Landgericht Aurich
Urt. v. 06.05.2016, Az.: 5 O 789/12
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 06.05.2016
- Aktenzeichen
- 5 O 789/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43037
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG - AZ: 14 U 35/14
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen der Geschäfts-besorgerin a. GmbH sämtliche Verwaltungsunterlagen und Datenträger, die die Klägerin betreffen oder die an sie gerichtet sind oder von dieser, vertreten durch die Beklagte oder den Geschäftsführer Prof. Dr. G. B. oder die früheren Geschäftsbesorger Dr. G. GmbH und Dr. G. G.-gesellschaft mbH verfasst wurden oder diesen zugingen, herauszugeben, insbesondere
- Gesellschafterbeitrittserklärungen und deren Annahme
- Vertrag über die Vermittlung des Eigenkapitals
- alle Unterlagen zu durchgeführten Beschlussfassungen im schriftlichen Umlaufverfahren, insbesondere versandte Beschlussvorschläge und alle Rücklauf-Stimmbögen der Gesellschafter
- Einladungen und Protokolle zu erfolgten Gesellschafterversammlungen, eventuelle Widersprüche zu Protokollen sowie eventuelle Vollmachtserteilungen zur Vertretung und Stimmrechtsausübung und deren Erfassung in Übersichten
- Grundbuchtreuhandauftrag
- Grundbuchanträge und Grundbuchberichtigungsanträge
- Treuhandbankauftrag
- jährliche Geschäftsberichte und Zwischenberichte an die Gesellschafter und Dritte
- Gesellschafterrundschreiben
- Gesellschafterliste mit vollständigen Angaben zu Namen, Adressen, Beteiligungshöhen und ggf. Fortführungsvermerken bei Erbfällen, Anteilsübertragungen und Adressänderungen,
- Schriftwechsel bezüglich der Änderung von Personenstands- und Adressdaten von Gesellschaftern
- Schriftverkehr und etwaige Genehmigungen zu allen bisher erfolgten Gesellschafterwechseln und Anteilsübertragungen
- Unterlagen und Schriftverkehr zur Eigenkapitaleinzahlung sowie zur Anforderung und Leistung von Nachschüssen sowie sonstigen Gesellschafterbeiträgen
- ausgestellte Zertifikate für die Gesellschafterbeteiligungen
- Zertifikatbuch und dessen Fortführungsvermerke
- gegenüber der Klägerin zu Händen ihres Geschäftsführers oder ihres Geschäftsbesorgers angezeigte Abtretungen und Verpfändungen von Gesellschafterbeteiligungen
- Schriftwechsel mit Gesellschaftern
- Schriftwechsel mit dem bisherigen Geschäftsführer der Klägerin, Prof. Dr. G. B.
- Hausverwaltungsunterlagen mit Schriftwechsel und E-Mail-Austausch, insbesondere Anweisungen an die Hausverwaltung zur Festlegung von Miethöhen, zum Ausbuchen und Einbuchen von Forderungen, zur Zahlung und zum Erlass von Nebenkosten, sowie zum Abschluss, zur Änderung und zur Aufhebung von Verträgen mit Mietern im Gewerbe- und Wohnbereich
- Schriftwechsel und Verträge zu baulichen Maßnahmen in der klägerischen Immobilie bezogen auf Allgemeinflächen, Dach und Fach, einzelne Wohnungen und Gewerbeeinheiten
- alle Verträge mit Versorgern
- alle Unterlagen und sämtlicher Schriftverkehr zu etwaigen Gewährleistungsansprüchen, insbesondere Protokolle zu Gewährleistungsbegehungen, zu Mängelanzeigen, zu Mängelprotokollen und zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen
- Liste über Sicherheits- und Gewährleistungseinbehalte
- Originale der Bürgschaftsurkunden von Handwerkern und von anderen Gebern und Sicherheiten
- Steuerberatervertrag mit allen für die Steuerberatung bisher gestellten Rechnungen und Zahlungsanweisungen dafür
- Jahresabschlüsse und Ergebnisverteilungsübersichten sowie Schreiben an die Gesellschafter zur Mitteilung der jährlichen steuerlichen Ergebnisse
- Steuererklärungen
- Steuerbescheide
- Gewinn- und Verlustmitteilungen an die Gesellschafter
- steuerliche Stellungnahmen und steuerliche Gutachten
- Unterlagen und Schriftverkehr zu Betriebsprüfungen
- Umsatzsteuererklärungen und Umsatzsteuerbescheide
- Unterlagen und Schriftverkehr zu Umsatzsteuerprüfungen
- alle Unterlagen der Bauwerkserstellung, insbesondere Baupläne und Grundrisspläne, amtliche Bescheide und Genehmigungen, Bauverträge, Architektenverträge, Baubetreuungsverträge, Abrechnungen, Garantien und Bürgschaften, Mängelanzeigen und sonstiger diesbezüglicher Schriftverkehr, insbesondere Gutachten zur Ausführung der Wärmedämmung in den Dachgeschossen
- Schriftverkehr mit Rechtsanwälten sowie Prozessakten, anwaltliche Stellungnahmen und Gutachten, sonstiger Schriftverkehr zu Ansprüchen einerseits der Klägerin gegen Gesellschafter und Dritte sowie andererseits gegen die Klägerin,
- sämtliche Darlehensverträge, insbesondere mit der D. H., Zins- und Tilgungspläne, Urkunden über Grundschuldbestellungen und Sicherungszweckerklärungen zugunsten der D. H. und der I.-Bank Berlin bzw. deren Rechtsvorgängerin, sowie Urkunden über die Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung mit sämtlichem Schriftverkehr hierzu, sowie Unterlagen zu Zwangsmaßnahmen und zur Offenlegung von Abtretungen,
- Schriftwechsel mit der D. H. und den von der D. H. Beauftragten, P. C. S. GmbH sowie G-Gruppe, bezüglich des Abschlusses und der Handhabung der Sanierungsvereinbarung,
- Berichte der D. H., P. C. S. GmbH und G-Gruppe zur wirtschaftlichen Situation der Klägerin seit 2004 sowie jährliche Berichte, Berichte außer der Reihe und fortlaufende Abrechnungen, die gemäß der Sanierungsvereinbarung mit der G. H. an diese zu übersenden sind einschließlich des gesamten sonstigen Schriftverkehrs mit der D. H. und den von dieser Beauftragten,
- Finanzierungsvermittlungsverträge
- Förderzusagen und gesamter Schriftverkehr mit der Investitionsbank Berlin und deren Rechtsvorgängerin als Förderinstitut sowie Anträge zur Förderung, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Grundstückswertermittlung, Auflagen und Förderrichtlinien, Schriftverkehr zu Unterlagen zum Aufwendungszuschuss, Auszahlungspläne,
- Vertrag über die Vermittlung der Förderung
- alle Buchhaltungsunterlagen, Rechnungsbelege sowie Abrechnungen einschließlich Anweisungen an die Buchhaltung und die Steuerberater,
- sämtliche Unterlagen zu allen Bankkonten der Klägerin bzw. für die Klägerin, Unterlagen zu Kontoeröffnungen, Kontoauszüge, Jahressteuerbescheinigungen für alle Konten, Konto-Bevollmächtigungserklärungen sowie Zeichnungsberechtigungen,
- Geschäftsbesorgungsvertrag
- alle von der Beklagten für ihre Geschäftsbesorgungstätigkeit an die Klägerin gestellten Rechnungen sowie alle Rechnungen, die von der Beklagten und/oder Dritte an die Klägerin für Telefongebühren, Büro- und Reisekosten des Geschäftsbesorgers gestellt wurden,
- Unterlagen und Schriftverkehr mit den Gesellschaftern zu den sog. Eigenkosten der Gesellschaft nebst Grundlagen für die Ermittlung der dazu von den Gesellschaftern angeforderten Nachschüsse,
- Erschließungskostenbescheide und Schriftwechsel hierzu mit der Grundbuchtreuhänderin, U. Grundstücksgesellschaft mbH,
- Mietverträge zu den Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss der Gebäude der klägerischen Immobilie einschließlich aller historischen und aktuellen Verträge hierzu, und zwar insbesondere auch mit der r. GmbH,
- vollständige Verträge zur Projektentwicklung nebst Nachträgen bezüglich des Betreibens des Immobilienfonds und des Betreibens der Gewerbeeinheiten einschließlich aller Verträge über Projektmanagement,
- Verträge über Hauswarttätigkeiten, insbesondere Arbeitsvertrag des Hauswarts nebst Anmeldungen an die Sozialversicherungsträger
- Darlehnsverträge mit der R.- P. GmbH
- Darlehensverträge zwischen Klägerin und Beklagter
- alle sonstigen vorhandenen Verwaltungsunterlagen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Höhe aller Zahlungen, die sie seit 2004 von jedem einzelnen, namentlich zu benennenden Gesellschafter angefordert hat, ferner über die Höhe der von jedem einzelnen, ebenfalls namentlich zu benennenden Gesellschafter auf die Zahlungsanforderung geleisteten Beträge, sowie über die Verwendung sämtlicher Zahlungen, die von den Gesellschaftern auf die Anforderungen hin geleistet wurden.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, über sämtliche Vereinbarungen und Rechtsgeschäfte, die sie in Vertretung der Klägerin oder im eigenen Namen mit Dritten – insbesondere auch dem Geschäftsführer Prof. Dr. G. B., der Firma r. p. KG und der Firma r. GmbH – und mit sich selbst und/oder ihrem Geschäftsführer H.-G. S. bezüglich der Finanzierung, des Ausbaus, der Ausstattung, der Bewirtschaftung und des Betreibens der im Anwesen D.-str. – /H.-Str. in B gelegenen Gewerbeflächen eingegangen ist, Auskunft zu erteilen, sowie diese durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen zu belegen.
