannten tatsächlichen Verständigung aus Treu und Glauben (so der BFH und ein Teil der Literatur) abzuleiten ist oder die tatsächliche Verständigung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (so z.B. Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 201 AO Rdn. 171 - Vertrag sui generis; Knepper, BB 1980, 168; von Wedelstädt, Der Betrieb - DB - 1991, 515; Bilsdorfer in Anm. zum BFH-Urteil vom 28.07.1993 XI R 68/92, BB 1994, 633, 634; Rößler, DB 1991, 2458; Schwarz, § 201 AO Anm. 2, § 78 AO Anm. 20; FG-Hamburg vom 04.12.1991 II 125/89, EFG 1992, 379) ist.
Nach der oben angeführten Rechtsprechung des BFH ist eine tatsächliche Verständigung zulässig, wenn sich die Beteiligten in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung über die Annahme bestimmter Sachverhalte einigen, keine rechtlichen Streitfragen geregelt werden und die Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Ferner müssen die maßgebenden Erklärungen wirksam abgegeben sein, d.h. sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA müssen wirksam vertreten sein, wobei der BFH auf Seiten des FA die Beteiligung eines nach der inneren behördlichen Organisation für die Festsetzung zuständigen Amtsträgers, in der Regel für die Veranlagung zuständigen Beamten (Sachgebietsleiter, Vorsteher) u. U. auch des Leiters der Rechtsbehelfsstelle oder im Rahmen der veranlagenden Ap. des Prüfers (BFH-Urteile vom 05.10.1990 III R 19/88, a.a.O.; vom 06.02.1991 I R 13/86, a.a.O.; vom 28.07.1993 XI R 68/92, a.a.O.) für erforderlich und eine Vertretung oder nachträgliche Genehmigung der Erklärungen eines nicht in diesem Sinne entscheidungsbefugten Beamten wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens für nicht zulässig hält.
Diese Voraussetzungen und Einschränkungen müssen auch gelten, wenn man die tatsächliche Verständigung als öffentlich-rechtlichen Vertrag ansieht und ihre Bindungswirkung hieraus ableitet, unabhängig davon, ob man dem BFH bei der Einschränkung in der Vertretung des FA zu folgen vermag (vgl. die Kritik bei Bilsdorfer, a.a.O.), denn die im Verwaltungsverfahren vorgesehenen Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 54-62 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -) mit den dort wiederum vorgesehenen Verweisungen auf Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wären mangels besonderer Vorschriften in der Abgabenordnung (AO) oder Einzelsteuergesetzen nur entsprechendanzuwenden.
Umgekehrt ist, leitet man die Verbindlichkeit einer tatsächlichen Verständigung mit dem BFH aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ab, zu bedenken, daß diese nicht auf ein tatsächliches Verhalten, sondern auf der Abgabe von Willenserklärungen beruht, mithin die Vorschriften des BGB über die Abgabe und Anfechtung von Willenserklärungen anzuwenden sind, soweit nicht Besonderheiten des Steuerrechts entgegenstehen. Ebenso sind, soweit mit den Besonderheiten des Steuerrechts vereinbar, die Regelungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag entsprechendanzuwenden, sind die Rechtsgedanken des öffentlichen Vertragsrechts heranzuziehen.
Im Ergebnis muß dies zu deckungsgleichen Entstehungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen führen, gleichgültig, ob man die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder aus den Grundsätzen von Treu und Glauben herleitet.
3. Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer bindenden tatsächlichen Verständigung nach den o.g. Grundsätzen gegeben,
a) Bei der Vereinbarung vom 16.10.1990 waren der Kl. durch seinen Prozeßbevollmächtigten, das FA durch den Leiter der Rechtsbehelfsstelle jeweils wirksam vertreten.
b) Die Beteiligten haben sich auch nur über schwer zu ermittelnde Sachverhalte geeinigt.
