Landgericht Aurich
Urt. v. 04.11.2016, Az.: 1 O 1079/15
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 04.11.2016
- Aktenzeichen
- 1 O 1079/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43090
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Aurich vom 25.02.2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Hiervon ausgenommen sind die durch die Säumnis des Beklagten veranlassten Kosten, die dieser zu tragen hat.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten allerdings nur gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf 15.388,75 € festgesetzt.
Tatbestand:
Der Beklagte beteiligte sich als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von 125.000 DM, mithin 63.911,49 €, an der MS „F.“ Schifffahrts GmbH & Co. KG.
In den Jahren 2002 und 2005-2007 leistete die Gesellschaft an den Beklagten Ausschüttungen in Höhe eines Gesamtbetrages von 15.338,75 €. Den Ausschüttungen standen keine Gewinne der Gesellschaft gegenüber, sondern sie stellten Rückzahlungen der Kommanditeinlage dar.
Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 28.03.2012 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der MS „F.“ Schifffahrts GmbH & Co. KG bestellt. Das Schiff wurde verwertet, doch die erzielten Erlöse reichten nicht zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Es bestehen anerkannte Forderungen in Höhe von 717.827,74 € sowie weitere Forderungen, die in Höhe des Ausfalls anerkannt wurden, in Höhe von 28.471,87 €.
Der Kläger forderte mit Schreiben vom 06.06.2012 den Beklagten zur Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen bis zum 20.06.2012 auf. Eine Zahlung durch den Beklagten erfolgte daraufhin nicht.
Gegen den Beklagten wurde durch das britische Landgericht Brighton mit Beschluss vom 15.05.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet. In der für das Verfahren erstellten Schuldnerliste benannte der Beklagte den Kläger nicht. Mit Gerichtsbeschluss vom 26.06.2014 wurde dem Beklagten bescheinigt, dass er am 15.05.2014 von seinen Restschulden befreit wurde.
Mit Schreiben vom 13.02.2015 wandte sich der Kläger an das Einwohnermeldeamt M.. Hier teilte der Kläger dem Amt mit, dass er als Insolvenzverwalter Auskunft über die Ermittlung der Person des Beklagten erbitte. Als Anschrift teilte der Kläger die Adresse C-Str., M. mit. Die von dem Einwohnermeldeamt mit Schreiben vom 23.02.2015 mitgeteilte Adresse des Beklagten lautete auf die Anschrift W. Ring, E..
Die Gemeinde Markt P. a. Chiemsee bestätigte mit Schreiben vom 10.07.2015, dass sich der Beklagte mit Einzugsdatum vom 08.07.2015 unter der Adresse C.-B.-Str. in der Gemeinde angemeldet habe.
Das Bürgeramt der Stadt E. erteilte dem Kläger mit Auskunft aus dem Melderegister vom 25.01.2016 mit, dass der Beklagte an die Adresse N.-Straße in T. verzogen sei.
Die Kreisstadt T.stellte am 12.04.2016 eine Meldebestätigung aus. Hier heißt es, dass der Beklagte seit dem 18.03.2016 in der N.-Straße in T. gemeldet sei. Diese Adresse ist in demselben Schreiben als frühere Wohnung bezüglich des Zeitraumes vom 23.06.2011 bis zum 12.10.2012 vermerkt. Weiterhin ist in der Meldebestätigung ausgewiesen, dass der Beklagte am 12.10.2012 in das Vereinigte Königreich „ausgezogen“ sei.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die in England erteilte Restschuldbefreiung keine Wirkung entfalten könne. Sie sei unter Beachtung der öffentlichen Ordnung (ordre public) untragbar. Der Kläger behauptet hierzu, dass der Beklagte die Verlegung seines Wohnsitzes nach England rechtsmissbräuchlich vorgetäuscht habe, um sich berechtigter Forderungen seiner Gläubiger zu entziehen. Tatsächlich setze die Eröffnung des englischen „bancruptcy“ Verfahrens voraus, dass der Schuldner seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Eröffnungsgerichts habe, was nicht der Fall gewesen sei. Der Kläger behauptet weiter, dass es der Beklagte arglistig unterlassen habe, den Kläger gegenüber dem englischen Gericht in der Schuldnerliste zu erwähnen. So sei der Beklagte bereits durch den der Schiffsbeteiligung zugrunde liegenden Verkaufsprospekt darauf hingewiesen worden, dass eine Haftungsmöglichkeit nach § 172 Abs. 4 HGB bestehe. Über die Geschäftssituation sei der Beklagte durch jährliche Geschäftsberichte informiert worden. Den Jahresabschlüssen seien erhebliche Verlustvorträge zu entnehmen gewesen. Weiterhin sei der Beklagte auf Gesellschafterversammlungen informiert worden. Dabei sei im Rahmen einer Gesellschafterversammlung vom 05.05.2011 der ausdrückliche Hinweis erfolgt, dass die Kommanditisten bei einer negativen Liquiditätsentwicklung für die Ausschüttungen haften. Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass die Unwirksamkeit der in England erteilten Restschuldbefreiung darauf beruhe, dass der unionsrechtliche Grundsatz auf rechtliches Gehör versagt worden sei. Die dem Kläger garantierten Beteiligungsrechte an dem englischen Insolvenzverfahren seien nicht beachtet worden.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
den Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.338,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.06.2012 zu zahlen.
Mit Datum vom 25.02.2016 hat das Landgericht Aurich durch Versäumnisurteil den Beklagten gemäß diesem Antrag zur Zahlung verurteilt, nachdem ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 08.02.2016 die Klageschrift durch Aushändigung an den Vater des Beklagten an der Adresse N.-Straße in T. zugestellt wurde. Die Zustellung des Versäumnisurteils hat sich unter derselben Anschrift durch persönliche Aushändigung an den Beklagten am 03.03.2016 ereignet. Hiergegen hat der Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.03.2016, dem Landgericht zugegangen am 07.03.2016, frist- und formgerecht Einspruch eingelegt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil des Landgerichts Aurich vom 25.02.2016, Az.: 1 O 1079/15, aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil vom 25.02.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass ihm die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. An der Zustelladresse in T. sei er nicht dauerhaft aufhältig gewesen, sondern lediglich ein bis zwei Mal jährlich zu Besuch bei seinen Eltern. Der Beklagte beruft sich auf die ihm erteilte Restschuldbefreiung vom 15.05.2014 und ist der Ansicht, dass diese Restschuldbefreiung auch die streitgegenständliche Forderung betreffe. Der Beklagte bringt vor, in der Zeit zwischen dem 01.10.2012 bis 31.05.2013 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau unter der Adresse K. House, M. Parade, W., West S. Wohnsitz genommen zu haben. Nach einem Zerwürfnis mit seiner damaligen Ehefrau sei er zwischen dem 01.06.2013 bis Juli 2015 an der Adresse C. House Cottage, P. Road, E., S. wohnhaft gewesen. Der Beklagte tritt dem Vorwurf entgegen, einen Eintrag des Klägers in die Schuldnerliste arglistig verschwiegen zu haben. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Debitorenliste habe der Beklagte nicht gewusst, dass ein Insolvenzverfahren mit dem Kläger anhängig gewesen sei und der Kläger als Insolvenzverwalter Forderungen gegen ihn erhoben habe. Auch das außergerichtliche Anspruchsschreiben vom 06.06.2012 habe er nicht erhalten. Der Beklagte beruft sich schließlich auf Verjährung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig. Insoweit dringt der Beklagte also nicht mit seinem Einwand durch, dass es an einer ordnungsgemäßen Zustellung der Klageschrift fehlt. Die Zustellung der Klageschrift ist durch Postzustellungsurkunde vom 08.02.2016 gemäß § 182 i.V.m. § 418 ZPO nachgewiesen. Der Beklagte macht nicht geltend, dass die Postzustellungsurkunde inhaltlich unrichtig sei. Auch hat er hinsichtlich der Unrichtigkeit der PZU keinen Gegenbeweis angeboten. Jedenfalls muss er aber auch gegen sich gelten lassen, dass bei dem Bürgeramt E. die Mitteilung hinterlegt war, dass der Beklagte an die Adresse in T. verzogen war, an welcher letztlich auch die Zustellung durch Aushändigung an den Vater des Beklagten erfolgt ist.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
1. Dabei scheitert die Klage nicht an der von dem Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung. Die geltend gemachten Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt. Der Anspruch aus § 171 Abs. 2 HGB verjährt gemäß §§ 159, 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB in fünf Jahren ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, soweit der jeweils zugrunde liegende Einzelanspruch nicht früher verjährt. § 159 HGB betrifft die Verjährung der vorliegenden Ansprüche aus persönlicher Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Nach § 159 Abs. 2 HGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. Das Verfahren wurde am 28.03.2012 eröffnet, so dass noch keine Verjährung des Anspruchs des Klägers eingetreten ist.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Beklagte sich auf den materiell-rechtlich zu beachtenden Einwand der nach englischem Recht mit Beschluss vom 26.06.2014 mit Wirkung zum 15.04.2014 erteilten Restschuldbefreiung berufen darf. Die hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers verfangen demgegenüber nicht.
