Landgericht Hannover
Urt. v. 02.03.2015, Az.: 14 O 62/14
Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruches auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek im Wege einer einstweiligen Verfügung
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 02.03.2015
- Aktenzeichen
- 14 O 62/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 45498
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2015:0302.14O62.14.00
Rechtsgrundlagen
- § 648 Abs. 1 BGB
- § 855 Abs. 1 S. 2 BGB
In dem Rechtsstreit
XXX
Verfügungsklägerin
Prozessbevollmächtigte: XXX
XXX
gegen
XXX
Verfügungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: XXX
XXX
hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 10.02.2015 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX,
die Richterin am Landgericht XXX und
die Richterin am Landgericht XXX
für Recht erkannt:
Tenor:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 21.03.2014 wird bestätigt.
Der Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin wurde von der Verfügungsbeklagten durch Bauvertrag vom 22.10.2013 mit Abbruch- und Erdarbeiten sowie Baustelleneinrichtung betreffend das Bauvorhaben "Neubau eines Fachmarktcenters in Wuppertal" beauftragt. Die Parteien vereinbarten einen Pauschalfestpreis von 628.000,00 € netto, in dem die Behandlung kontaminierter Erdmassen unabhängig vom Kontaminationsgrad bis DK II bis zu einer Menge von 4000 m3 enthalten ist. Bis zu dieser Menge übernahm die Verfügungsklägerin vereinbarungsgemäß das Risiko der Verteilung des Kontaminationsgrades von Z 1.1 bis DK II. Für darüber hinaus anfallende kontaminierte Erdmassen wurde in Ziffer 5.5 des Bauvertrages die Abrechnung nach Einheitspreisen vereinbart.
Mit der 10. Abschlagsrechnung vom 12.02.2014 über insgesamt 800.211,22 € brutto begehrte die Verfügungsklägerin für Entsorgungsleistungen kontaminierter Bodenmassen unter der Rechnungsposition 07 eine Zulageposition Z 2 in Höhe von 54.461,45 € netto und eine Zulageposition DK I und II in Höhe von 544.731,94 € netto, insgesamt 599.193,39 € netto.
Die Verfügungsbeklagte kürzte diesen Rechnungstitel auf 77.740,95 € netto.
Die Verfügungsklägerin begehrt die Besicherung eines Teils der Werklohnforderung in Höhe von 620.528,40 € brutto (599.193,39 € netto abzüglich 77.740,95 € netto).
Die Verfügungsklägerin hat im Verlauf des einstweiligen Verfügungsverfahrens unter dem 06.10.2014 eine 11. Abschlagsrechnung erstellt, in welche die hier relevanten Rechnungspositionen 07.01.10 und 07.01.20 übernommen wurden.
Die Verfügungsklägerin behauptet, die von der Verfügungsbeklagten beauftragten Sachverständigen - die XXX - hätten den Bodenaushub und dessen Entsorgung lückenlos begleitet und bis ins Detail fremdüberwacht. Die Verfügungsklägerin habe die entsorgten Bodenmassen allein auf der Grundlage des von der XXX erstellten Zwischenberichtes vom 27.01.2014 abgerechnet.
Die Verfügungsklägerin verweist ferner auf die Anlagen ASt 5, 6, 7, 8 und 27 (im Anlagenband).
Sie habe die Pauschale für die Menge von 4000 m3 auf die im Zuge des Bauablaufs zeitlich zuerst angefallenen Bodenmassen angerechnet und sei nicht verpflichtet gewesen, entgegen einer logistischen und bautechnischen Zweckmäßigkeit das am höchsten belastete Material DK I-II (mit dem höheren Einheitspreis) vorrangig auf die Pauschale zu verrechnen.
Die Verfügungsklägerin hat im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung für eine Bauhandwerkersicherungshypothek für einen Werklohnanspruch in Höhe von 620.528,40 € brutto beantragt. Die Kammer hat durch Beschluss vom 21.03.2014 die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 21.03.2014 aufrechtzuerhalten.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Verfügungsklägerin sei nicht Unternehmerin eines Bauwerks im Sinne des § 648 BGB, weil Abbruch- und Erdarbeiten keine Arbeiten an einem Bauwerk seien.