So waren nach den Feststellungen des FA für Fahndung und Strafsachen, und dieses hat der Kl. auch eingeräumt, jedenfalls die Wareneinsätze und die Erlöse nicht vollständig in den Gewinnermittlungen erfaßt. Dies berechtigte das FA zur Schätzung gem. § 162 AO, da insoweit das Buchführungsergebnis offensichtlich materiell falsch war; für die Streitjahre 1987 und 1988 war es hierzu schon deshalb berechtigt, weil der Kl, seinen Gewinn überhaupt nicht ermittelt hatte, es somit schon an einer formell ordnungsmäßigen Buchführung fehlte. Für diese berechtigte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen fehlte es an konkreten Unterlagen, aus denen sich die Höhe der Besteuerungsgrundlagen oder von Teilen der Besteuerungsgrundlagen, wie Wareneinsatz, Rohgewinnaufschlagsatz oder Reingewinnsatz, ermitteln ließe. Eine sichere Feststellung der Besteuerungsgrundlagen war trotz der Bemühungen während der Fahndungs- und Außenprüfung nicht möglich. Indem sich die Beteiligten über die Höhe der Wareneinsätze und der Rohgewinnaufschlagsätze und damit im Ergebnis die Höhe der Erlöse einigten, haben sie sich über schwer zu ermittelnde Sachverhalte in zulässiger Weise verständigt.
c) Die Beteiligten haben sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht etwa zusätzlich über Rechtsfragen verständigt.
Es mag zwar zutreffen, daß der Bevollmächtigte des Kl. auch bei der Besprechung am 16.10.1990 noch, wie es im Aktenvermerk vom 10.07.1990 über die erste Besprechung festgehalten ist, die Auffassung vertreten hat, für 1983 sei eine Änderung der Steuerbescheide nicht mehr möglich, weil diese Jahre schon einmal Gegenstand einer Ap. gewesen sind. Dies war indes keine Rechtsfrage, sondern eine Frage des Sachverhalts, denn es bestand nicht etwa Streit über die Auslegung der Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 2 Satz 1 AO (Änderung nach einer Ap. nur bei Steuerhinterziehung oder darüber, ob schon die normale Festsetzungsfrist von vier Jahren abgelaufen war, sondern es ging um die Feststellung von Tatsachen, nämlich ob auch 1983 die Betriebseinnahmen zu niedrig erklärt waren mit der zwangsläufigen Folge der Steuerhinterziehung und der Änderungsmöglichkeit nach § 173 AO trotz vorausgegangener Ap. und einer auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 AO). Nach dem Inhalt des Vermerks vertrat der Bevollmächtigte nämlich die Auffassung, "das Ermittlungsergebnis rechtfertige keine Änderung nach § 173 Abs. 2 AO", d.h. es sei nicht nachgewiesen, daß der Kl. zu niedrige Betriebseinnahmen erklärt hatte; streitig war also das Ermittlungsergebnis und damit eine Frage tatsächlicher Art. Aus diesem Vorbringen des Klägervertreters resultierte ferner die Auffassung, daß möglicherweise auch wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist eine Änderung nicht mehr möglich sei.
Zudem haben sich die Beteiligten auch für das Jahr 1983 schließlich im Tatsächlichen verständigt, indem auch hier ein Aufschlag auf den erklärten Wareneinsatz und die Höhe des Rohgewinnaufschlagsatzes einvernehmlich festgelegt wurden, hat der Kl. mithin den Tatbestand der Verkürzung von Steuern auch für dieses Jahr eingeräumt. Selbst wenn der Ablauf der normalen Festsetzungsfrist als Rechtsfrage im Streit gewesen wäre, wäre es hierauf nicht mehr angekommen, so daß man sich sogar in diesem Falle nicht über eine Rechtsfrage, sondern nur über Tatfragen verständigt hätte. Die Rechtsfrage wäre gegenstandslos gewesen.
