Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.05.2013, Az.: 10 WF 100/13

Mutwilligkeit eines Verfahrenskostenhilfebegehrens für ein Abänderungsverfahren bei unterlassener Stellungnahme im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.05.2013
Aktenzeichen
10 WF 100/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 38123
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0529.10WF100.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 21.11.2012 - AZ: 602 F 5772/12

Fundstellen

  • AGS 2013, 482-484
  • FamFR 2013, 355
  • FamRZ 2013, 1592-1593
  • FuR 2014, 52
  • JAmt 2013, 344-345
  • JurBüro 2013, 488
  • MDR 2013, 1285

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Unterlässt es der Antragsgegner in einem vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren ohne triftigen Grund, in einer rechtzeitigen Stellungnahme Einwendungen geltend zu machen, mit denen er ohne weiteren Aufwand eine Unterhaltsfestsetzung verhindern könnte, so ist ein anschließend von ihm gemäß §§ 240, 253 FamFG eingeleitetes Abänderungsverfahren als verfahrenskostenhilferechtlich mutwillig im Sinne von §§ 114 ZPO, 113 Abs. 1 FamFG zu beurteilen.

  2. 2.

    Dies gilt insbesondere, wenn er materiellrechtlich zu entsprechender Auskunft verpflichtet ist, deren Verletzung der Gesetzgeber - wie etwa in § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG - ausdrücklich im Rahmen der Kostenentscheidung sanktioniert.

In der Familiensache
...
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 19. Dezember 2012 gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 21. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht W., den Richter am Oberlandesgericht G. und die Richterin am Amtsgericht S. am 29. Mai 2013
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen den Antragsteller war am 18. Juli 2012 auf Antrag des Antragsgegners im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren ein Beschluss des Amtsgerichts Hannover ergangen, mit dem eine Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers für das Kind N. K., geboren am ... 2008, in Höhe des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des vollen Kindergeldes für ein erstes Kind festgesetzt wurde. Der Antrag auf Unterhaltsfestsetzung war dem Antragsteller am 13. Juni 2012 zugestellt worden, worauf er sich nicht geäußert hatte. Die gegen den Beschluss vom 18. Juli 2012 unter Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit eingelegte Beschwerde des Antragstellers nahm er nach Hinweis des Senats, dass mit der Beschwerde gemäß § 256 FamFG nur die in § 252 Abs. 1 FamFG bezeichneten Einwendungen geltend machen können, zurück und verfolgte bei dem Amtsgericht seinen hilfsweise gestellten Abänderungsantrag nach § 240 FamFG nebst Verfahrenskostenhilfeantrag weiter. Zur Begründung führte er aus, er sei in den 1990er Jahren mit seiner Familie als Flüchtling aus dem Kosovokrieg nach Deutschland gekommen, habe nach langer Duldung schließlich eine befristete Aufenthaltserlaubnis sowie eine Arbeitserlaubnis erhalten, jedoch nach einer Ausbildung zur Sicherheitskraft mit einer kurzen Ausnahme im Jahr 2011 in diesem Bereich noch nicht gearbeitet und sei nicht leistungsfähig, weil er als ungelernter Arbeiter kein höheres Bruttoeinkommen als 1.250 € erzielen könne. Darüber hinaus sei er noch drei weiteren minderjährigen Kindern unterhaltsverpflichtet: der am ... 2000 geborenen F. K. , der am ... 2004 geborenen S. K. und dem am ... 2006 geborenen A. S..

Das Amtsgericht hat dem Antragsteller die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 21.November 2012 mit der Begründung versagt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Antragsteller trotz gerichtlicher Aufforderung seine aktuellen Einkommensverhältnisse und die Erwerbsbemühungen nicht dargelegt habe.

Gegen den ihm am 3. Dezember 2012 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. Dezember 2012 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde kann in der Sache keinen Erfolg haben.

