Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.05.2013, Az.: 4 W 23/13
Anforderungen an den Nachweis der Vertretungsbefugnis eines BGB-Gesellschafters gegenüber dem Grundbuch
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 14.05.2013
- Aktenzeichen
- 4 W 23/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 37294
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0514.4W23.13.0A
Rechtsgrundlagen
- § 20 GBO
- § 47 GBO
Fundstellen
- MietRB 2013, 330
- StBW 2013, 855-856
- ZIP 2013, 1120-1121
- ZfIR 2013, 484
Amtlicher Leitsatz
Wird eine GbR bei Verkauf von Wohnungseigentum durch einen alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten, muss dieser seine Vertretungsbefugnis in der Form des § 29 GBO nachweisen. Die Vorlage des Gesellschaftsvertrags und eines diesen abändernden Beschlusses, aus dem die Alleinvertretungsbefugnis hervorgeht, sind nicht ausreichend.
Tenor:
Die Eigentümerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 1.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Eigentümerin ist durch Vertrag ihrer Gesellschafter vom 15. Dezember 2002 gegründet worden. Seinerzeit war in § 6 des Vertrags geregelt, dass die Gesellschafterin C. S. zur Geschäftsführung und Vertretung einzeln berechtigt ist, der Gesellschafter P. S. hingegen nicht. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2004 haben die Gesellschafter § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags dahingehend abgeändert, dass beide Gesellschafter C. und P. S. zur Geschäftsführung und Vertretung jeweils einzeln berechtigt sind. Sowohl der Vertrag als auch der Änderungsbeschluss sind notariell beglaubigt worden.
Die Eigentümerin verkaufte mit Vertrag vom 4. Januar 2013 des Notars Si. in H. (UR-Nr. .../2013) Wohnungseigentum. Hierbei war die Eigentümerin nur durch den Gesellschafter P. S. vertreten. Das Grundbuchamt hat den Notar bzw. die Eigentümerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG München in Rechtspfleger 2002, 70 aufgefordert, die Genehmigung der weiteren Gesellschafterin C. S. für die beantrage Grundbucheintragung der Auflassungsvormerkung vorzulegen. Erforderlich sei ein grundbuchtauglicher Vertretungsnachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, wozu weder der Gesellschaftervertrag noch der Beschluss der Gesellschafterversammlung ausreichend sei.
Hiergegen hat die Eigentümerin Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat die Eigentümerin die Genehmigungserklärung der weiteren Gesellschafterin C. S. vorgelegt. Daraufhin hat das Grundbuchamt die begehrte Eintragung vorgenommen. Auf Anfrage des Senats hat die Eigentümerin die Beschwerde auf die Kosten beschränkt. Die Eigentümerin trägt ergänzend vor, dass nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. April 2011 (Az.: V ZB 194/10) eine in der Form des § 29 GBO vorzulegende Vollmacht nicht mehr erforderlich sei.
II.
Die Eigentümerin hat gemäß den §§ 83 Abs. 2, 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Kosten des Beschwerdeverfahren zu tragen. Die Beschwerde wäre ohne die während des Beschwerdeverfahrens übersandte Genehmigung der Gesellschafterin C. S. unbegründet gewesen.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Eigentümerin hat die Beschwerde nach Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässigerweise auf die Kosten beschränkt (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 84 Rn. 27; Hügel/Holzer, GBO, 2. Aufl., § 1 Rn. 70). Das erledigende Ereignis liegt in der Übersendung der Genehmigung der weiteren Gesellschafterin, aufgrund derer das Grundbuchamt die beantragte Eintragung vorgenommen hat.
2. Die Beschwerde wäre ohne Übersendung der Genehmigung unbegründet gewesen.
a) Der Senat bezieht sich zur Begründung seiner Entscheidung zunächst auf seine Ausführungen in den Beschlüssen vom 13. März 2013 (Az: 4 W 25 und 26/13). Diese lauten wie folgt:
Grundsätzlich steht die Führung der Geschäfte den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (§ 709 Abs. 1 BGB). Stand und Umfang einer Vertretungsmacht sind gem. § 714 BGB an die gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungsbefugnis geknüpft. Mangels einer hiervon abweichenden Regelung gilt deswegen die gemeinschaftliche Vertretung. Abweichungen hiervon sind bei Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (OLG München, Rpfleger 2012, 70 [OLG München 20.07.2011 - 34 Wx 131/10], Rn. 16). Ein solcher Nachweis lässt sich durch den Gesellschaftsvertrag nicht führen. Dieser kann in einzelnen Teilen verändert werden, ohne dass er in seiner Gesamtheit unwirksam wird. Dies zeigt sich insbesondere an dem vorliegenden Sachverhalt, bei dem die Gesellschafter die Vertretungsbefugnis des einen Gesellschafters beschlossen und im Übrigen den Bestand des Gesellschaftsvertrags unberührt gelassen haben. Erforderlich ist demnach eine ausdrückliche Vollmacht für einen der Gesellschafter, sofern er als Alleinvertretungsberechtigter Geschäfte, die der Eintragung im Grundbuch bedürfen, abschließen soll.
Eine solche Vollmacht ist nicht in der von den Gesellschaftern der Eigentümerin beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrags zu sehen. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine Vollmacht oder um eine einer Vollmacht gleichzusetzende Erklärung der Gesellschafter. Vielmehr handelt es sich - so auch ausdrücklich der Wortlaut des Beschlusses - um eine Änderung des Gesellschaftsvertrags mit der Folge, dass der Beschluss und dessen Inhalt Teil des Gesellschaftsvertrags werden. Dieser Beschluss stellt aber keine ausdrücklich erklärte Vollmacht für jeden einzelnen der Gesellschafter dar, selbst wenn er notariell beurkundet worden ist.
b) Ergänzend wird im Hinblick auf die von der Eigentümerin in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs folgendes ausgeführt:
Diese Entscheidung ist für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung die Auffassung vertreten, dass im Falle des Erwerbs von Grundstücks- oder Wohnungseigentum durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts es für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch ausreicht, wenn die GbR und ihre Gesellschafter in der notariellen Auflassungsverhandlung benannt sind und die für die GbR Handelnden erklären, sie seien deren alleinige Gesellschafter. Weitere Nachweise der Existenz, der Identität und der Vertretungsverhältnisse dieser GbR bedürfte es gegenüber dem Grundbuchamt nicht (bestätigt durch BGH, Beschluss vom 19. September 2011, Az: V ZB 321/10). Vorliegend kommt es nicht entscheidend darauf an, dass nicht der Erwerb, sondern der Verkauf eines Wohnungseigentums durch eine GbR betroffen ist, was bedeutet, dass die GbR bereits im Grundbuch eingetragen ist. Erheblich ist vielmehr, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sich auf eine gemeinschaftliche Vertretung der GbR bezog, also keine von der gem. § 709 Abs. 1 BGB gesetzlich vorgesehenen abweichenden Vertretung. In diesen Fällen wird hingegen auch von denjenigen, auf die sich der Bundesgerichtshof in der o. a. Entscheidung zur Begründung seiner Auffassung stützt, die Notwendigkeit eines gesonderten Nachweises der Vertretungsbefugnis für erforderlich gehalten (Ruhwinkel, DNotZ 2010, 304, 305 [OLG Saarbrücken 26.02.2010 - 5 W 371/09-134]; Lemke/Böttcher, Immobilienrecht, § 47 GBO Rn 53 a. E.; vgl. a. BGH NJW-RR 2012, 532 [BGH 13.10.2011 - V ZB 90/11], Rn 12 - aus juris; Bauer/von Oefele/Bayer/Lieder, GBO, 3. Aufl., AT IX Rn 26; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn 4265 a. E.). Dieser Nachweis ist in der Form des § 29 GBO und nicht durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags zu führen (Lemke/Böttcher, aaO.; Bauer/von Oefele/Bayer/Lieder, aaO.; Schöner/Stöber, aaO.).
3. Zwar hat das Gericht im Beschwerdeverfahren gem. § 74 GBO neue Unterlagen zu berücksichtigen. Dies führt jedoch nicht zu einem Absehen von Kosten. § 81 Abs. 1 FamFG gibt dem Gericht die Möglichkeit, den Ausgang des Verfahrens bei der Verteilung der gerichtlichen Kosten zu berücksichtigen: Hierbei kann das Gericht aber nach der Gesetzesbegründung auch Konstellationen berücksichtigen, wie sie in der Zivilprozessordnung nach dem Grundsatz des Obsiegens und Verlierens geregelt sind. Somit können die Kosten der Beschwerdeinstanz unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 97 Abs. 2 ZPO demjenigen Beschwerdeführer auferlegt werden, dessen Anliegen erst im Rechtsmittelzug entsprochen wurde, weil er dem Gericht erst dann in hinreichendem Umfang Umstände unterbreitet hat, die sein Anliegen begründen (BT-Drs. 16/6308, S. 215).
So liegt der Fall hier. Die Eigentümerin hat die erforderliche Genehmigung erst während des Beschwerdeverfahrens vorgelegt.
III.
Nach der Beschränkung der Beschwerde ergibt sich der jetzige Wert für das Beschwerdeverfahren aus den entstandenen Kosten und Gebühren, §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO. Für deren Berechnung wäre von einem Wert des ursprünglichen Beschwerdeverfahrens in Höhe von 28.000 € (1/10 des Kaufpreises) auszugehen gewesen. Die Kosten bleiben damit unter dem Mindestwert von 1.000 € gem. § 32 Abs. 1 KostO.
Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 78 GBO bot dieser Sachverhalt nicht. Der Senat weicht - soweit ersichtlich - weder von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte noch derjenigen des Bundesgerichtshofs ab.