Der Senat braucht deshalb nicht darüber zu befinden, ob eine Verständigung über schwer festzustellende Tatsachen und die Behandlung von Rechtsfragen notwendigerweise dazu führen muß, daß die Verständigung insgesamt unwirksam ist oder ob die Einigung im Tatsächlichen gleichwohl Bestand haben kann, während die Einigung über Rechtsfragen keine Verbindlichkeit entfaltet - in diesem Zusammenhang wäre an eine entsprechende Anwendung des § 59 Abs. 2 VwVfG zu denken, wonach bei Nichtigkeit eines Teils eines Vertrags der Vertrag in seiner Gesamtheit nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, daß er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre -.
d) Auch die übrigen Einwendungen des FA sind nicht stichhaltig.
aa) Zwar hat man sich, weil es unstreitig keinem der Beteiligten der Besprechung am 16.10.1990 bewußt war, nicht über einen weiteren schwer zu ermittelnden Umstand im Tatsächlichen geeinigt, nämlich über den 1987 und 1988 auf die im Wege der Einigung festgelegten Erlöse anzuwendenden Reingewinnsatz. Denn da für diese Streitjahre keine Gewinnermittlung vorlag, konnte nicht auf einer solchen, wie in den Vorjahren, aufgebaut werden.
Dies vermag aber an der Verbindlichkeit der Einigung über die anderen Punkte nichts zu ändern. Zwar wäre entsprechend § 62 VwVfG i.V.m. § 154 BGB bei einem offenen Einigungsmangel die Einigung dann nicht bindend, wenn nach der Erklärung auch nur einer Partei über diesen Punkt eine Einigung hätte erfolgen sollen; indes fehlte es an einem solchen Begehren auch nur einer Partei, weil beide Parteien diesen Punkt nicht bedacht haben. Aus demselben Grunde scheidet auch ein verdeckter Einigungsmangel i.S.d. § 155 BGB aus, so daß die dortige Auslegungsregel - Verbindlichkeit, wenn der Vertrag auch ohne Bestimmung über diesen Punkt geschlossen wäre - ausscheidet.
bb) Der Einwand des FA, die Einigung könne nicht - wie im Aussetzungsbeschluß in dieser Sache - dahin ausgelegt werden, daß entsprechend dem Vorgehen des Betriebsprüfers der aus den nunmehr festgelegten Ergebnissen der Jahre vor 1987 ableitbare durchschnittliche Reingewinnsatz von 11 v.H. für die Streitjahre 1987 und 1988 anzuwenden sei, weil beide Beteiligte mit dem Ziel in die Verhandlung gegangen seien, sich etwa auf der Hälfte zu einigen, so aber gerade noch 23 v. H. des Bp.-Ergebnisses verblieben, geht fehl.
Unterstellt, die Einigung wäre so auszulegen, wie es der Senat im Aussetzungsbeschluß für die dort anzustellende summarische Prüfungfür möglich gehalten hat, so wären die Beteiligten auch daran gebunden. Das FA hätte sich insoweit lediglich in einem Motivirrtum bei der Abgabe seiner Erklärungen befunden. Indes berechtigt ein bloßer Motivirrtum nicht zur Anfechtung von Willenserklärungen entsprechend § 62 VwVfG i.V.m. § 119 BGB.
Im übrigen legt der Senat die tatsächliche Verständigung nicht aus, sondern schätzt (dazu weiter unten) den Reingewinnsatz, da hierüber, wie oben dargestellt, gerade keine Verständigung, auch nicht bei Auslegung der Vereinbarung, erfolgte.
e) Schließlich führt die getroffene Vereinbarung als tatsächliche Verständigung auch nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis.
