Landgericht Aurich
Beschl. v. 21.10.2016, Az.: 1 T 275/16

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
21.10.2016
Aktenzeichen
1 T 275/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43065
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 23.08.2016 - AZ: 5 C 268/16

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird das Teil-Anerkenntnis und Schlussurteil des Amtsgerichts Emden vom 23. August 2016 - 5 C 268/16 - abgeändert mit der Maßgabe, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits trägt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beklagten mieteten von der Klägerin eine Wohnung in der T.-F.-Straße in E. zu einer Gesamtbruttomiete von 660 €. Mit Schreiben vom 06. Mai 2016, zugestellt am 12. Mai 2016, kündigte die Klägerin als Vermieterin den Beklagten wegen Zahlungsrückständen von 1.485 € (Oktober 2015 = 660 €, Januar 2016 = 660 €, März 2016 = 160 € sowie 5 € Mahngebühren) fristlos und forderte die Beklagten zur Räumung der Wohnung bis zum 25. Mai 2016 auf.

Nachdem die Beklagten die Wohnung zum 25. Mai 2016 nicht geräumt hatten, erhob die Klägerin am 27. Mai 2016 Klage auf Räumung der Wohnung. Mit Schreiben vom 10. Juni 2016 teilten die Beklagten mit, dass sie jederzeit bereit seien wegen der bestehenden Mietrückstände ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung abzugeben. Weiterhin baten die Beklagten um eine Räumungsfrist bis zum 31. August 2016, um eine den finanziellen Verhältnissen und persönlichen Bedürfnissen gerecht werdende Wohnung zu finden. Gleichzeitig teilten die Beklagten mit, dass sie ab April 2016 die Miete pünktlich gezahlt haben und diese auch bis zum Auszug weiter zahlen werden.

Am 16. Juni 2016 hat die Klägerin die Gerichtskosten eingezahlt, sodass die Klage am 29. Juni 2016 zugestellt worden ist.

In der Klageerwiderungsschrift vom 11. Juli 2016 erkannten die Beklagten den Räumungsanspruch der Klägerin an, beantragten jedoch zugleich eine angemessene Räumungsfrist. Sie haben ausgeführt, dass sie bemüht seien die Wohnung bis zum 31. August 2016 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Die Klägerin beantragte den Erlass eines Anerkenntnisurteils und erklärte, dass sie mit einer Bewilligung der Räumungsfrist bis zum 31. August 2016 einverstanden sei. Die Beklagten teilten mit, dass sie die Wohnung am 03. August 2016 geräumt und zurückgegeben haben. Den Antrag auf Bewilligung einer Räumungsfrist erklärten sie für erledigt. Insoweit schloss sich die Klägerin der Erledigungserklärung an.

Am 23. August 2016 erließ das Amtsgericht Emden das Anerkenntnisurteil. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt.

Gegen diese Kostenentscheidung haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 05. September 2016 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist gem. §§ 567 Abs. 1 Nr.1, 99 Abs. 2 ZPO statthaftes Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Emden.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Kosten des Rechtsstreits sind gem. § 93 b Abs. 3 ZPO der Klägerin aufzuerlegen. Die Voraussetzungen des § 93 b Abs. 3 ZPO sind erfüllt.

Die Beklagte hat den Räumungsanspruch in der schriftlichen Klageerwiderung sofort anerkannt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 93b Abs. 3 ZPO sind erfüllt. Die Beklagten haben vor Erhebung der Klage unter Angabe von Gründen eine angemessene Räumungsfrist begehrt.

1. Mit Schreiben vom 10. Juni 2016 baten die Beklagten um eine Räumungsfrist bis zum 31. August 2016. Dieses war vor Erhebung der Klage. Die Klageerhebung beurteilt sich nach § 253, 261 ZPO (Baumbach u. a., ZPO, 73. Aufl. 2015, § 93b Rn. 41). Gem. § 253 ZPO erfolgt die Erhebung der Klage durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). Nicht maßgeblich ist hingegen die Rechtshängigkeit durch Einreichung der Klage gem. § 261 ZPO (Baumbach u. a., ZPO, 73. Aufl. 2015, § 94 Rn. 10). Die Zustellung an die Beklagten erfolgte erst am 29. Juni 2016.

2. Auch Gründe für die begehrte Räumungsfrist wurden dargelegt. Die Beklagten haben dargelegt, dass es ihnen mit ihren drei Kindern innerhalb der zugebilligten Räumungsfrist bis zum 25. Mai 2016, mithin weniger als zwei Wochen nach der Kündigung, nicht möglich war eine ihren persönlichen Verhältnissen und den persönlichen Bedürfnissen gerecht werdende Wohnung zu finden. Weiter sei es wichtig, dass die drei Kinder nicht abrupt aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld gerissen werden.

3. Die begehrte Räumungsfrist bis zum 31. August 2016 war in Ermangelung einer klägerseits dargelegten Dringlichkeit des Räumungsbegehrens auch angemessen. Die Beklagten zahlten die laufende Miete und kündigten die Zahlung der Miete bis zum Ende der Räumungsfrist an, sodass kein weiterer finanzieller Schaden für die Klägerin zu erwarten war.

4. Das Begehren der Beklagten auf Gewährung einer Räumungsfrist blieb erfolglos. Dabei kann die Ablehnung auch stillschweigend erfolgen durch Erhebung einer Räumungsklage (Baumbach u. a., ZPO, 73. Aufl. 2015, § 93b Rn. 44). Hier erfolgte nach dem per Fax übermittelten Schreiben vom 10. Juni 2016 am 16. Juni 2016 die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses. Dieses ist als stillschweigende Ablehnung einer Räumungsfrist zu werten.

Im Rahmen des auszuübenden Ermessens war zu berücksichtigen, dass ein Teil der Kosten des Rechtsstreits, nämlich Gerichtskosten und die Verfahrensgebühr der Klägerin bereits entstanden sind. Jedoch hätte die Klägerin hier die Möglichkeit gehabt mit einer Rücknahme der Klage vor Zustellung die Verfahrenskosten den Beklagten gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO auferlegen zu lassen. Da sie diese Möglichkeit nicht genutzt hat, sind ihr auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Kostenfolge im Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 91 ZPO.

Das Beschwerdeverfahren war nicht auf die Kammer zu übertragen, da die Voraussetzungen des § 568 S. 2 ZPO nicht vorliegen. Grundsätzliche Bedeutung liegt nämlich nur vor, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 543 Rn. 11). Mit Ausnahme der zitierten Fundstelle liegen keine weiteren Auffassungen zu der Frage der Geltung von § 93b Abs. 3 ZPO zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit vor. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht gegeben sind.