4. Die Widerklage und die Drittwiderklage werden abgewiesen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Auskunft und Rechenschaftslegung über ihre Tätigkeit sowie die Herausgabe von Geschäftsdokumenten. Widerklagend begehrt die Beklagte Vergütung für die Jahre 2009 bis 2012 und drittwiderklagend nimmt sie diesbezüglich mehrere Gesellschafter der Klägerin entsprechend ihrer Beteiligungsquote an der Gesellschaft in Anspruch.
Die Klagen haben folgenden Hintergrund: Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die 1993 zu dem Zweck gegründet wurde, ein Wohn- und Geschäftshaus in B. zu errichten und zu bewirtschaften. Die Einwerbung von Anlegern erfolgte auf Grundlage eines von dem Emissionshaus Dr. G. GmbH erstellten Prospekts. Dieser enthielt die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB), bestehend aus Gesellschaftsvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag, Regelungen zur Grundbuchtreuhand und dem Treuhandbankvertrag.
Der Gesellschaftsvertrag enthielt in § 6 u.a. folgende Bestimmung:
Die Führung der Gesellschaft und die Vertretung steht allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Mit der Errichtung, der Finanzierung und Verwaltung des Bauvorhabens sowie mit der Wahrnehmung bestimmter Gesellschafterrechte wird ein Geschäftsbesorger beauftragt.
Erster Geschäftsbesorger war die Dr. G. GmbH, die auch zugleich Initiator des Fonds und Emittent des Beteiligungsprospektes war.
Nachdem die Klägerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, weil ihre Einnahmen aus der Vermietung nicht ausreichten, um die Wohnanlage zu bewirtschaften und ihre Verbindlichkeiten gegenüber der finanzierenden Bank, der D. G.-H. Bank AG, vollständig zu bedienen, wurden ab dem Jahr 2002 Sanierungsmaßnahmen beschlossen und mit Hilfe freiwilliger Nachschusszahlungen aus dem Kreis der Gesellschafter umgesetzt. Zwischenzeitlich wurde die Dr. G. G.-GmbH Geschäftsbesorgerin der Klägerin. In der Gesellschafterversammlung vom 13.12.2003 wurde § 6 des Gesellschaftsvertrags wie folgt geändert:
Die Gesellschafterversammlung kann mit einfacher Mehrheit einen Geschäftsführer bestimmen. Dieser führt die Geschäfte der Gesellschaft und vertritt sie nach Außen. Die Geschäftsbesorgungs- und Vertretungsbefugnis kann er einem Geschäftsbesorger ganz oder teilweise übertragen.
In der Versammlung vom 13.12.2003 wurde der Gesellschafter Prof. Dr. G. B. zum Geschäftsführer der Klägerin gewählt. Er schloss mit der Dr. G. G.-GmbH einen Aufhebungsvertrag bezüglich der Geschäftsbesorgung ab. Die Geschäftsbesorgung übertrug er sodann der jetzigen Beklagten, der er die ihm obliegenden Aufgaben überließ. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages lautet:
Unmittelbar nach Abschluss dieses Vertrages erklärt der Geschäftsführer, dass er keine weiteren Rechtshandlungen in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer vornehmen wird.
Auf das entsprechende Dokument wird im Übrigen Bezug genommen (Bl. 71ff. Bd.I). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren weder die Beklagte noch deren damaliger Geschäftsführer H.-G. S. Gesellschafter der Klägerin.
In den Jahren 2004 und 2005 fanden unter der Leitung der Beklagten zwei Gesellschafterversammlungen statt, vermöge derer eine abschließende Sanierungsvereinbarung mit der Bank erzielt wurde. In der Folge kam es innerhalb der Gesellschaft zum Streit über die Art der Geschäftsführung durch die Beklagte, insbesondere weil wiederholt Nachzahlungen von den Gesellschaftern eingefordert wurden und Auskunftsersuchen der Gesellschafter unzureichend bzw. nicht entsprochen wurde.
Mit Schreiben vom 02.02.2012 setzte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Geschäftsführer Prof. Dr. G. B. darüber in Kenntnis, dass mehrfach Anfragen von der Beklagten nicht beantwortet worden seien, und teilte mit, dass der Zeitpunkt gekommen sei, einen Wechsel des Geschäftsbesorgers zu veranlassen, die ursprüngliche Vertretungsregelung wieder herzustellen oder einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Geschäftsbesorgers vom 28.09.2011, in dem mitgeteilt worden war, dass der Geschäftsführer Prof. Dr. G. B. die Geschäftsführung abgeben wolle und die Beklagte sich diesem Wunsch anschließe (Anlage K7), forderte der spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Geschäftsführer der Beklagten auf, mitzuteilen, ob er an der für die Gesellschafterversammlung erforderlichen Einladung mitwirken werde oder ob diese erzwungen werden müsse sowie ob er sein Amt von sich aus niederlege oder ob ein Abberufungsbeschluss gefasst werden müsse (Anlage K21).
Die Beklagte schickte daraufhin am 05.02.2012 ein Rundschreiben an alle Gesellschafter (Anlage K22). Mit Rundschreiben vom 24.02.2012 führte die Beklagte eine schriftliche Beschlussfassung zur Einberufung der Gesellschafterversammlung durch, für die sich 33 Prozent der Gesellschafter aussprachen. Das erforderliche Quorum lag bei 25 Prozent. Dieses Ergebnis teilte die Beklagte den Gesellschaftern mit Schreiben vom 31.03.2012 mit (Anlage K25). Unter Hinweis auf fehlende finanzielle Mittel übertrug sie dem Gesellschafter Prof. O. K. die Leitung der Gesellschafterversammlung und benannte als Tagungsort dessen Privatadresse und als Tagungszeitpunkt den 28.04.2012. Dabei äußerte der Geschäftsführer der Beklagten, Herr H.-G. S., dass die Beklagte „ihre Tätigkeit auf die Verwaltung des Objekts und die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen“ beschränken werde, wozu „eine Bespaßung der Gesellschafter als auch die Einberufung und Durchführung von Treffen jedweder Art definitiv nicht“ gehören würde.