Offensichtlich unzutreffend wäre das Ergebnis zwar dann, wenn sich für die streitigen Jahre insgesamt lediglich zusätzliche Gewinne in einer Höhe ergäben, die zusammen mit den gebuchten Entnahmen bei den anderen GbR, an denen der Kl. noch beteiligt war, und sonstigen erklärten oder steuerfreien Einnahmen im Privatbereich die privaten Ausgaben des Kl. offensichtlich nicht deckten. Dies kann allerdings im Hinblick auf einen möglicherweise ungeklärten Vermögenszuwachs von rd. 192 TDM in 1987 und rd. 111 TDM in 1988, wie er nach Auffassung des FA bei der Fahndungsprüfung festgestellt worden ist, nicht losgelöst von dem für die Schätzung in den Streitjahren 1987 und 1988 anzuwendenden Reingewinnsatz beurteilt werden.
Der vom Senat als zutreffend erachtete Reingewinnsatz von 24 v.H. (dazu die nachfolgenden Ausführungen unter 5. und 6.) führt indes zu Gewinnen in Höhe von 134. 588 DM (1987) und 152. 311 DM (1988), durch die zusammen mit den ebenfalls durch Reingewinnschätzung sich ergebenden Gewinnanteilen des Kl. an der M./K. GbR der vom FA behauptete Vermögenszuwachs mehr als abgedeckt ist (dazu unter 5.), mithin zu keinem unzutreffenden, schon gar nicht offensichtlich unzutreffenden Ergebnis.
4. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Kl, kann zum Zwecke der Schätzung, deren Ziel es ist, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, daß sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen, nicht der aus den Vorjahren bis 1986 aus der tatsächlichen Verständigung abgeleitete durchschnittliche Reingewinnsatz zugrunde gelegt werden. Dem steht entgegen, daß die Beteiligten für die Vorjahre - für die tatsächliche Verständigung unschädlich - nur geringe Zuschläge auf den Wareneinsatz festgelegt haben und im Veranlagungszeitraum 1985 schon nur auf einem Schätzungsergebnis aufbauten, mithin dem Ergebnis für 1985 nicht nachgewiesene, sondern geschätzte Betriebsausgaben zugrundeliegen.
Die von den Beteiligten festgelegten Erlöse führen außerdem zu einem Erlössprung zwischen dem Zeitraum 1983 bis 1986 (Erlöse durchschnittlich 342 TDM) und 1987/1988 (Erlöse durchschnittlich 556 TDM). Da die überwiegenden Kosten des Betriebes, insbesondere Miete, Raumkosten, Versicherungen, Beiträge, Werbekosten, Instandhaltung, Telefon und Beratung weitgehend unabhängig von den erzielten Umsätzen und damit weitgehend gleichbleibend sind, muß bei einer starken Erhöhung der Erlöse notwendig der Reingewinnsatz stark ansteigen. Hinzu kommt, daß nach dem Ergebnis der Einigung im Verhältnis zu den Vorjahren auch der Rohgewinnaufschlagsatz angehoben ist. Aus dem betriebsinternen Ergebnis kann daher der für Schätzungszwecke anzuwendende Reingewinnsatz nicht abgeleitet werden.
Mangels anderer Anhaltspunkte schätzt der Senat den Reingewinnsatz mit dem oberen Satz der für die Jahre 1987 und 1988 geltenden Richtsätze von 24 v.H. (Richtsatzsammlung für Gewerbetreibende der Oberfinanzbezirke Bremen, Hamburg, Hannover und Kiel: lfd. Nr. 24 "Gast- und Speisewirtschaften mit einem Küchenwarenanteil über 25 v.H. des Wareneinsatzes"), so daß sich Gewinne in Höhe von 134. 588 DM (24 v.H. von 560. 787 DM) für 1987 und 152. 311 DM (24 v.H. von 551. 296 DM) für 1988 ergeben. Dabei rechtfertigt sich der obere Richtsatzwert nach Auffassung des Senats insbesondere aus der obigen Überlegung, wonach bei erheblichen Umsatzsteigerungen ohne Steigerung der übrigen Betriebsausgaben in demselben Verhältnis der Reingewinnsatz zwangsläufig ansteigt.