Sie behauptet, die Verfügungsklägerin habe weder nachgewiesen, dass kontaminiertes Bodenmaterial in der von ihr behaupteten Größenordnung auf der Baustelle angefallen ist, noch dass eine Entsorgung des Bodenmaterials zu den von ihr abgerechneten Massen tatsächlich erfolgt ist. Der von der Verfügungsbeklagten mit der Rechnungsprüfung beauftragte Architekt XXX habe vielmehr eine Reihe von unvollständigen, widersprüchlichen und fehlerhaften Angaben bei der Entsorgung festgestellt.
Die Verfügungsklägerin habe ferner die Pauschale von 4.000 m3, die alle kontaminierten Massen unabhängig vom Kontaminationsgrad bis DK II beinhaltet, bei der Abrechnung nicht richtig berücksichtigt. Es sei für die Abrechnung nach Ziffer 5.5 des Vertrages irrelevant, wann welcher Aushub angefallen ist und transportiert wird. Die Verfügungsklägerin hätte ohne weiteres zuerst einen Aushub und Abtransport des gesamten DK I-Materials vornehmen können.
Aufgrund von Pflichtverletzungen der Verfügungsklägerin - Verschiebung des Böschungsfußes (Abstand der Böschungskante zum Baukörper 5,0 m statt 1,0 m wie geplant) ohne Anordnung und ohne bautechnische Notwendigkeit, zu Unrecht abtransportierte Erdmassen, fehlender Einbau zwischengelagerter Erdmassen - seien ca. 4.800 m3 Aushubmassen angefallen, die bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung der Verfügungsklägerin nicht hätten abtransportiert und entsorgt werden müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung vom 21.03.2014 ist gemäß § 925 ZPO zu bestätigen.
Die Verfügungsklägerin kann gegenüber der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung ihres Anspruches auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß §§ 648 Abs. 1, 885 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen.
1.
Die von der Verfügungsklägerin erbrachten Arbeiten stellen Bauwerksarbeiten im Sinne des § 648 BGB dar.
Zwar sind isoliert in Auftrag gegebene Abbrucharbeiten oder Arbeiten zur Beseitigung von Altlasten keine Arbeiten am Bauwerk in diesem Sinne. Davon abzugrenzen sind jedoch die zur Vorbereitung der Bauwerksherstellung dienenden bloßen Erdarbeiten, z.B. bei einem auf Ausschachtungsarbeiten beschränkten Auftrag. Diese können Grundlage einer Bauhandwerkersicherungshypothek sein. Denn entscheidend ist, ob die Leistung wesentlicher Teil der zur Bauwerkserrichtung führenden Gesamtleistung ist und der Unternehmer mit dazu beiträgt, dass das Bauwerk nach Plan errichtet wird (Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 18. Auflage, Seite 2369 m. w. N.). Auch der Abbruchunternehmer kann für seine Forderungen die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers gemäß § 648 BGB verlangen, insbesondere dann, wenn die Abbrucharbeiten im Zusammenhang mit weiteren Vorbereitungsarbeiten für das Bauwerk wie Aushub erbracht werden (vgl. OLG München, Schaden-Praxis 2005, 195).
Das ist hier der Fall. Die von der Verfügungsklägerin erbrachten Leistungen, die nach ihrem unbestrittenen Vortrag neben dem Abbruch auch die zur Erstellung des Bauwerkes notwendigen Erdarbeiten (Aushub der Baugrube) vorzunehmen hatte, dienten unmittelbar der Vorbereitung der Errichtung eines Bauwerkes (Fachmarktcenter). Damit sind die Abbruch- und Erdarbeiten der Verfügungsklägerin von § 648 BGB umfasst.
2.
Die Verfügungsklägerin hat einen Vergütungsanspruch schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht.
Zur Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen für die Höhe der Forderung reicht im Verfahren der einstweiligen Verfügung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Abrechnung aus (§§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Die Verfügungsklägerin stützt ihre Abrechnung auf den Zwischenbericht der von der Verfügungsbeklagten beauftragten XXX vom 27.01.2014 (Anlage ASt 5) und deren Abschlussbericht vom 10.04.2014 (Anlage ASt 27).
Die Verfügungsklägerin hat damit schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass sie bis zum Januar 2014 insgesamt 16.981,54 t Material der Kategorie DK I und 9.033,13 t Material der Kategorie Z 2 entsorgt hat. Die XXX hat im Abschlussbericht vom 10.04.2014 bestätigt, die Entsorgungsmaßnahmen während der ganzen Zeit begleitet zu haben.
