Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 16.05.2013, Az.: 13 U 177/12

Voraussetzungen einer auf § 19 Abs. 2 GasGVV gestützten Klage auf Duldung der Unterbrechung der Gasversorgung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.05.2013
Aktenzeichen
13 U 177/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 37293
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0516.13U177.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 04.09.2012

Fundstellen

  • MDR 2013, 1244-1245
  • RdE 2013, 434-435
  • ZNER 2013, 331

Amtlicher Leitsatz

Eine auf Duldung der Unterbrechung der Energieversorgung wegen Zahlungsrückständen gestützte Klage wird nachträglich unbegründet, wenn der Kunde im Laufe des Prozesses die Forderung erfüllt. Entstehen im laufenden Gerichtsverfahren sodann neue Rückstände des Kunden, steht es dem Versorger frei, in Bezug auf diese neuen Zahlungsrückstände erneut eine Mahnung sowie eine Androhung der Versorgungsunterbrechung anzudrohen und nunmehr hierauf die Klage zu stützen. Dabei handelt es sich um eine Klageänderung, deren Zulässigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu behandeln ist.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. September 2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse, begehrt die Klägerin von der Beklagten es zu dulden, dass sie (die Klägerin) eine Sperrung der Gasversorgung vornimmt. Von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Versorgung nach § 19 GasGVV gegeben sind.

1. Dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 GasGVV vorliegend erfüllt sind, macht die Klägerin selbst nicht geltend.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind vorliegend auch nicht die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 GasGVV gegeben.

Nach § 19 Abs. 2 GasGVV ist der Grundversorger bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Abs. 3 der Niederdruckanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen. Dies gilt nicht, wenn die Folgen der Unterbrechung außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung stehen oder der Kunde darlegt, dass hinreichende Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt. Der Grundversorger kann mit der Mahnung zugleich die Unterbrechung der Grundversorgung androhen, sofern dies nicht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht gegeben.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 2 GasGVV ist Voraussetzung für eine Unterbrechung der Versorgung, dass die Zahlungsrückstände, hinsichtlich der der Versorger eine Mahnung sowie eine Androhung der Unterbrechung ausgesprochen hat, zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung noch bestehen (in diesem Sinne auch: Schütte/Horstkotte in: Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: November 2010, § 33 AVB, WasserV Rn. 230). Werden derartige Rückstände im Laufe eines Gerichtsverfahrens von Seiten des Kunden ausgeglichen, ist der Versorger gehalten, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Werden bei Klageerhebung bestehende Rückstände im Laufe eines Gerichtsverfahrens beglichen, laufen sodann aber neue Rückstände auf, steht es dem Versorger auch frei, in Bezug auf diese neuen Zahlungsrückstände erneut eine Mahnung sowie eine Androhung der Versorgungsunterbrechung anzudrohen und nunmehr hierauf die Klage zu stützen. Dabei handelt es sich um eine Klageänderung, deren Zulässigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu behandeln ist.

Nach dieser Maßgabe sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 GasGVV vorliegend schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht gegeben.

In Bezug auf die Gasversorgung hat die Klägerin nach ihrem Vorbringen Mahnungen sowie eine Androhung der Versorgungsunterbrechung letztmalig am 19. Januar 2012 ausgesprochen. Nach ihrer eigenen Darstellung in dem Schriftsatz vom 22. Januar 2013 hat die Beklagte aber durch Zahlungen am 23. und 24. April 2012 die diesbezüglichen Zahlungsrückstände nicht nur ausgeglichen, sondern zu jenem Zeitpunkt ihr Konto sogar ins "Haben" gestellt. Dass nach dem Vorbringen der Klägerin sich zeitlich hierauf in Bezug auf die Gasversorgung erneut Zahlungsrückstände ergeben haben, ist für das vorliegende Verfahren rechtlich ohne Belang. Denn die Klägerin behauptet selber nicht, dass sie in Bezug auf diese neuerliche Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung die Beklagte gemahnt und eine Androhung der Versorgungsunterbrechung ausgesprochen hat. Eine Erledigung des Rechtsstreits hat die Klägerin, die auf die vorstehende rechtliche Problematik seitens des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2013 hingewiesen worden ist, nicht erklärt.

Entsprechendes gilt in Bezug auf das Zahlungsverhalten der Beklagten im Hinblick auf den mit der Klägerin geschlossenen Stromvertrag. Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Einstellung der Energieversorgung wegen Zahlungsrückständen aus anderen Versorgungssparten möglich ist (Urteil vom 1. November 2012 - 13 U 241/11, juris Rn. 27 ff.). Es kann aber dahinstehen, ob die dort genannten Voraussetzungen vorliegend gegeben sind. Denn jedenfalls hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. April 2013 vorgetragen, dass die Beklagte bis dahin bestehende Rückstände aus Anlass der Stromlieferungen durch Zahlungen vom 15. Januar und 5. Februar 2013 ausgeglichen hat. Dass sie die Beklagte im Hinblick auf die nach ihrer Behauptung zeitlich nach diesem Zeitpunkt neuerlich entstandenen Zahlungsrückstände gemahnt und dieser gegenüber eine Androhung der Versorgungsunterbrechung ausgesprochen hat, behauptet die Klägerin selbst nicht.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Anlass für eine Zulassung der Revision besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).