Daß das gewonnene Ergebnis dem an Schätzungen zu stellenden Wahrscheinlichkeitsgrad genügt, zeigt auch folgende Überlegung: Der Kl. hatte in den Jahren 1983, 1984 und 1986, für die er noch seine Betriebsausgaben aufgezeichnet hatte, im Durchschnitt rd. 195 TDM übrige Betriebsausgaben, d.h. Betriebsausgaben ausschließlich Wareneinsatz. Nach dem Einigungsergebnis betrug der Rohgewinn 353 TDM in 1987 und 347 TDM in 1988 (Zeile 6 der Anlage zu den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 1987 und 1988 vom 26.10.1990, dort unter I Einkommensteuer), so daß nach Abzug der mit 24 v. H. anzusetzenden Gewinne von rd. 135 TDM (1987) und rd. 132 TDM (1988) als übrige Betriebsausgaben rd. 218 TDM (1987) und rd. 215 TDM (1988) verblieben. Damit sind in diesem Betriebsausgabenbereich hinreichend umsatzabhängige Mehrausgaben gegenüber den Vorjahren einschl. der Gewerbesteuerrückstellung abgedeckt. Der Kl. muß ohnehin Schätzungsunschärfen hinnehmen, denn er hätte seine Betriebsausgaben schließlich aufzeichnen und nachweisen können.
5. Entgegen der Auffassung des FA ist zwar durch die in Beiheft 6 der Fahndungsakten enthaltene Zusammenstellung "ungeklärter Geldzuflüsse" nachgewiesen, daß der Kl. nicht alle Betriebseinnahmen erklärt haben kann, was er ohnehin zugestanden hat, indes ist die behauptete Höhedes ungeklärten Vermögenszuwachses von rd. 192 TDM (1987) und 111 TDM (1988) nicht mit der notwendigen Sicherheit und Wahrscheinlichkeit durch die getroffenen Feststellungen belegt.
Als Schätzungsmethode zum Nachweis von Gewinnverkürzungen, insbesondere zur Höhe solcher Gewinnverkürzungen, sind Geldverkehrsrechnungen als Gesamtgeldverkehrsrechnung oder auf das Privatvermögen beschränkte Teilgeldverkehrsrechnungen (private Geldverbrauchsrechnungen) sowie Vermögenszuwachsrechnungen geeignet (vgl. zu diesen Methoden BFH-Urteile vom 08.07.1981 VIII R 79/80, BStBl II 1982, 369 zur privaten Geldverbrauchsrechnung; vom 02.03.1982 VIII R 225/80, BStBl II 1984, 504 zur Geldverkehrsrechnung und Teilgeldverkehrsrechnung; vom 28.05.1986 I R 265/83, BStBl II 1986, 732 zur Vermögenszuwachsrechnung; und vom 20.10.1966 IV 142, 311/63, BStBl III 1967, 211 grundlegend zur Vermögenszuwachsrechnung). Mit diesen Rechnungen, insbesondere deren Genauigkeit, hat die vorliegende Zusammenstellung des FA nichts gemein. In der Zusammenstellung sind lediglich Bareinzahlungen auf Konten des Kl. ohne weitere Erläuterung als "ungeklärt" bezeichnet. Es handelt sich dabei regelmäßig um geleistete Bareinzahlungen, in wenigen Fällen um Scheckeinreichungen, die dann als "ungeklärte Beträge" aufaddiert worden sind. Zwar wurde bei deckungsgleichen Barabhebungen und Einzahlungen auf verschiedenen Konten an denselben Tagen kein ungeklärter Geldzufluß angenommen; indes wurden andere, nicht auf diese Weise unmittelbar korrespondierende Barabhebungen in die Rechnung nicht einbezogen. Es würden allerdings auch nach Abzug nicht zugeordneter Barabhebungen von den "nicht geklärten (Bar-)Geldzuflüssen" noch größere Differenzbeträge verbleiben. Die Rechnung belegt damit zwar, daß nicht geklärte Vermögenszuwächse, mithin nicht erklärte Betriebseinnahmen vorhanden waren, nicht aber mit der notwendigen Sicherheit deren Höhe.