Die nicht gesondert zu berechnende Menge von 4000 m3 hat die Verfügungsklägerin entsprechend dem zeitlichen Anfall berücksichtigt, was jedenfalls bei summarischer Prüfung plausibel erscheint, zumal sich im Bauvertrag dazu keine ausdrückliche Regelung befindet, vielmehr diese Menge "unabhängig vom Kontaminationsgrad" im Pauschalfestpreis enthalten ist. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb die Verfügungsklägerin verpflichtet gewesen sein soll, zuerst die Erdmassen der Kategorie DK I auf die Pauschale anzurechnen.
Die über 4000 m3 hinausgehende Menge hat die Verfügungsklägerin nach den vertraglich vereinbarten Einheitspreisen abgerechnet, wobei 3.249,49 t auf Z2-Material und 15.965,18 t (16.981,54 t - 1.016,36 t) auf die Kategorie DK I entfielen.
Dem umfangreichen - substantiierten - Bestreiten der Verfügungsbeklagten ist die Verfügungsklägerin ebenso substantiiert entgegen getreten. Streitig sind damit die tatsächlichen Grundlagen des Vergütungsanspruchs. Diese streitigen Fragen über die tatsächlichen Grundlagen der Vergütung sind indes im - bereits anhängigen - Vergütungsprozess zu klären. Das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Sicherheitenstellung gemäß § 648 BGB, bei dem ohnehin nur eine summarische Prüfung stattfindet, dient lediglich der Sicherung des Vergütungsanspruchs, nicht dessen Befriedigung.
Wie der BGH mit Urteil vom 06.03.2014, Az. VII ZR 349/12 (NJW 2014, 2186) entschieden hat, ist einer schlüssigen Klage des Auftragnehmers auf Sicherheitenstellung nach § 648 a Abs. 1 Satz 1 BGB ohne Beweisaufnahme stattzugeben. Das Verlangen nach Sicherheit solle nicht mit einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch belastet werden, wenn dieser die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögern würde. In entsprechender Weise dürfe ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs die Durchsetzung des Anspruchs auf Stellung einer Sicherheit nicht behindern; eine denkbare Übersicherung des Auftragnehmers sei in diesem Fall hinzunehmen. Sind die tatsächlichen Voraussetzungen der schlüssig dargelegten Vergütung streitig und würde eine Beweisaufnahme bei der Durchsetzung des Sicherungsanspruchs zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen, sei dem Sicherungsverlangen des Auftragnehmers stattzugeben; anders sei nur dann zu verfahren, wenn der (Tatsachen-) Streit bereits anderweitig rechtskräftig geklärt sei.
Die Kammer hält diese Ausführungen wegen der übereinstimmenden Interessenlage auch vorliegend für den Fall der Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß § 648 BGB für einschlägig. Die Sicherungsmittel des § 648 BGB und des § 648 a BGB stehen dem Werkunternehmer wahlweise zur Verfügung. Der wesentliche Schutzzweck des § 648 BGB besteht darin, dass dem vorleistungspflichtigen Werkunternehmer ein bevorzugtes und schnell zu verwirklichendes Sicherungsmittel verschafft werden soll (Joussen in Ingenstau/Korbion, a. a. O., Seite 2367). Ein solches berechtigtes Sicherungsinteresse wäre im Wege der einstweiligen Verfügung nicht durchsetzbar, wenn der Streit über die Rechnungshöhe bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geklärt werden müsste.
Der demnach zu sichernde Vergütungsanspruch der Verfügungsklägerin stützt sich auf die 10. Abschlagsrechnung. Dass die Verfügungsklägerin zwischenzeitlich eine 11. Abschlagsrechnung erstellt hat, ist insofern ohne Bedeutung, weil diese die streitgegenständlichen Rechnungspositionen aus der 10. Abschlagsrechnung ebenfalls enthält. Die geringfügigen und zu vernachlässigenden Unterschiede in der Höhe haben ihre Ursache in der unterschiedlichen Angabe der abgerechneten Mengen in m3 (11. Abschlagsrechnung) statt Tonnen (10. Abschlagsrechnung) und den daraus resultierenden Umrechnungsdifferenzen sowohl bei der Menge als auch beim Einheitspreis (jeweils mit dem Faktor 1,7).
Die Glaubhaftmachung einer Gefährdung des zu sichernden Anspruchs ist nicht erforderlich (§ 885 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst.