Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 23.05.2013, Az.: 13 U 185/12 (Kart)

Rechtsfolgen der fehlerhaften Bekanntmachung des Auslaufens eines Konzessionsvertrages i.S.v. § 46 EnWG

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
23.05.2013
Aktenzeichen
13 U 185/12 (Kart)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 37291
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0523.13U185.12KART.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 18.11.2014 - AZ: EnZR 33/13

Fundstellen

  • GK/Bay 2013, 542-546
  • IR 2013, 157-158
  • RdE 2013, 335-337
  • ZNER 2013, 269-271

Amtlicher Leitsatz

Die vorzeitige Beendigung von Verträgen i. S. v. § 46 Abs. 2 EnWG sowie das diesbezügliche Vertragsende sind nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen.

Eine nicht diesen Anforderungen entsprechende Bekanntmachung hat nach § 134 BGB die Nichtigkeit des daraufhin zustande gekommenen Rechtsgeschäfts zur Folge.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 21. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Hannover vom 12. September 2012 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 35.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen. Die Beklagte ist die Stadt W. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Gemeinde S., am 7./19. Juni 1991 einen Stromkonzessionsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren geschlossen. Im Juli 2006 vereinbarten die Klägerin und die Gemeinde S. die Beendigung dieses Vertrages mit Wirkung zum 31. Mai 2008. Die Gemeinde S. gab daraufhin im Deutschen Ausschreibungsblatt das vorzeitige Ende des Konzessionsvertrages zum 31. Mai 2008 bekannt und forderte an dem neu abzuschließenden Konzessionsvertrag interessierte Unternehmen auf, ihr Interesse innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Bekanntmachung zu bekunden. Unter dem 24. Mai/20. Juni 2007 schlossen die Klägerin und die Gemeinde S. einen neuen Konzessionsvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Zum 1. Juli 2009 wurde die Gemeinde S. in die Beklagte eingemeindet. Mit Schreiben vom 15. September 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie gehe davon aus, dass der Konzessionsvertrag vom 24. Mai/20. Juni 2007 unwirksam sei, weil es an einer Bekanntmachung entsprechend den Vorgaben des § 46 Abs. 3 EnWG im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger gefehlt habe. Die Klägerin begehrt nunmehr mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass der vorgenannte Vertrag wirksam sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellte Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Konzessionsvertrag wirksam sei. Es könne offen bleiben, ob die Regelung in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG, wonach im Falle einer vorzeitigen Beendigung von Wegenutzungsverträgen vor Ablauf der Vertragslaufzeit die vorzeitige Beendigung "öffentlich bekannt zu geben" ist, dahin zu verstehen sei, dass die Bekanntmachung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger erfolgen müsse, wie dies in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG für den Fall der regulären Beendigung vorgeschrieben ist. Denn jedenfalls würde ein etwaiger Verstoß gegen die Vorschrift durch die Bekanntmachung "nur" im Deutschen Ausschreibungsblatt nicht zur Unwirksamkeit des Konzessionsvertrages nach § 134 BGB führen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.

Auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird ergänzend verwiesen.

II.

Die Berufung hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Feststellungsantrag nicht zu.

1. Allerdings besteht ein Feststellungsinteresse i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO.

Für ein Feststellungsinteresse i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO ist ein allgemeines Klärungsinteresse nicht ausreichend. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist vielmehr nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, juris Rn. 12; Versäumnisurteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, juris Rn. 13 f.). Eine derartige Ungewissheit entsteht regelmäßig aus einer vom Beklagten aufgestellten Bestandsbehauptung ("Berühmung") der vom Kläger verneinten Rechtslage (vgl. z. B. GH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VII ZR 351/08, juris Rn. 19; BGH, Urteil vom 22. März 1995 - XII ZR 20/94, juris Rn. 9).

So liegt es hier. Die Beklagte macht - u. a. mit Schreiben vom 15. September 2009 - geltend, dass der Konzessionsvertrag vom 24. Mai/20. Juni 2007 unwirksam sei. Die Klägerin beurteilt die diesbezügliche Rechtslage hiervon abweichend, was sie zulässigerweise mit der vorliegenden Klage festgestellt wissen will.

2. Die Feststellungsklage der Klägerin ist indes nicht begründet. Die vorzeitige Beendigung des Vertrages vom 7./19. Juni 1991 mit Wirkung zum 31. Mai 2008 ist nicht in der von § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vorgesehenen Form bekannt gemacht worden (dazu nachfolgend a und b). Dies hat zur Folge, dass der Vertrag vom 14. Mai/20. Juni 2007 nach § 134 BGB unwirksam ist (dazu nachfolgend c), worauf die Beklagte sich auch berufen darf (dazu nachfolgend d).

a) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Verlängerung des Vertrages vom 7./19. Juni 1991 vor Ablauf der Vertragslaufzeit beabsichtigte und der bestehende Vertrag beendet wurde.

b) Die vorzeitige Beendigung des Vertrages vom 7./19. Juni 1991 ist nicht in der von § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG geforderten Form bekannt gemacht worden. Die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende sind - ebenso wie im Fall des § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG - durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu geben.

aa) Wie die Formulierung "öffentlich bekannt zu geben" in § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG zu verstehen ist, ist umstritten. Die ganz überwiegende Auffassung geht dabei davon aus, dass die Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG genauso zu erfolgen hat wie die Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG (vgl. Wegner in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl., § 46 EnWG Rn. 110; Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Aufl., § 46 Rn. 64; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 37; Albrecht in Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 3. Aufl., § 9 Rn. 93; Thomale/Kießling, N & R 2008, 166, 173; anderer Auffassung: Klemm, VersorgW 2005, 197, 201).

bb) Der Senat hält die überwiegend vertretene Auffassung für zutreffend.

(1) Eine Auslegung nach dem Wortlaut führt nach Auffassung des Senats zu keinem zwingenden Ergebnis: Die Formulierung "öffentlich bekannt zu geben" erlaubt mindestens ebenso gut ein Verständnis, dass damit nur eine Veröffentlichung im (elektronischen) Bundesanzeiger gemeint ist, wie ein Verständnis, dass diese Formulierung weitergehend ist und auch Veröffentlichung in anderen - öffentlichen - Medien zulässt.

(2) Auch die Gesetzesmaterialien lassen nach Auffassung des Senats eine Festlegung auf eine der beiden Auslegungsvarianten nicht mit hinreichender Sicherheit zu. Wegen der einzelnen Stadien des Gesetzgebungsverfahrens verweist der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 24. Juni 2011 (Seite 15 f. = Bl. 43 f. d. A.). Konkrete Anhaltspunkte dafür, welche Überlegungen sich der historische Gesetzgeber mit der Formulierung "öffentlich bekannt zu geben" gemacht hat, vermag der Senat den dort angesprochenen Gesetzesmaterialien nicht hinreichend zu entnehmen.

(3) Ebenfalls in diesem Sinne nicht weiterführend ist nach Auffassung des Senats die systematische Auslegung. Argumentiert werden könnte in diesem Rahmen zwar, dass dem Umstand, dass in § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG konkret die Formulierung "Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger" gewählt und zwei Sätze später nicht diese Formulierung wiederholt, sondern eine andere Formulierung verwendet worden ist, zu entnehmen ist, dass diese andere Formulierung dann auch etwas von der vorstehenden Formulierung Abweichendes zum Ausdruck bringen soll. Dies hält der Senat aber nicht für zwingend. Mindestens genauso gut könnte nämlich argumentiert werden, dass die Formulierung "öffentlich bekannt zu geben" in § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG lediglich Bezug nimmt bzw. sich anlehnt auf bzw. an die zwei Sätze zuvor genannte Veröffentlichungsmodalität.

(4) Für entscheidend erachtet der Senat vorliegend die teleologische Auslegung. Hintergrund des § 46 Abs. 3 EnWG ist der gesetzgeberische Wille, einen Wettbewerb um die Netze zu gewährleisten (vgl. BT-Drucksache 13/7274, S. 21). Dieser Zweck erfordert es nach Auffassung des Senats, dass auch die vorzeitige Verlängerung von Verträgen vor Ablauf der Vertragslaufzeit in genau derselben Art und Weise bekannt gemacht wird wie in dem Fall des Ablaufs von Verträgen nach § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG. In dem einem wie dem anderen Fall kann dies nur sichergestellt werden, wenn gewährleistet ist, dass potenzielle Interessenten auch tatsächlich Kenntnis davon erlangen, dass eine Neuvergabe ansteht. Dass in dem einen Fall diese Bekanntmachung in einem speziellen Medium erfolgen, in dem anderen Fall aber eine Bekanntmachung auch in anderen Medien genügen können soll, wäre nach dieser Maßgabe aus Sicht des Senats nicht nachvollziehbar. Soweit die Klägerin diesbezüglich - vom Ansatz her durchaus erwägenswert - argumentiert, dass der Gesetzgeber beide Fallkonstellationen schließlich auch insoweit unterschiedlich behandele, als der (reguläre) Ablauf von Verträgen zwei Jahre zuvor bekannt gegeben werden muss, wohingegen die vorzeitige Verlängerung von Verträgen lediglich drei Monate vor einem Neuabschluss bekannt gegeben werden muss, spricht dieses Argument letztendlich nicht durchgreifend gegen das vom Senat vertretene Ergebnis. Denn gegen diese Argumentation kann mindestens ebenso gut eingewandt werden, dass gerade dann, wenn ohnehin schon eine Einschränkung des Wettbewerbs infolge der kürzeren Frist zu befürchten ist, eine Veröffentlichung umso mehr dafür sorgen muss, dass Wettbewerb eröffnet wird, weshalb nicht zusätzlich zu der kurzen Frist die Veröffentlichung auch noch in einem beliebigen Medium erfolgen darf.

c) Der Umstand, dass nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen vorliegend die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende des Vertrages vom 7./19. Juni 1991 nicht in der von § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vorgesehenen Form erfolgt ist, hat zur Rechtsfolge, dass der Konzessionsvertrag vom 24. Mai/20. Juni 2007 nach § 134 BGB unwirksam ist.

aa) Betrifft - wie vorliegend § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG - das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner, so hat dies im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge; anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss (st. Rspr., vgl. z. B. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, juris Rn. 12).

bb) Auf Grundlage des vorgenannten allgemeinen Grundsatzes geht die überwiegende Auffassung davon aus, dass ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeit des zustande gekommenen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB zur Folge hat, wobei allerdings zum Teil differenziert wird zwischen dem völligem Unterlassen einer Bekanntmachung und der bloß fehlerhaften Bekanntmachung (in diesem Sinne, ohne Differenzierung: Albrecht in Schneider/Theobald, aaO., Rn. 94; Thomale/Kiesling, N & R 2008, 166, 173; Ortner, VergabeR 2008, 608, 609; für den Fall der gänzlich fehlenden Bekanntmachung: OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2008 - 2 U (Kart) 8/07, juris Rn. 22 f.; Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, aaO., § 46 Rn. 67; anderer Ansicht: Wegner in Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, aaO., § 46 Rn. 120).

cc) Der Senat hält die Auffassung für vorzugswürdig, wonach auch im Falle einer (bloß) fehlerhaften Bekanntmachung ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG die Nichtigkeit des daraufhin zustande gekommenen Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB zur Folge hat.

