Landgericht Aurich
Beschl. v. 22.09.2016, Az.: 3 O 178/16 (057)

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
22.09.2016
Aktenzeichen
3 O 178/16 (057)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43057
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Der Antrag der Beklagten auf Berichtigung des Urteils vom 28.06.2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Anhörungsrüge der Beklagten nach § 321a ZPO wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Einzelrichterin der III. Zivilkammer des Landgerichts Aurich hat am 28.06.2016 folgendes Urteil erlassen:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 471,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.09.2014 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 38 % und die Beklagte 62 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Zuvor hatte das Gericht im Beschluss vom 06.06.2016 (Bl. 111 d.A) ausgeführt, „Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung weist das Gericht darauf hin, dass ein Anspruch auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus einer öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung gemäß § 280 BGB bestehen könnte. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.“.

Die Beklagte hat beantragt, die am 08.07.2016 zugestellte Entscheidung dahin zu berichtigen, die Berufung gegen das Urteil vom 28.06.2016 zuzulassen, hilfsweise erhebt sie die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Urteils sind nicht gegeben.

Nach § 319 ZPO kann das Urteil nur bei Schreibfehlern, Rechnungsfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten berichtigt werden.

Vorausgesetzt wird mithin stets eine fehlerhafte Niederlegung des Urteils in Form einer Abweichung zwischen dem von dem Gericht Gewollten und dem vom Gericht Erklärten. Bei der mit diesem Antrag geltend gemachten Beanstandung geht es aber nicht um eine derartige falsche Formulierung, sondern um eine Darlegung, die das Gericht im Urteil bewusst getroffen hat. In diesem Fall ist aber eine Berichtigung nicht zulässig, da die Vorschrift nicht das Ziel hat, die Willensbildung des Gerichts und daraus folgende Unrichtigkeit der Entscheidung zu beseitigen.

Es liegt gerade keine offenbare Unrichtigkeit vor - wie die Beklagte meint -, wenn das Gericht Ausführungen zu §§ 711, 712 ZPO im Rahmen der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit trifft. Die Annahme der Beklagten, dass hieraus der Wille des Gerichts folge, die Berufung gegen das Urteil vom 28.06.2016 zulassen zu wollen, vermag nicht zu verfangen. Vielmehr liegt vielmehr nahe, dass § 713 ZPO versehentlich außer Acht geblieben ist.

Auch ergibt sich aus dem Umstand, dass sich das Urteil vom 28.06.2016 nicht zu einer Zulassung verhält, nicht die Intention des Gerichts, diese zulassen zu wollen, wie die Beklagte meint. Im Gegenteil. Sofern kein Antrag auf Zulassung der Berufung vorliegt, so ist eine ausdrückliche Entscheidung des Gerichts entbehrlich. Schweigen im Urteil bedeutet Nichtzulassung (vgl. BGH MDR 2011, 874 [BGH 15.06.2011 - II ZB 20/10]; zit. n. Heßler in Zöller, § 511 Rn. 39). Ein Antrag auf Zulassung der Berufung lag auch bis zum Termin zur Verkündung einer Entscheidung am 28.06.2016 nicht vor. Erst mit Schriftsatz vom 07.07.2016 begehrt dies die Beklagte.

III.

Da bereits durch Urteil vom 22.09.2016 der Antrag der Beklagten auf Urteilsergänzung und durch diesen Beschluss der Antrag auf Urteilsberichtigung zurückgewiesen wurde, kommt die hilfsweise erhobene Anhörungsrüge nach § 321a ZPO zum Tragen.

Die von der Beklagten erhobene Anhörungsrüge nach § 321a ZPO ist jedoch unbegründet. Jedenfalls liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vor. Das Gericht hat im Beschluss vom 06.06.2016 ausdrücklich auf seine geänderte Rechtsauffassung hingewiesen. Hierauf wurde den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Hiervon hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.06.2016 (Bl. 123f. d.A.) Gebrauch gemacht.

Das Vorbringen im Schriftsatz vom 07.06.2016 ergibt vorliegend auch nichts anderes. Das Gericht war insbesondere nicht gehalten, dem in dem Schriftsatz enthaltenen Ersuchen nachzukommen, in einem schriftlichen „ausführlichen“ Hinweis die geänderte Rechtsauffassung des Gerichts zu erläutern. Ein solches Erfordernis ginge über die Vorgaben des § 139 ZPO weit hinaus. Das Gericht ist gerade nicht gehalten, seine rechtlichen Erwägungen umfänglich vorab mitzuteilen. Überdies dies sind jedoch auch die Anforderungen nach § 139 ZPO gewahrt. Danach müssen Hinweise konkret und unmissverständlich sein. In der Regel genügt ein knapper Hinweis auf einen konkreten Umstand ohne nähere Begründung. § 139 ZPO führt dazu, dass erforderliche Hinweise erteilt werden, weitergehende Hinweise müssen indes unterbleiben (vgl. hierzu Greger in Zöller, ZPO, § 139 Rn. 12a).

Überdies handelt es sich bei dem erteilten Hinweis des Gerichts um eine reine Rechtsfrage, so dass es im vorliegenden Fall auch an der Entscheidungserheblichkeit mangelt. Es ist schon nicht ersichtlich, dass bei einem weiteren Vortrag der Beklagten die Entscheidung durch das Gericht anders ausgefallen wäre. Vielmehr wird die abweichende Rechtsauffassung der Beklagte bereits im Schriftsatz vom 07.06.2016 hinreichend dargelegt. Auch die Schriftsätze vom 07.07.2016 und vom 20.07.2016 enthalten diesbezüglich keine näheren Ausführungen.

Auch aufgrund des erteilten Hinweises des Gerichts im Beschluss vom 06.06.2016 handelt es sich gerade nicht um eine „Überraschungsentscheidung“, wie die Beklagte meint. Mit diesem Beschluss hat das Gericht einer „Überraschungsentscheidung“ gerade entgegengewirkt. Die Beklagte wurde hierdurch in die Lage versetzt, die geänderte Rechtsauffassung zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls weiter vorzutragen, wovon sie auch Gebrauch gemacht hat. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 20.07.2016 in Bezug genommene Fundstelle (BGH NJW 2007, 2118 [BGH 14.05.2007 - II ZR 48/06]) verhält sich zu dieser Frage indes nicht.

Diese Entscheidung ist nach §§ 319 Abs. 3 Alt. 1, 321a Abs. 5 unanfechtbar.