a) Gemäß § 343 S. 1 InsO sind ausländische Insolvenzverfahren grundsätzlich anzuerkennen. Die Anerkennung ist dabei die Regel, für die eine Vermutung spricht. Ausnahmen von der Regel hat der Kläger zu beweisen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 27.11.2012 - 2 U 147/12). Die in England erteilte Restschuldbefreiung hat gem. Art. 17 EuInsVO in Deutschland die gleichen Wirkungen wie nach englischem Recht. Die Erteilung einer „discharge“, welche vorliegend vom „County Court at Brighton“ mit Wirkung zum 15.05.2014 erging, beendet die Insolvenz und bringt das Verfahren formal zum Abschluss. Mit Erteilung der „discharge“ wird der Schuldner grundsätzlich von seinen Schulden, deren Rechtsgrund vor Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden ist, befreit (vgl. KG, Urteil vom 25.09.2013 - 28 U 36/12 und Section 281 Insolvency Act 1986). Zwar sieht der englische Insolvency Act 1986 Ausnahmen von der Entschuldung vor (vgl. dazu Priebe, Bankrott in Britain, ZInsO 2012, 2074, 2080). Das Bestehen solcher Ausnahmen ist hier in Bezug auf die streitgegenständliche Forderung aber nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht behauptet.
b) Der Kläger kann sich vorliegend zunächst nicht darauf berufen, dass der Beklagte seinen Wohnsitz rechtsmissbräuchlich nach England verlegte. Die Gläubigerin ist darlegungs- und beweisbelastet für den Umstand, dass der Schuldner seinen (vermeintlichen) Wohnsitz rechtsmissbräuchlich ins Ausland verlegte (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 27.11.2012 - 2 U 147/12). Etwas anderes ergibt sich nicht aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung (vgl. Bl. 70 oben der Akte). Die Entscheidung BGH, NJW-RR 2007, 705 [BGH 17.01.2007 - VIII ZR 135/04] befasst sich mit der Darlegungs- und Beweislast des Darlehensschuldners für die Erfüllung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs. Es liegt also ein anderer Sachverhalt vor. In der Entscheidung BGH, NJW 2005, 2395 setzt sich der BGH mit der Beweislast der Parteien bei einer Eigenbedarfskündigung nach Mietrecht auseinander. BGH, NJW 2014, 3033 [BGH 19.02.2014 - I ZR 230/12] betrifft die Frage der Darlegungslast bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen, soweit dort innerbetriebliche Vorgänge zu thematisieren sind. Ein solcher Fall ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, zumal der Beklagte im Schriftsatz vom 18.04.2016, S. 4 (Bl. 46) auch Angaben zu seinem Umzug nach England macht, insoweit also im Rahmen sekundärer Beweislast vorträgt. Insoweit ergibt sich auch aus der Entscheidung BAG, NZA 2013, 559 [BAG 27.09.2012 - 2 AZR 516/11] zur Darlegungs- und Beweislast bei betriebsbedingten Kündigungen nichts anderes.