Unter „Tagesordnungspunkte“ hieß es:
1. Wiederherstellung des § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages
2. Kündigung des Geschäftsbesorgervertrages mit sofortiger Wirkung
Auf Grund einer Forderung des allen sattsam bekannten Gesellschafters M. S.wird folgender Punkt zusätzlich zur Abstimmung gestellt, wenn Herr Professor O. K. dies vorab allen Gesellschaftern mitteilt und Gelegenheit zur schriftlichen Stimmabgabe einräumt sowie mögliche bereite Kandidaten benennt:
3. Sofortige Abwahl des Geschäftsführer Prof. G. B. und gleichzeitige Neuwahl eines neuen Geschäftsführers.
Herr H.-G. S. war zwischenzeitlich auch selbst Gesellschafter der Klägerin geworden. Er hielt 5 Prozent der Gesellschaftsanteile.
Die Bestimmungen über Gesellschafterbeschlüsse sind in § 8 des Gesellschaftsvertrages geregelt, auf den im Übrigen Bezug genommen wird (Anlage K1). Er enthält unter anderem folgende Regelungen:
§ 8 Abs. 3:
Nach der ersten Gesellschafterversammlung werden weitere Gesellschafterversammlungen auf Verlangen von mindestens 25 % der Gesellschafterstimmen oder auf Verlangen des Geschäftsbesorgers abgehalten. Der Geschäftsbesorger hat hierzu schriftlich einzuladen. Die Einladung muß die Tagesordnung sowie die Gegenstände, über die Beschluss gefasst werden soll, enthalten. Die Frist zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen beträgt 2 Wochen nach Absendung des Einladungsschreibens an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Gesellschafters.
§ 8 Abs. 4 Satz 1:
Die Gesellschafterversammlung ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit der Stimmen anwesend oder vertreten sind.
§ 8 Abs. 7 Satz 2:
Der Geschäftsbesorger hat stets das Recht [Anm. d. Gerichts: an den Versammlungen] teilzunehmen.
§ 8 Abs. 8 Satz 1:
Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.
§ 8 Abs. 8 Satz 4:
Der Gesellschaftsvertrag kann nur mit mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen geändert werden.
§ 8 Abs. 10:
Über die Beschlüsse ist innerhalb einer Woche eine Niederschrift anzufertigen. Sie ist vom Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung zu unterschreiben und den Gesellschaftern zuzusenden. Der Inhalt der Niederschrift gilt als anerkannt, wenn nicht innerhalb von 4 Wochen nach Absendung der Niederschrift an die Gesellschafter eine mit Gründen versehene Einwendung erhoben wurde. Nach Fristablauf ist jede Beanstandung ausgeschlossen.
§ 8 Abs. 11:
Eine Beschlussfassung wird auf Verlangen von 10 % der Gesellschafterstimmen oder auf Verlangen des Geschäftsbesorgers durchgeführt. Der Gegenstand der Beschlüsse ist zu erläutern. Schriftliche Beschlüsse haben zu unterbleiben, wenn sich 25 % der Gesellschafter dagegen aussprechen. Das Recht auf Widerspruch gegen eine schriftliche Beschlussfassung soll mit einer Ausschlussfrist von 14 Tagen versehen werden. Auf das Widerspruchsrecht ist hinzuweisen.
Mit Schreiben vom 08.05.2012 wandte sich die Fa. a. GmbH an Herrn H.-G. S. und teilte diesem mit, dass die Klägerin sie aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 28.04.2012 mit der Geschäftsbesorgung betraut habe und die bisherige Geschäftsführung durch der r. GmbH nicht fortgeführt werde. Im Hinblick darauf forderte sie diesen auf, sämtliche Geschäftsunterlagen der Klägerin an sie herauszugeben. Dem Schreiben war eine Kopie der notariellen Urkunde der Beschlussfassung beigefügt. Mit Schreiben vom 10.05.2012, auf das insofern verwiesen wird, beschwerte sich der Herr H.-G. S. über die aus seiner Sicht unwirksame Beschlussfassung (Anlage K33). Mit Schreiben vom 16.05.2012, dieses Mal gerichtet an die Beklagte, wiederholte die Fa. a. GmbH ihre Forderung auf Übergabe der Geschäftsunterlagen und setzte dazu eine Nachfrist bis zum 24.05.2012. Unter dem 07.06.2012 kündigte der Prozessbevollmächtigte im Namen der Klägerin noch einmal ausdrücklich das Geschäftsbesorgungsverhältnis mit der Beklagten (Anlage K38).
Während des gerichtlichen Verfahrens strengte die a. GmbH überdies am 13.06.2013 ein schriftliches Beschlussverfahren an, um eine Bevollmächtigung auch zur Geltendmachung von Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüchen zu erhalten. Laut Beschlussprotokoll der a. GmbH vom 02.07.2013 stimmten von möglichen 155.245 Stimmen 108.502 Stimmen (= 69,89 %) für die Bevollmächtigung, nur der Geschäftsführer der Beklagten H.-G. S., der zu diesem Zeitpunkt 4,48 % der Stimmen hielt, hat danach der Durchführung des schriftlichen Verfahrens widersprochen und gegen die Bevollmächtigung gestimmt.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, vertreten durch die a. GmbH, die Herausgabe von Geschäftsunterlagen und Datenträgern sowie Auskunft und Rechenschaftslegung.
Die Klägerin behauptet, mit Schreiben vom 13.04.2012 habe Herr Prof. O. K. über seinen Prozessbevollmächtigten die Gesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung an einem anderen Tagungsort mit einer geänderten Tagesordnung eingeladen (Anlage K27). Dem Schreiben sei ein Angebot der a. GmbH zur Geschäftsbesorgung beigefügt gewesen. Mit Schreiben vom 17.04.2012 habe er weitere Ergänzungen und Änderungen der Tagesordnung mitgeteilt (Anlage K28). Die entsprechenden Schreiben seien an alle Gesellschafter rechtzeitig versandt worden (Bl. 115ff. Bd.I).
In der anschließenden Gesellschafterversammlung am 28.04.2012 seien 70,63 Prozent der Gesellschafterstimmen persönlich oder per Vollmacht vertreten gewesen.
Unter anderem seien folgende Beschlüsse gefasst worden:
Abberufung des Geschäftsführers Prof. B.
Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Beklagten mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund
Wahl der a. GmbH zum neuen Geschäftsbesorger mit Wirkung spätestens zum 01.05.2012.
Ferner sei beschlossen worden, die Herausgabe ihrer – der Klägerin -Geschäftsunterlagen von der Beklagten zu fordern.
