Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 08.06.2005, Az.: 4 W 107/05

Abberufung; Abrechnungsanspruch; Abrechnungszeitraum; alter Wohnungseigentumsverwalter; Bestellungszeitpunkt; Eigentumswohnanlage; Eigentumswohnung; Eintrittszeitpunkt; Erstellungspflicht; Fälligkeitseintritt; Hausgeldabrechnung; Jahresabrechnung; laufendes Wirtschaftsjahr; neu bestellter Verwalter; Neubestellung; neuer Wohnungseigentumsverwalter; Verwalteraufgabe; Verwalterwechsel; voriges Wirtschaftsjahr; Vorjahr; Wohngeldabrechnung; Wohnungseigentumsanlage

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
08.06.2005
Aktenzeichen
4 W 107/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50908
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 04.05.2005 - AZ: 6 T 33/05

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 24. Mai 2005 gegen den am 13. Mai 2005 zugestellten Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. Mai 2005 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt, die auch die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Verfahren der weiteren Beschwerde zu tragen hat.

Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Mit ihrem am 4. November 2004 eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft von dem mit Wirkung zum 1. August 2004 zum neuen Verwalter bestellten Antragsgegner die Aufstellung der Hausgeldabrechnung für das Kalenderjahr 2003, nachdem sie den Antragsgegner außergerichtlich vergeblich zur Abrechnung aufgefordert hatte. Die Antragstellerin benötigt die Abrechnung, um mit ihrem Mieter abrechnen zu können. Der Antragsgegner nahm lediglich eine Überprüfung aller Unterlagen des Vorverwalters über von den Eigentümern geleistete Zahlungen vor und fertigte eine Liste über Guthaben- und Nachzahlungsbeträge an. Außerdem hat der Antragsgegner behauptet, dass in einer von dem Vorverwalter einberufenen Wohnungseigentümerversammlung vom 2. August 2004 bereits die Hausgeldabrechnung für 2003 genehmigt und beschlossen worden sei.

2

Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. Mai 2004 mit der Begründung zurückgewiesen, dass nicht der Antragsgegner, sondern der alte Verwalter für die Abrechnung zuständig sei. Gegen diesen am 4. Januar 2005 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 13. Januar 2005 sofortige Beschwerde eingelegt, welche das Landgericht mit seinem am 13. Mai 2005 zugestellten Beschluss vom 4. Mai 2005 zurückgewiesen hat. Dagegen richtet sich die am 24. Mai 2005 eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

3

Die Antragstellerin rügt die Verletzung des § 28 Abs. 3 WEG. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift sei der „Verwalter“ zur Aufstellung der Jahresabrechnung verpflichtet und damit regelmäßig der im Amt befindliche Verwalter. Entscheidend sei, dass die Jahresabrechnung im Zeitpunkt der Bestellung des Antragsgegners noch nicht aufgestellt gewesen sei und dass der Antragsgegner im Zeitpunkt des Verlangens der Antragstellerin gemäß § 21 Abs. 43 WEG bestellter Verwalter gewesen sei. Dadurch, dass die Pflicht zur Abrechnung „nach Ablauf des Kalenderjahres“ entstehe, treffe die Abrechnungspflicht den mit Beginn des Wirtschaftsjahres bestellten neuen Verwalter. Die Aufstellung der Abrechnung stelle keine höchstpersönliche Verpflichtung dar, die nur von demjenigen Verwalter erfüllt werden könne, der im Zeitpunkt des Entstehens dieser Pflicht Verwalter sei. Dagegen sprächen auch pragmatische Gründe. Der ehemalige Verwalter habe Schwierigkeiten, die für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen zu besorgen bzw. Auskünfte einzuholen und besitze hierzu keine Befugnisse mehr. Er müsse die Unterlagen bei Beendigung des Amtes sogar unverzüglich der neuen Hausverwaltung übergeben. Gegen die Auffassung des Landgerichts spreche auch eine Entscheidung des OLG Stuttgart, die von einem Wahlrecht der Eigentümer zwischen altem und neuen Verwalter ausgehe. Da zu der Problematik eine höchstrichterliche Entscheidung nicht ergangen sei, werde angeregt, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen, sofern der Senat von der Auffassung des OLG Stuttgart abweichen wolle. Die Antragstellerin nimmt schließlich auf ihren Vortrag in den Vorinstanzen zur Begründung ihrer Ansicht Bezug, dass der Antragsgegner auch deshalb zur Aufstellung der Jahresabrechnung für 2003 verpflichtet sei, weil aus den Schreiben vom 18. August und 17. Dezember 2004 eine derartige Verpflichtung entnommen werden könne.