Auch im Übrigen ist ein hinreichendes Vorbringen durch den Kläger zur rechtsmissbräuchlichen Wohnsitzverlagerung des Beklagten nach England nicht ersichtlich, zumal der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast und insbesondere Vorlage der Anlage B 3 belegte, dass er Mitte Oktober 2012 nach England verzog. Dass er zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens Mitte Mai 2013 nicht mehr dort wohnte, ist nicht dargetan. Soweit der Kläger den vorliegenden Unterlagen der Einwohnermeldeämter keinen hinreichenden Beweiswert beimisst, liegt insoweit jedenfalls substantiierter Beklagtenvortrag zum Wohnsitz vor. Hinreichende Einwendungen gegen den Inhalt der vorgelegten Unterlagen macht der Kläger nicht geltend. Jedenfalls aber ergibt sich aus seinem Vortrag hierzu nicht der von ihm vorzubringende Beweis, dass der Beklagte seinen (vermeintlichen) Wohnsitz nur scheinbar bzw. rechtsmissbräuchlich nach England verlegte. Dies gilt trotz des vom Kläger wiederholt vorgebrachten Umstandes, dass Bl. 26 der Akte hinsichtlich der Reihenfolge der Wohnsitze in England von dem Vortrag des Beklagten hierzu abweicht.
Aufgrund der vorgenannten Umstände unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt auch entscheidend von dem Sachverhalt, welcher der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des BFH vom 27.01.2016, Az. VII B 119/15 zugrunde liegt. Dabei verkennt die Kammer die dortigen Ausführungen zum rechtsmissbräuchlichen Verlegen von Wohnsitzen nach Großbritannien nicht. Insoweit kann ein Verstoß gegen die deutsche öffentliche Ordnung ("ordre public") im Sinne eines Rechtsmissbrauchs sich dann ergeben, wenn eine nur vorübergehende Wohnsitzverlegung (bzw. eine nur vorübergehende Verlegung des Mittelpunkts der hauptsächlichen Interessen) in einen anderen Staat erfolgt, um unter dort erleichterten Bedingungen eine Restschuldbefreiung zu erwirken. Im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland nur zum Schein kann unter diesen Umständen das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts unter Beachtung inländischer Rechtsvorstellungen untragbar erscheinen (vgl. BFH, Beschluss vom 27.01.2016, VII B 119/15, Rn. 23 zitiert nach juris). Der Anerkennung des Insolvenzverfahrens steht aber vorliegend der in Art. 26 EuInsVO normierte „Ordre Public“ Vorbehalt nicht entgegen.
c) Nach Art. 26 EuInsVO kann sich jeder Mitgliedstaat weigern, ein in einem anderen Mitgliedstaat eröffnetes Insolvenzverfahren anzuerkennen oder eine in einem solchen Verfahren ergangene Entscheidung zu vollstrecken, soweit diese Anerkennung oder diese Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das offensichtlich mit seiner öffentlichen Ordnung, insbesondere mit den Grundprinzipien oder den verfassungsmäßig garantierten Rechten und Freiheiten des Einzelnen, unvereinbar ist. Eine Anwendung des Ordre public-Vorbehalts gem. Art. 26 EuInsVO kommt in Betracht, wenn das Ergebnis der Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Anerkennungs- oder Vollstreckungsmitgliedstaats stünde. Es muss sich bei diesem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Anerkennungs- oder Vollstreckungsmitgliedstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln. Der Ordre public-Vorbehalt des Art. 26 EuInsVO kann demnach nur in Ausnahmefällen einschlägig sein (vgl. BGH, Urteil vom 10.9.2015 – IX ZR 304/13, Rn. 9 ff.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist nicht ersichtlich, soweit sich der Kläger auf ein arglistiges Verhalten des Beklagten beruft. Jedenfalls aber hat der Kläger ein arglistiges Verhalten des Beklagten, wie bereits oben ausgeführt, nicht hinreichend dargelegt oder unter Beweis gestellt.