Die Klägerin beantragt:
1. die Beklagte wird verurteilt, an sie – die Klägerin – zu Händen der Geschäfts-besorgerin a. GmbH sämtliche Verwaltungsunterlagen und Datenträger, die sie – die Klägerin – betreffen oder die an sie gerichtet sind oder von dieser, vertreten durch die Beklagte oder den Geschäftsführer Prof. Dr. G. B. oder die früheren Geschäftsbesorger Dr. G. GmbH und Dr. G. G.-gesellschaft mbH verfasst wurden oder diesen zugingen, herauszugeben, insbesondere
- Gesellschafterbeitrittserklärungen und deren Annahme
- Vertrag über die Vermittlung des Eigenkapitals
- alle Unterlagen zu durchgeführten Beschlussfassungen im schriftlichen Umlaufverfahren, insbesondere versandte Beschlussvorschläge und alle Rücklauf-Stimmbögen der Gesellschafter
- Einladungen und Protokolle zu erfolgten Gesellschafterversammlungen, eventuelle Widersprüche zu Protokollen sowie eventuelle Vollmachtserteilungen zur Vertretung und Stimmrechtsausübung und deren Erfassung in Übersichten
- Grundbuchtreuhandauftrag
- Grundbuchanträge und Grundbuchberichtigungsanträge
- Treuhandbankauftrag
- jährliche Geschäftsberichte und Zwischenberichte an die Gesellschafter und Dritte
- Gesellschafterrundschreiben
- Gesellschafterliste mit vollständigen Angaben zu Namen, Adressen, Beteiligungshöhen und ggf. Fortführungsvermerken bei Erbfällen, Anteilsübertragungen und Adressänderungen,
- Schriftwechsel bezüglich der Änderung von Personenstands- und Adressdaten von Gesellschaftern
- Schriftverkehr und etwaige Genehmigungen zu allen bisher erfolgten Gesellschafterwechseln und Anteilsübertragungen
- Unterlagen und Schriftverkehr zur Eigenkapitaleinzahlung sowie zur Anforderung und Leistung von Nachschüssen sowie sonstigen Gesellschafterbeiträgen
- ausgestellte Zertifikate für die Gesellschafterbeteiligungen
- Zertifikatbuch und dessen Fortführungsvermerke
- gegenüber der Klägerin zu Händen ihres Geschäftsführers oder ihres Geschäftsbesorgers angezeigte Abtretungen und Verpfändungen von Gesellschafterbeteiligungen
- Schriftwechsel mit Gesellschaftern
- Schriftwechsel mit dem bisherigen Geschäftsführer der Klägerin, Prof. Dr. G. B.
- Hausverwaltungsunterlagen mit Schriftwechsel und E-Mail-Austausch, insbesondere Anweisungen an die Hausverwaltung zur Festlegung von Miethöhen, zum Ausbuchen und Einbuchen von Forderungen, zur Zahlung und zum Erlass von Nebenkosten, sowie zum Abschluss, zur Änderung und zur Aufhebung von Verträgen mit Mietern im Gewerbe- und Wohnbereich
- Schriftwechsel und Verträge zu baulichen Maßnahmen in der klägerischen Immobilie bezogen auf Allgemeinflächen, Dach und Fach, einzelne Wohnungen und Gewerbeeinheiten
- alle Verträge mit Versorgern
- alle Unterlagen und sämtlicher Schriftverkehr zu etwaigen Gewährleistungsansprüchen, insbesondere Protokolle zu Gewährleistungsbegehungen, zu Mängelanzeigen, zu Mängelprotokollen und zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen
- Liste über Sicherheits- und Gewährleistungseinbehalte
- Originale der Bürgschaftsurkunden von Handwerkern und von anderen Gebern und Sicherheiten
- Steuerberatervertrag mit allen für die Steuerberatung bisher gestellten Rechnungen und Zahlungsanweisungen dafür
- Jahresabschlüsse und Ergebnisverteilungsübersichten sowie Schreiben an die Gesellschafter zur Mitteilung der jährlichen steuerlichen Ergebnisse
- Steuererklärungen
- Steuerbescheide
- Gewinn- und Verlustmitteilungen an die Gesellschafter
- steuerliche Stellungnahmen und steuerliche Gutachten
- Unterlagen und Schriftverkehr zu Betriebsprüfungen
- Umsatzsteuererklärungen und Umsatzsteuerbescheide
- Unterlagen und Schriftverkehr zu Umsatzsteuerprüfungen
- alle Unterlagen der Bauwerkserstellung, insbesondere Baupläne und Grundrisspläne, amtliche Bescheide und Genehmigungen, Bauverträge, Architektenverträge, Baubetreuungsverträge, Abrechnungen, Garantien und Bürgschaften, Mängelanzeigen und sonstiger diesbezüglicher Schriftverkehr, insbesondere Gutachten zur Ausführung der Wärmedämmung in den Dachgeschossen
- Schriftverkehr mit Rechtsanwälten sowie Prozessakten, anwaltliche Stellungnahmen und Gutachten, sonstiger Schriftverkehr zu Ansprüchen einerseits der Klägerin gegen Gesellschafter und Dritte sowie andererseits gegen die Klägerin,
- sämtliche Darlehensverträge, insbesondere mit der D. H., Zins- und Tilgungspläne, Urkunden über Grundschuldbestellungen und Sicherungszweckerklärungen zugunsten der D. H. und der Investitionsbank Berlin bzw. deren Rechtsvorgängerin, sowie Urkunden über die Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung mit sämtlichem Schriftverkehr hierzu, sowie Unterlagen zu Zwangsmaßnahmen und zur Offenlegung von Abtretungen,
- Schriftwechsel mit der D. H. und den von der D. H. Beauftragten, P. C. S. GmbH sowie G-Gruppe, bezüglich des Abschlusses und der Handhabung der Sanierungsvereinbarung,
- Berichte der D. H., P. C. S. GmbH und G-Gruppe zur wirtschaftlichen Situation der Klägerin seit 2004 sowie jährliche Berichte, Berichte außer der Reihe und fortlaufende Abrechnungen, die gemäß der Sanierungsvereinbarung mit der G. H. an diese zu übersenden sind einschließlich des gesamten sonstigen Schriftverkehrs mit der D. H. und den von dieser Beauftragten,
- Finanzierungsvermittlungsverträge
- Förderzusagen und gesamter Schriftverkehr mit der Investitionsbank Berlin und deren Rechtsvorgängerin als Förderinstitut sowie Anträge zur Förderung, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Grundstückswertermittlung, Auflagen und Förderrichtlinien, Schriftverkehr zu Unterlagen zum Aufwendungszuschuss, Auszahlungspläne,
- Vertrag über die Vermittlung der Förderung
- alle Buchhaltungsunterlagen, Rechnungsbelege sowie Abrechnungen einschließlich Anweisungen an die Buchhaltung und die Steuerberater,
- sämtliche Unterlagen zu allen Bankkonten der Klägerin bzw. für die Klägerin, Unterlagen zu Kontoeröffnungen, Kontoauszüge, Jahressteuerbescheinigungen für alle Konten, Konto-Bevollmächtigungserklärungen sowie Zeichnungsberechtigungen,
- Geschäftsbesorgungsvertrag
- alle von der Beklagten für ihre Geschäftsbesorgungstätigkeit an die Klägerin gestellten Rechnungen sowie alle Rechnungen, die von der Beklagten und/oder Dritte an die Klägerin für Telefongebühren, Büro- und Reisekosten des Geschäftsbesorgers gestellt wurden,
- Unterlagen und Schriftverkehr mit den Gesellschaftern zu den sog. Eigenkosten der Gesellschaft nebst Grundlagen für die Ermittlung der dazu von den Gesellschaftern angeforderten Nachschüsse,
- Erschließungskostenbescheide und Schriftwechsel hierzu mit der Grundbuchtreuhänderin, U. Grundstücksgesellschaft mbH,
- Mietverträge zu den Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss der Gebäude der klägerischen Immobilie einschließlich aller historischen und aktuellen Verträge hierzu, und zwar insbesondere auch mit der r. GmbH,
- vollständige Verträge zur Projektentwicklung nebst Nachträgen bezüglich des Betreibens des Immobilienfonds und des Betreibens der Gewerbeeinheiten einschließlich aller Verträge über Projektmanagement,
- Verträge über Hauswarttätigkeiten, insbesondere Arbeitsvertrag des Hauswarts nebst Anmeldungen an die Sozialversicherungsträger
- Darlehnsverträge mit der R.- P. GmbH
- Darlehensverträge zwischen Klägerin und Beklagter
- alle sonstigen vorhandenen Verwaltungsunterlagen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die Höhe aller Zahlungen, die sie seit 2004 von jedem einzelnen, namentlich zu benennenden Gesellschafter angefordert hat, ferner über die Höhe der von jedem einzelnen, ebenfalls namentlich zu benennenden Gesellschafter auf die Zahlungsanforderung geleisteten Beträge, sowie über die Verwendung sämtlicher Zahlungen, die von den Gesellschaftern auf die Anforderungen hin geleistet wurden.