Es kann allerdings auch dahinstehen, ob in 1987 und 1988 die vom FA behaupteten, ungeklärten Vermögenszuwächse der Höhe nach zutreffen.
Denn außer den vom Senat für zutreffend gehaltenen Reingewinnen von rd. 135 TDM (1987) und 132 TDM (1988) standen dem Kl. aus der M./K. GbR, bei der ebenfalls für diese beiden Jahre mangels vorhandener Gewinnermittlungen Reingewinnschätzungen durchzuführen waren, Reingewinnanteile von rd. 50 TDM (1987) und 38 TDM (1988) zur Verfügung, insgesamt also Reingewinn aus Vollschätzungen in Höhe von rd. 185 TDM (1987) und 170 TDM (1988), zusammen rd. 355 TDM.
Damit wären die vom FA behaupteten ungeklärten Vermögenszuwächse jedenfalls abgedeckt. Dabei sei darauf hingewiesen, daß die dem Aktenvermerk vom 16.10.1990 nachgeheftete Anlage, die die Ergebnisse der Einigung wiedergibt, für die GbR Reingewinne von 20,28 v.H. (Gesamtgewinn 101. 090 DM/498. 442 DM Erlöse lt. Zusammenstellung "Änderungen gegenüber dem Bp.-Bericht" in roter Fahndungsakte - Hilfsakte -) für 1987 und 16,74 v.H. (Gesamtgewinn 76. 416 DM/456. 383 DM Erlöse lt. o.g. Zusammenstellung) für 1988, während die Ap. einen solchen von 40 v. H. zugrundegelegt hatte. Insoweit ist man - ohne einsehbaren Grund - offenbar im Streitfall und bei der GbR unterschiedlich verfahren. Nach dem Einigungsergebnis, das auch die GbR betrifft, wäre indes wie im Streitfall ebenfalls ein Reingewinnsatz von 24 v.H. zugrundezulegen, so daß sogar geringfügig höhere Gewinnanteile zur Deckung des behaupteten ungeklärten Vermögenszuwachses zur Verfügung stünden.
Auch mögliche Barentnahmen bei den übrigen GbR, an denen der Kl. beteiligt war, hat die Ap. offensichtlich nicht geprüft. Damit erweist sich der vom Senat angewendete Reingewinnsatz von 24 v.H. als der Wahrscheinlichkeit sehr nahekommend und damit für den Schätzungszweck zutreffend.
Einer Beweiserhebung über den von FA behaupteten (ungeklärten) Vermögenszuwachs bedurfte es nicht, da dieser, als wahr unterstellt, zu keinem anderen Ergebnis führen könnte.
Nach alledem sind die in der tatsächlichen Verständigung einvernehmlich festgelegten Erlöse verbindlich. Damit ist die Umsatzsteuerklage, mit der der Kl. Herabsetzung der Umsatzsteuer auf die in der Anlage zu den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden vom 26.10.1990 aufgeführten Höhe begehrt, begründet, und sind die gesondert festzustellenden Gewinne aus Gewerbebetrieb (P. I.), wie schon oben unter 4.) beziffert, auf 134. 588 DM für 1987 und 132. 311 DM für 1988 festzustellen.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -.
Die nach Verbindung der Klagen entstandenen Kosten haben gem. nachfolgender Rechnung der Kl. zu 22 v.H. und das FA zu 78 v.H. zu tragen.
