Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.1989, Az.: 12 A 9/87

Fahrzeugalarmanlage; Gebührenforderung; Polizeigebühren; Fehlalarm; Polizeirecht; Verantwortlichkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.12.1989
Aktenzeichen
12 A 9/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1989, 12789
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1989:1213.12A9.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 11.12.1986 - AZ: 6 VG A 25/86
nachfolgend
BVerwG - 23.08.1991 - AZ: BVerwG 8 C 37.90

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 6. Kammer - vom 11. Dezember 1986 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist Halter des Pkw Daimler-Benz mit dem polizeilichen Kennzeichen .... In den frühen Morgenstunden des 6. November 1985 gingen von dem in der Kreuzstraße in ... abgestellten Fahrzeug akustische Alarmsignale aus, die um 7.46 Uhr zu einem Einschreiten von Polizeibeamten des 5. Polizeireviers der Polizeidirektion Braunschweig unter Einsatz eines Polizeifahrzeuges führten. Eine Besichtigung des Pkw des Klägers durch die Beamten ergab keine Hinweise auf eine Fremdeinwirkung. Der um 8.24 Uhr beim Fahrzeug eingetroffene Kläger konnte ebenfalls weder eine Beschädigung noch die Entwendung von ihm gehörenden Gegenständen aus dem verschlossenen Fahrzeug feststellen.

2

Mit Verfügung vom 9. Dezember 1985 kündigte die Beklagte dem Kläger an, daß sie beabsichtige, für das durch einen Fehlalarm ausgelöste Einschreiten der Beamten eine Gebühr in Höhe von 75,-- DM zu erheben, und gab dem Kläger Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Der Kläger teilte daraufhin mit, daß er das Fahrzeug in einer Werkstatt habe überprüfen lassen und hierbei ein Defekt der Alarmanlage nicht festgestellt worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß eine der Türen von einer unbekannten Person geöffnet worden sei, ohne verwertbare Spuren zu hinterlassen.

3

Mit Bescheid vom 2. Januar 1986 setzte die Beklagte gegen den Kläger eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,-- DM fest. Der hiergegen vom Kläger erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 12. März 1986 zurückgewiesen.

4

Mit seiner Klage hat der Kläger vorgetragen: Er habe mit der ergebnislosen Überprüfung der im Fahrzeug installierten Alarmanlage nachgewiesen, daß nur ein berechtigter Alarm vorgelegen haben könne. Es könne ihm nicht zugemutet werden, darüber hinaus selbst eine Ermittlung des Täters, der aufgrund des Alarms das Weite gesucht habe, durchzuführen.

5

Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 1986 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 12. März 1986 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 11. Dezember 1986 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Gebührenforderung nach § 1 der Polizeigebührenordnung in Verbindung mit Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses vorgelegen hätten.

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Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Vortrag ergänzt und vertieft.

11

Der Kläger beantragt,

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unter Änderung des angefochtenen Gerichtsbescheides nach seinem in erster Instanz gestellten Antrag zu erkennen.

13

Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie hält den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts für zutreffend.

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Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

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Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Parteien damit einverstanden sind (§ 101 Abs. 2 VwGO).

18

Die Berufung bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Heranziehung des Klägers zu Gebühren aufgrund des von der Fahrzeugalarmanlage ausgelösten Alarms ist rechtmäßig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nicht. Der Kläger hat den entsprechenden gebührenpflichtigen Tatbestand erfüllt.

19

Rechtsgrundlage der streitigen Gebührenforderung ist § 1 der Polizeigebührenordnung vom 13. Juli 1982 (Nds. GVBl S. 285) - PolGO - in Verbindung mit Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses. Hiernach werden u.a.

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"Für Amtshandlungen der Polizei auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ... Gebühren nach dem anliegenden Gebührenverzeichnis erhoben, wenn die Beteiligten als Pflichtige nach § 6 oder § 7 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder auf Antrag dazu Anlaß gegeben haben."

21

Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses bezeichnet die gebührenpflichtige Amtshandlung wie folgt:

22

"Bei Fehlalarm für jedes eingesetzte Fahrzeug, wenn der Betroffene den Nachweis für eine berechtigte Alarmierung nicht führen kann ... 75,-- DM (werden keine Fahrzeuge eingesetzt, gilt lfd. Nr. 1)."

23

Dieser Gebührentatbestand ist hier erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei dem polizeilichen Einschreiten aus Anlaß eines Alarms um den Tatbestand des Erbringens einer Amtshandlung auf Antrag des Betreibers der Alarmanlage. Die Polizei schreitet ein, um eine Straftat entweder zu verhindern (§ 11 Nds. SOG) oder aufzudecken (§ 163 StPO). Objekt des Einschreitens ist damit ein mutmaßlicher Störer oder Straftäter. Dagegen schreitet die Polizei auch in den Fällen des gebührenpflichtigen Fehlalarms nicht etwa gegen eine fehlerhafte Alarmanlage ein, für die der Eigentümer verantwortlich wäre. Vielmehr hat das polizeiliche Einschreiten den Zweck, eine Straftat entweder zu verhindern oder aufzudecken. Die Alarmierung der Polizei über die Mitteilung des automatischen Alarms durch zufällig anwesende Personen ist rechtlich wie ein Antrag des Eigentümers der Anlage zu werten, die Polizei möge zum Schutz seines Eigentums zwecks Gefahrenabwehr einschreiten. Dies ist in mehreren Urteilen bereits ausführlich dargelegt worden (vgl. Urt. v. 23. 9. 1982 - 12 OVG A 363/81 -, Nds. Rpfl. 1983 S. 103; Urt. v. 8. 6. 1989 - 12 OVG A 64/87 -, Revision anhängig unter BVerwG 8 C 79.89). Somit ist davon auszugehen, daß der Kläger zu einem polizeilichen Einschreiten Anlaß gegeben hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes), weil die Polizei auf sein Betreiben in einer Art und Weise alarmiert worden ist, die ihm zuzurechnen ist.

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Die Alarmierung stellt darüber hinaus auch einen Fehlalarm im Sinne der Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses dar. Entgegen der Ansicht des Klägers wäre dies nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Angriff auf sein Eigentum tatsächlich versucht worden wäre. Vielmehr ist nach dem Gebührenverzeichnis maßgebend, daß der Kläger "den Nachweis für eine berechtigte Alarmierung nicht führen kann". Es gibt nämlich keinerlei konkrete Hinweise dafür, daß das Alarmieren der Polizei berechtigt war. Entscheidend ist, daß die Polizei vergeblich an dem Fahrzeug des Klägers erschienen ist, weil sie eine Straftat weder verhindern noch mangels jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte Ermittlungen zur Feststellung eines Täters aufnehmen konnte. Auf die ergebnislos verlaufene technische Überprüfung der Alarmanlage in dem Pkw des Klägers kommt es daher nicht an.

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Nach Auffassung des Senats ist die Tarifstelle 11 des Gebührenverzeichnisses auch nicht mangels der erforderlichen Bestimmtheit unwirksam. Dies ist bereits in den oben zitierten Entscheidungen dargelegt und durch Urteil vom 14. September 1989 - 12 OVG A 257/88 -, Revision anhängig unter BVerwG 8 C 98.89, bestätigt worden.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Urteil ist wegen der Kosten nach § 167 VwGO vorläufig vollstreckbar.

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Die Revision war zuzulassen, weil der Frage der Bestimmtheit der Gebührenstelle grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt, wie in den zitierten Urteilen, gegen die Revision eingelegt worden ist, näher ausgeführt ist.

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Zugleich für den erkrankten Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Schoof: Dr. Gehrmann

29

Radke