3. Die Beklagte wird ferner verurteilt, über sämtliche Vereinbarungen und Rechtsgeschäfte, die sie in Vertretung der Klägerin oder im eigenen Namen mit Dritten – insbesondere auch dem Geschäftsführer Prof. Dr. G. B., der Firma r. p. KG und der Firma r. GmbH – und mit sich selbst und/oder ihrem Geschäftsführer H.-G. S. bezüglich der Finanzierung, des Ausbaus, der Ausstattung, der Bewirtschaftung und des Betreibens der im Anwesen D.-str. /H.-Str. in B. gelegenen Gewerbeflächen eingegangen ist, Auskunft zu erteilen, sowie diese durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen zu belegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 136.206,26 EUR nebst Jahreszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Drittwiderklagend beantragt sie:
Auf die Drittwiderklage hin werden die Drittwiderbeklagten – wie Gesamtschuldner neben der I.- D.-str. GbR – wie folgt zur Zahlung an sie - die Beklagte - verurteilt:
a. | der Drittwiderbeklagte zu 1 wird verurteilt, 938,75 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB an die Beklagte zu zahlen |
---|
b. | der Drittwiderbeklagte zu 2 wird verurteilt, 25.730,50 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB an die Beklagte zu zahlen |
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c. | der Drittwiderbeklagte zu 3 wird verurteilt, 1.959,09 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB an die Beklagte zu zahlen |
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d. | der Drittwiderbeklagte zu 4 wird verurteilt, 689,59 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB an die Beklagte zu zahlen. |
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Die widerbeklagte Klägerin und die Drittwiderbeklagten beantragen,
die Widerklage und die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagte träge vor, die Gesellschafterbeschlüsse vom 28.04.2012 seien nichtig. Es habe sich um eine illegale Versammlung gehandelt, Formen und Fristen seien nicht eingehalten worden. Die Beklagte behauptet, ihr Geschäftsführer H.-G. S. habe in seiner Funktion als Gesellschafter der Klägerin weder eine Einladung zu der Gesellschafterversammlung erhalten noch habe er in seiner Funktion als Gesellschafter die Protokolle der Versammlung erhalten. Die Kündigung sei daher rechtswidrig gewesen. Die Klägerin werde durch die a. GmbH nicht wirksam vertreten, weshalb die Klage unzulässig sei.
Ferner bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die Abstimmungsbögen bezüglich des schriftlichen Beschlussverfahrens vom 13.06.2013 an die korrekten Anschriften der Gesellschafter versandt wurden, dass die Unterschriften auf den Abstimmungsbögen echt seien und dass die Bögen mit einer Ausschlussfrist für einen Widerspruch gegen die Schriftlichkeit der Abstimmung versehen worden seien.
Hilfsweise macht die Beklage ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich des Herausgabebegehrens geltend, da ihr gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag für die Jahre 2009-2012 noch eine Vergütung in Höhe von insgesamt 136.206,26 EUR zustehe. Mit ihrer Widerklage macht sie diese klageweise geltend.
Mit ihrer Drittwiderklage nimmt sie diesbezüglich mehrere Gesellschafter der Klägerin akzessorisch entsprechend ihrer Beteiligungsquote an der Gesellschaft in Anspruch.
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten beantragen,
die Klage bzw. Drittwiderklagen abzuweisen.
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten sind der Auffassung, dass der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten unwirksam sei, weil sich der Geschäftsführer durch § 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages vollständig der Kontrolle der Gesellschaft entledigt habe. Eine Vergütung könne die Beklagte daher nicht verlangen. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten ebenfalls nicht zu, während sie selbst ein solches gegenüber den Zahlungsbegehren der Beklagten geltend machen. Hilfsweise erklärt die Klägerin mit verschiedenen Gegenforderungen die Aufrechnung, die sie auf Pflichtverletzungen der Beklagten stützt. Diese habe insbesondere zu ihrem – der Klägerin – Nachteil diverse Verträge mit Personen abgeschlossen, die mit der Beklagten verbunden seien. Bezüglich der Einzelheiten der Schadensersatzforderungen wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 21.12.2012, S. 39 ff. (Bd. I, Bl. 134 ff d.A.) verwiesen.
Im Verhandlungstermin vom 01.04.2014 haben die Klägerin und die Drittwiderbeklagten klargestellt, dass sie sich in erster Linie gegenüber der Widerklageforderung auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.04.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet, die Widerklagen haben hingegen in der Sache keinen Erfolg.
I.
Die Klägerin wird durch die a. GmbH wirksam vertreten. An der Zulässigkeit der Klage bestehen insofern keine Zweifel.
1. Hinsichtlich des seitens der Klägerin mit dem Antrag zu Ziff. 1 geltend gemachten Herausgabeanspruch ergibt sich die Bevollmächtigung der a. GmbH aus dem Gesellschafterbeschluss vom 28.04.2012. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Beschluss wirksam gefasst worden.
a) Es trifft nicht zu, dass es sich bei der Gesellschafterversammlung vom 28.04.2012 - wie die Beklagte vorgerichtlich meinte (Anlage K43) - um eine „illegale“ Versammlung gehandelt hat. Der Geschäftsführer der für die Einberufung der Gesellschafter und die Durchführung der Gesellschafterversammlung zuständigen Beklagten hatte die Leitung der Gesellschafterversammlung unter dem Hinweis auf vermeintlich fehlende finanzielle Mittel abgelehnt. Er hatte diese - ohne Rücksprache mit dem Gesellschafter - Prof. O. K. auferlegt und als Tagungsort dessen Privatadresse und als Tagungszeitpunkt den 28.04.2012 benannt. Dabei hatte der Geschäftsführer der Beklagten geäußert, dass die Beklagte „ihre Tätigkeit auf die Verwaltung des Objekts und die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen“ beschränken werde, wozu „eine Bespaßung der Gesellschafter als auch die Einberufung und Durchführung von Treffen jedweder Art definitiv nicht“ gehören würde. Der Gesellschafter Prof. K. konnte daher zum einen seine Berechtigung zur Durchführung der Versammlung von der Beklagten ableiten. Zum anderen durfte er aber auch schon deshalb tätig werden, weil die Gesellschafter in einem Ausnahmefall wie diesem die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft selbst sicherstellen dürfen, wenn der eigentlich zuständige Geschäftsbesorger die Einberufung einer Gesellschafterversammlung ohne hinreichenden Grund verweigert (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1987, Az. II ZR 100/87, zitiert nach juris, Rdnr. 10; Saenger-Hoppe, Handels- und Gesellschaftsrecht, Kap. 5, Rdnr. 186).