Die Unterliegensquote für den Kl. errechnet sich dabei wie folgt:
a) Gewinnfeststellung
1987 | 1988 | |
---|---|---|
DM | DM | |
Gewinn lt. Einspruchsentscheidung v. 10.01.1991 | 265.067 | 299.081 |
Gewinn lt. Antrag | 61.686 | 60.642 |
begehrte Gewinnminderung | 203.381 | 238.439 |
Der Streitwert ist bei gesonderter Feststellung nach den Auswirkungen dieser Feststellung auf die Höhe der Einkommensteuer zu bemessen (BFH-Beschluß vom 23.01.1989 IV E 1/85, BFH/NV 1989, 718 m.w.N.).
1987 | 1988 | ||
---|---|---|---|
DM | DM | ||
zu versteuerndes Einkommen (z. v. E.) lt. Einkommensteuerbescheiden v. 19.03.1991/06.03.1991 | 381.900 | 421.642 | |
Minderung lt. Antrag | 203.381 | 238.439 | |
z.v.E. lt. Antrag | 178.519 | 183.203 | |
Einkommensteuer lt. Antrag | 68.444 | 65.514 | |
Einkommensteuer lt. o.a.Einkommensteuerbescheiden | 180.990 | 196.990 | |
Minderung der Einkommensteuerlt. Antrag | 112.546 | 131.476 | Sa. 244. 022 DM |
Gewinn lt. Einspruchsentscheidung | 265.067 | 299.081 | |
Gewinn lt. Urteil | 134.588 | 132.311 | |
weniger lt. Urteil | 130.479 | 166.770 | |
Zu versteuerndes Einkommen lt.Einkommensteuerbescheiden vom 19.03.1991/06.03.1991 | 381.900 | 421.642 | |
Gewinnminderung durch Urteil | 130.479 | 166.770 | |
zu versteuerndes Einkommen nach Urteilin Gewinnfeststellungssache | 251.421 | 254.872 | |
Einkommensteuer nach Urteil inGewinnfeststellungssache | 107.886 | 103.558 | |
Einkommensteuer lt. angefochtenenBescheiden | 180.990 | 196.990 | |
weniger | 73.104 | 93.432 | Sa. 166. 536 DM |
b) Umsatzsteuer
angefochtene | |||
---|---|---|---|
Bescheide | Antrag | ||
DM | DM | ||
Umsatzsteuer 1985 | 39.374 | 17.681 | |
Umsatzsteuer 1986 | 45.786 | 14.473 | |
Umsatzsteuer 1987 | 50.044 | 27.552 | |
Umsatzsteuer 1988 | 74.206 | 34.596 | |
gesamt | 209.410 | 94.302 | |
./. 94.302 | |||
weniger lt. Antrag | 115.108 |
c) Gesamtstreitwert und Gesamtergebnis:
Streitwert: | DM | ||
---|---|---|---|
Umsatzsteuer 1985 bis 1988 | 115.108 | ||
Gewinnfeststellung 1987 | 112.546 | ||
Gewinnfeststellung 1988 | 131.476 | ||
Streitwert | 359.130 | 359.130 | |
erreicht weniger | |||
Umsatzsteuer 1985 bis 1988 | 115.108 | ||
Gewinnfeststellung 1987 | 73.104 | ||
Gewinnfeststellung 1988 | 93.432 | ||
281.644 | 281.644 | ||
Kläger unterliegt mit: | 77.486 | = 21,58 v. H. |
Die in der Gewinnfeststellungssache bis zur Klageverbindung entstandenen Kosten haben der Kl. zu 32 v. H. (begehrte Minderung bezogen auf die Einkommensteuer 244. 022 DM/erreichte Minderung 166. 536 DM/Kl. unterlegen mit 77. 486 DM entsprechend 31,75 v.H.) und das FA zu 68 v. H., die bis zur Klageverbindung in der Umsatzsteuersache entstandenen Kosten hat das FA allein zu tragen, da der Kl. insoweit voll obsiegt hat.
Die Entscheidung Über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.