Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 13.05.2013, Az.: 17 UF 227/12
Anerkennung einer ausländischen Adoption
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 13.05.2013
- Aktenzeichen
- 17 UF 227/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 40628
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2013:0513.17UF227.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Celle - 25.06.2012 - AZ: 40 F 40193/10
Rechtsgrundlage
- § 109 Abs. 4 Nr. 4 FamFG
Redaktioneller Leitsatz
1. Für die Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist zwingend erforderlich, dass diese sich mit der Frage auseinander gesetzt hat, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl entspricht, ob also ein Adoptionsbedürfnis vorliegt, die Elterneignung der Annehmenden gegeben und eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden bzw. ihre Entstehung zu erwarten ist.
2. Von einer verkürzten und unzureichenden Kindeswohlprüfung ist immer dann auszugehen, wenn sich in der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung keine Hinweise darauf befinden, dass sich die mit der Entscheidung befassten ausländischen Gerichte und Behörden des internationalen Charakters der Adoption überhaupt bewusst gewesen sind.
3. Eine Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist in jedem Fall ausgeschlossen, wenn im ausländischen Adoptionsverfahren eine zureichende Kindeswohlprüfung ersichtlich überhaupt nicht erfolgt ist, weil diese nach ausländischem Recht bei der Entscheidung über die Adoption gar nicht vorgesehen war oder eine nach ausländischem Recht vorgesehene Prüfung von den Beteiligten umgangen worden ist.
In der Familiensache
pp.
hat der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht #####, den Richter am Oberlandesgericht #####und die Richterin am Oberlandesgericht #####am 13. Mai 2013 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Annehmenden gegen den Beschluss des Amtsgerichts Celle vom 25. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beläuft sich auf 3.000 €.
Gründe
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin als Annehmende die Anerkennung einer vom Amtsgericht in #####/Georgien am 11. Februar 2008 ausgesprochenen Adoptionsentscheidung. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts verweist der Senat auf die ausführliche Darstellung in der angefochtenen Entscheidung.
Die Entscheidung des Amtsgerichts ##### enthält neben der Entscheidungsformel keine weitere Begründung. Ihr voraus geht ein Schlussbericht des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft Georgiens vom 3. Dezember 2007 über "die Adoption des verwahrlosten Kindes", auf den der Senat Bezug nimmt (Bl. 61 - 64 GA). In diesem Bericht heißt es u.a.:
"Ein Jurist ########## des Bildenden Resourcenzentrums des Bezirks ##### und der Spezialist bei den Fragen für Kindersorge, die Pädagogin ########## haben die Familie von ########## studiert. Ihr Wohnort und um Umgebung wurden auch studiert. Nach dem Besuch und Gespräch mit der Partei wurde ein entsprechendes Protokoll abgefasst, welches in der Sache vorgestellt ist. Durch das Studium der Sache wurde geklärt, dass das Kind sich in dieser Familie gut fühlt, es ist kontaktfreudig, gut gepflegt und fröhlich."
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Anerkennung der Adoptionsentscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Amtsgericht ##### im Rahmen seiner Entscheidung die Regeln des Haager Adoptions-Übereinkommens (HAÜ) nicht beachtet habe. Sowohl die Republik Georgien als auch Deutschland seien zur Zeit des Adoptionsverfahrens Vertragsstaaten gewesen. Das Amtsgericht ##### habe die danach erforderliche Beteiligung der zentralen Behörden beider Staaten am Verfahren nicht vorgenommen. Die Antragstellerin habe auch keine Konformitätsbescheinigung nach Artikel 23 HAÜ vorgelegt.
Darüber hinaus sei die Anerkennung auch gemäß § 109 Abs. 4 Nr. 4 FamFG ausgeschlossen, da die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führe, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Dies ergebe sich vorliegend daraus, dass sich die ausländische Adoptionsentscheidung nicht mit der Frage auseinandersetze, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl entspreche. Im Rahmen der Elterneignungsprüfung hätte eine Überprüfung der Lebensverhältnisse der Antragstellerin in Deutschland erfolgen müssen, und zwar entweder durch eine deutsche Fachstelle oder eine andere dafür geeignete Institution oder Person. Das sei nicht geschehen.
Die Elterneignungsprüfung könne auch im Anerkennungsverfahren nicht nachträglich unter Beteiligung inländischer Fachbehörden nachgeholt werden. Dies würde dazu führen, dass das Gericht des Anerkennungsverfahrens eine neue, eigene Adoptionsentscheidung treffen würde, was nicht dem Sinn und Zweck des Anerkennungsverfahrens entspreche.
Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung verweist der Senat auf den Beschluss des Amtsgerichts (Bl. 111 - 115 GA).