b.) Formvorschriften bestehen bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung grundsätzlich nicht, doch müssen die Gesellschafter entsprechend den gesellschaftsvertraglichen Vorgaben ordnungsgemäß eingeladen werden (Saenger-Hoppe, a.a.O.). Dies ist hier geschehen. Insbesondere sind die Vorgaben nach § 8 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages eingehalten worden. Die Zeuginnen L. und M. haben insofern glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass sie die entsprechenden Schreiben rechtszeitig an die einzelnen Gesellschafter verschickt haben und dabei anhand einer Gesellschafterliste kontrolliert haben, dass jeder Gesellschafter einen Brief erhält. Diese Gesellschafterliste wurde im Termin vom 01.04.2013 vorgelegt (Bl. 192 Bd. II d.A.). Sowohl die Beklagte als auch Herr S. persönlich sind auf dieser Liste mit einem Haken versehen. Die Zeuginnen haben dabei explizit bestätigt, dass der Geschäftsführer der Beklagten einen entsprechenden Brief zugesandt bekommen hat. Dieser wusste zudem auch deswegen von der Versammlung, weil die Beklagte - unstreitig - entsprechende Ladungen erhalten hatte. Wesentliche Auffälligkeiten wie z.B. Rückläufer gab es nach Aussage der Zeuginnen im Übrigen nicht. Angesichts der anschaulichen und durchweg schlüssigen Schilderung der Zeuginnen hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die von ihnen getroffenen Aussagen der Wahrheit entsprechen. Die Zeuginnen haben insbesondere die einzelnen Arbeitsschritte nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt. Bezüglich der Einzelheiten der Aussagen wird im Übrigen auf das entsprechende Protokoll Bezug genommen (Bl. 1ff Bd. III d.A.).
c.) Die Ergänzung der Tagesordnungspunkte mit Schreiben vom 17.04.2012 (Anlage K28) steht einer wirksamen Beschlussfassung gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrages ebenfalls nicht entgegen, da es sich hierbei letztlich nur um Konkretisierungen handelt und bereits klargestellt war, worum es im Kern bei der Gesellschafterversammlung gehen würde. Die Warn- und Vorbereitungsfunktion der entsprechenden Bestimmung ist daher gewahrt worden.
d.) Die ordnungsgemäße Beschlussfassung selbst ist durch das Protokoll, das die Klägerin in Form einer beglaubigten Abschrift der Urkunde des Notars K. B. F. vom 28.04.2012, UR-Nr. F., vorgelegt hat, ebenfalls hinreichend dokumentiert (Anlagen K29 und K30). Die erforderliche Mehrheit ist ebenso erreicht worden wie das erforderliche Quorum.
e) Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass sich die Beklagte selbst dann, wenn es bei der Einladung der Gesellschafter zu Mängeln gekommen wäre, nicht ohne weiteres auf diese hätte berufen können. Wer unmissverständlich klarstellt, dass er an einer Gesellschafterversammlung kein Interesse hat und sich entgegen einer bestehenden Verpflichtung schlichtweg weigert, eine solche durchzuführen und zu leiten, sondern dies einfach einem anderen Gesellschafter auferlegt, darf sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, wenn anschließend bei Umladungen und Ergänzungen nicht sämtliche Formvorschriften des Gesellschaftsvertrages eingehalten werden, da sich die Nichtwahrung von formellen Ladungsfristen und ähnlichem nur als Folge davon darstellen würde, dass der Geschäftsbesorger gegen eine ihm obliegende Pflicht verstoßen hat. Dies gilt zumindest dann, wenn keine schwerwiegenden Verstöße gerügt werden.
2. Hinsichtlich der weiteren Klageanträge ergibt sich die Bevollmächtigung der a. GmbH jedenfalls aus dem im schriftlichen Verfahren eingeholten Beschluss aus dem Jahr 2013. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch dieser Beschluss wirksam gefasst worden.
a.) Insbesondere sind auch hier die maßgeblichen Formvorschriften aus dem Gesellschaftsvertrag gewahrt worden. Die Zeuginnen L. und M. haben diesbezüglich glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass sie die Schreiben für die schriftliche Beschlussfassung, d.h. das Schreiben vom 13.06.2013 (Anlage K76) und den dazugehörigen Abstimmungsbogen (Anlage K71), rechtszeitig an die einzelnen Gesellschafter verschickt haben und dabei anhand einer Gesellschafterliste kontrolliert haben, dass jeder Gesellschafter einen Brief erhält. Die verwendete Gesellschafterliste ist im Termin vorgelegt worden (Anlage K74). Wesentliche Auffälligkeiten wie Rückläufer gab es nach Aussage der Zeuginnen hierbei nicht. Die Kammer hat aus den bereits zu Ziff. I 1 b ausgeführten Erwägungen keinen Zweifel daran, dass die Zeuginnen bezüglich des Ablaufs der Beschlussfassung und der damit verbundenen Einhaltung der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Formalien die Wahrheit gesagt haben. Auch insofern wird bezüglich der Einzelheiten der Aussagen auf das entsprechende Protokoll Bezug genommen (Bl. 1ff Bd. III d.A.).
b.) In den Anschreiben vom 13.06.2013 (Anlage K76) ist zudem ausdrücklich auf die in § 8 Abs. 11 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine schriftliche Beschlussfassung sowie auf eine 14tägige Ausschlussfrist hingewiesen worden.
c.) Aus den zur Akte gelangten Abstimmungsbögen (Anlage K71) und der Auswertung im Beschlussprotokoll vom 02.07.2013 (Anlage K70) ergibt sich ferner, dass sowohl die erforderliche Mehrheit als auch das erforderliche Quorum erreicht wurden. Die schriftliche Beschlussfassung war auch nicht gem. § 8 Abs. 11 des Gesellschaftsvertrages ausgeschlossen, da außer Herrn H.-G. S. kein Gesellschafter Widerspruch gegen diese Form der Beschlussfassung eingelegt hatte und die für die Durchführung einer Präsenzveranstaltung erforderliche Anzahl von Stimmen bei Weitem nicht erreicht wurde.
II.
Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin stehen die erhobenen Ansprüche auf Herausgabe, Auskunft und Rechenschaftslegung im geltend gemachten Umfange zu.
1. Der Klägerin hat gemäß § 667 BGB einen Herausgabeanspruch gegen die Beklagte.
a.) Die Parteien sind unstreitig über einen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB verbunden gewesen. Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675 BGB ist nach h.M. eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art im fremden Interesse (BGH NJW 1989, 1216, 1217 [BGH 25.10.1988 - XI ZR 3/88]; BGH NJW-RR 1992, 560 [BGH 17.10.1991 - III ZR 352/89]). Ein Handeln im fremden Interesse liegt vor, wenn die Tätigkeit an sich dem Geschäftsherrn obliegt und diesem durch den Geschäftsführer abgenommen wird (BGHZ 45, 223, 228). Für § 675 BGB wird zudem eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art verlangt (BGH WM 2004, 2398 f). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
b.) Der Anspruch aus § 667 BGB entsteht, wenn der Beauftragte etwas zur oder aus der Geschäftsbesorgung erlangt (vgl. BGHZ 107, 88, 90). Dies ist hier unstreitig der Fall gewesen.
c.) Fällig wird der Anspruch hingegen grundsätzlich mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses, auch wenn er unter bestimmten Umständen schon früher fällig sein kann.