Allein dieses Ergebnis erscheint dem Senat als mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vereinbar. Wie bereits ausgeführt, ist nach dem gesetzgeberischen Willen Hintergrund des § 46 Abs. 3 EnWG, einen Wettbewerb "um das Netz" zu eröffnen. Dieser Wettbewerb würde aber ausgeschlossen beziehungsweise zumindest erheblich erschwert werden, wenn die Bekanntmachung von der vorzeitigen Verlängerung des Vertrages nur in einer Art und Weise bekannt gemacht würde, die es nicht gewährleistet, dass alle potenziellen Wettbewerber/Interessenten auch davon Kenntnis erlangen. Dieses Ziel kann vielmehr nur erreicht werden, wenn Verträge, die aufgrund einer unzureichenden Bekanntmachung (und damit nur eingeschränktem Wettbewerb) zustande gekommen sind, unwirksam sind. Die Möglichkeit, etwaige benachteiligte Wettbewerber auf sekundäre (Schadensersatz-)Ansprüche zu verweisen (in diesem Sinne Wegner, aaO.), würden die Erreichung dieses Zieles nach Einschätzung des Senats nicht hinreichend gewährleisten.

d) Die Beklagte kann sich auf die Nichtigkeit des Vertrages vom 24. Mai/20. Juni 2007 berufen.

aa) Die Beklagte ist nicht unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB (Fallgruppe des "venire contra factum proprium") daran gehindert, sich auf die Nichtigkeit des Vertrages vom 24. Mai/20. Juni 2007 zu berufen, insbesondere verhält sie sich nicht widersprüchlich.

(1) Einer rechtlichen Prüfung unter diesem Aspekt steht zunächst nicht entgegen, dass die Klägerin ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten gar nicht reklamiert. Denn der Einwand aus § 242 BGB stellt keine Einrede, sondern einen von Amts wegen zu beachtenden Umstand dar (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 - IV ZR 191/09, juris Rn. 7)

(2) Jedoch verhält sich die Beklagte nicht widersprüchlich. Zwar hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Nichtigkeit des Vertrages selbst dadurch herbeigeführt, dass sie mit der Klägerin den streitgegenständlichen Vertrag geschlossen hat, ohne vorher eine hinreichende Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG durchgeführt zu haben.

Wie jedoch aus den Ausführungen oben unter b) und c) hervorgeht, dient die Regelung des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG nicht dem Schutz der Gemeinde, sondern dem Schutz Dritter. Ohne eine Nichtigkeit des Vertrages könnte dieser Schutz nicht verwirklicht werden, weil die Gemeinde dann daran gehindert wäre, eine hinreichende Bekanntmachung nach § 46 Abs. 3 EnWG durchzuführen, mit konkurrierenden Unternehmen Verhandlungen durchzuführen und mit ihnen gegebenenfalls einen Konzessionsvertrag abzuschließen. Könnte sich die Gemeinde auf die Nichtigkeit des ohne Einhaltung der genannten Vorschriften abgeschlossenen Vertrages nicht berufen, würde der Gesetzeszweck (Herstellung von Wettbewerb) damit über eine längere Zeit vereitelt. Besteht der Zweck des Gesetzes in dem Schutz Dritter, kann die sich bei einem Verstoß ergebende Nichtigkeit nicht unter Hinweis auf Treu und Glauben verneint werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2008 - 2 U (Kart) 8/07, juris Rn. 31 f.).

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dem Einwand der Beklagten auch nicht die Vorschrift des § 101 b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GWB entgegen, wonach in Vergabeverfahren die Unwirksamkeit von Verträgen i. S. v. § 101 b Abs. 1 GWB später als 6 Monate nach Vertragsschluss nicht geltend gemacht werden kann.

Eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift kommt, was auch die Klägerin nicht verkennt, vorliegend nicht in Betracht. Dass die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 101 b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 GWB im Anwendungsbereich des § 46 Abs. 3 Satz 3 EnWG vorliegen, insbesondere eine entsprechende planwidrige Regelungslücke im Gesetz, vermag der Senat nicht zu erkennen.

III.

1. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Den Streitwert für das Berufungsverfahren setzt der Senat auf bis 35.000 € fest. Der Senat schließt sich insoweit der diesbezüglichen Wertfestsetzung des Landgerichts an, der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 23. August 2012 auch die Parteien zugestimmt haben.

3. Der Senat lässt nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Revision zu. Die vorliegend behandelten Rechtsfragen bedürfen einer höchstrichterlichen Entscheidung.