Die Annehmende wendet sich gegen diesen Beschluss mit ihrer Beschwerde. Letztere ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie führt jedoch nicht zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Das Amtsgericht hat die Anerkennung der Adoptionsentscheidung des Amtsgerichts ##### mit zutreffenden Erwägungen abgelehnt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf die ausführliche Begründung des Amtsgerichts.
Diese entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Für die Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist zwingend erforderlich, dass diese sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl entspricht, ob also ein Adoptionsbedürfnis vorliegt, die Elterneignung der Annehmenden gegeben und eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden bzw. ihre Entstehung zu erwarten ist. Von einer verkürzten und unzureichenden Kindeswohlprüfung ist hingegen immer dann auszugehen, wenn sich in der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung keine Hinweise darauf befinden, dass sich die mit der Entscheidung befassten ausländischen Gerichte und Behörden des internationalen Charakters der Adoption überhaupt bewusst gewesen sind. Schließlich scheidet die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung auf jeden Fall aus, wenn im ausländischen Adoptionsverfahren eine zureichende Kindeswohlprüfung ersichtlich überhaupt nicht erfolgt ist, weil diese nach ausländischem Recht bei der Entscheidung über die Adoption gar nicht vorgesehen war oder eine nach ausländischem Recht vorgesehene Prüfung von den Beteiligten umgangen worden ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich in der anzuerkennenden Adoptionsentscheidung schon keine Hinweise darauf befinden, dass sich die mit der Entscheidung befassten ausländischen Gerichte oder Behörden des internationalen Charakters der Adoption überhaupt bewusst gewesen sind (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - 17 UF 98/11 -; FamRZ 2012, 1226, Tz. 15 und 16; im Anschluss daran OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juli 2012, Standesamtszeitung 2013, 82, Tz. 11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. September 2012 - 2 UF 44/12 -, veröffentlicht bei juris, Tz. 28). So verhält es sich hier. Aus der Adoptionsentscheidung des Amtsgerichts ##### ergibt sich nicht, dass dieses einen Auslandsbezug überhaupt in Erwägung gezogen hat. Ein solcher ist auch nicht aus dem Bericht des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft Georgiens vom 3. Dezember 2007 zu entnehmen. Daraus ergibt sich gerade, dass die Situation des Kindes in der Familie der Annehmenden in Georgien überprüft worden ist. Nach den Feststellungen im Bericht ist davon auszugehen, dass das Kind sich in dieser Familie gut fühlt, es dort gut gepflegt und fröhlich ist. Mit der Frage, ob ein Verlassen dieser Familie zugunsten eines Aufenthalts bei der Annehmenden in der Bundesrepublik kindeswohlförderlich ist, setzt sich der Bericht aber gerade nicht auseinander. Mit keinem Wort geht dieser Bericht darauf ein, dass im Anschluss an die Adoption ein Umzug des Kindes nach Deutschland vorgesehen ist.
Mithin ist die Entscheidung des Amtsgerichts bereits mit der auf § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFGberuhenden Begründung nicht zu beanstanden. Ob ein Verstoß gegen die Voraussetzungen des Haager Adoptionsübereinkommens darüber hinaus schon für sich genommen eine Anerkennung der Georgischen Entscheidung ausschließt kann daher - mit dem Amtsgericht - offen bleiben (so auch OLG Düsseldorf, aaO. Tz. 9).
Schließlich vermag die Annehmende auch nicht mit ihrem Beschwerdevorbringen durchzudringen, dass sie Opfer einer Falschberatung einer georgischen Rechtsanwältin und eines Konsularbeamten der Deutschen Botschaft in Georgien geworden sei. Bereits auf einfachstem Wege lassen sich Informationen darüber erhalten, welche Umstände im Hinblick auf die Anerkennung ausländischer Adoptionen in Deutschland zu berücksichtigen sind. Gibt man z.B. die Worte "Anerkennung ausländischer Adoptionen in Deutschland" als Suchbegriff in eine der einschlägigen Internet-Suchmaschinen (z.B. www.google.de) ein, erhält man schon auf der ersten Trefferseite den Link zum Bundesjustizamt. Ruft man die dortige Internetseite auf, wird sogleich dargestellt, welche Voraussetzungen für die Anerkennung einer ausländischen Adoption im Inland gelten. Allein mit dem Aufruf dieser Internetseite wäre die Annehmende und Beschwerdeführerin ausreichend beraten gewesen. Darüber hinaus hätte natürlich auch auf der Hand gelegen, sich den Rat eines inländischen Rechtsanwaltes einzuholen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, die Wertfestsetzung aus § 42 Abs. 3 FamGKG.