Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 27.06.2005, Az.: 14 U 72/05
Einfahren auf eine Straße mit kurzen Zwischenstops aus einem Grundstück als einheitliche Handlung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 27.06.2005
- Aktenzeichen
- 14 U 72/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 33902
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2005:0627.14U72.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 09.03.2005 - AZ: 6 O 193/04
Rechtsgrundlage
- § 10 StVO
Fundstelle
- NZV 2006, 309 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
§ 10 StVO knüpft nicht an die ununterbrochene Bewegung des einfahrenden Kraftfahrzeugs, sondern an das Eindringen aus einem Grundstück auf eine dem durchgehenden Verkehr dienende Fahrbahn an. Deshalb ist es unerheblich, ob ein Fahrzeug während des Einfahrens auch kurzfristig anhält, um den bevorrechtigten Verkehr zu beobachten oder passieren zu lassen. Das Einfahren ist erst beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder wieder auf der Straße verkehrsgerecht abgestellt worden ist.
In dem Rechtsstreit
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 27. Juni 2005
einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 9. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe
Die Berufung ist nicht begründet. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und es ist auch keine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dies ergibt sich aus den Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 23. Mai 2005, auf den insoweit Bezug genommen wird.
Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 17. Juni 2005 weist der Senat noch ergänzend darauf hin, dass der zum Nachteil des Klägers sprechende Anscheinsbeweis nicht deshalb ausscheidet, weil der Pkw des Klägers im Moment des Zusammenstoßes möglicherweise gerade gestanden hat. § 10 StVO knüpft nicht an die ununterbrochene Bewegung des einfahrenden Kraftfahrzeugs, sondern an das Eindringen aus einem Fußgängerbereich bzw. einer verkehrsberuhigten Zone oder - wie hier - aus einem Grundstück auf eine dem durchgehenden Verkehr dienende Fahrbahn an. Der Vorgang des Einfahrens ist dabei erst dann beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder wenn es auf der Straße wieder verkehrsgerecht abgestellt ist (vgl. nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 10 StVO, Rn. 4 am Ende).
Beides war hier unstreitig noch nicht der Fall. Die Zeugin B. beabsichtigte, von einem Parkplatzgelände in die P. Straße einzufahren. Diese Aktion war noch nicht abgeschlossen. Unstreitig befand sich die Zeugin B. mit dem Fahrzeug des Klägers bereits teilweise außerhalb des Parkstreifens im Bereich der rechten Fahrspur der P. Straße. Sie beabsichtigte auch, den Einfahrvorgang zu Ende zu führen. Auf eine derartige Situation bezieht sich aber § 10 StVO ausdrücklich ("Wer aus einem Grundstück ... auf die Fahrbahn einfahren ... will ..."). Im Sinne dieser Absicht ist das Einfahren als einheitliche Handlung zu betrachten. Gerade weil es bei einem derartigen Vorgang regelmäßig zu kurzen Zwischenstops kommt, kann man ihn nicht davon abhängig lebensfremd "zergliedern". Ob also die Zeugin B. unmittelbar vor der Kollision gerade gestanden hat, ist demnach unbeachtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 522 Abs. 3 ZPO).