Auch soweit der Kläger vorbringt, von dem englischen Insolvenzgericht trotz wiederholter Anfragen (vgl. Anlagen K 9 und K 10) keine Antwort erhalten zu haben, ergibt sich nicht, dass vorliegend die Wirkungen der nach englischem Recht erteilten Restschuldbefreiung nicht anzuerkennen wären. Das Risiko der Informationsbeschaffung trägt insoweit der beweisbelastete Kläger. Auch insoweit führt die vom Kläger benannte Entscheidung des BGH, Urt. v. 18.05.2005 - Az. VIII ZR 368/03, welche zur Eigenbedarfskündigung erging, zu keinem anderen Ergebnis.
d) Der Kläger kann sich ferner nicht darauf berufen, dass das englische Insolvenzverfahren unter einem Verstoß gegen das rechtliche Gehör leide. Zwar ist nach der Rechtsprechung des EuGH Art. Artikel 26 EuInsVO anwendbar, wenn die Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unter offensichtlichem Verstoß gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör einer von einem solchen Verfahren betroffenen Person ergangen ist. Dabei geht es um den allgemeinen unionsrechtlichen Rechtsgrundsatz, dass jedermann Anspruch auf ein faires Verfahrens hat (vgl. BGH, Urteil vom 10.9.2015 – IX ZR 304/13, Rn. 24). Im Zusammenhang mit der möglichen Verletzung rechtlichen Gehörs ist zu überprüfen, ob sich der Kläger nach englischem Recht hinreichend rechtliches Gehör verschaffen konnte. Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das in jedem Mitgliedstaat eingerichtete Rechtsbehelfssystem, ergänzt durch das Vorabentscheidungsverfahren, eine ausreichende Garantie bietet (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 27.11.2012 - 2 U 147/12). Dabei ist eine solche Rechtsschutzmöglichkeit vorliegend darin zu erblicken, dass der Kläger nach dem englischen Insolvenzrecht eine Annullierung der erteilten Restschuldbefreiung erreichen kann. Gemäß Insolvency Act 1986, Section 282 [1] (a) kann der Eröffnungsbeschluss annulliert werden, wenn dieser aus Gründen, die bei dessen Erlass schon vorlagen, nicht hätte ergehen dürfen. Da der Insolvency Act keine Regelung enthält, durch welche der berechtigte Personenkreis beschränkt wird, ist auch von einer Berechtigung des Klägers, die Annullierung zu beantragen, auszugehen. Dabei kann der Antrag auch noch nach Eintritt der Restschuldbefreiung gestellt werden und mit der dann erfolgenden Annullierung die bereits eingetretene Durchsetzungssperre entfallen. Vor diesem Hintergrund ist es dem Kläger möglich, sich durch ein weiteres Vorgehen bei den englischen Gerichten rechtliches Gehör zu verschaffen.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem vom Kläger zum Schluss des Schriftsatzes vom 19.09.2016 erhobenen Einwand zur Untätigkeit des englischen Gerichts. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger durch die Nichtbeantwortung der Schreiben gemäß Anlage K 9 und K 10 vor dem englischen Gericht jegliche Rechtsschutzmöglichkeit genommen würde. Dabei braucht die Kammer nicht abschließend zu beurteilen, ob die Beantwortung der Schreiben möglicherweise daran krankt, dass der Diktus der Anlagen K 9 und K 10 das englische Gericht von einer Beantwortung abhält bzw. der Kläger den Anlagen K 9 und K 10 keine für das englische Gericht hinreichende Legitimation nachgewiesen hat, was ebenfalls einer Beantwortung entgegenstehen könnte. Jedenfalls wäre es dem Kläger unbenommen, einen in England tätigen Rechtsanwalt mit der Sache zu betrauen und durch diesen einen Rechtsbehelf gegen die in England ergangene Entscheidung einlegen zu lassen. Ein solches Vorgehen des Klägers ist aber nicht dargetan. Auch vor diesem Hintergrund ist das Vorliegen der strengen Voraussetzungen des Ordre-public Vorbehaltes nicht ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 344 und § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht für den Kläger auf einer Anwendung der §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Für den Beklagten folgt die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus § 709 ZPO.