Bei einem entgeltlichen Geschäftsbesorgungsbetrag kann, da § 675 Abs. 1 BGB nicht auf § 671 Abs. 1 verweist, die Beendigung des Vertrages seitens des Geschäftsherrn grundsätzlich nicht durch Widerruf erfolgen (BGHZ 4, 246, 247). Bei diesen Verträgen treten an die Stelle des Widerrufsrechts vielmehr die Kündigungsvorschriften des Vertragstyps, aus dem die Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung begründet wurde, d.h. in diesem Fall einem Dienstvertrag, der insofern den Ausgangspunkt für die Geschäftsbesorgung bildet. Eine außerordentliche Kündigung ist hier jedenfalls mit Schreiben vom 07.06.2012 (Anlage K38) erklärt worden. Diese Kündigung ist wirksam gewesen.
aa.) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben gewesen.
aaa.) Die Beklagte ist entgegen § 666 BGB ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, die Gesellschafter hinreichend über ihre Geschäftsführung zu informieren. So hat die Beklagte über mehrere Jahre die Geschäfte der Klägerin geführt, ohne Gesellschafterversammlungen einzuberufen und ohne wenigstens einmal jährlich Geschäftsberichte zu erstellen und den Gesellschaftern auszuhändigen. Über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft hat sie die Gesellschafter allenfalls punktuell in Kenntnis gesetzt. Über den Bescheid des Bezirksamtes Pankow vom 26.10.2010, durch den die Behörde immerhin einen Erschließungsbeitrag von 173.812,59 € angefordert hatte, hat sie die Gesellschafter nur nach und nach und unpräzise informiert. Zudem hat sie in Bezug auf die Ladeneinheiten in dem Objekt der Klägerin diverse Vereinbarungen abgeschlossen, die mit einem erheblichen Verzicht der Klägerin auf Mietzinszahlungen verbunden gewesen sind, ohne den Inhalt dieser Verträge den Gesellschaftern gegenüber offenzulegen.
bbb.) Abgesehen davon ist die Kündigung schon deshalb berechtigt gewesen, weil das Verhältnis zwischen der Mehrheit der Gesellschafter der Klägerin und der Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung völlig zerrüttet war, was zumindest weitestgehend auf die Beklagte zurückzuführen ist. Besonders anschaulich belegt ist dies durch das Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten, der die Durchführung und Leitung einer Gesellschafterversammlung mit dem schlichten Hinweis ablehnte, dass finanzielle Engstellen bestünden und dass „eine Bespaßung der Gesellschafter als auch die Einberufung und Durchführung von Treffen jedweder Art definitiv nicht“ zu seinen Aufgaben gehören würde. Die Beklagte hat damit gegen die ihr gemäß § 2 Abs. 1 lit. j) des Geschäftsbesorgungsvertrags obliegende Pflicht verstoßen.
ccc.) Bei der Abwägung zum Vorliegen der Unzumutbarkeit muss ferner auch die Natur des Vertragsverhältnisses berücksichtigt werden. Als entgeltliche Geschäftsbesorgerin nahm die Beklagte eine Position ein, die von besonderem Vertrauen gekennzeichnet war, da die Klägerin sich auf die ordnungsgemäße Erfüllung der umfangreichen Aufgaben der Beklagten uneingeschränkt verlassen musste. Ein Fortbestand eines Vertrages, der den Geschäftsführer gegen den erklärten Willen des Auftraggebers berechtigt, für dessen Rechnung weiter tätig zu sein, widerspricht schließlich dem Kerngehalt eines auf die Wahrnehmung fremder Interessen zielenden Rechtsgeschäfts - auch wenn § 627 BGB insofern tatbestandlich nicht eingreift. Teilweise wird für eine Konstellation wie diese zum Teil sogar vertreten, dass dem Geschäftsherrn abweichend von den eingangs dargestellten Grundsätzen ein Recht zum Widerruf analog § 671 Abs. 1 BGB zusteht (m.w.N.: BeckOK BGB, § 671 BGB, Rn. 4). Einer Entscheidung der Kammer hierüber bedurfte es wegen der ausdrücklich erklärten Kündigung allerdings nicht.
ddd.) Berücksichtig werden muss weiter, dass eine Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrages nach § 6 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages im Falle einer ordentlichen Kündigung frühestens zum 1.1.2015 möglich gewesen wäre. Eine konkrete Laufzeit enthielt der Vertrag zwar zunächst nicht. In § 6 Abs. 2 war aber geregelt, dass sich der Vertrag um jeweils drei Jahre verlängerte, wenn keine Kündigung zum Jahresende erfolgte. Weil eine solche im Jahr 2011 nicht ergangen war, hätte eine ordentliche Kündigung im Jahr 2012 gemäß §§ 675 Abs. 1, 611, 620 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. 6 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrag daher nur zur Folge gehabt, dass die in § 6 Abs. 2 vorgesehene automatische Verlängerung nicht eingegriffen hätte, sodass der Vertrag erst zum 01.01.2015 ausgelaufen wäre. Die Klägerin wäre also ansonsten gezwungen gewesen, noch fast zweieinhalb Jahre an dem bisherigen Zustand festzuhalten.
Dies war für die Klägerin aus den dargestellten Gründen unzumutbar. Sie konnte daher außerordentlich kündigen.
bb.) Die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist bei der Kündigung ebenfalls gewahrt worden, denn in der Zerrüttung der Parteien lag ein Dauertatbestand vor, bei dem die Frist nicht vor der Beendigung des zur Kündigung berechtigenden Zustands beginnt (vgl. BAG NZA 2002, 325, 328 [BAG 26.07.2001 - 8 AZR 739/00]).
cc.) Soweit die Beklagte im Übrigen der Ansicht ist, dass die Kündigung gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen den Parteien verstoßen habe, da sie nicht durch den Leiter der Gesellschafterversammlung, die diese beschlossen hatte, sondern durch den späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin bzw. der a. GmbH erfolgte, greift dieser Einwand nicht durch. Zum einen lässt sich § 6 Abs. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags nicht entnehmen, dass die schriftliche Erklärung durch den Leiter der Gesellschafterversammlung eine zwingende Vorgabe ist, da der Wortlaut eher auf eine Sollvorschrift deutet (Bl. 76 Bd. I d.A.); zum anderen spricht § 6 Abs. 5 des Geschäftsbesorgungsvertrags ausdrücklich davon, dass die Möglichkeit der fristlosen Kündigung hiervon, d.h. von den sonstigen in § 6 getroffenen Regelungen, unberührt bleibe. Eine Einschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung wäre im Übrigen ohnehin unwirksam gewesen. Eine besondere Form galt für die Kündigung daher nicht. Sie konnte daher auch durch den späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin bzw. der a. GmbH erfolgen, da letztere jedenfalls zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die neue Geschäftsbesorgerin der Klägerin war (s.o.).
Die außerordentliche Kündigung vom 07.06.2012 hat den Vertrag zwischen den Parteien daher wirksam beendet.
d.) Der Umfang der Herausgabepflicht des § 667 BGB ist sehr weitreichend. Nach § 667 BGB ist der Beauftragte verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Die Herausgabepflicht aus § 667 BGB erfasst dabei alle Formen der Verschaffung von Eigentum und Besitz (BeckOK BGB, § 667, Rn. 6). Letztlich ist alles herauszugeben, was der Beauftragte in innerem Zusammenhang mit dem geführten Geschäft erhalten hat (BGH NJW-RR 1992, 560 [BGH 17.10.1991 - III ZR 352/89]; NJW-RR 2004, 1290 [BGH 11.03.2004 - IX ZR 178/03]). Neben den Leistungen auf das besorgte Geschäft ist insbesondere der gesamte drittgerichtete Schriftverkehr herauszugeben, den der Beauftrage für den Auftraggeber geführt oder für diesen empfangen hat (BGH NJW 2007, 1528, 1529 [BGH 08.02.2007 - III ZR 148/06]). Der Beauftragte ist darüber hinaus aus § 667 BGB verpflichtet, von Dritten die Unterlagen zu beschaffen, die zu dem zu besorgenden Geschäft gehören (OLG Hamm NJW-RR 1988, 268, 269). Nach Alt 2 herauszugeben sind auch die vom Beauftragten über die Geschäftsbesorgung selbst angelegten Akten, wie die Papiere aus der Geschäftsführung (RGZ 105, 392, 395), die Unterlagen zur Verwaltung (BayObLGZ 1969, 209, 214; OLG Celle OLGZ 1969, 209, 214; KG NJW 1971, 566, 567 [KG Berlin 12.10.1970 - 12 U 98/70]). Rechtsgrund dafür ist das Interesse des Auftraggebers an einer ordnungsgemäßen Fortführung der Angelegenheit nach dem Ende des Auftrags, dem der Beauftragte aus der allgemeinen Leistungstreuepflicht Rechnung tragen muss (vgl. BayObLGZ 1969, 209, 214; OLG Hamm NJW-RR 1988, 268, 269 [OLG Hamm 29.10.1987 - 15 W 361/85]). Die Unterlagen, die die Klägerin hier herausverlangt, gehören sämtlich zu den oben genannten Geschäftspapieren.