Es kann dahinstehen, ob wegen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber vier minderjährigen Kindern teilweise Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung bestehen. Denn das Verfahrenskostenhilfebegehren des Antragstellers ist mutwillig im Sinne von §§ 113 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO.

Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Rechtsverteidigung mutwillig ist, wenn der Antragsgegner es ohne triftigen Grund unterlässt, in einem Verfahrenskostenhilfeverfahren rechtzeitig Einwendungen geltend zu machen, mit denen er ohne Aufwand ein Hauptsacheverfahren verhindern könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 12. August 2011, 10 WF 299/10; MDR 2011, 1235-1236 (Leitsatz und Gründe) FamRZ 2012, 47-48 (Leitsatz und Gründe)). Danach steht einer Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der Gesichtspunkt der Mutwilligkeit entgegen, wenn dem Rechtssuchenden eine einfachere und billigere Möglichkeit der Geltendmachung offensteht, die auch ein selbst für die Rechtsverfolgungs- bzw. -verteidigungskosten aufkommender Beteiligter vernünftigerweise wählen würde, wobei es selbstverständlich ist, dass sich eine in beliebig rechtserheblicher Weise in Anspruch genommene Person dem - soweit dies aus ihrer Sicht zu Unrecht erfolgt - entgegenstellt und - je nach den persönlichen Fähigkeiten mehr oder wenig substantiiert und qualifiziert - den für unberechtigt gehaltenen Anspruch zurückweist.

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG ebenfalls deutlich gemacht, dass auch ein letztlich obsiegender Unterhaltsverpflichteter, der einer materiell rechtlichen Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht rechtzeitig und vollständig nachgekommen ist, mit den Prozess- bzw. Verfahrenskosten zu belasten ist, auch wenn es sich dabei um ein Verhalten außerhalb eines bereits entstandenen Prozessrechtsverhältnisses handelt.

Nach diesen auch auf das vorliegende Verfahren übertragbaren Maßstäben stellt sich das Verfahrenskostenhilfebegehren des Antragstellers für das Abänderungsverfahren nach § 240 FamFG als mutwillig dar, weil er weder auf die vorgerichtlichen Auskunftsaufforderungen noch in dem vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren innerhalb der vom Gericht gesetzten Monatsfrist auf den Unterhaltsfestsetzungsantrag reagiert hat . Da das die vereinfachte Unterhaltsfestsetzung beantragende Land N. gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Unterhaltsvorschussgesetz (UVG), § 1605 BGB einen auf das Land übergegangenen materiell-rechtlichen Anspruch auf Auskunftserteilung über die Einkommens- und Vermögenssituation gegen den Antragsteller hat und diesen zudem eine gesteigerte Darlegungslast hinsichtlich einer geltend gemachten Leistungsunfähigkeit trifft, oblag es ihm, auf die vor Einleitung des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens mehrfach ergangenen Auskunftsverlangen hin (Aufforderungsschreiben zur Auskunftserteilung vom 2. September 2011, 1. November 2011, 15. Dezember 2011 und 1. Februar 2012 sowie Zahlungsaufforderung vom 29. März 2012), spätestens jedoch in dem vereinfachten gerichtlichen Verfahren vollständig Auskunft zu erteilen. Es war ihm unter den Umständen des Streitfalles auch unproblematisch und ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes möglich, die später zu der fehlenden Leistungsfähigkeit vorgebrachten Gesichtspunkte zumindest ihrem Kern nach kurz anzugeben und die ihm vorliegenden entsprechenden Unterlagen - etwa den Sozialhilfebescheid, die Vereinbarung über die laufenden Integrationsmaßnahmen sowie die letzte Gehaltsbescheinigung - in Ablichtung vorzulegen. Zu der Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren wäre es dann gar nicht erst gekommen.

Da der Antragsteller sogar der ihm materiell-rechtlich obliegenden Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht nachgekommen ist, würden ihm auch im Obsiegensfall die Verfahrenskosten aufzuerlegen sein, so dass auch eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe insoweit ausgeschlossen ist.