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Die Antragstellerin beantragt,

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unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Hannover vom 4. Mai 2005 den Antragsgegner zu verpflichten, die Hausgeldabrechnung betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft „A. S. B. in H.“ für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2003 aufzustellen.

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II. 1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG 27, 29 FGG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG). Der Beschwerdewert gemäß § 45 WEG ist erreicht, weil wegen der Rüge der fehlenden Jahresabrechnung für 2003 der Gesamtbetrag der von der Antragstellerin geleisteten Hausgeldzahlungen ihre Beschwer bestimmt und weil auch in Anbetracht der vorläufigen Streitwertangabe der Antragstellerin Anhaltspunkte dafür fehlen, dass dieser Betrag 750 € nicht übersteigt.

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2. In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Gemäß § 27 Abs. 1 FGG wäre das Rechtsmittel im Verfahren der weiteren Beschwerde in der Hauptsache nur begründet, wenn das Beschwerdegericht eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet hat und dessen Entscheidung gerade auf einer derartigen Verletzung des Rechts i. S. v. §§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG, 546 ZPO n. F. beruht. Bei der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung vermag der Senat jedoch keine Rechtsfehler festzustellen.

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Mit Recht haben die Vorinstanzen übereinstimmend angenommen, dass die Antragstellerin als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft von dem Antragsgegner als dem mit Wirkung zum 1. August 2004 bestellten Verwalter nicht gemäß §§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 3 WEG die Aufstellung der Hausgeldabrechnung für das Kalenderjahr 2003 verlangen kann, weil der Beklagte für diese Abrechnung nicht passiv legitimiert ist. Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob in einer Eigentümerversammlung vom 2. August 2004 bereits eine Hausgeldabrechnung für das Kalenderjahr 2003 genehmigt und beschlossen worden ist.

9

Zwar ist es bei einem Verwalterwechsel zum Jahresende Aufgabe des neuen Verwalters, die Jahresabrechnung für das vorangegangene Kalenderjahr vorzunehmen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rdnr. 64), wenn, wie im vorliegenden Fall gemäß Ziff. II. 12. der Teilungserklärung, das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr identisch ist. Die Verpflichtung des neuen Verwalters zur Vornahme der Abrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr beruht bei einem Verwalterwechsel zum Ende des Wirtschaftsjahres jedoch darauf, dass die Verpflichtung des Verwalters aus § 28 Abs. 3 WEG zur Vorlage der Abrechnung nicht schon mit dem Ablauf der Abrechnungsperiode, sondern erst nach Ablauf einer angemessenen Frist fällig wird, die höchstens 6 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres beträgt (vgl. vgl. BayObLG WE 1991, 223 f.). Nach der von dem Senat geteilten überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BayObLG WuM 1994, 44, 45; OLG Düsseldorf ZMR 2001, 375, 377; Bärmann/ Pick/Merle a. a. O.; Reichert, Die Abrechnungspflicht des Verwalters, ZWE 2001, 92 - 95;) trifft die Abrechnungspflicht denjenigen Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung dieser Pflicht das Verwalteramt innehat. Der Antragsgegner ist jedoch erst zum 1. August 2004 zum Verwalter bestellt worden. Die Pflicht zur Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2003 war indes spätestens mit Ablauf der ersten Hälfte des Jahres 2004 fällig, so dass deren Erfüllung dem damaligen Hausverwalter W. oblag.