e.) Die Beklagte kann dem Herausgabeanspruch ein Zurückbehaltungsrecht aus den §§ 273, 320 BGB nicht entgegenhalten. Ein solches besteht an den Geschäftspapieren, deren Herausgabe verlangt wird, für die Beklagte nicht (BGH WM 1968, 1325), da sie insofern vorleistungspflichtig ist. Die Vorleistungspflicht beruht auf dem Umstand, dass das Zurückbehaltungsrecht Ausfluss von Treu und Glauben ist und daher selbst unter dem Vorbehalt dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes steht. Als Wertungskriterien in diesem Zusammenhang spielen insbesondere die Art der geschuldeten Leistung sowie der Einfluss auf die Vertragsabwicklung eine Rolle (BeckOK BGB, § 320, Rn. 19).Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein Beauftragter nichts zurückbehalten darf, was der Geschäftsherr zur Fortführung seines Geschäfts benötigt (BGH VersR 1998, 852, 853 [BGH 03.07.1997 - IX ZR 244/96]). Die Vorleistungspflicht der Beklagten besteht hier, da die Klägerin die Möglichkeit haben muss, zunächst zu prüfen, in welchem Umfang der Beklagten überhaupt Ansprüche zustehen können und vor allem, in welchem Umfang sie möglicherweise Gegenansprüche gegenüber der Beklagten geltend machen kann. Eine Einschränkung der Pflicht der Beklagten zur Herausgabe würde insofern dem de facto treuhänderischen Charakter der Geschäftsbesorgung widersprechen (Vgl. MüKO BGB, 6. Aufl. 2012, § 667 BGB, Rn. 24).
2. Der Klägerin stehen ferner gemäß § 666 BGB Ansprüche auf Auskunft- und Rechenschaftslegung zu. Diese bestehen insbesondere auch in dem in den Klageanträgen zu Ziff. 2 und 3 geforderten Umfang.
a.) Ansprüche auf Auskunft- und Rechenschaftslegung ergeben sich unmittelbar aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 675 Abs. 1, 666 BGB.
b.) Abgesehen davon, dass in Vermögensverwaltungen oder Geschäftsverbindungen mit sich wiederholenden Besorgungen eine Rechenschaftslegung in wiederkehrenden Zeitabschnitten nach der Üblichkeit und den Bedürfnissen des Verkehrs verlangt werden kann (BGH WM 1976, 868, 869; WM 1976, 1164, 1165), waren die bereits vorgerichtlich erhobenen Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche jedenfalls mit der Beendigung des Geschäftsbesorgungsvertrages fällig (vgl. RGZ 56, 116, 118). Diese ist durch die wirksame Kündigung vom 07.06.2012 eingetreten.
c.) Die Beklagte kann sich gegenüber den Ansprüchen nicht mit dem Argument verteidigen, dass diese nicht bestünden, solange die Möglichkeit der Einsichtnahme in Gesellschaftsunterlagen nicht wahrgenommen würde. Hierauf kommt es indes nicht an. Es kann dahinstehen, ob - was streitig ist - die Beklagte eine solche Möglichkeit überhaupt in zumutbarer Weise eingeräumt hat, da eine Rechnungslegung durch eine Einsichtnahme ohnehin nicht ersetzt werden kann. Zudem trägt auch die Beklagte nicht vor, dass sämtliche Auskunftsbegehren durch eine bloße Einsichtnahme erledigt werden könnten. Es ist der Klägerin im Übrigen auch nicht zumutbar, dass jeder ihrer Gesellschafter oder gar ein von ihr beauftragter Dritter die umfangreichen Unterlagen der Beklagten zunächst selbstständig auswertet, ehe die Beklagte eine eventuell darüber hinausgehende Auskunft erteilt.
d.) Der Inhalt der geschuldeten Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche bestimmt sich - da nichts anderes vereinbart ist - nach dem Gegenstand der Besorgung, der Üblichkeit im Geschäftsverkehr, dem Zweck der Pflicht zur Information des Auftraggebers über den Stand des Geschäfts und danach, was vom Beauftragten unter Berücksichtigung des Grundsätzen von Treu und Glauben an Information erwartet werden kann (BGHZ 41, 318, 321; 109, 260, 266). Der Umfang der Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche richtet sich dabei danach, was der Geschäftsherr zur Überprüfung der Besorgung bedarf (vgl. RGZ 53, 252, 254, BGHZ 109, 260, 266). Die seitens der Klägerin geforderten Auskünfte stehen mit diesen Grundsätzen in Einklang, da sich die einzelnen Gesellschafter der Klägerin naturgemäß nicht von selbst über das ganze Ausmaß der Tätigkeiten der Geschäftsbesorgerin informieren konnten.
e.) | Die Beklagte kann auch diesen Ansprüchen kein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten. Aus der Natur des Schuldverhältnisses folgt, dass gegenüber dem Anspruch auf Auskunft und Rechenschaftslegung kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden kann (RGZ 102, 120, 111; BGH NJW 1978, 1157). Dies gilt auch, soweit die Beklagte anführt, ihr sei die Aufbereitung der Unterlagen und die Informationsbeschaffung aus finanziellen Gründen nicht zumutbar. Die zum Herausgabeanspruch gemachten Ausführungen gelten im Übrigen entsprechend. |
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3.) Eine andere Beurteilung ist schließlich nicht geboten, wenn der Geschäftsbesorgungsvertrag der Parteien wegen Verstoßes gegen das Gebot der „Selbstorganschaft“ unwirksam ist, weil sich die Klägerin dadurch ihrer Geschäftsführungsbefugnisse weitgehend begeben hat und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsbesorgungsvertrages weder die Beklagte noch ihr Geschäftsführer Gesellschafter der Klägerin waren (vgl. dazu BGH NJW 1982, 877; BGH NJW 1982, 2495; BGH ZIP 2005, 1361, 1363; BGH NJW 2006, 2980, 2981). Dann hat die Beklagte die Geschäfte der Klägerin aufgrund eines unwirksamen Geschäftsbesorgungsvertrages geführt, so dass die Vorschriften über die Geschäftsbesorgung ohne Auftrag mit der Folge Anwendung finden, dass die §§ 666, 667 BGB über die §§ 677, 681 BGB eingreifen (vgl. BGH NJW 1997, S. 47, 48 [BGH 10.10.1996 - III ZR 205/95]; BayObLG 2000, NJW-RR 2000, S. 155, 155 [BayObLG 26.08.1999 - 2 Z BR 53/99]; Palandt-Sprau, BGB, 73.A., § 677 Rdnr. 11).
III.
Die Widerklage der Beklagten auf Zahlung des Entgelts, das ihr aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der Klägerin zusteht, ist jedenfalls derzeit unbegründet.
Wie schon oben ausgeführt, besteht eine Vorleistungspflicht der Beklagten, die nämlich zunächst der Geschäftsunterlagen der Klägerin an diese herausgeben und das Auskunftsbegehren der Klägerin erfüllen muss, bevor sie ihre Entgeltforderung geltend machen kann (vgl. Staudinger-Wittmann, 13. Bearb (1995), § 666 Rdnr. 2 a.E.; RG JW 1907 Nr. 11). Die Widerklage und die Drittwiderklage waren dementsprechend abzuweisen, da die dort erhobenen Ansprüche unabhängig von ihrem Bestehen jedenfalls derzeit nicht durchsetzbar sind.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 BGB.