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Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, schon der Wortlaut des § 28 Abs. 3 WEG stehe der Passivlegitimation des jeweils im Zeitpunkt des Entstehens der Pflicht im Amt befindlichen Verwalter für die Aufstellung der Abrechnung entgegen. Die in § 28 Abs. 3 WEG normierte Verpflichtung entsteht mangels abweichender Bestimmung mit dem Eintritt der Fälligkeit des Abrechnungsanspruchs. Auf den Zeitpunkt eines Abrechnungsverlangens der Eigentümerversammlung oder einzelner Wohnungseigentümer kommt es nach dieser Vorschrift gerade nicht an. Wenn aber die Pflicht zur Abrechnung nach Eintritt der Fälligkeit einmal in der Person des zu dieser Zeit amtierenden Verwalters entstanden ist, kann dieser Verwalter nicht durch sein Ausscheiden von der Pflicht zur Abrechnung befreit werden. Ihm steht allerdings, soweit erforderlich, ein Einsichtsrecht in die Belege zu, sofern er sie dem neuen Verwalter übergeben hat (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1993, 847 f. [OLG Hamm 17.03.1993 - 15 W 260/92]).

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Die von der Antragstellerin für ihre Auffassung angeführten pragmatischen Erwägungen überzeugen nicht. Nach Ablauf von 6 Monaten nach dem Ablauf des Wirtschaftsjahres liegen - anders als zu Beginn des neuen Wirtschaftsjahres - regelmäßig alle für die Erstellung einer Abrechnung erforderlichen Unterlagen vor. Im Gegenteil würde es auch aus praktischen Gründen nicht nachzuvollziehen sein, dass ein mit der Erfüllung seiner Abrechnungspflicht in Verzug befindlicher Verwalter von den Wohnungseigentümern nicht mehr auf die Aufstellung der Abrechnung in Anspruch genommen werden könnte, sobald die Wohnungseigentümer einen neuen Verwalter bestellt haben. Die Wohnungseigentümer haben an den alten Verwalter ein Honorar auch für die Erfüllung dieser in seiner Amtszeit geschuldeten Pflicht entrichtet, während das an den neuen Verwalter gezahlte Entgelt nicht als Gegenleistung für die Nachholung der bereits von dem früheren Verwalter geschuldeten Abrechnung anzusehen ist.

12

Mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht überdies zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner eine Verpflichtung zur Jahresabrechnung für 2003 auch nicht nachträglich in seinen Schreiben vom 18. August und 17. Dezember 2004 übernommen, sondern in diesen Schreiben lediglich die Übernahme der Verwaltung angezeigt und die Prüfung einer bereits vorliegenden Abrechnung für 2003 angekündigt hat. Die weitere Beschwerde beschränkt sich insoweit auf die bloße Bezugnahme auf das frühere Vorbringen der Antragstellerin.

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Für eine Vorlage der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 und 3 FGG besteht keine Veranlassung, weil der Senat mit seiner Rechtsauffassung zur Passivlegitimation für die Jahresabrechnung nach dem Wechsel des Verwalters nicht von der Rechtsprechung des OLG Stuttgart (vgl. Justiz 1980, 278) abweicht. Diese von der Antragstellerin zitierte Entscheidung betrifft allein die für das vorliegende Verfahren nicht erhebliche Frage, ob beim Ausscheiden des Verwalters zum Jahresende noch der ausgeschiedene oder nur der neue Verwalter zur Erstellung der Jahresabrechnung verpflichtet ist.

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III. Die Kostenentscheidung für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 47 Satz 1 WEG und trägt dem Umstand Rechnung, dass der in der Hauptsache Unterliegende regelmäßig die Kosten zu tragen hat. Da das Rechtsmittel des Antragstellers auch offensichtlich unbegründet ist, war ausnahmsweise die Erstattung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG anzuordnen. Der Senat hat allerdings, weil der Antragsgegner dadurch nicht beschwert ist, über die weitere Beschwerde sogleich entschieden, ohne ihn vorher anzuhören.

15

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 WEG.